Der Aufstieg ist anstrengend, das wissen wir alle; aber die Aussicht ist besser, je höher man kommt.
Worum geht es in den nächsten Wochen? - Wir werden im Finanzausschuss und sicherlich in allen Ausschüssen sehr intensiv über den vorgelegten Entwurf des Haushaltsplans für das Haushaltsjahr 2014, über den Entwurf des Haushaltsbegleitgesetzes und über den Tilgungsplan diskutieren. Der Tilgungsplan ist das neue Instrument der Schuldenbremse, sich mit den alten Schulden zu beschäftigen.
Wir werden auch über den Einstieg in den Doppelhaushalt diskutieren. Ich will klar sagen: Für diesen Doppelhaushalt müssen wir noch einmal über die Eckwerte reden. Ein Beispiel ist der Sozialhaushalt, bei dem bestimmte Programme überhaupt nicht ausfinanziert sind. Aber bitte eines nach dem anderen, nicht vermengen; ich möchte aber darauf hinweisen, dass wir das mit diskutieren sollten.
Wir reden in den Regierungsfraktionen zum Beispiel darüber, ob diese ganze Diskussion jetzt schon durch das Thema Familiengesetz begleitet werden soll. Natürlich wäre es schön, wenn wir im Vorfeld für den Doppelhaushalt schon das aufnehmen könnten, was konsensfähig ist.
Natürlich diskutieren wir in den Ausschüssen auch über das Finanzkonzept der Mipla, den Zeitraum der fünf Jahre, und sicherlich auch darüber, was nach 2020 mit bestimmten Programmstrukturen passiert.
Kluge Strukturveränderungen, liebe Kolleginnen und Kollegen, sind Investitionen in immer mehr Effizienz und mehr Qualität. Und diese Debatte wird zunehmen. Es wird kein großer Spielraum mehr vorhanden sein, um zu schauen, woher wir noch Geld für irgendetwas bekommen, was wir alle uns noch wünschen.
Denn nach Wegfall der Sonderprogramme, liebe Kolleginnen und Kollegen, werden wir das nicht mehr allein stemmen können, was in den nächsten Jahren mit diesem zusätzlichen Geld noch an Anpassungsstrategien möglich sein wird.
Liebe Kolleginnen und Kollegen! Das will ich hier einmal sagen: Es geht doch um Dinge, die wir kennen. Es ist ja nicht so - das mag die Opposition vielleicht für sich in Anspruch nehmen -, dass hier eine Regierung und die Regierungsfraktionen seit Jahren durch den Nebel irrten und nicht wüssten, was sie machen sollen. Wir haben genug Diskussionen über Konzepte geführt, auch wenn dies strittig ist.
Ja, ich gebe zu, es gibt derzeit kritische Äußerungen und Konflikte auch innerhalb der Regierung und der Regierungskoalition. Da nützt es nichts - ich glaube, es ist auch nicht sinnvoll -, das nicht anzusprechen. Ich sage aber auch: Es ist auch keine einfache Zeit. Lösungen sind nun einmal nicht mehr so einfach wie vor zehn Jahren. Und selten gibt es für Vorschläge Beifall. Deswegen weiß ich auch, dass Regierungskoalitionen beides aushalten müssen - hier sowie auch vor Ort, wo es andere sicherlich leichter haben.
Deswegen ist es gut, dass es um die Lösungen Streit gibt, so zum Beispiel beim Blindengeld. Es gibt auch einmal Diskussionen, harte Worte und
es gibt gegenseitige Vorwürfe. Das bleibt nicht aus. Aber ich bin jemand, der schon lange hier sitzt, auf beiden Seiten. Ich selbst war Geschäftsführer und weiß noch, wie ich damals die Regierung gesehen habe. Das habe ich alles verdrängt.
Wichtig ist, dass man am Ende des Prozesses zueinander kommt, Lösungen findet, miteinander redet und dann diese Lösung bitte schön auch gemeinsam durchträgt. Das ist wichtig.
Ja, es ist gut, dass im Parlament und in der Öffentlichkeit unsere Konzepte intensiv diskutiert werden. Nichts gegen kritische Debatten, aber ich werbe nach wie vor um einen sachlichen Ton. An Fakten kommt man nicht vorbei. Sie nicht zu berücksichtigen bringt meistens völlig falsche Lösungen. Dies gilt für den heutigen Tag, der ja mitten in die Wahlkampfzeit fällt, und ich denke, alle werden dies berücksichtigen. Es geht zuallererst um Sachsen-Anhalt. Alles andere machen wir vor den Toren.
