Protocol of the Session on February 22, 2013

Ich möchte Ihnen Beispiele dafür nennen. In dem Papier steht: Doppelstrukturen sind abzubauen. Damit sind Schulen, Kindergärten, Sportstätten, aber auch Außenstellen der Verwaltung gemeint. Die Beamtinnen und Beamten und die Angestellten der Landesregierung, die damit beschäftigt sind, sollen also besser als die Kommunen wissen, ob man mit Außenstellen der Verwaltung arbeitet oder nicht. Das soll den Kommunen von der Landesebene vorgegeben werden, wenn sie an dem Programm teilnehmen. Es wird gesagt, weitere Wege seien dann zumutbar.

(Herr Weigelt, CDU: Wenn sie es bezahlen wollen, dann bitte!)

Es geht noch weiter. In dem Papier steht, Grundbesitz sei zu verkaufen. An einer anderen Stelle sagt die Landesregierung: Wir wollen zu jedem Grundstück eine detaillierte Stellungnahme dazu, warum dieses von der Gemeinde gebraucht wird. Ich frage mich: Wer soll diese Stellungnahmen schreiben? Wer soll sie lesen? Wer soll all das bewerten? Das ist doch der Gipfel der Bürokratie, wenn wir so darangehen, ein solches Programm zu stricken.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Jetzt taucht die Frage auf - und die ist berechtigt -: Sollen wir denen das Geld einfach schenken? - Das wäre natürlich wenig nachhaltig. Man kann auch sagen: Die kommunale Selbstverwaltung ist kein Kindergeburtstag, bei dem es nur darum ginge zu sagen: Wir stellen genug Pommes auf den Tisch und haben genug bunte Obstteller, und dann läuft die Sache schon ordentlich.

Nein, auch ohne den Bürokratieteil in Ihrem Konzept muten wir den Kommunen mit dem Programm einiges zu. Wenn Sie sich einmal die Realität in den betroffenen Kommunen anschauen, dann sehen Sie, dass es schon einer erheblichen Anstrengung bedarf, damit sie überhaupt auf eine schwarze Null kommen. Dann kommen wir und sagen: Wir wollen auch noch einen Eigenanteil von euch. Mein Kollege Weihrich hat darauf hingewiesen, dass es für die Kommunen hart genug ist, das zusammenzubringen.

Allein das bringt natürlich einiges an Debatte und an Verteilungskämpfen in die Kommunen. Doch diese Debatte zu führen, die Verteilungskämpfe auszuhalten und die Frage zu beantworten, wo gespart werden soll, das sollten wir den Kommunen überlassen. Das wird nicht überall schön werden. Aber ich sage Ihnen: Das ist allemal besser, als wenn dieses Programm den Effekt hat, dass wir entmündigte Kommunen, frustrierte Kommunalpolitiker und politikverdrossene Bürger haben.

(Zustimmung von Herrn Striegel, GRÜNE)

Deswegen: Lassen Sie das mit dem Bürokratieteil! Fahren Sie ihn bitte deutlich zurück!

(Zustimmung bei den GRÜNEN)

Jetzt kommt noch das wunderbare Argument: Das ist doch alles freiwillig.

(Minister Herr Bullerjahn: Ja!)

Ja, wie freiwillig ist es denn? Wenn ich einen Berg von Altschulden vor mir und die Kommunalaufsicht im Nacken habe und dann wird mir angeboten: Wir helfen dir, die Altschulden abzubauen, aber die Kommunalaufsicht hast du weiter im Nacken - dann habe ich wirklich wenige Wahlmöglichkeiten. Das Argument der Freiwilligkeit kann ich wirklich nicht gelten lassen. Deswegen appelliere ich an Sie: Tun Sie Gutes für die lokale Demokratie

(Herr Borgwardt, CDU: Und Sie reden dar- über!)

und lassen Sie uns dem bürokratischen Teil die rote Karte zeigen! Der Antrag der LINKEN ist dafür geeignet; deswegen stimmen wir ihm zu.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Herr Kollege, würden Sie eine Frage des Kollegen Hövelmann beantworten?

Gern.

Vizepräsident Herr Miesterfeldt

Bitte, Herr Kollege Hövelmann.

Herr Kollege Erdmenger, ich habe sehr aufmerksam zugehört und teile durchaus den einen oder anderen bedenkenvollen Satz, den Sie vorgetragen haben. Ich möchte Ihnen dennoch einige Grundsatzfragen stellen.

Erstens. Sehen Sie es tatsächlich so - so habe ich Sie verstanden -, dass das Wirken der Kommunalaufsicht in dem von Ihnen beschriebenen Zusammenhang mit der Abschaffung bzw. Einschränkung der kommunalen Selbstverwaltung gleichzusetzen ist?

Zweitens. Sehen Sie es genau so wie ich, dass die Aufgabe der Kommunalaufsicht auch darin besteht, im Rahmen der Rechtsaufsicht über die Einhaltung der gesetzlichen Bestimmungen zu wachen?

Drittens. Sind Sie mit mir der Auffassung, dass kommunale Selbstverwaltung per se nicht die Garantie dafür bietet, dass grundsätzlich immer sachgerecht und richtig entschieden wird?

(Zustimmung bei der SPD)

Die kurze Antwortet lautet: Nein, ja, ja.

