Protocol of the Session on June 9, 2011

(Beifall bei den GRÜNEN)

Was sind nun die Antworten, die wir GRÜNEN auf die Situation geben würden? Ich hatte es schon angesprochen.

Erstens. Wir brauchen ein entschiedenes Eintreten auch unserer Landesregierung, um für gute Rahmenbedingungen für die Solarenergie zu werben. Ich vermisse die Stimme der Landesregierung zum Beispiel bei der Debatte um das aktuelle Erneuerbare-Energien-Gesetz. In dem aktuellen Erneuerbare-Energien-Gesetz werden die Fördersätze - man nennt es Einspeisevergütungen - festgelegt, die wir in Zukunft haben werden. Aber nicht nur die Höhe der Fördersätze ist hierbei entscheidend, sondern entscheidend ist beispielsweise auch, ob wir weiter das Stop-and-Go haben werden, das wir in der Branche im Moment kennen. Ich muss das einmal erläutern.

Die Einspeisevergütung im Erneuerbare-EnergienGesetz wird - im Unterschied zu fast jeder anderen Subvention oder jedem anderen subventionsähnlichen Tatbestand, den wir in Deutschland kennen - gesetzlich festgelegt einmal im Jahr um einige Pro

zentpunkte zurückgeführt. Bei allen Techniken reden wir über Prozentpunkte, die mal bei 1,5, mal bei 2, mal um die 3 liegen. Um die Jahreswende gibt es zwar noch einen gewissen Anreiz zu investieren, aber das sind nicht die ganz großen Abbruchkanten.

In der Solarindustrie reden wir bei den derzeitigen Regelungen bei der Photovoltaik über Förderkürzungen, die am Jahresende auftreten können, von bis zu 24 %. Diese erheblichen Förderkürzungen haben schon in der Vergangenheit immer dazu geführt, dass wir ein „Dezemberfieber“ hatten. Als wir im letzten Jahr eine Kürzung zum 1. Juli hatten, hatten wir ein „Junifieber“, während dessen enorm viele Solaranlagen installiert wurden. Es ist ganz schwierig für die Firmen, damit zu arbeiten.

Deswegen ist es an der Zeit, dass sich die Landesregierung dafür einsetzt, dass wir bei dieser Branche eine kontinuierliche Abschmelzung der Förderung haben und nicht das Arbeiten zu bestimmten Stichtagen.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Ein zweiter wichtiger Punkt ist, dass wir uns fragen müssen, was wir selbst dafür tun, dass mehr Solaranlagen in Sachsen-Anhalt installiert werden. Im Jahr 2010 wurden in Deutschland - ich glaube, ich hatte es bereits erwähnt - 7 500 MW Photovoltaik installiert. Von diesen 7 500 MW entfielen auf Sachsen-Anhalt 254 MW. Zum Vergleich, meine Damen und Herren: In Bayern wurden über 2 400 MW installiert. Daran sieht man deutlich, dass wir einigen Nachholbedarf haben. Es gibt offenbar einige Hürden in unserem Land, die dafür verantwortlich sind, dass wir mit Installationen gleicher Art nicht hinterherkommen.

Deswegen ist es wichtig, dass wir auch unsere Landesregierung fragen: Was tun Sie denn dafür, dass wir mehr Solarinstallationen bekommen? Was wird die künftige Landesenergieagentur tun, und wie kommen wir dahin, dass die Hürden, die wir im Land haben, endlich beiseite geräumt werden?

(Beifall bei den GRÜNEN)

Sehr geehrte Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Die Lage ist allerdings komplizierter. Wir können in der heutigen Situation nicht mehr mit einer höheren oder auch einer clever gemachten Förderung und durch mehr Absatz reagieren. Das würde der Situation nicht gerecht, dass wir, wie erwähnt, die sehr starken Produzenten in China haben, die mit einer starken Kapitalausstattung auf unseren Markt drängen.

