(Zuruf von der LINKEN: Dann können wir das doch gleich sein lassen! - Frau Dr. Klein, DIE LINKE, lacht)
Die Koalition verschließt sich mit ihrem Antrag nicht dem grundsätzlichen Anliegen, behält aber die Rahmenbedingungen in diesem Land im Auge.
Denn, meine sehr geehrten Damen und Herren, das ist eben nicht Schnulli. Das ist etwas ganz anderes: So sieht verantwortungsvolle Politik in der Praxis aus.
Ja, meine Damen und Herren, der Antrag der Bündnisgrünen greift ein wichtiges Problem auf. Das haben viele gesagt. Er greift einen neural
gischen Punkt auf, der auch ein Stück weit mit der Geschichte des Hauses zu tun hat, weil wir die Kommunalisierung und damit die Trennung von Schule und Hort beschlossen haben. - Aber eines nach dem anderen.
Was Ganztagstagsschulen leisten können, ist von meiner Vorrednerin Frau Professor Dalbert ausführlich und sehr schön beschrieben worden. Ich habe das Gefühl - das beruhigt mich -, dass wir jetzt ein Stück weit über die Begründung hinweg sind, dass Ganztagsschulen für sogenannte oder vermeintlich schwache Kinder sind, um sie von ihrer Playstation oder von ihrem Fernseher am Nachmittag wegzubekommen. Es handelt sich um eine ganz andere Unterrichtsform, einen rhythmisierten Unterricht - das Stichwort ist gefallen -, um offenen Unterricht.
Ein Argument würde ich gern noch bringen: Es bringt Luft, es bringt andere Perspektiven in die Schulen. Ich sage an dieser Stelle immer ein wenig zugespitzt: Man darf Schule nicht den Schulbehörden und den traditionell dort Agierenden allein überlassen.
Wie sieht es in Sachsen-Anhalt aus? - CDU und SPD hatten sich nicht nur vorgenommen, die Ganztagsschule auszubauen, sondern sie hatten sich vorgenommen, sie deutlich auszubauen. Im Jahr 2011 hatten wir 88 Ganztagstagsschulen, jetzt haben wir sechs mehr. - Also, meine Damen und Herren, ein deutlicher Ausbau sieht anders aus.
Wo liegt der Hund begraben? Auch das hat Herr Güssau bereits angedeutet. Meine Damen und Herren! Es fehlt an ausreichendem Personal, insbesondere an pädagogischen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern. Sie sind nach dem Personalentwicklungskonzept der Landesregierung nach wie vor ein Auslaufmodell. 144 pädagogische Mitarbeiter fehlen uns. Das entspricht einem Anteil von etwa 35 %, der uns in den Ganztagsschulen fehlt. Dieser Mangel wird derzeit durch Anrechnungsstunden von Lehrkräften ausgeglichen. Das hoffe ich zumindest.
Dabei wäre folgende Frage an das Kultusministerium interessant gewesen: Wie hält es denn das MK in diesem Fall mit den Anrechnungsstunden, die vielerorts als bedarfsmindernde Maßnahmen gestrichen werden? Ich hoffe, dass diese nicht dem Rotstift zum Opfer fallen.
Hier beißt sich, meine Damen und Herren, die Katze in den Schwanz. Wir kommen immer wieder an ein und denselben Punkt: Das Personalentwicklungskonzept der Landesregierung ist Murks und muss weg.
ganztägiger Bildung. Wir sind an der Stelle, an der wir fragen müssen: Wie weitgehend soll die Kooperation von Schule und Hort künftig gestaltet werden? Welche pädagogische Verknüpfung ist nötig? - Ich komme noch im Einzelnen dazu. Interessant ist auch, unter welchem organisatorischen Dach das geschehen soll.
Ich habe angedeutet, dass diese Frage auch meine Fraktion seit Jahren umtreibt. Das Thema Hort ist im Kultusministerium irgendwie ein bisschen traumatisiert. Wir kommen bei dieser Frage an schwierige Stellen, die das Parlament für sich entscheiden muss. Ich habe gesagt: Die Trennung von Hort und Schule ist in diesem Hohen Hause politisch gewollt gewesen. Ich sage es Ihnen ganz ehrlich: Das ist eine Entscheidung gewesen, die ich so heute nicht mehr mittragen würde.
