Protocol of the Session on February 28, 2014

das aber dringend einer Versachlichung bedarf.

(Unruhe bei der LINKEN)

Wie ist der Stand der Angelegenheit? - Alle gentechnisch veränderten Produkte durchlaufen vor einer EU-Zulassung ein auf höchstmögliche Sicherheit für Gesundheit und Umwelt bedachtes Verfahren.

Zunächst wird ein Antrag auf Zulassung bei einem Mitgliedstaat eingereicht - in diesem Fall Spanien. Die zuständige nationale Behörde leitet den Antrag an die Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit weiter. Diese stellt die Antragsunterlagen allen Mitgliedstaaten sowie der EU-Kommission zur Verfügung und macht der Öffentlichkeit eine Zusammenfassung des Antrages zugänglich.

Die Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit gibt eine Stellungnahme auf der Grundlage eines wissenschaftlichen Gutachtens eines für Fra

gen der Gentechnik zuständigen Expertengremiums ab. Dieses Gremium setzt sich, Herr Krause, aus unabhängigen wissenschaftlichen Sachverständigen zusammen, die von spezialisierten Arbeitsgruppen unterschiedlicher Fachgebiete, zum Beispiel Allergologie, Ökologie oder Toxikologie, von mehr als hundert Organisationen und Behörden in ganz Europa unterstützt werden.

Im Rahmen dieses Zulassungsverfahrens erfolgt eine umfassende Umweltverträglichkeitsprüfung, um mögliche unerwünschte Auswirkungen auf die Umwelt festzustellen. Eine erste Umweltverträglichkeitsprüfung ist von dem Mitgliedstaat durchzuführen, in dem die Antragstellung erfolgt. Eine zweite Umweltverträglichkeitsprüfung erfolgt im Rahmen des EU-Verfahrens.

Ferner muss jeder Antrag einen Plan für die Umweltüberwachung nach dem Inverkehrbringen umfassen. In dem Plan wird dargelegt, wie der Antragsteller gentechnisch veränderte Pflanzen in Bezug auf mögliche nachteilige Auswirkungen auf die Umwelt überwachen wird.

Das zuständige Gremium der Europäischen Behörde für Lebensmittelsicherheit prüft im Zulassungsverfahren, ob alle Maßnahmen getroffen wurden, um schädliche Auswirkungen auf die Gesundheit von Mensch, Tier und Umwelt zu verhindern. Die nationalen Fachbehörden der Mitgliedstaaten werden in die Beratungen einbezogen.

Die Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit leitet ihre Stellungnahme zu dem Antrag an die EU-Kommission und an die Mitgliedstaaten weiter und macht sie der Öffentlichkeit zugänglich.

Erheben die Mitgliedstaaten oder die EU-Kommission Einwände, werden die Antragsunterlagen zu einer erneuten Sicherheitsprüfung an die Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit weitergeleitet.

Davon wurde im Zulassungsverfahren für Mais 1507 fünfmal Gebrauch gemacht. Die Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit hat den Bedenken in allen fünf Fällen widersprochen. Das Gesamtergebnis der Prüfungen lautete: Der Mais 1507 ist genauso sicher wie konventionelle Maissorten.

Nach Fertigung der Stellungnahme der Europäischen Behörde für Lebensmittelsicherheit legt die EU-Kommission den Mitgliedstaaten einen Entscheidungsvorschlag zur Abstimmung vor. Wird keine qualifizierte Mehrheit für oder gegen eine Zulassung erzielt - das ist beim Antrag für Mais 1507 der Fall gewesen -, ist die EU-Kommission verpflichtet, ihren Entscheidungsvorschlag umzusetzen. Dieses Verfahren ist in den europäischen Verträgen festgelegt und gilt für den Vollzug von EURechtsvorschriften in vielen Politikfeldern, nicht nur bei der grünen Gentechnik.

