Protocol of the Session on September 20, 2012

Das ist grüne Politik. Diese schwarzen Limousinen stammten natürlich aus süddeutscher Produktion. In den Worten hui, in den Taten pfui. Das erinnert dann noch an den grünen Ministerpräsidenten Winfried Kretschmann, der mit dem Hubschrauber zur Ministerpräsidentenkonferenz fliegt und die Dienstlimousine einmal quer durch die Republik nachkommen lässt.

(Oh! bei der CDU:)

Klar, wer in so kurzer Zeit eine lange Distanz zurücklegen möchte, ist mit dem Fahrrad gegenüber dem Auto, dem Zug und dem Flugzeug - -

(Herr Striegel, GRÜNE: Kommen Sie zur Sache!)

- Das ist zur Sache, sehr geehrter Herr Striegel. Ich musste mir heute ganz andere Sachen von Ihnen anhören.

(Heiterkeit und Beifall bei der CDU)

Wer eben mit dem Auto, dem Zug und dem Flugzeug unterwegs ist, ist dann immer noch im Vorteil. Da ist das Fahrrad dann eher ein Nachteil. Auch für den Gütertransport gibt es geeignetere Verkehrsmittel als das Rad. Neben neuen Radwegen brauchen wir in Sachsen-Anhalt künftig also auch zukunftsfähige Autobahnen, Straßen, Wasserstraßen und die Schiene.

Zweifellos aber verspricht das Fahrrad für ein räumlich begrenztes Gebiet, vor allem für die Innenstadt, besondere Mobilität. Durch die ständige Verfügbarkeit und einen nahezu garantierten und kostenfreien Parkplatz ermöglicht es ein schnelleres Fortkommen als der öffentliche Personennahverkehr, statistisch gesehen für Entfernungen bis maximal 6 km. Es ist also kein Wunder, dass ca. 90 % aller zurückgelegten Radfahrten kürzer als 5 km sind.

Viele Menschen nutzen das Fahrrad für den täglichen Weg zur Arbeit, zum Bus oder zu den Bahnhöfen. Nirgendwo in Deutschland ist die Fahrradmitnahme in Bus und Bahn so bequem möglich wie in unserem Bundesland. Meine Vorredner haben dankenswerterweise darauf reflektiert.

17 Radfernwege verlaufen durch unser schönes Bundesland. Das Gesamtnetz beläuft sich auf 2 100 km. Erinnert sei an den Europaradweg 1, den Elbe-Radweg, den Ostsee-Oberbayern-Radweg, den Saale-Radweg und den Unstrut-Radweg. Wir liegen in Sachsen-Anhalt auch deswegen über dem Bundesdurchschnitt. Unser Innenminister in Vertretung unseres Verkehrsministers hat darauf schon reflektiert.

Sehr geehrter Herr Erdmenger, Sie haben ja in Ihrer Einbringungsrede noch gebracht, dass das positive Punkte sind. In Ihrer Großen Anfrage kann

man nicht viel Positives sehen, was Sie unserem Bundesland in der Vergangenheit da zugestehen.

(Herr Weihrich, GRÜNE: Darum war das ei- ne Frage! - Herr Lange, DIE LINKE: Jetzt darf man nicht einmal mehr fragen!)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Bund und Land haben die Potenziale des Fahrradverkehrs sehr frühzeitig erkannt. Das Land SachsenAnhalt hat mit dem Landesradverkehrsplan vom 15. Juni 2010 auch ohne die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN die Grundlagen geschaffen. Der Minister hat es bereits gesagt. Allein in den letzten zehn Jahren hat der Bund 900 Millionen € in den Bau und in die Erhaltung von Radwegen an Bundesstraßen investiert.

In dem Zusammenhang sind auch in Sachsen-Anhalt für rund 40 Millionen € 250 km neue Radwege entstanden oder vorhandene saniert worden. Im gleichen Zeitraum hat die CDU-geführte Landesregierung entlang den Landesstraßen rund 80 km neue Radwege geschaffen und dafür Mittel in Höhe von 11 Millionen € investiert.

Mit den sogenannten Kompensationsmitteln nach dem Entflechtungsgesetz, für deren Verstetigung sich unser Staatsminister Rainer Robra ständig einsetzt, stellt der Bund den Ländern bis zum Jahr 2019 Mittel unter anderem zur Verbesserung der Verkehrsverhältnisse in den Gemeinden zur Verfügung. Diese Mittel stehen auch für die Radverkehrsinfrastruktur zur Verfügung. Insgesamt verfügen wir, wie gesagt, in unserem Bundesland mit überregionalen Radwegen mit einer Länge von 2 400 km über ein ganz tolles Netz.

