Protocol of the Session on February 27, 2014

Herr Borgwardt, Berichterstatter des Ältestenrates:

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Gestatten Sie mir, einen Dank voranzustellen, insbesondere an den Gesetzgebungs- und Beratungsdienst, an Herrn Dr. Gruß in Person und an meine PGF-Kollegen. Ich darf mich ausdrücklich auch in ihrem Namen ganz herzlich bei dem ausgeschiedenen Herrn Dr. Frank Thiel für die konstruktive Zusammenarbeit bedanken.

(Beifall im ganzen Hause)

Liebe Kollegen! Heute darf ich dem Hohen Hause nach intensiver Debatte in den Fraktionen und zwischen den parlamentarischen Geschäftsführern Vorschläge des Ältestenrates zur Änderung der Geschäftsordnung unterbreiten. Mancher von uns wird sich fragen, warum bereits nach anderthalb Jahren - die letzte Änderung der Geschäftsordnung wurde im Juli 2012 beschlossen - schon wieder eine Änderung anstehen soll.

Die Antwort auf diese Frage findet sich in der parlamentarischen Verantwortlichkeit der Regierung als verfassungsrechtlich verankertes essenzielles Institut in der repräsentativen Demokratie. Parlamentarische Kontrolle kann aber nur wirksam werden, wenn das Recht der Abgeordneten auf umfassende Information gegenüber der exekutiven Gewalt als scharfes Schwert im politischen Prozess eingesetzt werden kann.

Damit komme ich zu einem Hauptanliegen der Initiative des Ältestenrates zur Unterbreitung dieser Beschlussempfehlung. Es soll das Verhältnis von Parlament und Regierung in Bezug auf die Ausgestaltung des Fragerechts den aktuellen Erfordernissen angepasst werden.

Bereits durch Artikel 53 Abs. 2 Satz 1 der Landesverfassung wird bestimmt, dass Fragen einzelner MdL und parlamentarische Anfragen unverzüglich und vollständig zu beantworten sind. Was allerdings konkret als unverzügliche Beantwortung aufzufassen ist, war in der Vergangenheit Grundlage zahlreicher Diskussionen.

Wird bei Fristbestimmung in Gesetzestexten die Bestimmung „unverzüglich“ verwendet, ist dadurch die Frist noch nicht wirksam konkret bestimmt; denn es handelt sich um einen unbestimmten Rechtsbegriff, wie wir alle wissen.

Es kommt vielmehr auf die subjektive Zumutbarkeit des alsbaldigen Handelns an, die von den Kenntnissen und persönlichen Sichtweisen des Verpflichteten abhängt. Auch die Legaldefinition des § 21 Abs. 1 BGB, wonach die Handlung dann als unverzüglich anzusehen ist, wenn sie ohne schuldhaftes Verzögern erfolgt, ist wegen der bestimmten subjektiven Erwägung nicht zielführend.

Richtig ist zwar, dass die Rechtsprechung Richtwerte zur Auslegung des Begriffs der Unverzüg

lichkeit entwickelt hat. Eine Zweiwochenfrist kam immer als Obergrenze ins Spiel. Allerdings ist davon auszugehen, dass diese Frist verfassungsgerichtlich nicht linear auf die Beantwortung sämtlicher Kleinen bzw. Großen Anfragen erstreckt werden würde. Vielmehr wäre zu erwarten, dass ein Unterschied zwischen diesen beiden Fragearten gemacht werden würde. Denn parlamentsrechtlich dienen Kleine Anfragen dazu, von der Regierung Auskunft über bestimmte bezeichnete Bereiche zu verlangen, während Große Anfragen dazu dienen, Auskunft zu größeren komplexen Politikfeldern zu erhalten.

Weiter wäre maßgeblich der mit der Beantwortung der Frage verbundene Aufwand zu berücksichtigen, indem darauf abzustellen ist, ob die mit der Großen oder Kleinen Anfrage abgefragten Informationen der Landesregierung bereits vorliegen oder ob sie zum Zwecke der Beantwortung erst zu generieren bzw. zusammenzustellen sind.

