Protocol of the Session on December 11, 2013

Ich möchte in diesem Zusammenhang über drei Entscheidungen oder Nichtentscheidungen sprechen, die dabei eine gewaltige Rolle spielen. Erst war angedacht, dass wir die ursprünglich 640 Referendariatsstellen - man muss wissen: es geht immer um eineinhalb Jahre - um 200 Stellen reduzieren. Das war ein Vorschlag der Landesregierung. Das Ergebnis der Haushaltsberatungen war, dass diese Stellenreduzierung halbiert wird. Infol

gedessen haben wir jetzt eine Kürzung auf 540 Referendariatsstellen zu verzeichnen.

Wer sich einmal ausrechnet, was das in der Konsequenz bedeutet, wird sehen: Wir werden bestenfalls 360 - dann müssten aber alle Anwärter durch das Referendariat kommen und im Land bleiben - Referendariatsabschlüsse pro Jahr haben.

Ich möchte - ich mache das nicht so kompliziert - nur noch ein paar einfache Zahlen ins Gedächtnis rufen. Erstens. In den nächsten sieben Jahren steigen die Schülerzahlen in Sachsen-Anhalt. Zweitens. In den nächsten sieben Jahren verlieren wir jedes Jahr 600 bis 800 aktive Lehrer.

(Minister Herr Bullerjahn: Blödsinn!)

Das Land wird in den nächsten Jahren 600 bis 800 aktive Lehrer verlieren.

(Minister Herr Bullerjahn: Blödsinn! Aktive Lehrer, wo hast du denn das her? - Zurufe von der LINKEN - Heiterkeit bei der CDU)

- Das ergibt sich aus verschiedenen Berechnungen und auch aus der mittelfristigen Personalplanung des Landes. Es gibt dazu allerdings auch andere Berechnungen.

(Zurufe von Minister Herrn Bullerjahn und von Frau Niestädt, SPD)

- Ja. Das Problem ist nur, dass in die Altersteilzeit dann auch wieder neue Lehrkräfte eintreten, Herr Bullerjahn.

(Zuruf von Minister Herrn Bullerjahn)

Das Problem an dieser Stelle besteht nun in Folgendem: Wir verlieren jedes Jahr 600 bis 800 Lehrer.

(Zuruf von Minister Herrn Bullerjahn)

Auch wenn der Finanzminister es nicht wahrhaben will:

(Minister Herr Bullerjahn: Nö!)

Das Land verliert diese Lehrer und bekommt höchstens 360 fertige Referendare pro Jahr.

Nun kann man sagen: Wir kriegen Referendare aus den anderen Ländern. Die bekommen wir aber natürlich nicht,

(Minister Herr Bullerjahn: Doch!)

weil die anderen Länder genau das gleiche Problem haben. Das bedeutet: In den nächsten sieben Jahren haben wir steigende Schülerzahlen und verlieren pro Jahr 350 Lehrer. Das ist ein reales Problem.

(Minister Herr Bullerjahn: Nein!)

Das ist ein Problem, das möglicherweise erst nach den Wahlen im Jahr 2016 so richtig durchbrechen

wird. Kann es aber unser politischer Inhalt sein zu sagen: Wir überstehen die nächsten Wahlen, vielleicht merken es die Leute erst danach? - Nein. Wir brauchen mittel- und langfristig gute Personalkonzepte in diesem Bereich. Das ist mit diesem Haushalt leider genau nicht geschehen, liebe Kollegen.

(Beifall bei der LINKEN)

Es geht weiter.

(Herr Kurze, CDU: Nee! Bitte nicht!)

Zum Thema Schulsozialarbeit. Da haben wir natürlich ein Problem. Dieses besteht darin, dass etwa die Hälfte der Schulsozialarbeiter bei uns bisher aus dem Bildungs- und Teilhabepaket bezahlt worden sind.

Normalerweise könnten die Kommunen das weitermachen, weil sie ja jetzt entlastet werden. Sie bekommen dieses Geld nicht, werden aber an anderer Stelle entlastet. Das geht allerdings nicht - darüber haben wir hier das letzte Mal diskutiert -, weil wir jede Entlastung, die die Kommunen in Sachsen-Anhalt haben, diesen sofort wieder über das FAG nehmen.

Aber es gibt Möglichkeiten. Es gibt Möglichkeiten, zusätzliche ESF-Mittel zumindest für die nächsten zwei Jahre zu rekrutieren, um diese Schulsozialarbeit fortführen zu lassen. Das ist möglich, weil wir wissen, wir haben einen Abflussstau, vor allen Dingen - allerdings nicht nur dort - im Wirtschaftsministerium.

Wir erwarten von dieser Landesregierung, dass sie endlich wahr macht, dass diese ESF-Mittel vernünftig für die Schulsozialarbeiter eingesetzt werden, dass diese Stellen entsprechend finanziert werden, dass die Dinge endlich passieren. Wenn wir es nämlich jetzt nicht machen, dann sind die Schulsozialarbeiter in drei, vier Monaten weg. Wir kriegen dann auch nicht so schnell wieder welche. Wir brauchen jetzt endlich Aktivität. Wir sehen sie aber leider noch nicht in dem richtigen Maße, liebe Kollegen.