Deswegen möchte ich heute dafür plädieren, dass sich Deutschland ein Beispiel an Kanada und an Italien nimmt. In der Region Ontario gibt es schon länger eine solche Regelung. Italien hat sie gerade eingeführt. Das Conto Energia in Italien ist ein Gesetz, das ähnlich wie das EEG funktioniert, also

eine Mindestvergütung für die Stromeinspeisung gewährt. Dieses Conto Energia schreibt aber vor, dass eine um 10 % höhere Vergütung gewährt wird, wenn die Komponenten der Solaranlagen aus Europa kommen.

Ich halte das für einen pragmatischen und guten Weg, den wir in Deutschland verfolgen sollten. Denn eine solche Regelung stellt drei Sachen sicher, die wichtig sind, wenn wir den Photovoltaikmarkt in Europa weiter halten und entwickeln wollen.

Einerseits nimmt sie ein Stück weit den ruinösen Preisdruck von den europäischen Herstellern, stellt aber durch die Beschränkung auf 10 % sicher, dass wir nicht in eine Situation kommen, einen Nischenmarkt zu schaffen, der mit dem, was in anderen Regionen der Welt passiert, nichts mehr zu tun hat; der Abstand wird also nicht allzu groß.

Andererseits stellen wir dadurch, dass sich die Regelung nicht wie in dem Fall auf Italien bezieht, sondern auf Europa, sicher, dass wir einen funktionierenden Wettbewerb auch unter den europäischen Herstellern haben, also ausreichend Konkurrenz haben, um auch weiterhin ein dynamisches Marktgeschehen hier zu haben.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, ich möchte Sie alle auffordern, lassen Sie uns gemeinsam für die Solarindustrie in Sachsen-Anhalt eintreten. Lassen Sie uns gemeinsam dafür werben, dass wir Regelungen finden, um die dramatische und ruinöse Situation, die wir zurzeit in Sachsen-Anhalt haben, abwenden zu können.

Wir sollten unsere Möglichkeiten nutzen. Deutschland hat mit dem Erneuerbare-Energien-Gesetz das leistungsfähigste Förderprogramm. Wir haben eine Erfolgsstory für den Klimaschutz geschrieben, die auch gut für Arbeitsplätze ist. Wir sollten alle aktiv dafür werben, dass sie auch weiterhin gut für die Arbeitsplätze in unserem Lande ist. - Vielen Dank.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Vielen Dank, Herr Kollege Erdmenger. - Für die Landesregierung nimmt Herr Minister Dr. Aeikens das Wort.

Wir begrüßen auf der Besuchertribüne Damen und Herren vom Technologie- und Bildungszentrum Magdeburg. Herzlich willkommen im Haus!

(Beifall im ganzen Hause)

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Der Umbau unseres Energiesystems wird kommen. Das letzte Atomkraftwerk soll spätestens 2022, also in nur elf Jahren vom Netz gehen. Alter

nativ werden die erneuerbaren Energien in einem neuen Energiesystem die wichtigste Rolle spielen.

Sachsen-Anhalt als Vorreiterland für erneuerbare Energien wird diesen Weg aktiv mitgestalten. Unserer Wirtschaft und damit den Menschen in unserem Bundesland wird dieser Weg nützen; denn Sachsen-Anhalt ist hierbei gut aufgestellt.

Wie Sie wissen, übersteigt der Anteil der erneuerbaren Energien an der Stromerzeugung bei uns den Bundesdurchschnitt um mehr als das Doppelte. Obwohl der Wind und die Bioenergie daran den weitaus größten Anteil tragen, lag der größte Zubau im vergangenen Jahr bei der Photovoltaik und erreichte mit etwa 7 400 MW ein neues Rekordhoch. Der Zubau war fast doppelt so hoch wie im Vorjahr. Allerdings hat nach Branchenangaben das Winterwetter den Absatz von Photovoltaikanlagen in den ersten zwei Monaten des Jahres 2011 verzögert.

Seit März hat die Nachfrage bereits kräftig angezogen. Deshalb kann erfreulicherweise nicht, wie von den GRÜNEN unterstellt, von einem Trend und von einem Markteinbruch gesprochen werden.

