Protocol of the Session on October 17, 2013

Nun, fünf Monate nach der Hochwasserkatastrophe, liegt ein weiterer Antrag der Koalitionsfraktionen vor, der auch im Zusammenhang mit der vor

liegenden Beschlussrealisierung, vor allem der Beschlussrealisierung in Drs. 6/2302 zum Beschluss des Landtages vom Juli bewertet werden muss. Nun wird deutlich, dass die Vorstellungen der Fraktionen teilweise erheblich voneinander abweichen.

Besonders gravierend sind die Differenzen bei dem ersten zentralen Punkt des Antrages. Natürlich ist es klar, dass bis zur Sanierung oder dem Neubau der geschädigten Deiche ein adäquater Hochwasserschutz gewährleistet werden muss, damit in der Zwischenzeit keine Hochwassergefahr für die Bevölkerung besteht. Herr Dr. Aeikens hat dies bereits dargestellt.

Ich sage aber deutlich, dass es ein fataler Fehler wäre, jetzt darauf zu drängen, wie es im vorliegenden Antrag der Fall ist, dass alle geschädigten Deiche auf der vorhandenen Trasse schnellstmöglich DIN-gerecht wiederhergestellt werden. Denn bevor man sich mit einem Deichbau auf Jahrzehnte festlegt, muss geprüft werden, ob die bestehende Deichlinie tatsächlich sinnvoll ist. Wenn man diese Prüfung nicht durchführen würde, würde man Fehler, wie sie in Fischbeck offensichtlich geworden sind, einfach wiederholen. Das kann doch niemand in diesem Hohen Hause ernsthaft wollen.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Selbst die Landesregierung ist an dieser Stelle einen Schritt weiter. Das ist übrigens das erste Mal, dass ich darauf verweise. Laut der genannten Beschlussrealisierung sollen auch nach Auffassung der Landesregierung vor einer Rekonstruktion aller geschädigten Deiche auch Deichrückverlegungsmaßnahmen geprüft werden. Die Landesregierung schränkt dieses Vorhaben durch andere Formulierungen natürlich wieder ein. Das ändert aber nichts an der Tatsache, dass dies grundsätzlich der richtige Weg ist.

Aus unserer Sicht wäre es sinnvoll, speziell für die Deichrückverlegungsprojekte eine eigene Arbeitsgruppe einzurichten und diese mit entsprechenden Mitteln, die in einem gesonderten Haushaltstitel veranschlagt werden, auszustatten. Wir haben hierfür 7 Millionen € vorgesehen und halten dies nach wie vor für erforderlich, um die notwendigen Deichrückverlegungsprojekte zügig auf den Weg zu bringen.

Ich sage ganz deutlich: Das Zeitfenster ist nur klein, um die bestehenden Projekte umzusetzen und mögliche neue Retentionsflächen zu identifizieren. Dafür ist jetzt der richtige Zeitpunkt, meine Damen und Herren.

(Zustimmung bei den GRÜNEN - Zuruf von Herrn Leimbach, CDU)

Der zweite Punkt des Antrages ist nicht falsch, müsste aber folgendermaßen lauten: Die Landes

regierung wird aufgefordert, ihre gesetzliche Pflicht zur Erstellung der Kompensationsverzeichnisse umzusetzen. Denn ohne diese Grundlage, ohne dass die Verzeichnisse vorliegen und allen bekannt gemacht werden, hätte der Beschluss keine praktische Relevanz.

Zum dritten Punkt des Antrages ist bereits einiges gesagt worden. Eine solche Prüfung, wie sie hier genannt ist, brauchen wir wirklich nicht zu beschließen. Denn das Ergebnis einer solchen Prüfung liegt auf der Hand. Herr Dr. Aeikens hat das vorsichtig angedeutet. Ich möchte das noch einmal unterstreichen.

Für die Kompensationsmaßnahmen nach dem Bundesnaturschutzgesetz bzw. nach dem Landesnaturschutzgesetz müsste man eine Gesetzesänderung vornehmen. Bei anderen Maßnahmen, die auf der Grundlage von Europarecht bzw. auf der Grundlage der FFH-Richtlinie und der Vogelschutzrichtlinie notwendig sind, ist das schlicht nicht möglich.

(Herr Leimbach, CDU: Noch nicht!)

