Die erste Frage lautet: Wieso ist eigentlich die Landesregierung der Antragsgegner für Abgeordnete? Das ist doch eigentlich nur das Fachressort. - Ein Blick der Anwälte in die Verfassung hätte unserer Auffassung nach genügt. Dann hätte man festgestellt, warum das so ist.
Zweitens - das ist für mich eine der spannendsten Fragen -: Wieso muss ein Abgeordneter den gleichen Informationsstand haben wie ein Angestellter der Landesverwaltung? Das ist eine berechtigte Frage dieser Anwälte.
Die dritte Frage heißt: Wieso sollen wir ausreichend begründen, warum wir den Geheimhaltungsinteressen anderer ein größeres Gewicht beimessen als dem Informationsinteresse eines Antragstellers?
Wir sind der Auffassung: Das Landesverfassungsgericht hat diese Fragestellungen sauber seziert und hat ein klares Urteil abgegeben. Es ist mehrfach gesagt worden, dass es die Rechte des Parlaments stärkt und der Landesregierung einfach die Normalität erklärt, dass unsere Demokratie grundlegend durch die auch den einzelnen Abgeordneten zugewiesenen Kontrollfunktionen des Parlamentes gegenüber der Regierung geprägt ist.
In diesem Sinne hätten wir ganz einfach als Reaktion erwartet, dass die Landesregierung sagt: Jawohl, Verfassungsgericht, wir haben verstanden.
Nun lesen wir in der Zeitung die bekannte Äußerung von Minister Webel - flapsig, wie Herr Robra meinte, und eigentlich freundlich gemeint.
Aber, meine Damen und Herren, ich glaube, die Empörung bei den Kollegen der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN ist völlig berechtigt. Es geht darum, dass man solche Äußerungen nicht einfach ohne Weiteres zulassen soll.
Es stellt sich nämlich die Frage: Was passiert danach? - Es passiert nichts. Kein Wort der Entschuldigung, nicht einmal der Versuch, die Sache aus dem Weg zu räumen, obwohl die Kollegen von den GRÜNEN das in ihrer Pressemitteilung benannt haben.
Selbst in der Sitzung des Ältestenrates in der vorigen Woche, als wir das Thema behandelt haben, kam kein Wort des Bedauerns.
Ich habe die Kollegen verstanden, die gesagt haben: Hätte man sich einfach einmal bei einem Kaffee zusammengesetzt und gesagt: „Mein Gott, das war nicht so gemeint“, dann hätte man einen anderen Weg gehen können, als heute in dieser Debatte über die Missbilligung eines Ministers reden zu müssen.
Nun fällt bei uns in den Debatten sicherlich auch mal ein unschönes Wort. Das haben wir selbst oft genug erlebt. Dann haben wir im Parlament den Vorteil, dass wir entweder vom Präsidenten oder von der Präsidentin dafür gerügt werden oder uns gleich entschuldigen. Es ist offenbar etwas anderes, wenn es um Äußerungen von Ministern der Landesregierung geht.
Dazu will ich ein zweites Beispiel anführen. Herr Minister Stahlknecht hat das Agieren des Kollegen Czeke wegen der Anzeige des Ministerpräsidenten als „Sauerei“ bezeichnet.
(Staatsminister Herr Robra: Das hat er als Privatmann gemacht! - Herr Gallert, DIE LINKE: Ach so war das! - Unruhe)
(Herr Gallert, DIE LINKE: Eben wurde ge- sagt: als Privatmann! - Staatsminister Herr Robra: Als Privatmann!)
Wenn Sie solche Äußerungen von sich geben, dann gehen wir davon aus, dass Sie das natürlich auch in Ihrem Amt gesagt haben.
Vielleicht einmal kurz zu dem Sachverhalt. Im Mai hat Kollege Czeke einen Sachverhalt in die Hand bekommen, aufgrund dessen er sich veranlasst sah, mit der Staatsanwaltschaft zu sprechen. Die Staatsanwaltschaft hat es als „nicht unbegründet“ angesehen und hat ein Verfahren eingeleitet. Die mediale Aufmerksamkeit war erst dann vorhanden, als die Immunität des Abgeordneten Herrn Haseloff aufgehoben worden ist. Das war der eigentliche Punkt.
Dann zu sagen: „Hier hat ein Abgeordneter eine Sauerei begangen“, halte ich einfach für eine Unverschämtheit, Herr Minister. Dafür könnten Sie sich bei dieser Gelegenheit auch entschuldigen.
Da ist zum Beispiel manchmal das Thema Entschuldigung beim Fehlen von Ministern in Landtagssitzungen oder in Ausschusssitzungen mit seltsamen Begründungen, von denen man sagen könnte: Ja, was ist dem Minister oder der Ministerin eigentlich wichtiger?
Frei nach Bertolt Brecht könnte man, was das Verhältnis von Parlament und Regierung betrifft, vielleicht anmerken: Hat das Parlament etwa das Vertrauen der Regierung verspielt? Wäre es dann nicht besser, dass sich die Regierung ein neues Parlament wählt? - Entschuldigen Sie bitte diese sarkastischen Bemerkungen.
Aber ich möchte noch einmal zum Ausdruck bringen: Unsere Fraktion unterstützt den Antrag von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN. Jetzt haben Sie einen Alternativantrag vorgelegt.
Denn das, was Sie hier als Alternativantrag vorgelegt haben, ist nichts anderes als die Bestätigung der Normalität. Das haben wir nicht nötig.
Ein Alternativantrag wäre es gewesen, wenn Sie gesagt hatten: Wir missbilligen nicht, sondern wir billigen die Äußerung des Ministers. Das wäre an dieser Stelle eine echte Alternative gewesen.
In diesem Sinne stimmen wir dem Antrag der GRÜNEN zu. Den Antrag der Koalitionsfraktionen lehnen wir ab. - Vielen Dank.
Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Es gibt natürlich bessere vergnügungssteuerpflichtige Anträge; das ist verständlich. Aber eines kann ich Ihnen sagen: Weder die Regierung oder einzelne Minister sind schizophren noch ist die CDU-Fraktion bekloppt. Wir haben ein ganz klares Verständnis davon, wie Alternativanträge aussehen. Das wissen Sie doch auch, Herr Kollege.
Ich möchte gern noch einmal darauf zurückkommen, um was es in dem Antrag tatsächlich geht. Darin geht es nämlich um das Organstreitverfahren des Kollegen Erdmenger, in dem das Landesverfassungsgericht festgestellt hat, dass die Beantwortung von zwei Kleinen Anfragen durch die Landesregierung den Antragsteller in seinen durch die Verfassung garantierten Frage- und Informationsrechten verletzt hat.
Das Landesverfassungsgericht hat ausgeführt, dass das parlamentarische Regierungssystem grundlegend durch die den einzelnen Abgeordneten zugewiesenen unverzichtbaren Kontrollfunktionen des Parlaments geprägt ist. Meine Kollegin Grimm-Benne ging ebenfalls darauf ein.
Meine Fraktion teilt diese Ausführungen vollumfänglich. Auch deshalb haben wir - abweichend von der geübten Praxis - im Ausschuss für Recht, Verfassung und Gleichstellung zu diesem Organstreitverfahren eine Stellungnahme erarbeitet, da das Verfahren die originären Rechte der Parlamentarier betraf. Die Stellungnahme wurde durch dieses Hohe Haus durch Beschluss im November 2012 bestätigt.
Es versteht sich von selbst, dass sich der Landtag in der Sache selbst nicht eingelassen hat, jedoch abstrakt auf die Rechte der Mitglieder dieses Hohen Hauses entschieden hingewiesen hat.