Protocol of the Session on February 20, 2013

(Zustimmung von Frau Brakebusch, CDU)

Meine Damen und Herren! Wir machen aus einem guten ein besseres und den heutigen Erfordernissen angepasstes und besser anwendbares SOG.

(Zustimmung bei der CDU)

In diesem Sinne wurde in konsequenter Umsetzung der Koalitionsvereinbarung die Novelle zum Gesetz über die öffentliche Sicherheit und Ordnung erarbeitet. Mit der Novelle verfolgen wir als bürgerliche Mitte zwei große Zielrichtungen: Rechtssicherheit und Gewährleistung der Handlungsfähigkeit der Polizei und der Sicherheitsbehörden in unserem Lande.

Liebe Kolleginnen und Kollegen von der Opposition, der Zeitpunkt Ihrer Ankündigung, gegen die Novelle vor dem Landesverfassungsgereicht zu klagen, war denkbar schlecht gewählt. Sie hatten gar nicht die Möglichkeit, die erst kurz zuvor veröffentlichte umfangreiche Synopse unseres Gesetzgebungs- und Beratungsdienstes auszuwerten.

Wenn man Ihre Wortmeldungen in der abschließenden Ausschussbefassung Revue passieren lässt, muss man davon ausgehen, dass Sie die Synopse bis dahin nicht gelesen hatten. Anders kann ich es mir nicht erklären, dass Sie geschlossen gegen die Empfehlungen des Gesetzgebungs- und Beratungsdienstes gestimmt haben, die wir in unseren Änderungsantrag aufgenommen haben.

(Zustimmung bei der CDU - Zuruf von der CDU: Richtig!)

Die Durchsicht der Synopse vor einer öffentlichen Äußerung hätte sicherlich viel Kanonendonner erspart und zur notwendigen Versachlichung in der Debatte geführt.

Ihr Mittel der politischen Auseinandersetzung bei diesem Gesetzesvorhaben ist jedoch die Skandalisierung.

Beispiel: Anfertigung von Videoaufzeichnungen zur Eigensicherung der Polizei. Sie sprechen hierbei von einer evident verfassungswidrigen Maßnahme, die einen tiefen Eingriff in die Demonstrationsfreiheit bezweckt. Die Juristen des Landtages hingegen sehen - so wörtlich - „keine verfassungsrechtlichen Bedenken“.

Wir sollten heute besser darüber reden, dass die polizeilichen Eingriffsbefugnisse für eine effektive Gefahrenabwehr und Gefahrenvorsorge an die sich ändernden Kriminalitätsformen und an den Fortschritt der technischen Entwicklung angepasst werden müssen.

Stattdessen wird von Ihnen durch boshafte Unterstellungen und durch populistische Stimmungsmache das Schreckgespenst eines repressiv handelnden Polizeistaates an die Wand gemalt, der die Rechte unserer Bürgerinnen und Bürger mit

Füßen tritt. Sie verbreiten Hysterie und schüren bewusst unbegründete Ängste in der Bevölkerung.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Polizisten patrouillieren in voller Montur mit Gummiknüppeln vor einem mit Stacheldrahtrollen und Überwachungskameras versehenden elektrischen Zaun. Ich musste bei dieser Zeichnung unweigerlich an die innerdeutsche Grenze vor 1989 denken.

Wie bereits angesprochen, findet sich diese Zeichnung auf einem Einladungsflyer der LINKENJugend für eine Infoveranstaltung mit der Kollegin Quade zum Polizeigesetz, der im Stadtgebiet von Magdeburg verteilt worden ist.

Hiermit wird nicht nur gegen ein Gesetz gewettert, sondern es wird auch das Bild eines gesichtslosen, nicht rechtsstaatlich handelnden Polizeibeamten gezeichnet. Die Gesichter wurden in dieser Zeichnung bewusst geschwärzt. Deswegen brauchen Polizisten Ihrer Meinung nach zukünftig eine individuelle Kennzeichnung. Dieser Flyer ist eine Frechheit gegenüber denjenigen, die für unsere Sicherheit und Ordnung ihren Kopf hinhalten.

(Beifall bei der CDU)

Das hat mit parlamentarischer Oppositionsarbeit nichts mehr zu tun.

(Zustimmung bei der CDU)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die Novelle zum SOG beinhaltet verbesserte Polizeibefugnisse, die sich in anderen Bundesländern bewährt haben, und zwar auch in Ländern, in denen LINKE und GRÜNE Regierungsverantwortung tragen oder getragen haben.