Gemäß den EU-Rechtsvorschriften kann ein Mitgliedstaat eine Schutzklausel geltend machen, wenn aufgrund neuer Erkenntnisse Bedenken hinsichtlich der Sicherheit eines gentechnisch veränderten Organismus bestehen. Der Anbau oder die Verwendung auf dem betreffenden Staatsgebiet kann dann vorläufig untersagt werden. Die gegebenenfalls von einem Mitgliedstaat angeführten neuen Erkenntnisse sind von der EU-Kommission einer wissenschaftlichen Prüfung zu unterziehen. Hierfür kann sie die Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit ersuchen, ein wissenschaftliches Gutachten zu den von den Mitgliedstaaten vorgelegten Informationen zu erstellen.

Die Verhinderung eines Anbaus gentechnisch veränderter Pflanzen ist also nach der jetzigen Rechtslage nur auf der Basis wissenschaftlicher Erkenntnisse möglich. Die wissenschaftliche Erkenntnis ist das eine, meine Damen und Herren. Das gestörte Vertrauen weiter Teile der Gesellschaft gegenüber diesen wissenschaftlichen Ergebnissen und gegenüber den hochqualifizierten Gremien, die sie erarbeiten, ist das andere.

Der Konflikt zwischen wissenschaftlicher Einstufung der grünen Gentechnik und öffentlicher Wahrnehmung besteht auf der EU-Ebene seit Jahren. Daher hatte die Europäische Kommission den Mitgliedstaaten bereits im Jahr 2010 einen Vorschlag für eine Ausstiegsklausel unterbreitet. Diese soll es den Mitgliedstaaten erlauben, Anbauverbote auch aus anderen als die Gesundheit und den Umweltschutz betreffenden Gründen zu erlassen.

Als mögliche Gründe wurden umweltbezogene Fragen, die noch nicht Gegenstand der Risikobewertung durch die Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit waren, sowie Aspekte der Raumordnung oder des Produktschutzes angeführt.

Da aber nicht abschließend geklärt werden konnte, ob eine Umsetzung in den Mitgliedstaaten europa- und welthandelsrechtlich Bestand hätte, wurde darüber kein Konsens erzielt. Die Beantwortung dieser Fragen steht auch heute noch im Raum.

Das bedeutet: Ob es eine Mehrheit für eine sogenannte Opt-out-Klausel gibt und, wenn ja, ob sie dann rechtlich Bestand hätte, ist nach wie vor unklar. Der sogenannte Opt-out-Vorschlag führt also nicht unbedingt zu mehr Rechtssicherheit.

Hinweisen möchte ich an dieser Stelle darauf, dass der Mais 1507 seit dem Jahr 2005 für den Import als Futtermittel zugelassen ist. Das heißt, Landwirte in Europa, denen der Anbau von Mais 1507 bisher versagt bleibt, können diesen wiederum als Futtermittel importieren.

Ich möchte auch darauf hinweisen, dass der Mais 1507 seit dem Jahr 2006 in der EU auch als Lebensmittel zugelassen ist.

(Herr Leimbach, CDU: Ja!)

Meine sehr verehrten Damen und Herrn! Herr Abgeordneter Krause, Sie haben sich auch mit dem Thema Wissenschaft und der Unabhängigkeit der Wissenschaft in Bezug auf diese Thematik auseinandergesetzt. Wir sprechen in diesem Hohen Hause sehr viel über Wissenschaft, und das ist gut so.

Man muss aber bei manchen Beiträgen den Eindruck gewinnen - ich meine nicht unbedingt dieses Hohe Haus, sondern auch die Presse und Verbände -, dass Ergebnisse von Wissenschaftlern nur dann akzeptiert werden, wenn sie einem genehm sind.

(Zustimmung bei der CDU)

Ich glaube, das ist ein sehr befremdliches, vielleicht sogar ein gefährliches Wissenschaftsverständnis, meine Damen und Herren.

In der Begründung zu dem Antrag der GRÜNEN lese ich, dass als Voraussetzung für ein mögliches nationales Anbauverbot jetzt Studien zu möglichen Risiken der Maislinie 1507 erstellt werden müssen. Wollen Sie Ergebnisse vorwegnehmen, wenn Sie Wissenschaftler beauftragen?

Meine Damen und Herren! An dieser Thematik wird meines Erachtens deutlich, wie man nicht mit Wissenschaftlern und ihren Ergebnissen umgehen sollte.