(Beifall bei der CDU)

Wenn Sie, Herr Erdmenger, davon sprechen, dass Deutschland der führende Weltmarkt ist, dann liegt klar auf der Hand, dass dies nicht so bleiben kann, weil Deutschland eine relativ geringe geografische Ausdehnung hat und weil es andere Gegenden auf dieser Welt gibt, in denen Photovoltaik rentabler ist.

(Beifall bei der CDU)

Wenn wir uns die Solarindustrie in Deutschland anschauen, dann ist festzustellen, dass die Situation einzelner Unternehmen in dieser Branche unterschiedlich ist. Zu schaffen macht einigen Firmen nicht ausschließlich die Rückführung der Solarförderung, sondern auch der größer gewordene Konkurrenzdruck, zurzeit vor allem durch chinesische Hersteller. Wir sind aber in Deutschland mit einem Marktanteil der Photovoltaik von 19 % immer noch auf Platz zwei hinter den Chinesen mit einem Marktanteil von 33 %. Auch das ist beachtlich, meine Damen und Herren.

Aber Deutschland muss seine Bedeutung als Leitmarkt mit Asien und Nordamerika teilen. Das hat auch etwas mit besseren Strahlungsverhältnissen und besseren Stromerträgen in anderen Staaten und Teilen dieser Welt zu tun. Deshalb ist die heimische Photovoltaikindustrie gut beraten, ihre Auslandsgeschäfte weiter auszubauen.

Wie der Presse zu entnehmen ist, beabsichtigt China infolge des Reaktorunfalls in Japan den Ausbau der Photovoltaik im Land bis 2020; es soll mindestens eine Verdopplung erreicht werden. Das schnellere Ausbautempo soll den größeren Unternehmen, die zum Teil erhebliche Milliarden

kredite vom Staat erhalten, einen stärkeren Heimatmarkt bieten und die Exportabhängigkeit der chinesischen Photovoltaikindustrie verringern. Auch hierin ist eine Chance für die einheimische Solarindustrie zu sehen, die dann die freiwerdenden Märkte, die die Chinesen nicht mehr bedienen, besetzen zu können.

Herr Erdmenger, die Landesregierung überlegt nicht beim Thema Solarenergie; sie handelt. Es besteht in der Landesregierung über Ressort- und Parteigrenzen hinweg Konsens in der Einschätzung, dass die heimische Solarindustrie, wie seit Jahren praktiziert, vor allem in den Bereichen Forschung und Entwicklung unterstützt werden muss.

(Zustimmung bei der CDU)

Das Ziel ist es dabei, langfristig wettbewerbsfähige und innovative Produkte zu entwickeln, die dazu beitragen, langfristig sichere und attraktive Arbeitsplätze zu sichern. Verstärkte Investitionen in Forschung und Technik sind notwendig. Die Unterstützung von Forschung und Entwicklung im Bereich der Photovoltaik nimmt deshalb sowohl auf der Bundes- als auch auf der Landeebene eine Spitzenposition ein. Die Bundes- und die Landesregierung haben die zukünftige Bedeutung dieser Branche frühzeitig erkannt, meine Damen und Herren.

(Zustimmung bei der CDU)

Lassen Sie mich dazu exemplarisch einige Aktivitäten ansprechen. Solarvalley Mitteldeutschland wird als Gewinner des bundesweiten Wettbewerbs im Rahmen der High-Tech-Strategie der Bundesregierung seit 2008 als Spitzencluster des Bundesministeriums für Bildung und Forschung gefördert. Ziel des Spitzenclusters ist es, unter Bündelung der Kompetenzen im mitteldeutschen Raum die Forschung und Entwicklung auf dem Gebiet der auf Silizium basierten Photovoltaik so voranzutreiben, dass durch Kostensenkungen bei der Produktion von Photovoltaikanlagen der Solarstrom wettbewerbsfähig zu konventionell erzeugtem Strom hergestellt werden kann. Dieses Ziel dürfte dank der technischen Fortschritte in den nächsten Jahren zu erreichen sein.