Diese Rechtslage hat das Hohe Haus eingangs der sechsten Wahlperiode dazu bewogen, die Befristung der Beantwortung von Kleinen und Großen Anfragen geschäftsordnungsrechtlich vollständig zu individualisieren. Damit hat sich jedoch das Parlament diesbezüglich in die Hände der subjektiven Beurteilung der zur Beantwortung verpflichteten Exekutive begeben. Die Folge waren im Schnitt längere Beantwortungsfristen im Vergleich zur Beantwortungspraxis vor der Reform und die Mitteilung subjektiver Erwägungen und Beurteilungsmaßstäbe, die zumindest in Einzelfällen, in denen unter anderem Urlaub des zuständigen Mitarbeiters oder dringende Dienstgeschäfte ins Feld geführt wurden, den Rahmen der Verfassung zu sprengen schienen.

Deshalb verfolgt die Empfehlung des Ältestenrates zur Änderung der Geschäftsordnung das Ziel, einerseits wiederum allgemeingültige, also auf jeden konkreten Einzelfall anzuwendende Fristen zu regeln und andererseits aber Einzelfallabweichungen zu ermöglichen. Diese Einzelfallabweichungen gründen auf eine Vereinbarung der beiden verfassungsrechtlichen Partner, das frageberechtigte Mitglied des Landtages einerseits und die zur Beantwortung verpflichtete Landtagsregierung andererseits.

Bei diesen Vereinbarungen wird es darauf ankommen, wie nachvollziehbar und plausibel die Gründe sind, die die Landesregierung dem fragestellenden Mitglied benennt, um eine Abweichung von der geschäftsordnungsrechtlich geregelten Frist zu rechtfertigen. Nur dann wird eine diesbezügliche Vereinbarung durch übereinstimmende Willensbekundung gleichberechtigter Partner zustande kommen.

Bei der Bestimmung der generellen Beantwortungsfristen greift die Empfehlung des Ältesten

rates auf die Fristen vor der im Juli 2002 beschlossenen Reform der Geschäftsordnung zurück.

Hinsichtlich der Sanktionsmöglichkeiten wird einerseits der Regelungszustand vor der eingangs der sechsten Wahlperiode beschlossenen Geschäftsordnungsreform wiederhergestellt und das Aufsetzen unbeantwortet gebliebener Anfragen auf die Tagesordnung bestimmt. Neu ist, dass der Fragesteller darauf verzichten kann und dass es nunmehr im Plenum nicht mehr um die Erzwingung der Beantwortung, sondern um eine parlamentarische Debatte über die Nichtbeantwortung geht.

Eine Neuerung in der Geschäftsordnung stellen die nunmehr vorgesehenen Entschließungsanträge zu Großen Anfragen dar, die im § 43 Abs. 6 Satz 2 bis 6 näher ausgestaltet wurden. Hervorzuheben ist, dass den Fraktionen hiermit ein neues Instrument in die Hände gegeben wird, das in § 18 der Geschäftsordnung des Landtages zwar bereits angedeutet, aber durch den Geschäftsordnungsgeber bislang nicht näher ausgestaltet worden ist.

Dieser Vorschlag geht auf eine Anregung aus dem Kreise der parlamentarischen Geschäftsführer zurück, die im Zuge der Ältestenratsvorbesprechung bei der Vereinbarung eines Tagesordnungsentwurfs für das Plenum vorgetragen worden ist. Hier war angemerkt worden, dass Große Anfragen und diesbezügliche Antworten der Landesregierung in der Regel eine sehr komplexe faktenseitige Aufarbeitung eines Feldes der Landespolitik darstellen und dass es sich in einigen Fällen als hinderlich erwiesen habe, bei der Beratung der Großen Anfrage im Plenum kein Instrument der parlamentarischen Willensbildung zum Gegenstand dieser parlamentarischen Initiative zur Verfügung zu haben.

Dieser Hinweis erschien dem Ältestenrat angesichts der sowohl durch die fragestellende Fraktion als auch durch die antwortende Landesregierung zu investierenden erheblichen Ressourcen nahezu verständlich. Um diese Ressourcen weiterhin parlamentarisch verwerten zu können, sieht die Empfehlung des Ältestenrates vor, dass dieser politische Wille als Entschließung des Plenums zur Großen Anfrage zum Tragen kommen kann.