Stichwort Blutentnahme gegen den Willen des Verursachers zur Abwehr einer Infektionsgefahr. Eine inhaltliche Debatte hierzu sollte nur aufgrund von Tatsachen geführt werden. Beabsichtigt ist durch diese Regelung eine Verbesserung des Schutzes von Personen, die einer besonderen Infektionsgefahr ausgesetzt sind. Dies kann vor allem auf Polizeivollzugskräfte und Rettungshelfer zutreffen, wenn beispielsweise die eigenen offenen Wunden mit Körperflüssigkeiten eines Festzunehmenden oder eines Unfallopfers in Berührung gekommen sind.

Kritiker sagen, dass ein solcher Test keinen Sinn mache, da in jedem Fall eine medizinische Behandlung vorgenommen werde. Im Rahmen der Anhörung wurde jedoch bestätigt, dass die Kenntnis über eine bestehende oder nicht bestehende Infektion beim Verursacher zumindest für die weitere Behandlung des Betroffenen erhebliche Vorteile bringt und dabei helfen kann, unnötige Gesundheitsbelastungen und Risiken zu vermeiden.

(Herr Borgwardt, CDU: So ist es!)

Diese Regelung, die im Übrigen unter Richtervorbehalt steht, ist kein Alleingang Sachsen-Anhalts.

Vielmehr existiert diese Regelung in insgesamt sieben anderen Bundesländern und wurde kürzlich auch in Baden-Württemberg unter dem ersten bündnisgrünen Ministerpräsidenten beschlossen.

(Herr Leimbach, CDU: Hört, hört!)

Die Bündnisgrünen müssen schon einmal erklären, warum eine solche Reglung in Baden-Württemberg gewünscht ist, jedoch in der Oppositionsarbeit in Sachsen-Anhalt abgelehnt wird.

Es geht hierbei nicht um die Diskriminierung bestimmter Personengruppen, sondern vielmehr um den Schutz von Menschen. Diejenigen, die im Einsatz möglicherweise infektiösen Körperflüssigkeiten ausgesetzt waren, haben ein Recht auf körperliche Unversehrtheit.

Nach der Auffassung des Gesetzgebungs- und Beratungsdienstes ist diese Regelung übrigens verfassungsrechtlich vertretbar. Es wurde sogar eine Erweiterung der Befugnisse auf verstorbene Personen nach dem Regelungsvorbild von Mecklenburg-Vorpommern angeregt.

Die Vorschläge des Gesetzgebungs- und Beratungsdienstes zur Streichung der unnötig aufgezählten Regelbeispiele gefährlicher Krankheiten haben wir dankend aufgegriffen. Es ist unnötig, gefährliche Krankheitserreger im Gesetz aufzulisten. Ich gebe zu, an dieser Stelle hätte man bei der Erarbeitung der Entwurfsfassung etwas sensibler vorgehen können.

Kommen wir zur Erhebung von Telekommunikationsinhalten und -umständen in informationstechnischen Systemen. Richtig ist, dass das Bundesverfassungsgericht vor dem Hintergrund der Gewährleistung der Vertraulichkeit und Integrität informationstechnischer Systeme sehr hohe Hürden für den Einsatz von technischen Mitteln zur Infiltration gesetzt hat. Das ist zum Schutz des Kernbereichs privater Lebensgestaltung auch gut so.

Der Gesetzgebungs- und Beratungsdienst hat angeraten, von einer Befugnis abzusehen, die im Fall der Entwicklung grundrechtsschonend einsetzbarer Mittel zur Infiltration gelten sollen, da es diese Mittel bis dato nicht gibt. Dies ist sicherlich eine Frage des Stils; darüber kann man diskutieren.

Ganz schlechter Stil ist jedoch Ihre wahrheitswidrige Behauptung, dass im Polizeigesetz Rahmenbedingungen für den rechtswidrigen Einsatz von Staats- oder Bundestrojanern und anderer Ausspähprogramme geschaffen werden sollen.

Kommen wir nun zur neuen Standardmaßnahme zur Unterbrechung und Verhinderung von Kommunikationsverbindungen. Diese ist aufgrund der technischen Entwicklungen in den letzten 20 Jahren notwendig. Der Anwendungsfall dieser Befugnis ist nicht die Abschaltung des Handynetzes bei Anti-Nazi-Demonstrationen oder die Auswertung von Handydaten.

Der Anwendungsfall der Befugnis ist vielmehr zum Beispiel die Verhinderung der Fernzündung eines Sprengsatzes per Mobilfunkgerät oder der Schutz eines Opfers bei Geiselnahmen oder die Unterbindung des Fortgangs einer Straftat durch eine Einschränkung der Kommunikationsmöglichkeiten des Täters. Vergleichbare Regelungen gibt es übrigens in neun weiteren Bundesländern, so auch in Baden-Württemberg und Brandenburg.