Wenn Sie, sehr geehrter Herr Erdmenger, diese Strecke mit einem gesunden Radlertempo von ca. 15 km/h zurücklegen wollen, dann müssen Sie schon eine Woche einplanen. Das ist dann eine Woche Zeit, die Ihnen für Ihre wertvolle Oppositionsarbeit fehlen wird.

(Herr Borgwardt, CDU: Das kannst du laut sagen!)

Dass die CDU dieses Thema ernst nimmt, zeigt sich auch daran, dass das Bundeskabinett erst vor zwei Wochen den Nationalen Radverkehrsplan 2020 beschlossen hat, der zum 1. Januar 2013 in Kraft treten wird.

Klar ist aber auch, dass wir vor dem Hintergrund der gestiegenen Attraktivität des Fahrrads die bestehenden Infrastrukturen zu einem geschlossen System ausbauen müssen. Der Landesradverkehrsplan erfasst gerade deswegen den alltags- und freizeitrelevanten sowie den touristischen Radverkehr gleichermaßen, und das eben interministeriell.

Das kann man nicht daran festmachen wollen, dass laut Stellenplan dafür vielleicht nur einige wenige Stunden verwendet werden. Die Ministerien

stehen mit ihrer gesamten Sach- und Fachkompetenz auch für dieses wichtige Thema zur Verfügung und bringen sich da ein. Da bedurfte es eigentlich dieser Großen Anfragen in dieser Ausführlichkeit nach meinem Verständnis nicht, da wir auch ohne solchen Anfragen schon auf einem guten Weg sind.

(Zuruf von Herrn Striegel, GRÜNE)

Dass das Land hierbei als ein verlässlicher Partner bereit steht, insbesondere durch die Schnittstellenmaßnahmen im ÖPNV-Netz, ist vorhin schon durch meinen Vorredner, den sehr geehrten Herrn Hövelmann, gesagt worden. Wir haben an 25 Bahnhöfen mit überregionaler Bedeutung Aufzugsysteme installiert. Acht weitere werden bis zum Jahr 2018 folgen. Wir haben auch in einigen Landkreisen, zum Beispiel im Altmarkkreis Salzwedel, im Landkreis Harz und im Landkreis Jerichower Land, Buskapazitäten mit Heckträgern für Fahrräder.

Dass ein Sanierungsbedarf bestehen bleibt, ist klar. Wir haben einen Finanzierungsbedarf von etwa 105 Millionen €. Sie können sich also in den kommenden Beratungen immer positiv darauf einschießen. Rund 38 Millionen € brauchen wir für die Verbesserungsmaßnahmen an bestehenden Radwegen.

Die Kombination von Bahn und Rad ist zu stärken. Das zeigt zum Beispiel die Antwort der Landesregierung auf die Anfrage von Lars-Jörn Zimmer; denn wir haben uns dafür stark gemacht, dass zum Beispiel in den neuen ICx-Zügen, die gerade vorgestellt wurden und schrittweise bis zum Jahr 2014 eingeführt werden, die Fahrradmitnahme in unsrem Bundesland weiterhin möglich ist.

Ich komme zum letzten Absatz. Wir dürfen den Menschen auch keinen Sand in die Augen streuen, meine Damen und Herren. Auch die enthusiastische Radpolitik ersetzt nicht den Straßenbau.

(Zustimmung bei der CDU)

Mit dem Rad zu fahren oder eben nicht ist und bleibt eine individuelle Entscheidung des Einzelnen. Der Berufspendler, der junge Auszubildende, der über das Land fahren muss, der selbständige Handwerker im ländlichen Raum, dessen Kunden sich eben nicht im Stadtkern ballen, sie alle müssen sich eben auch auf unsere ausgewogene Infrastrukturpolitik verlassen können. - Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU)

Herr Kollege Erdmenger, Sie können das Schlusswort halten.

Vielen Dank, sehr geehrte Präsidentin. - Liebe Kolleginnen und Kollegen! Herr Scheurell, ganz Des

sau ist Ihnen dankbar, dass Sie mich als Großstadtbewohner bezeichnet haben.

(Beifall bei den GRÜNEN - Zuruf von der LINKEN: Das macht jeder!)

Ansonsten hat mich, ehrlich gesagt, Ihre Rede daran erinnert, wie ein Gewichtheber über Muskelschwund reden würde. Mit Radverkehr in unserem Bundesland hatte das nicht viel zu tun.