Im Zuge der 1. Sitzung der Kommission „Parlamentsreform“ des Ältestenrates am 9. Januar 2014 haben sich die Fraktionen zu den aktuellen Verhandlungen über eine Änderung der Geschäftsordnung darauf verständigt, diese Änderung der Geschäftsordnung nicht im Rahmen der Kommissionsberatungen zu behandeln, sondern vielmehr zügig im Ältestenrat zu beraten.

Auf den entsprechenden Antrag der Fraktionen am 17. Februar 2014 an den Landtagspräsidenten hat sich der Ältestenrat in der 34. Sitzung am 20. Februar 2014 gemäß § 93 Abs. 2 der Geschäftsordnung mit dem Anliegen befasst und die vorlie

gende Beschlussempfehlung mit 12 : 0 : 0 Stimmen beschlossen. Auf dieser Grundlage, meine sehr verehrten Damen und Herren, darf ich um Zustimmung zu der Änderung der Geschäftsordnung bitten.

(Zustimmung bei der CDU und bei der SPD)

Vielen Dank, Herr Kollege. - Nach der Abstimmung im Ältestenrat gehe ich jetzt davon aus, dass wir über die Beschlussempfehlung in der Drs. 6/2800 in Gänze abstimmen können. - Ich sehe keinen Widerspruch.

Wer der Beschlussempfehlung zustimmt, den bitte ich um das Kartenzeichen. - Das ist das gesamte Haus. Gibt es Gegenstimmen? - Stimmenthaltungen? - Damit ist die Änderung der Geschäftsordnung einstimmig angenommen worden. Wir haben damit Tagesordnungspunkt 6 abgearbeitet.

Ich rufe auf den Tagesordnungspunkt 7:

Erste Beratung

Entwurf eines Sechsten Gesetzes zur Änderung des Ministergesetzes

Gesetzentwurf Landesregierung - Drs. 6/2814

Änderungsantrag Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN - Drs. 6/2839

Einbringer ist Herr Staatsminister Robra, der das Verfahren beschleunigt und schon am Pult steht. Sie haben das Wort.

So ist es, Herr Präsident. - Meine Damen und Herren! Der Bund und etliche Bundesländer haben in der vergangenen Zeit ihre Ministergesetze geändert - alle mit derselben Absicht und Tendenz, wenn auch unter Berücksichtigung des jeweiligen Gesetzesstandes mit durchaus unterschiedlichen Akzenten.

Einige Regelungen sind auch im Ministergesetz von Sachen-Anhalt nicht mehr zeitgemäß und somit zu reformieren. In anderen Punkten, etwa beim Mindestübergangsgeld von drei Monaten statt von sechs Monaten oder der taggenauen Abrechnung der Amtsbezüge, hatten wir früher als andere gehandelt.

Die Landesregierung legt Ihnen heute den Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Ministergesetzes vor. Vorgesehen sind insbesondere Einschnitte in die Alterversorgung der politischen Leitungsebene der Landesregierung.

Zu den Neuerungen im Einzelnen.

Die von uns vorgeschlagene Änderung des Ministergesetzes bewirkt eine spürbare Absenkung der Alterversorgung für die Ministerinnen und Minister. Derzeit haben Minister einen Ruhegehaltsanspruch bei einer Amtszeit von zwei bis drei Jahren ab dem 60. Lebensjahr und ab drei Jahren Amtszeit bereits mit 55 Jahren.

Künftig wird die Altersgrenze in Anlehnung an die Novellierung im Lande Brandenburg, die eine der jüngsten in der Reihe der Novellierungen ist, angehoben, und zwar auf die Regelaltersgrenze, die in Sachsen-Anhalt auch für Beamte gilt. Derzeit sind dies 65 Lebensjahre. Sollte der Landtag eine weitere Anhebung der Altersgrenze für Beamte auf zum Beispiel 67 Lebensjahre beschließen, würde dies später automatisch auch für Minister gelten.

Erreicht ein Minister eine Amtszeit von über fünf Jahren, so soll der Anspruch mit jedem weiteren vollendeten Amtsjahr um ein Jahr, maximal um fünf Jahre früher beginnen. Das Mindestalter für eine Ministerpension richtet sich demnach individuell auch nach der Dauer der Amtszeit. Auch hierbei haben wir uns am Brandenburger Gesetz orientiert. In einigen anderen Bundesländern haben wir ähnliche Regelungen.