Die Projektpartner - 29 Unternehmen und 14 Forschungseinrichtungen - kommen vor allem aus den drei mitteldeutschen Ländern Sachsen, SachsenAnhalt und Thüringen. Aus Sachsen-Anhalt sind alle namhaften Photovoltaikunternehmen sowie die MLU Halle-Wittenberg, die Hochschulen Merseburg und Anhalt, das Fraunhofer-Institut Halle einschließlich des Fraunhofer CSP sowie das MaxPlanck-Institut Halle beteiligt.

Dieses Spitzencluster erhält eine Bundesförderung in Höhe von 40 Millionen € im Zeitraum von 2009 bis 2013 für Forschung und Entwicklung auf dem Gebiet der auf Silizium basierten Photovoltaik bei einer Gesamtprojektsumme von 80 Millionen €. Die

Kofinanzierung in Höhe von 40 Millionen € wird von den am Projekt beteiligten Unternehmen getragen.

Den technologischen Schwerpunkt dieses Projektes bilden die Kristallin-Silizium-Technologien über die gesamte Wertschöpfungskette. In SachsenAnhalt werden über das Spitzencluster zehn komplexe Verbundvorhaben von Unternehmen und Forschungseinrichtungen mit insgesamt 8,3 Millionen € gefördert. Zentraler Forschungspartner ist das Fraunhofer-Zentrum für Siliziumphotovoltaik.

Zur Ausprägung von wissenschaftlicher Exzellenz dienen zwei Projekte des Bundes, die mit einem Umfang von 12,6 Millionen € gefördert werden und an denen unter anderem die Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg, das Fraunhofer-Institut für Werkstoffmechanik in Halle sowie das Max-PlanckInstitut für Mikrostrukturphysik beteiligt sind.

Daneben fördert der Bund in den Bereichen Grundlagenforschung und Technologieentwicklung neben den Projekten im Spitzencluster weitere sieben FuE-Vorhaben mit einen Fördervolumen in Höhe von ca. 5,8 Millionen €.

Lassen Sie mich nun auf einzelne Landesaktivitäten noch etwas konkreter eingehen. Das Photovoltaikcluster profitierte von einer Landesförderung in Höhe von 11 Millionen € durch das Wissenschaftsressort für den Forschungsschwerpunkt „Nanostrukturierte Materialien, Materialwissenschaften“ im Rahmen der Landesexzellenzförderung. Beteiligt sind daran die MLU Halle-Wittenberg, das Fraunhofer-Institut für Werkstoffmechanik Halle und das Max-Planck-Institut für Strukturphysik Halle.

Mit Blick auf die Gesamtentwicklung des Photovoltaikclusters in Sachsen-Anhalt kommt insbesondere der Infrastrukturmaßnahme Center for Silicon Photovoltaik, CSP, eine Schlüsselrolle zu. Mit ca. 60 Millionen € wird an den Standorten Halle und Schkopau eine Forschungsinfrastruktur entwickelt, die im europäischen Maßstab ihresgleichen sucht, meine Damen und Herren. Das machen wir in Sachsen-Anhalt.

(Beifall bei der CDU - Zustimmung bei der SPD)

Das CSP ermöglicht Forschungsprojekte über die gesamte Innovationskette.

Das Land tut noch mehr. Für die Weiterentwicklung von Verfahren und Produkten, insbesondere für die Dünnschichttechnologien, stellt das Land zusätzlich 10 Millionen € innerhalb von fünf Jahren für FuE-Projekte mit dem Ziel zur Verfügung, die Technologieentwicklung in der Breite mit einem mittelfristigen Horizont abzusichern. Bisher werden hierbei 30 FuE-Vorhaben im Solarbereich mit einem Volumen von 12,7 Millionen € gefördert. Damit nimmt die Solarwirtschaft einen Spitzenplatz bei der Forschungsförderung ein.