In der Politik, sagt man, will man nur das Beste für die Menschen. Darin sind wir uns alle einig. Das zu definieren ist gar nicht so einfach. Nach einer Forsa-Umfrage aus dem Frühjahr, die ich intensiv gelesen habe und die mich völlig in dem bestärkt, was ich oft diskutiere, wollen zwei Drittel der Menschen in Deutschland einen starken Staat, der sie im Alter, bei Krankheit oder Arbeitslosigkeit, immer mehr auch bei der Pflege gut versorgt. Das wollen sie. Ich denke, das verstehen wir auch.
Gleichzeitig sind aber 80 % der Meinung, dass der Staat zu viel Geld ausgebe. Und fragt man, ob man in den nächsten Jahren doch irgendwo mehr Geld ausgeben sollte, dann soll das bei Schulen, Universitäten, Renten, Polizei, Nahverkehr, Freizeitangeboten, Straßen und Sozialleistungen geschehen. Also eine Diskussion, die wir alle kennen, wahrscheinlich auch aus dem privaten Umfeld. Wer will das alles nicht?
Und es wird auch gesagt: Nirgendwo werden Einsparmöglichkeiten gesehen. Was noch dazu kommt - das ist das, womit sich die Politik herumschlägt -: Man sieht dafür auch keine Notwendigkeit von Steuererhöhungen. Das, liebe Kolleginnen und Kollegen, ist völlig paradox,
was jeder in seinem privaten Umfeld, wahrscheinlich auch vor Ort sofort auflösen würde. Das ist das Denken der Vergangenheit in Deutschland: Gesellschaftliche Probleme wurden wegen mangelnden Durchsetzungsvermögens der Politik und zu
Dadurch haben sich - ich habe mich nach 1990 immer gefragt, wie konnte es so weit kommen - Bund, Länder und Gemeinden bis in eine unvorstellbare Dimension von über zwei Billionen Euro immer weiter verschuldet.
Aus diesem ganz einfach Grund hat die Politik - ich sage es ganz klar: vorrangig die Finanzpolitik - in der Föderalismusreform II eine Selbstbeschränkung erfunden: die Schuldenbremse. Ich sage ganz klar: Man kann nicht staatliche Leistungen wie in Skandinavien - die ich mir angeschaut habe und die ich gut finde - und gleichzeitig relativ niedrige Steuern wie in Deutschland zusammenbringen. Das geht am Ende nicht auf und führt immer wieder zu neuen Schulden.
Genau an diesem Punkt haben wir in SachsenAnhalt vor einigen Jahren damit begonnen, was ich gestaltende Finanzpolitik nenne. Dafür steht auch dieser Haushalt. Gestaltende Finanzpolitik heißt für mich, man folgt auch Prinzipien, die vielleicht etwas technokratisch klingen, aber deshalb nicht falsch sind.
Wir müssen Prioritäten setzen, langfristig planen und offen für Veränderungen sein, die aktuell eintreten. Und das Ganze bitte über Wahlperioden hinweg.
Wir müssen auch immer wieder über Effizienz reden. Was erreichen wir mit dem Geld, das wir einsetzen? Das sind Steuergelder. Anders gesagt: Wir müssen darüber entscheiden, was wichtig ist, und wir müssen dann auch offen darüber reden, was nicht so wichtig ist. Auch das ist keine einfache Debatte.
Das sind Prinzipien, denen wir folgen. In der Konsequenz versuchen wir, diese einzuhalten. Das liegt auch der Planung bis zum Jahr 2020 zugrunde.
Aber wir haben auch Werte, nach denen wir Entscheidungen fällen; ansonsten würde man irgendwann den Kompass verlieren. Wenn es um Veränderung geht, gerade im politischen Bereich, ist neben Nachhaltigkeit und Verlässlichkeit gerade die soziale Gerechtigkeit ein sehr wichtiger Wert. Dem werden sicherlich alle zustimmen.
Gerade Veränderung braucht dann auch Gerechtigkeit, um akzeptiert und mitgetragen zu werden. Wir erleben es gerade im Land. Gerechtigkeit kann aber nicht bedeuten - nicht dass ich falsch verstanden werde -, es jedem recht zu machen. Gerechtigkeit ergibt sich vielmehr aus der fairen Verteilung von Chancen, von Teilhabemöglichkeiten, natürlich auch von unvermeidlichen Lasten. Auch das gehört dazu.