Liebe Kolleginnen und Kollegen von der LINKEN, auch Sie müssen einmal erklären, warum Sie in Ihrer Regierungsverantwortung in Brandenburg für eine solche Regelung einstehen, diese aber kurz hinter der Landesgrenze in Sachsen-Anhalt als einen nicht hinnehmbaren Eingriff in die Freiheit der Kommunikation verteufeln.

(Zustimmung bei der CDU - Zurufe von der LINKEN)

Verfassungsrechtliche Bedenken können es nicht sein. Ihre Befürchtung hinsichtlich des Abhörens und des Unterbrechens der Kommunikation der Teilnehmer einer politischen Demonstration teilt der Gesetzgebungs- und Beratungsdienst nämlich nicht.

Liebe Kolleginnen und Kollegen! Schauen wir uns bei dieser Gelegenheit einmal den Änderungsantrag der Fraktion DIE LINKE an, mit dem aus dem SOG die bewährten Grundlagen zur Datenerhebung durch den Einsatz von Personen, deren Zusammenarbeit mit der Polizei Dritten nicht bekannt ist, gestrichen werden sollen. Sie wollen zukünftig den Einsatz von V-Personen zur Verhütung und sicher auch zur Aufklärung von Straftaten unterbinden.

Ich möchte hierzu ein ganz einfaches Beispiel aus dem Bereich der Schutzgelderpressung anführen. In Sachsen-Anhalt kann es auch zu dem Fall kommen, dass sich zum Beispiel Gastronomen aus Angst vor Repressalien durch ihren Erpresser weigern, mit der Polizei zusammenzuarbeiten. Daher brauchen wir auch im präventiven Bereich Einsatzbefugnisse zur Datenerhebung durch V-Personen, die der Polizei nicht angehören und aufgrund unterschiedlicher Motivlagen behilflich sind.

Ihr Änderungsantrag reißt erhebliche Lücken mit Blick auf die Sicherheit unserer Bürgerinnen und Bürger.

(Zuruf von Frau von Angern, DIE LINKE)

Sie haben bereits in der Ausschusssitzung angekündigt, noch in dieser Legislaturperiode einen eigenen Gesetzentwurf zur Novellierung des Polizeigesetzes auf den Weg bringen zu wollen. Ihr Änderungsantrag war bereits ein Vorgeschmack darauf, dass Ihre parlamentarische Arbeit nicht zu

einer effektiven Verhütung von Straftaten in unserem Land beitragen kann.

(Zustimmung von der CDU - Frau von An- gern, DIE LINKE: Quark!)

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ein aus der Sicht der kommunalen Ebene wichtiger Punkt der Novelle ist die vorgesehene Ermächtigung, mit einer Gefahrenabwehrverordnung präventiv gegen Alkoholkonsum in der Öffentlichkeit vorzugehen und auf diese Weise die damit häufig verbundene Folgekriminalität zu senken. Es ist unser Ziel, dass die Kommunen im Kampf gegen alkoholbedingte Straftaten und Ordnungsstörungen an Brennpunkten, vor allem in den Abend- und Nachtstunden sowie an Wochenenden, wirksam vorgehen können.

Ob nun Randalierereien, Lärmbelästigungen, Gewaltexzesse oder Verunreinigungen - Schuld ist oft der Begleiter Alkohol. Wir halten diese Handlungsmöglichkeiten der Kommunen für ein wichtiges Signal in der Gesellschaft, dass die Bierflasche eben kein Lifestyle ist.

Ebenfalls ein Wunsch der kommunalen Ebene waren verbesserte Handlungsmöglichkeiten von Kommunen und Polizei zur Bekämpfung ruhestörenden Lärms. In Sachsen-Anhalt wurden in den letzten Jahren allein 2 000 Fälle von ruhestörendem Lärm erfasst. 90 % dieser Fälle ereigneten sich zur Nachtzeit.

Den Vorschlag der kommunalen Ebene zur Einführung der brandenburgischen Regelung zur Erweiterung der Befugnis zum Betreten von Wohnungen zur Nachtzeit, wenn von dieser Wohnung für die Nachbarschaft erhebliche belästigende Geräuschemissionen ausgehen, haben wir im Hinblick auf das hohe Schutzgut der Unverletzlichkeit der Wohnung nicht aufgegriffen.

Es gibt auch Bundesländer, die ein Betretungsrecht bei Vorliegen einer Gesundheitsgefährdung normiert haben. Eine solche Regelung betrachten wir als einen in der Praxis zahnlosen Tiger. Eine reine Papierbefugnis brauchen wir nicht.

Abschließend können wir Folgendes festhalten: Wer die Novelle verhindern will, der schwächt bewusst oder unbewusst die öffentliche Sicherheit und Ordnung in Sachsen-Anhalt.