Man trifft vielerorts auf die Bitte von Praktikerinnen und Praktikern, genau das im Sinne einer besseren Kooperation und der Nutzung von möglichen Synergien, darunter auch personellen Synergien, rückgängig zu machen. Ich verstehe, ehrlich gesagt, den Kultusminister nicht, warum diese Kooperation nicht mit sehr viel mehr Konsequenz und mit sehr viel mehr Offensive vorangetrieben wird.
Wo liegen die Probleme dieser Trennung? - Sie liegen in der anhaltenden Schwierigkeit bei der Zusammenarbeit zwischen Schule und Jugendhilfe. Wir haben es mit zwei getrennten pädagogischen und verwaltungsorganisatorischen Einheiten zu tun, mit zwei Ministerien, bei denen man nicht müde wird zu erklären, dass diese hervorragend zusammenarbeiten.
Wir haben aber auch unterschiedliche Zuständigkeitsebenen, unterschiedliche Bildungsphilosophien und nicht zuletzt - was wahrscheinlich das größte Problem ist - die räumliche Trennung.
Die Kooperation von Hort und Grundschule bleibt deshalb oftmals eine Frage des guten Willens der Pädagoginnen und Pädagogen und der unterschiedlichen Träger, so nach dem Motto: Vieles kann, aber nichts muss. Und es ist unklar, welches pädagogische Konzept hierbei relevant sein soll.
Wir haben einen klaren Bildungsauftrag. Das ist wohl wahr, aber das künftige Bildungsprogramm „Bildung elementar“ äußert sich aus gewichtigen und für mich nachvollziehbaren Gründen nicht mehr zu der Frage: Was soll eigentlich im Hort passieren? Das heißt, wir haben einen Bildungsauftrag, aber wir brauchen ein Bildungsprogramm.
Somit laufen die Horte in der Praxis Gefahr, auf Anhängsel der Kindereinrichtungen zurückgestutzt zu werden. Das finde ich schwierig. In die Kita gehen die Kleinen und wenn die Großen aus der Schule in den Hort kommen, dann haben sie einen anderen Status und es sind andere Fragen, die sie
Und, meine Damen und Herren, Eltern müssen für das Ganztagsangebot im Grundschulalter bezahlen. Dieser Aspekt darf bei dieser Diskussion nicht unter den Tisch fallen.
Wir beschäftigen uns heute mit der Frage, wie wir das künftig gestalten wollen. Diese Frage steht im Zusammenhang mit dem Antrag der Bündnisgrünen. Ich habe gesagt, dahinter stecken schwierige Entscheidungen, die meine Fraktion bisher davon abgehalten haben, diesen Weg der Kooperation bis zum Ende durchzudeklinieren und Vorschläge zu unterbreiten.
Zu unseren Prämissen kann man allerdings auf jeden Fall etwas sagen. Wir brauchen ein Bildungsprogramm für den Hort, das sich am Lerngeschehen der Schule durchaus orientiert. Ich finde aber auch, dass man in diesem Zusammenhang sehr viel von der pädagogischen Philosophie der Jugendhilfe gewinnen könnte.
Es müsste das Prinzip müsste sein, meine Damen und Herren, dass diese Angebote für Kinder kostenlos bleiben müssen. Das stellt eine Frage an das Land dar; denn wenn die Ganztagsangebote im Hort nach dem KiFöG in die Ganztagsschule integriert werden, dann stellt sich sofort die Frage nach den Kosten. Hierzu sagen wir klar: Keine Ganztagsschulgebühren durch die Hintertür!
Wir müssen sagen, wie wir die Kooperation der unterschiedlichen Trägerschaften gewinnbringend gestalten.
Ich bin der Auffassung, dass wir bei den beiden Trägerschaften bleiben sollten. Wir haben mittlerweile ein gutes Vorbild dafür, wie beide gut miteinander kooperieren können. Das ist bei dem Modell der Schulsozialarbeit wirklich ein Erfolg gewesen, von dem man auch lernen kann.
Meine Damen und Herren! Ganztagsschule ist kein Wundermittel - das ist logisch -, das von selbst wirkt. Es ist wie alles im Leben: Man kann Ganztagsschule schlecht machen; man kann Ganztagsschule gut machen. In diesem Sinne ist die Struktur der Ganztagsschule eine notwendige, aber keine hinreichende Bedingung.
Ich denke, es bleibt eine leere Schachtel, wenn nicht die erforderliche Anzahl von Lehrkräften und von pädagogischen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zur Verfügung steht. Dazu habe ich etwas gesagt. Dazu habe ich auch sehr eindringlich gesprochen.