Das gilt für die heute Lebenden, aber mit Blick auf die kommenden Generationen erst recht. Auch darauf möchte ich immer wieder hinweisen.
Ich kann manchmal nur den Kopf schütteln über die Art und Weise, wie die politische und öffentliche Debatte in den letzten Monaten geführt wurde.
Da wird oft nur von Sparmaßnahmen, von Sparpolitik und Sparkurs geredet. Ich will doch nicht mehr, als dass wir mit dem Geld auskommen, das wir haben, dass wir damit anfangen, Schulden abzubauen und Geld für Vorsorge bereithalten. Über alles andere können und müssen wir streiten. Nicht mehr und nicht weniger. Das ist doch das, was ich möchte.
Herr Haseloff und ich sind uns darüber einig - auch bei der Vorbereitung dieser Rede, die wir mit Kollegen ausführlich vorbereitet haben -, ob wir wollen oder nicht: Wir müssen immer wieder die anstehenden Probleme des Landes anpacken. Jede Regierung muss das machen. Es wird keinen Punkt geben, wo dies aufhört. Wir müssen immer wieder Entscheidungen fällen und Lösungen finden. Das ist die Aufgabe. Dafür sind wir da. Das ist aus meiner Sicht viel mehr als Sparen, das ist Gestalten - sicherlich mit verschiedenen Vorzeichen.
Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir sollten uns öfter darüber vergewissern: 10 Milliarden € in einem Haushalt sind ganz schön viel Geld. 21 Milliarden € sind eine unheimlich schwere Hypothek für dieses Land, die wir alle mit angesammelt haben, alle, die hier sitzen. 600 Millionen € Zinsausgaben sind Geld, das für die Zukunft des Landes fehlt. Das wird uns in Zukunft bei steigenden Zinsen mehr bedrücken als in der jetzigen Phase.
Übrigens, es dauert Jahrzehnte, diese Schuldenlast abzutragen. Wenn wir es schaffen, wofür ich ausdrücklich werbe, in 2020 dann 300 Millionen € zu tilgen, damit endlich die Pro-Kopf-Verschuldung sinkt, dann wird es 70 Jahre dauern, bis wir schuldenfrei sind.
Ich bin ja Diplomat. Deswegen sage ich, ich bin schon sprachlos, wenn der Magdeburger Oberbürgermeister uns warnt, dass wir unsere Schuldenlast nicht schon in fünf Jahren abtragen sollten. Das hätte selbst ich mir nicht vorstellen können.
Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir setzen mit unserem Entwurf für den Haushalt 2014 politische Schwerpunkte. Wir initiieren immer wieder Entwicklungen. Deshalb lasse ich mir von niemandem unterstellen, von niemandem, dass ich noch sparen kann und nicht an die Zukunft denke und Konzepte vorlege. Natürlich kann ich mir nicht aus
suchen - das sehe ich, wenn ich jeden Tag in die Zeitung schaue -, unter welchen Schlagworten eine politische Debatte geführt wird. Deswegen gibt es verschiedene Gewalten und welche, die das begleiten.
Ich räume auch ein, gelegentlich zu ungeduldig und manchmal zu wenig werbend zu sein. Ja, vielleicht müssen wir insgesamt als Regierung und auch ich als Finanzminister in diesen schwierigen Zeiten noch mehr erklären, warum die Landespolitik so ist wie sie ist, jedenfalls bezogen auf das, was die Regierung vorschlägt.
Aber reden wir dann bitte ehrlich über die Zukunft. Akzeptieren wir bitte zum Beispiel die Auswirkungen der Bevölkerungsentwicklung. Im Zeitraum von 1990 bis 2020 wird Sachsen-Anhalt ein Drittel seiner Bevölkerung verlieren. Nicht wahrzunehmen, dass das nicht ohne Auswirkungen bei den Steuern oder auf der Ausgaben- und Strukturseite bleiben kann, ist überhaupt nicht möglich. Genauso wie Finanzkrisen oder das Auslaufen des Solidarpaktes Druck aufbauen, den ich nicht erfinde - - Das nicht zur Kenntnis zu nehmen ist genauso falsch.
Trotzdem werden wir nie unseren Gestaltungswillen aufgeben. Auch das ist, denke ich, Aufgabe einer Landesregierung und des Parlamentes.