(Heiterkeit bei allen Fraktionen)

Die längere Antwort lautet: Nein, die Kommunalaufsicht ist nicht gleichzusetzen mit der Abschaffung kommunaler Demokratie. Die Kommunalaufsicht, wie sie an vielen Stellen ausgeübt wird und wie sie mir an praktischen Beispielen bekannt ist, führt dazu, dass die Stadträte nicht mehr den Eindruck haben, sie könnten selbst entscheiden, welche Prioritäten sie in der Stadt setzen. Das steht auch im Zusammenhang mit Fördermitteln usw. Es gibt eine ganze Menge Punkte, bei denen man diesen Eindruck hat.

Zu Ihrer zweiten Frage. Ja, die Kommunalaufsicht ist dafür da, darauf zu achten, dass die Gesetze eingehalten werden. Das halte ich für eine wichtige und richtige Aufgabe, insbesondere in den Fällen, die es natürlich auch gibt - darauf hat Herr Barthel hingewiesen -, in denen zum Beispiel Verschwendung eine Rolle spielt und man sich die Frage stellen muss, ob die Kommune etwas tut, was sie sich nicht leisten kann.

Zu Ihrer dritten Frage. Weder die Kommunalaufsicht noch die lokale Demokratie sind ein Garant dafür, dass wir die optimalen Ergebnisse bekommen. Es gibt aber auch schöne Beispiele dafür, dass die Kommunalaufsicht Ergebnisse zugelassen hat, bei denen wir uns zehn Jahre später fragen: Hätte man das nicht vorher wissen sollen?

Das gibt es bei der lokalen Demokratie auch, aber ich sage Ihnen: Mir ist es deutlich lieber, wenn Fehler im Rahmen der lokalen Demokratie gemacht werden, als wenn diese über die Bürokratie zustande kommen und den Leuten das Gefühl gegeben wird, sie würden entmündigt und hätten keine Möglichkeit, ihre Zukunft zu gestalten.

(Beifall bei den GRÜNEN - Widerspruch bei der CDU - Herr Thomas, CDU: Und wer be- zahlt die Fehler? - Frau Niestädt, SPD: Ge- nau so ist es! Macht mal Fehler und dann bezahlen wir es euch!)

Vielen Dank. - Für die Fraktion der SPD spricht jetzt der Kollege Herr Erben. Bitte schön, Herr Erben.

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren Kolleginnen und Kollegen! Für die Antragstellerin: Es wird Sie vermutlich nicht überraschen, dass wir den Antrag ablehnen werden, weil er erstens Dinge fordert, die längst umgesetzt worden sind, und weil er zweitens Dinge einfordert, die aus der Sicht der Koalitionsfraktionen nicht zielführend sind.

Natürlich gilt auch bei Stark IV wie bei anderen Programmen der Grundsatz, dass es sich um Mittel handelt, die niemand in Anspruch nehmen muss. Wenn Mittel zusätzlich zur Verfügung gestellt werden, dann bestimmt derjenige, der die Mittel aus seinem Fleisch, nämlich aus dem Landeshaushalt herausschneiden muss,

(Herr Borgwardt, CDU: Die Regeln!)

auch die Regeln der Veranstaltung.

(Zustimmung von Frau Niestädt, SPD)

Das zum Grundprinzip.

Ich möchte an dieser Stelle aber auch ein paar Dinge zum Thema Haushaltskonsolidierung und zu den Schmerzen in den Kommunen loswerden. Als ich im Jahr 2001 Landrat des Landkreises Weißenfels wurde, übernahm ich von meinem Vorgänger den ersten zwangsverwalteten Landkreis Deutschlands.

(Herr Grünert, DIE LINKE: Und jetzt sind es blühende Landschaften!)

Ich kann Ihnen also umfangreiche Vorträge darüber halten, welch schmerzlicher Prozess das ist - im Kleinen wie im Großen.

(Herr Grünert, DIE LINKE: Das haben wir damals auch schon gehört!)

Der Landkreis war nach etwa drei Jahren aus der Phase der Haushaltskonsolidierung heraus, aber das Ganze hat bei den Kommunalpolitikern zu der Erkenntnis geführt, dass man bei gewissen Dingen machtlos ist, und es hat zu der Erkenntnis geführt, dass man bei der Haushaltskonsolidierung vor allem die Dickschiffe nach vorn bringen muss und sich nicht im Klein-Klein aufhalten darf.

Zum Punkt 1 Ihres Antrags und damit zu dem Thema unzureichende Finanzausstattung. Wie kommen Sie eigentlich darauf?

(Widerspruch bei der LINKEN)

Nehmen Sie nicht zur Kenntnis, was das Landesverfassungsgericht in dieser Angelegenheit entschieden hat?

(Zustimmung von Herrn Weigelt, CDU, und von Minister Herrn Bullerjahn - Herr Borg- wardt, CDU: Richtig!)

Ich kann mich nicht daran erinnern, dass das Landesverfassungsgericht bis zum jüngst geltenden Finanzausgleichsgesetz - sieht man von dem Aspekt der Remanenzkosten ab - irgendetwas zu dem Thema unzureichende Finanzausstattung gesagt hätte.

(Zuruf von Herrn Knöchel, DIE LINKE)

Nehmen Sie nicht zur Kenntnis, dass wir einen Systemwechsel haben? - Es ist richtig, was Herr Erdmenger angesprochen hat: Mit der Änderung