Ich bin aber den anderen Rednern und gerade Herrn Hövelmann doch sehr dankbar dafür, dass er die Frage angesprochen hat, inwieweit sich denn die Radfahrer an die Regeln halten. Wir haben da auch schon schöne Stichworte in der bundesweiten Debatte gehabt. Aber ich war jetzt gerade in Zerbst und kann gut verstehen, dass man in Zerbst wirklich Probleme hat, sich an die Radverkehrsregeln zu halten, weil es da wirklich schwer ist nachzuvollziehen, wo entlang man denn da fahren soll.

Aber ich möchte auf einen viel wichtigeren Punkt hinweisen. Sie sagten nämlich, diese Radfahrerinnen und Radfahrer gefährden sich und andere, indem sie sich nicht an die Regeln halten. Natürlich kommt das vor. Aber viel wesentlicher finde ich es, wenn die Radfahrerinnen und Radfahrer sich und andere gefährden, indem sie sich an die Regeln halten. Das finden wir nämlich vor bei den in unserem Bundesland sehr weit verbreiteten ZweiRichtungs-Radwegen, wo man gezwungen wird, auf der linken Seite zu fahren. Es müssten sogar die Autofahrerinnen und Autofahrer hier im Raum verstehen, dass es unheimlich gefährlich ist, wenn Radfahrer plötzlich von rechts kommen, und dass das der Unfallschwerpunkt ist. Da haben wir ein echtes Problem.

Unserer Anfrage können Sie im Übrigen die Frage entnehmen, wo die Unfallschwerpunkte in Sachsen-Anhalt sind. Die gefährlichste Stelle für Radfahrerinnen und Radfahrer in Sachsen-Anhalt ist ein Radweg in Halle. Da gab es 50 Unfälle in den letzten fünf Jahren. Die befindet sich an einem Zwei-Richtungs-Radweg, wo Sie genau die Situation haben.

Es ist der Anfrage nicht zu entnehmen, dass sich jemand um die Entschärfung dieser Gefahrenstelle kümmert. Ich glaube, da haben wir schon noch einiges vor uns, wenn wir uns über Regeln und die Frage, gefährden sich Radfahrer oder was passiert da draußen, unterhalten.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Herrn Stahlknecht würde ich gern noch einen Hinweis mitgeben. Sie haben mit einem gewissen Ton der Belustigung über die Arbeit der Polizei in puncto Radfahren und Radfahrstreifen gesprochen. Aber es lohnt sich wirklich, dass Sie sich die unterschiedlichen Ergebnisse Ihrer Polizeireviere angucken. Das ist in der Großen Anfrage enthalten.

Wie kommt es, dass es Magdeburg schafft, 30 % der Fahrraddiebstähle aufzuklären, und alle anderen kommen nicht auf eine solche Quote? - Das ist doch wirklich einmal spannend. Da kann einer von dem anderen lernen. Ich glaube, da ist das Innenressort durchaus gefragt.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Ich möchte damit schließen, dass ich wie einige meiner Vorrednerinnen und Vorredner auch glaube, dass wir uns mit dem Thema weiterhin beschäftigen müssen. Ich glaube nicht, Herr Scheurell, dass es so kommen wird, dass die Dinge sich von selbst umsetzen. Das hat unsere Folge von Anfragen jetzt gerade gezeigt. Das können Sie auch nachvollziehen.

Sie können auch einmal vergleichen, wie viele Textbestandteile der Rede, die uns Herr Stahlknecht hier vorgelesen hat, im Vorwort des Landesradverkehrsplans wortgenau so auftauchen und in der Rede von Herrn Webel vor einem Jahr so hier aufgetaucht sind. Ich finde das, ehrlich gesagt, empörend, wenn so mit Textbausteinen gearbeitet wird.

In diesem Sinne haben wir, denke ich, über das Thema gut diskutiert. Aber erledigt ist es für den Landtag noch lange nicht. - Vielen Dank.

(Beifall bei den GRÜNEN - Zustimmung bei der LINKEN)

Danke sehr, Herr Kollege Erdmenger. - Damit ist die Aussprache zur Großen Anfrage beendet und wir verlassen den Tagesordnungspunkt 5.

Ich rufe den Tagesordnungspunkt 10 auf:

Zweite Beratung

Rehabilitation und Entschädigung der nach 1945 aufgrund des § 175 in Deutschland Verurteilten