Wie gehen Sie nun damit um, indem Sie an den Kürzungsplänen festhalten und unserer kulturellen Identität, gerade auch in finanzieller Hinsicht, nicht den gebührenden Platz einräumen? Nicht wahrnehmend oder zumindest nicht in praktische Finanzpolitik umsetzend, dass aus dieser kulturellen Identität gemeinsam mit den wertschöpfenden Instituten der Theater, Opernhäuser, Vereine und Museen geistige und materielle Werte geschaffen werden und das Leben hier besonders attraktiv machen? - Es handelt sich also um eine Investition, nicht um eine Subvention, die ein Vielfaches an Gewinn erwirtschaftet.
Der Oberbürgermeister von Halle, Herr Wiegand, sagte letztens erstaunlicher -, aber richtigerweise: „Jeder Euro, den ich in die Händel-Festspiele investiere, kommt fünffach zurück.“ - Zitat aus der „MZ“.
Übertragen auf den Landeshaushalt für 2014 hieße das, gestrichene ca. 7 Millionen € bedeuten demnach den Verzicht auf ca. 35 Millionen € Gewinn. Und was können Sie, die Politik, dabei tun?
Neue Wege sind zu finden, wie etwa die Unterstützung der Kultur aus anderen Quellen - deswegen bin ich damals nach Berlin gereist, um mit Frau Pieper zu reden -, durch eine volle oder zumindest
erhebliche Mitfinanzierung der Weltkulturerbestätten und der Händel-, Telemann- Schütz-, Weill- und Bach-Festspiele in Sachsen-Anhalt durch den Bund, eingedenk des Versprechens unserer Bundeskanzlerin, jedenfalls 3 % des Bundeshaushaltes zukünftig für die Förderung von Kultur und Wissenschaft auszugeben.
Und was ist mit den Vorschlägen Kulturgroschen oder Tourismusabgabe bei Übernachtungen? Weimar hat damit, wie ich weiß, sehr gute Erfahrungen gemacht.
Sind Sie nicht auch mit uns der Meinung, dass gerade Sie als Abgeordnete dazu verpflichtet sind, unsere kulturelle Wertestruktur und die kulturellen Werte in einem Volk zu erhalten, zu stärken und nicht zu schwächen?
Verständnis für das Gemeinwohl braucht eine breite Basis, Nächstenliebe braucht eine breite Basis, Achtung vor dem Schwächeren braucht eine breite Basis, ehrenamtliches Engagement braucht eine breite Basis, genau so wie Kirchen, Vereine, Schulen, Krankenhäuser, Theater und Universitäten. Jeder, der an diesen Ästen sägt, sollte sich wohl überlegen, was er seinen Bürgerinnen und Bürgern zumutet und ob nicht dadurch zukünftig viel höhere Kosten auf uns alle zukommen.
Ja, da sollte man klatschen. - Fällt diese Basis weg, wird sie geschwächt, dann droht die Gesellschaft zu verrohen und es verändern sich radikal diese positiven Werte, wird der Verteilungskampf härter, nimmt der Kampf auf der Straße zu und Sie laufen Gefahr, Wähler, die sich dann radikalen so genannten Heilsbringern zuwenden könnten, zu verlieren.
Denken Sie gerade auch an die Kinder und Jugendlichen, auch an Ihre Kinder sowie die unglaublich wichtige Kinder-, Schüler- und Jugendarbeit bei unseren Theatern, Opern und Orchestern. Diese gilt es zu stärken. Durch die durch keine erkennbare Konzeption unterstützte Kürzungspolitik der Landesregierung werden jahrhundertealte Traditionen des Theater- und Orchesterwesens in Sachsen-Anhalt aufs Spiel gesetzt.
Wir leben in einer Zeit der großen Veränderungen. Wir müssen den Mut haben, heute neue Wege zu geben, aber immer mit der Verantwortung für die geistig-seelischen Grundlagen unseres Volkes. Ich sehe ein, dass es schwer ist, sich von alten Gedankenmustern zu trennen. Und angebliche Strukturveränderungen sind letztlich nur Kürzungen. Hierbei spielt wieder das Geld eine wesentliche Rolle. Was schneiden wir weg und was geschieht dann? Es ist skandalös, dass in einem reichen Land wie Deutschland Geld für Banken in unüber
Wie sollen wir unsere Identität bewahren, wenn unsere Kultureinrichtungen nicht einer hinreichenden staatlichen Unterstützung für wert befunden werden? Die Theater und Orchester in Halle und Dessau bestehen seit über 200 Jahren. Leben wir tatsächlich in den schlechtesten Zeiten seit über 200 Jahren, dass wir nun gezwungen sind, diese Einrichtungen zum Teil abzuschaffen? Was sind Voraussetzungen für zukünftiges Handeln?