Es ist nicht möglich. Eine Änderung der Richtlinien halte ich im Moment nicht für durchsetzbar. Außerdem weiß jeder, der sich damit ein bisschen beschäftigt hat, dass die Maßnahmen sogar teilweise vor dem Beginn der Baumaßnahmen notwendig sind. Wenn Sie nun an dieser Stelle suggerieren, dass an diesem Punkt eine Verfahrensbeschleunigung erreicht werden könnte, dann sage ich, dass es gegenüber den Bürgerinnen und Bürgern schlicht unverantwortlich ist, an dieser Stelle irgendwelche Hoffnungen zu wecken, die Sie nie und nimmer erfüllen können.

(Zustimmung bei den GRÜNEN)

Die Punkte 4 und 5 a des Antrages könnten wir mittragen. Das bedeutet aber nicht, dass wir die gesamte Bundesratsinitiative von Bayern und Sachsen unterstützen würden. Bei einigen Punkten ist aus meiner Sicht Skepsis angebracht. Das betrifft zum Beispiel die geplante erstinstanzliche Zuständigkeit des OVG und die geplante Änderung bei § 68 des Wasserhaushaltsgesetzes. Auch der Sinn der vorgeschlagenen Änderung des § 76 Abs. 2 des Verwaltungsverfahrensgesetzes erschließt sich mir nicht. Ähnliches gilt für die Aufhebung der aufschiebenden Wirkung einer Anfechtungsklage

Wir als grüne Fraktion wenden uns strikt dagegen, die Mitwirkungsrechte der Öffentlichkeit einzuschränken. Aber da in der Bundesratsinitiative nur eine Verkürzung der Fristen für behördeninterne Stellungnahmen angestrebt wird, könnten wir diesem Aspekt zustimmen. Allerdings - das ist auch schon des Öfteren gesagt worden - müssen auch die Behörden personell in die Lage versetzt werden, schnell zu reagieren.

Damit bin ich beim sechsten Punkt des Antrages. Hierzu und zur Beratung im Umweltausschuss ist bereits einiges gesagt worden. Herr Krause hat das richtig dargestellt. Die Fraktion DIE LINKE hat einen wortgleichen Antrag gestellt und die Koalitionsfraktionen haben ihn abgelehnt, mit dem Verweis, das sei zu kurzfristig.

Heute und hier ist nicht der Zeitpunkt, noch einmal eine so unbestimmte Formulierung zu beschließen. Das haben wir in diesem Haus bereits dreimal getan. Es wäre heute an der Zeit, endlich konkrete Vorschläge zu unterbreiten und Tacheles zu reden, wie die personelle Unterstützung im LHW und in den Genehmigungsbehörden konkret aussehen soll.

(Zustimmung bei den GRÜNEN und bei der LINKEN)

Herr Dr. Aeikens hat bereits vor mehr als einem Jahr und bereits vor dem Hochwasser deutlich gemacht, dass die Personalausstattung gerade in diesem Bereich nicht ausreichend ist. Nun wurde im Umweltausschuss avisiert, dass zur Bereinigungssitzung konkrete Vorschläge der Koalitionsfraktionen vorliegen sollen. Ich bin sehr gespannt, ob es tatsächlich dazu kommen wird.

Zu Punkt 7 des Antrages möchte ich nur eine Anmerkung machen. Einen Bericht über das Katastrophenschutzmanagement halte ich für eine absolute Selbstverständlichkeit. Das müssen wir an dieser Stelle nicht beschließen.

Ein Fazit zu dem Antrag der Koalitionsfraktionen. Ich denke, dass man dem Antrag deutlich anmerkt, dass er ohne die Mitwirkung der Oppositionsfraktionen entstanden ist.

(Zustimmung bei den GRÜNEN und bei der LINKEN)

Der Wortlaut des Antrags wird dem berechtigten Interesse der Bürgerinnen und Bürger an einem effektiven Hochwasserschutz nicht gerecht. Der Antrag geht in einigen Punkten sogar in eine komplett falsche Richtung. Deswegen wird meine Fraktion diesem Antrag nicht zustimmen. - Vielen Dank, meine Damen und Herren.

(Beifall bei den GRÜNEN - Zustimmung bei der LINKEN)

Danke sehr, Herr Kollege Weihrich. - Für die Fraktion der CDU spricht der Abgeordnete Herr Stadelmann.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Eigentlich wollte ich nicht noch einmal ans Pult treten, aber zu zwei bis drei Aspekten möchte ich noch etwas sagen.

Herr Dr. Köck, ich meine, man kann bewusst versuchen, Anträge falsch zu verstehen oder das Thema des naturnahen Hochwasserschutzes wie eine Monstranz vor sich herzutragen, um irgendetwas ablehnen zu können. Das ist aber Quatsch.