(Zustimmung bei der CDU und von Herrn Miesterfeldt, SPD)

Am 3. März 2014 wird sich der EU-Umweltrat mit dem Thema Mais 1507 beschäftigen. Die Landesregierung ist gern bereit, über den Fortgang der Angelegenheit in den damit befassten Ausschüssen des Hohen Hauses zu berichten. - Vielen Dank.

(Zustimmung bei der CDU, von Frau Budde, SPD, und von Herrn Erben, SPD)

Danke schön, Herr Minister. Es gibt mehrere Wortmeldungen und Nachfragen. - Ich erteile zunächst dem Abgeordneten Herrn Weihrich und dann dem Abgeordneten Herrn Lüderitz das Wort.

Herr Minister, vielen Dank, dass Sie noch einmal so umfassend die Geschehnisse zur Zulassung aufbereitet haben. Aber wenn ich jetzt ein Lehrer wäre, würde ich sagen, Sie haben das Thema verfehlt, nichts anderes.

(Zustimmung bei den GRÜNEN und bei der LINKEN)

Es geht hierbei doch um ganz andere Punkte.

Zu Ihrem Hinweis, dass Sie das Gefühl hätten, dass einige in den Medien oder auch hier im Hohen Hause nicht gewillt sind, wissenschaftliche Er

gebnisse als solche anzuerkennen. Ich will einmal polemisch sagen, genau das Gefühl habe ich bei Ihnen auch, dass Sie nicht bereit sind,

(Zustimmung bei den GRÜNEN und bei der LINKEN)

wissenschaftliche Ergebnisse, die Ihnen nicht genehm sind, anzuerkennen, und zwar ganz konkret zu dem Punkt der Resistenzen, die beim Anbau von gentechnisch veränderten Pflanzen entstehen.

Wir haben vor einem Jahr schon einmal über dieses Thema diskutiert. Ich habe Sie auch vor einem Jahr nach diesem Punkt gefragt. Damals - ich habe es gerade im Protokoll nachgelesen - habe ich keine konkrete Antwort bekommen.

Deswegen würde ich Sie gern heute, ein Jahr später, noch einmal fragen: Wie schätzen Sie denn die wissenschaftlichen Ergebnisse ein, die nachweisen, dass es vermehrt zu Resistenzen kommt, dass der Anbau gentechnisch veränderter Pflanzen im Grunde genommen ein Zuchtprogramm für Superunkräuter darstellt und für Schädlinge, die auf kein Pflanzenschutzmittel mehr ansprechen?

(Zustimmung bei den GRÜNEN und bei der LINKEN)

Herr Weihrich, gestatten Sie, dass ich auch mit einer polemischen Bemerkung antworte. Als Vater von drei Kindern, von denen zwei noch die Schule besuchen, bin ich eigentlich ganz froh, dass Sie kein Lehrer sind.

(Heiterkeit und Beifall bei der CDU)

Zu der fachlichen Frage. In der Wissenschaft gibt es unterschiedliche Auffassungen zu diesem Thema; das ist uns beiden bekannt. Ich habe Vertrauen in die unabhängigen Expertengremien, die die EU-Kommission zu Rate zieht, um zu einer verantwortungsbewussten Wertung in dieser Angelegenheit zu kommen. Die Wertung der EU-Kommission auf der Basis der hinzugezogenen Gremien ist eindeutig.

(Zustimmung von Frau Brakebusch, CDU)

Daneben stehen wissenschaftliche Mindermeinungen,

(Frau Bull, DIE LINKE: Ach so! So viel zum Thema Wissenschaft! - Zuruf von Herrn Herbst, GRÜNE)

man sollte sich aber an der Mehrheitsmeinung unabhängiger Wissenschaftler orientieren.

Herr Kollege Lüderitz.

Herr Dr. Aeikens, ich möchte eigentlich gern an die Frage von Herrn Weihrich anschließen. Ich beziehe mich auf eine aktuelle Berichterstattung der ARD, meines Wissens lief sie in der Sendung „Monitor“.