Gerade eine Krise, wie wir sie heute erleben, jetzt, hier bei dieser Haushaltsdebatte, ist die Chance zur Umkehr, zum Verändern der Sichtweisen, zur neuen Fokussierung auf das Wesentliche. In dieser Phase investiert ein kluger Unternehmer in die Basis, in die kreativen Köpfe und Ressourcen seiner eigenen Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen. Und dies ist schlicht der Mensch mit seiner Rationalität, seiner Emotionalität, seinen Bedürfnissen nach Sinnerfüllung, seinen Bedürfnissen nach Frieden, Freude, Fürsorge für sich und seine Angehörigen, seinem sozialen Umfeld. Die Menschen suchen nach Halt und Orientierung. Und wo finden sie das?
Die Mitarbeiter der Theater und Orchester stehen für eine vitale, kreative, lebenswerte Zivilgesellschaft. Das Land Sachsen-Anhalt kann es sich nicht leisten, auf diese Menschen zu verzichten. Theater- und Orchesterkultur wird von Menschen für Menschen vor Ort gemacht. Sachsen-Anhalt braucht ein lebendiges, kulturelles Leben in den Städten und im ländlichen Raum und nicht nur eine Denkmal- und Jubiläumskultur.
Jedes einzelne Theater und Orchester hat umfangreiche theater- und musikpädagogische Programme, die bereits die kleinsten Bürger des Landes in den Kitas und Schulen erreichen. Diese Kinder sind nicht etwa, wie oft floskelhaft behauptet wird, das Publikum von morgen. Nein, sie sind unsere Gegenwart, das Publikum von heute.
Sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete! Tragen Sie Verantwortung in sich, womöglich sogar die Angst, den Druck, schnelle Entscheidungen treffen zu müssen und im Haushalt gerade bei den so wichtigen kulturellen Einrichtungen unseres Landes zu kürzen, um angeblich für die Zukunft gerüstet zu sein? Gerade dieses würde Sie und damit uns alle in einen unsäglichen Verteilungskampf führen, eventuell auch zu Fehlinterpretationen, zur Gefahr von Verarmung und Aggressivität - und alles in dem Bewusstsein, eigentlich doch etwas Gutes tun zu wollen.
Herr Bundestagspräsident Lammert sagte in der Oper in Halle: Öffentliche Ausgaben müssen sich rechtfertigen, Kulturausgaben auch, ganz selbstverständlich. Aber zur Konsolidierung öffentlicher Haushalte sind Kulturetats dagegen völlig ungeeignet.
Dafür ist ihr Anteil an den Gesamtausgaben viel zu gering und ihre Bedeutung zu hoch. Setzen Sie andere Schwerpunkte in der Haushaltsdiskussion! Hierbei geht es wirklich um die Zukunft des Landes.
Unsere Theater, die Intendanten und Mitarbeiter haben in den letzten Jahren schon so viel verändert, um Kostenfaktoren zu optimieren, Stellen abzubauen und durch besondere Verzichtsleistungen im Wege von Haustarifverträgen auf 10 % und mehr ihrer Gehälter und Gagen zu verzichten. Es ist eine absolute Schmerzgrenze erreicht. Mitarbeiter verzichten zum Teil seit über zehn Jahren auf große Gehaltsbestandteile sowie Anwartschaften auf die Altersversorgung. Diesen Menschen sollte man dafür danken, dass nur durch den persönlichen Einsatz und Verzicht und - auch das sei hier erwähnt - durch den großen Einsatz der theatertragenden Kommunen die Theaterlandschaft noch so vielfältig und vital ist.
Angestellte sind nicht dazu da, die Aufgaben der Träger zu erledigen. Ich muss Sie fragen: Finden Sie das in Ordnung, dass Personen im Einzelvertrag, Manager, nicht verzichten müssen? Dabei wehren sich die Theater und Orchester keineswegs gegen Strukturveränderungen. Selbst der von diesem Hohen Hause eingesetzte Kulturkonvent hat Strukturveränderungen empfohlen, allerdings mit der dafür notwendigen finanziellen Ausstattung und der ebenfalls dafür notwendigen Vorbereitungszeit.
Beides will die Landesregierung ihren Kultureinrichtungen nicht vorhalten. Verzeihen Sie mir die Frage: Verzichten Sie auf 10 % Ihres Gehaltes, um den Landeshaushalt zu sanieren?
Zugleich ist der Anteil am Landeshaushalt seit 2006 kontinuierlich gesunken. Damals war es noch 1 %. - Ich merke hier klingelt etwas, ich muss mich beeilen.