Wer sich mit der Vorher-nachher-Tabelle zu der Altersversorgung beschäftigt, der sollte wissen: Bislang war kein Minister bzw. Ministerpräsident in Sachsen-Anhalt länger als elf Jahre und zehn Monate im Amt. Der Erste, der vielleicht noch auf mehr als zwölf Jahre kommt, könnte ich selbst sein. Das spielt in diesem Zusammenhang aber keine Rolle.

(Herr Gallert, DIE LINKE: Ach so!)

Ferner ist eine vorzeitige Inanspruchnahme von Ruhegehalt ab der Vollendung des 63. Lebensjahres unter Inkaufnahme eines Versorgungsabschlags von 3 % pro Jahr möglich. In der Praxis wird - ebenso wie bei den Beamten - taggenau abgerechnet.

Im Vergleich dazu: Eine mit einem Versorgungsabschlag verbundene vorzeitige Inanspruchnahme von Ruhegehalt ist in Brandenburg und in Bremen ebenfalls mit 63 Jahren möglich, beim Bund, in Hamburg, im Saarland und in Thüringen bereits mit 60 Jahren, in Bayern jedoch erst mit 64 Jahren. Dort gilt allerdings auch für Beamte schon die höhere Regelaltersgrenze. Auch bei uns würde das gegebenenfalls automatisch nachgeführt.

Bei einer Dienstunfähigkeit, die mit der Amtsführung nicht im Zusammenhang steht, erfolgt künftig eine Minderung der Altersbezüge um 3,6 % für jedes Jahr des vorzeitigen Ausscheidens vor der maßgeblichen Altersgrenze bis zur Höhe von 10,8 %. Ähnliche Regelungen enthalten auch die Ministergesetze von Bayern, Bremen und Rheinland-Pfalz.

Meine Damen und Herren! Lassen Sie mich Beispiele bilden, um die künftigen Kürzungen der Ruhegehaltssätze zu verdeutlichen. Heute beträgt der Ruhegehaltssatz nach zwei Amtsjahren 15 %. Dieser wird künftig auf 12 % reduziert. Nach einer vollen Legislaturperiode, also heute nach fünf Jahren, beträgt der Ruhegehaltssatz derzeit knapp 33,5 % gegenüber künftig 30 %. Im bundesweiten Vergleich stellt dies den drittniedrigsten Prozentsatz nach fünfjähriger Amtszeit dar.

Die weiteren Steigerungssätze für das sechste bis achte Amtsjahr werden künftig halbiert. Der Höchstsatz der Altersruhebezüge in Höhe von 71,75 % wird aktuell nach 18 Jahren erreicht, künftig aber erst nach 23 Amtsjahren.

Ich will an dieser Stelle eines hinzufügen: Aus verfassungsrechtlichen Vertrauensschutzgründen sollen die Kürzungen nicht für abgeschlossene und laufende Amtsverhältnisse gelten und damit nicht in bereits erworbene Versorgungsanwartschaften eingreifen. Brandenburg hat eine entsprechende Übergangsregelung. Weitere Bundesländer gewähren ebenfalls Bestandsschutz.

Für nach Inkrafttreten des Gesetzes neu begründete und für alle Amtsverhältnisse, die in der nächsten Legislaturperiode begründet werden, gilt uneingeschränkt das neue Recht. Eine Übergangsregelung stellt allerdings sicher, dass eine erneute Berufung nicht dazu führt, dass jemand mit Blick auf die Versorgung das verliert, was er hätte, wenn er das Amt nicht erneut antreten würde. Einen solchen Absturz im Falle des Weitermachens kann man niemandem ernsthaft zumuten.

Ergänzt werden die Neuregelungen durch die Möglichkeit der Nachversicherung, wenn ein Regierungsmitglied aus dem Amtsverhältnis ohne einen Ruhegehaltsanspruch ausscheidet. Entsprechende Möglichkeiten bietet beispielsweise das Ministergesetz des Bundes.

Außerdem wird eine Bestimmung zum freiwilligen Rücktritt eines Ministers oder einer Ministerin eingeführt, wie es sie in Artikel 71 Abs. 1 unserer Landesverfassung bereits seit Jahren gibt, allerdings ohne die jetzt in Anlehnung an die Regelungen in anderen Ländern vorgesehene ergänzende Verfahrensregelung. Das war einfach notwendig.