Es braucht zudem Lehrkräfte und Mitarbeiterinnen, die die Idee tragen, die an Neuem interessiert sind, die eben nicht nur Stoffvermittler sind, sondern die sich auch ein Stück weit darauf einlassen, Lernbegleiterinnen zu werden. Ferner braucht es Personal und finanzielle Mittel. Da beißt der Mäuserich keinen Faden ab.
Wir plädieren für die Überweisung des Antrages in den Bildungsausschuss. Der Antrag ist sehr allgemein gehalten. In der letzten Konsequenz würde ich ihm auch zustimmen, aber ich denke, wir sollten es richtig tun und wir sollten uns den Fragen, die ich angeschnitten habe, auch stellen und eine Entscheidung treffen.
In diesem Bereich muss etwas getan werden. Ich bin der festen Überzeugung, dass sich das Kultusministerium bei dem Thema Hort nicht von allein bewegen wird. Deswegen hoffe ich auf eine konstruktive und substanzielle Debatte im Ausschuss.
Der Antrag der Fraktionen der CDU und der SPD ist wirklich Schnulli. Stellen Sie einen Selbstbefassungsantrag im Bildungsausschuss, dem würden wir auch zustimmen. Der Antrag geht an der Substanz vorbei. Deswegen werden wir diesem Antrag nicht zustimmen. Kommt es zur Abstimmung über den Antrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, werden wir diesem zustimmen. Unsere Präferenz ist jedoch die Überweisung in den Bildungsausschuss. - Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit.
Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Kolleginnen und Kollegen! Schule über den ganzen Tag ist eine Frage der Definition. Wir haben von den unterschiedlichen Organisationsformen ganztägiger Angebote gehört. Frau Professor Dalbert hat es angesprochen: Es gibt die vollgebundene, die teilweise gebundene und die offene Form. Jeder von Ihnen hat in den Wahlkreisen die Entwicklung einzelner Ganztagsschulen, vielleicht auch in dieser Reihenfolge, miterlebt.
Es gibt also differenzierte Möglichkeiten, den Schulalltag zu gestalten. Die Qualität misst sich an der Ausgestaltung des Angebotes und auch an den Erfolgsfaktoren. Gleichwohl ist es schwierig, diese zu messen.
Die Erwartungen an die Wirkungen von Ganztagsschulen sind in der Tat vielfältig. Sie sollen Lernmotivation und Lernfreude erhöhen, den Erwerb von sozialen und kognitiven Fähigkeiten fördern, soziale Benachteiligung kompensieren, eine Ba
lance zwischen Familien- und Arbeitswelt schaffen sowie eine bessere Integration bei einem Migrationshintergrund gewährleisten. Können Ganztagsschulen das alles leisten?
Frau Professor Dalbert hat die Diskussion hinsichtlich der Forderung, neben den Kernfächern weitere Unterrichtsfächer zu etablieren, aufgezeigt. Wir verfügen über ein erweitertes Bildungsverständnis im Kontext der Ganztagsschulen.
Ich möchte an dieser Stelle auf den Stand der empirischen Forschung über die Qualität der Ganztagsschulangebote eingehen. Diesbezüglich gibt es in der Tat noch Erwartungen; die Forschung hierzu steckt noch in den Kinderschuhen, wie ich gelesen habe.
Als belegt kann der Aspekt der Vereinbarkeit von Familie und Erwerbsarbeit angesehen werden. Ich denke, das wurde auch in den Redebeiträgen deutlich. Hingegen gibt es sicherlich noch Kontroversen hinsichtlich der Belege für eine gesicherte Leistungsförderung und für einen Ausbau von Chancengerechtigkeit durch eine Ausweitung der Ganztagsschulen.
Es gibt aber auch Hinweise darauf, dass sich positive Effekte bei Schülern eher in der gebundenen Form der Ganztagsschule zeigen können. Eine Reihe von Studien hierzu wird noch erstellt. Beispielsweise belegt die Studie StEG, dass die offene Ganztagsschule nicht so schlecht ist wie ihr Ruf. Auch in der Wissenschaft wird an dieser Stelle noch kontrovers diskutiert.
Ich möchte auf die Bewertung des Alternativantrages eingehen. Sie können Ihre Bewertung vornehmen, okay. Wir haben uns Gedanken gemacht und halten es für ein wichtiges Anliegen. Uns geht es um die Weiterentwicklung von Ganztagsschulen und Ganztagsangeboten in Sachsen-Anhalt. Nicht mehr und nicht weniger steckt hinter diesem Alternativantrag.