(Zustimmung bei der CDU)

Herr Kollege Weihrich, Sie wollen einen gesonderten Haushaltstitel für Deichrückverlegungen einrichten. Das hört sich so an, als ob das etwas Besonderes wäre. Das ist jedoch Standard und gehört zum Hochwasserschutz. Das wird bei der Variantenuntersuchung jedes Mal berücksichtigt, genauso wie die Schaffung von Retentionsflächen oder Polderflächen. Dann wird eine Variante ausgewählt. Hierfür brauchen wir keinen gesonderten Haushaltstitel und schon gar keinen, zu dessen Gunsten Sie den Wassercent erhöhen wollen.

(Beifall bei der CDU - Herr Borgwardt, CDU: Der Beitrag zur Wirtschaftsförderung!)

Ich möchte noch auf den Aspekt der Kommunikation eingehen, den Dr. Köck angesprochen hat. Ich glaube, der Minister hat es deutlich gesagt und das spiegelt auch das Vorgehen wider, das in den letzten Wochen und Monaten durch das MLU initiiert worden ist. Wir wollen die bessere Einbindung der Bürger und der Betroffenen vor Ort bei der Planung und Realisierung von Hochwasserschutzmaßnahmen, bevor die Varianten feststehen. Das hätten Sie, wenn Sie dem Minister zugehört hätten, verstehen können. Er hat betont, dass, bevor Varianten feststehen, vor Ort diskutiert wird, alle einbezogen werden, keiner außen vor gelassen oder nicht berücksichtigt wird.

Ich denke auch, Kollege Weihrich, das ist im Moment bei der EU sicherlich nicht durchsetzbar. Aber ich sage auch, es ist noch nicht aller Tage Abend. Wenn es mit den Hochwasserereignissen so weiter geht, glaube ich, dass sich der eine oder andere Parlamentarier im Europäischen Parlament darüber Gedanken machen wird, wie Verfahren zu beschleunigen sein können. - Vielen Dank.

(Zustimmung bei der CDU)

Es gibt eine Nachfrage des Kollegen Weihrich. Würden Sie diese beantworten?

Herr Kollege Stadelmann, Sie haben wieder auf die Variantenuntersuchungen und damit auf notwendige Deichrückverlegungen aufmerksam gemacht. Ich hatte in meiner Rede gesagt, dass ich das für den richtigen Weg halte.

Ich frage mich nur, warum die Koalitionsfraktionen die Wiederherstellung aller Deich- und Dammbauten auf vorhandener Trasse beantragen. Das steht doch konkret in diesem Antrag. Dann erklären Sie mir einmal, warum Sie hervorheben, dass Sie auf der vorhandenen Trasse bauen wollen.

Weil wir gerade damit die Verfahrensbeschleunigung erreichen, die wir im Wassergesetz vereinbart haben. Sie können niemandem vor Ort, der die Deichbrüche erlebt hat oder der vom Hochwasser gefährdet ist, klarmachen, dass wir jetzt anfangen, Deiche umzuverlegen oder irgendwelche Variantenuntersuchungen zu machen. Es geht jetzt erst einmal darum, die entsprechenden Stellen zu reparieren und zu schließen; denn das nächste Hochwasser kommt bestimmt.

(Beifall bei der CDU)

Danke sehr. - Damit sind wir am Ende der Debatte. Es ist keine Überweisung beantragt worden. Damit stimmen wir über den Antrag als solchen ab.

(Herr Dr. Köck, DIE LINKE: Es ist eine Über- weisung zur federführenden Beratung in den Umweltausschuss und zur Mitberatung in den Landwirtschaftsausschuss beantragt worden!)

- Dann stimmen wir jetzt darüber ab, ob wir generell die Drucksache in einen Ausschuss überweisen wollen. Wer einer Überweisung zustimmt, den bitte ich um das Kartenzeichen. - Das ist die Fraktion DIE LINKE. Wer ist dagegen? - Die Koalitionsfraktionen. Wer enthält sich der Stimme? - Das ist die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN. Damit wurde eine Ausschussüberweisung abgelehnt.

Wir stimmen über den Antrag in der Drs. 6/2487 ab. Wer dem Antrag zustimmt, den bitte ich um das Kartenzeichen. - Das sind die Koalitionsfraktionen. Wer ist dagegen? - Das sind die Oppositionsfraktionen. Damit ist der Antrag angenommen worden und wir haben den Tagesordnungspunkt 3 erledigt.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen. Einer geht noch vor der Mittagspause.

Wir kommen zum Tagesordnungspunkt 4:

Beratung

Weiterführung der Parlamentsreform in der sechsten Legislaturperiode

Antrag Fraktionen CDU, DIE LINKE, SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN - Drs. 6/2498