(Beifall bei der LINKEN)

Zu den pädagogischen Mitarbeitern. Hier gibt es das Problem, dass noch gar keine Entscheidung getroffen wurde. Weil dies nicht der Fall ist, entwickeln sich die Dinge von alleine. Im Bereich der pädagogischen Mitarbeiter gibt es keine Perspektive, solange wir über die Perspektive dieses Bereiches nicht reden. Das wächst sich irgendwann einmal raus. Dieses Personal tritt in den Ruhestand ein.

Wir kriegen weniger Lehrer in die Schulen, haben Probleme bei den Schulsozialarbeitern und kriegen weniger pädagogische Mitarbeiter oder haben bald gar keine mehr. Das, lieber Kollege Bullerjahn,

fängt man nicht mit Mitteln aus dem Programm Stark III auf. Dadurch wird Schule schlechter, unabhängig davon, wie sie angemalt ist.

(Beifall bei der LINKEN)

Deswegen müssen wir leider einschätzen, dass diese Landesregierung nicht nur im Bereich der Hochschulen, nicht nur im Bereich der Kultur, sondern auch im Bereich der Schulen ihre Aufgaben außerordentlich schlecht erfüllt.

Kommen wir zum Bereich der Polizei. Wenn wir diese Personalentwicklung, die wir jetzt haben, fortschreiben, werden wir am Ende dieser Legislaturperiode deutlich unter 6 000 aktiven Polizisten liegen. Da können Sie noch so viel Strukturreform machen. Eine innere Sicherheit, so wie die Menschen im Land es eigentlich wollen, eine öffentliche Sicherheit, so wie wir sie eigentlich verlangen könnten, werden Sie mit dem Personalbestand dann nicht mehr realisieren.

(Zustimmung von Herrn Mewes, DIE LINKE)

Es kann ja sein, dass Sie es gut finden, dass die Schuldenbremse so wirkt. Wir finden das nicht gut, Kollege Bullerjahn.

(Beifall bei der LINKEN)

Wir haben noch kleine Dinge, die aber auch viel sagen. Es gibt unter anderem eine globale Minderausgabe im Bereich des Personals. Diese globale Minderausgabe wird jetzt über den sogenannten Spitzausgleich im Rahmen der Haushaltsberatungen erhöht oder gesenkt. Man rechnet am Ende zusammen, wie viel Geld man zusätzlich ausgegeben hat. Um diesen Betrag wird die globale Minderausgabe im Bereich des Personals erhöht.

Aber, liebe Kollegen: Ist das wirklich vernünftige langfristige Personalentwicklung? - Das ist nun wirklich Personalentwicklung nach Haushaltslage. Auch dagegen werden wir opponieren, und zwar nicht nur jetzt, sondern auch weiterhin.

(Beifall bei der LINKEN)

Ich komme zum Blinden- und Gehörlosengeld. Hier haben wir Proteste unter sehr schwierigen Bedingungen. Man muss klar sagen: Sie haben protestiert. Sie haben es aufgrund ihrer Behinderungen natürlich auch nicht so ganz leicht, Proteste auf die Straße zu bringen. Es ist ihnen aber gelungen. Da hat sich eine Menge bewegt.

Was machen wir jetzt aber? - Wir sparen noch 2,3 Millionen € ein, und dies bei Steuermehreinnahmen in Höhe von 36 Millionen €. Dazu sage ich ganz deutlich: Wahrscheinlich hat man versucht, eine wesentliche Einsparung oder zumindest noch eine Art symbolische Einsparung zu realisieren, damit die Landesregierung das Gesicht nicht verliert. Liebe Koalitionäre, Sie hätten sehr viel mehr

an Profil gewonnen, wenn Sie diese Einsparung vollständig gestrichen hätten.

(Beifall bei der LINKEN)

Zu der Jugendpauschale und dem Jugendfeststellenprogramm. Es ist zumindest gelungen, eine VE für die Jahre 2015 und 2016 auszubringen, damit das nicht vollständig eingestampft wird. Aber auch hier sind die Ansätze um insgesamt 2 Millionen € verringert worden.

Natürlich hätte man dies zurücknehmen können. Aber offensichtlich war man dazu nicht gewillt. Wir finden, das ist politisch die falsche Strategie. Auch an dieser Stelle muss man die Protestierenden, Kinder und Jugendliche, die sich in die politische Willensbildung einbringen, wirklich einmal ernst nehmen.

Denen zeigt man - zumindest mit dem Haushaltsplanentwurf 2014 - stattdessen: Nein, wir nehmen hier keine Veränderungen vor. Wir ziehen die Dinge wie bisher durch. Es kommen - ich habe das erst nicht geglaubt - Argumente nach dem Motto: Wir haben ein hervorragendes Kinderfördergesetz. Wenn wir in die Kinderförderung so viel Geld stecken, brauchen wir für die Jugendpauschale nicht mehr so viel Mittel.

(Zuruf von Frau Niestädt, SPD)

Wir müssen diejenigen, die hiergegen protestieren, einmal ernst nehmen. Mit solchen Argumenten tut man dies eindeutig nicht, Herr Minister.