Ich bitte Sie, gestatten Sie ein Moratorium, damit gemeinsam und ohne teure Beraterinstitute eine zukunftsfähige Lösung gefunden wird.
mittelfristig die Zahl der dortigen Stellen sozialverträglich reduziert werden, zumal wir durch die Fusion schon viele Stellen reduziert haben. Das fand damals in Absprache mit der Landesregierung statt. Die Musiker haben ein Recht darauf, dass diese Maßnahme bis 2018 durchgeführt wird.
Sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete! Senden Sie mit Ihrer heutigen Entscheidung auch ein Zeichen der Versöhnung. Durch die Entscheidung über Kürzungen, durch die Negativdiskussionen, auch durch die Absage der Händel-Festspiele und die nun schon seit Monaten andauernden Proteste, durch all das hat die Kulturlandschaft Sachsen-Anhalt an Ansehen im Land und international verloren. Auch das Vertrauen vieler Bürger, denen die Kultur am Herzen liegt und die sich in den zahlreichen Freundeskreisen ehrenamtlich engagieren, ist beschädigt.
Entscheiden Sie bitte nicht nur um einer Entscheidung willen. Gut Ding will eben Weile haben, sagt man sicher nicht zu Unrecht. Setzen Sie ein Zeichen für eine verlässliche, dialogbereite Politik, die die Ängste und Befürchtungen sowie das Engagement seiner Bürger ernst nimmt. Setzen Sie ein Zeichen für die Zukunft, die nicht alle Aspekte des Lebens ausschließlich finanziellen Gesichtspunkten unterwirft.
Nehmen Sie die vorgeschlagene Kürzung für die Theater und Orchester zurück und treten Sie mit uns in einen Zukunftsdialog ein. Das ist eine Sache, die jeden angeht. Uns geht es unabdingbar um eine überparteiliche Lösung. Reißen wir Mauern ein und vereinen uns zu gemeinsamen Lösungen, dass für Kultur und Wissenschaft in SachsenAnhalt eine neue Prioritätensetzung gefunden wird.
Sachsen-Anhalt ist ein Kulturland. Wir sind es uns und auch unseren Kindern schuldig, dass das so bleibt. Das Kulturland Sachsen-Anhalt muss Kulturland bleiben. Denken Sie in Fülle und nicht in Mangel, denken Sie in Liebe für die Mitmenschen. Dies schafft Freiheit, gemeinsam Lösungen zu finden.
Sie kennen noch Frau Regine Hildebrandt. Sie hat ein Buch mit dem Titel geschrieben: „Erzählt mir doch nich, dasset nich jeht“.
Ein Olaf Schöder jetzt: Leben Sie, fühlen Sie die Lösung! Hier stehe ich, ich kann nicht anders. - Wir danken Ihnen.
Wir treten nunmehr in die Aussprache zu diesem Thema ein. Als Erster spricht für die Landesregierung Herr Kultusminister Dorgerloh.
Herr Präsident! Verehrte Abgeordnete! Sehr geehrte Vertrauenspersonen! Man soll Kürzungen nicht schönreden, aber man sollte auch nicht den Untergang des Kulturlandes Sachsen-Anhalt heraufbeschwören, wenn in drei Einrichtungen nötige und überfällige Strukturanpassungen vorgenommen werden müssen.
Meine sehr geehrten Damen und Herren! Sachsen-Anhalt ist ein bedeutendes Kulturland und Sachsen-Anhalt wird auch ein bedeutendes Kulturland bleiben.
Seine Stärken und seine Besonderheiten erwachsen aus dem umfangreichen Kulturerbe vieler Epochen, aus der kulturellen Kreativität der Bürgerinnen und Bürger, aus dem breiten Spektrum zeitgenössischer Kunst und Kultur sowie kultureller Bildung. Vom Unesco-Welterbe über eine großartige Musiktradition - wir haben es gerade gehört - bis hin zu innovativer Kunst gibt es in SachsenAnhalt viel Bewahrenswertes, viele Schätze.
Diesen großen Reichtum wollen und müssen wir miteinander sichern und bewahren und für die weitere Entwicklung Sachsen-Anhalts nutzen. Wenn das von mehr als 30 000 Menschen im Land unterschrieben wird, dann kann man sich darüber nur freuen.
Wenn jedoch gleichzeitig behauptet wird, dass der - ich zitiere - „Sparkurs der Landesregierung die gesamte Kulturlandschaft in Sachsen-Anhalt akut in ihrer Substanz bedroht“, dann will ich an dieser Stelle kräftig widersprechen.
Meine sehr geehrten Damen und Herren! Während wir hier debattieren, liegen in Magdeburg, Stendal, Schönebeck, Wernigerode, Naumburg, Halberstadt und Quedlinburg Theaterverträge zur Prüfung vor, die einen jährlichen Aufwuchs der Mittel vorsehen.