Protocol of the Session on April 26, 2012

Im Rahmen des Bundesverbandes ist SachsenAnhalt der zweitstärkste Verband. Auf 1 000 Einwohner kommen 46 Kleingärten. In Niedersachsen - man höre und staune - kommen auf 1 000 Einwohner nur 0,4 Kleingärten. In der Landeshauptstadt Magdeburg sind es 68 Kleingärten, in Dessau sogar 76 Kleingärten, in Bremen 28 Kleingärten und in Braunschweig 32 Kleingärten - immer gerechnet auf 1 000 Einwohner.

Ich denke, dass wir die Gründe für diese starke Präsenz des Kleingartenwesens in den neuen Bundesländern kennen und auch wissen, warum im alten Bundesgebiet die Situation eine andere ist. In den neuen Bundesländern und damit auch in Sachsen-Anhalt ist das Leben mit einem Kleingarten historisch gewachsen. Nach einer gewissen Flaute - wenn ich das einmal so sagen darf - ist der Kleingarten ein heute nicht mehr wegzudenkender Bestandteil im Leben vieler Menschen.

Ja, ich glaube, man kann feststellen, dass in Ländern wie Sachsen-Anhalt das Leben mit dem Kleingarten Ausdruck einer anderen Lebens- und Wohnkultur ist. Sie hat sich aus der Tatsache heraus entwickelt, dass es seinerzeit in der DDR nur 20 % Eigenheimnutzung gab und 80 % der Bevölkerung in Mehrfamilienhäusern bzw. in Geschossbauten wohnten. Das war völlig diametral zu den alten Bundesländern.

Das Bedürfnis nach Erholung und Ausgleich im eigenen Garten ist wieder da und wohl auch - das wollen wir nicht negieren - das zunehmende Interesse an einer Selbstversorgung mit Obst und Gemüse aus eigenem ökologischen Minianbau.

Ich habe bereits dargestellt, dass sich in SachsenAnhalt bezüglich der Frage Wohnen und Kleingarten über Generationen hinweg eine eigene Wohn- und Lebenskultur entwickelt hat. Gerade hierin sind die Gründe für die Missverständnisse zwischen Ost und West zu finden. Dabei denke ich an die Diskussion bezüglich der Laubengröße und der Pflicht zur Vermessung oder daran, wie Wohnen oder Nicht-Wohnen definiert wird und was diese Auslegung für den Kleingärtner im Osten und den Kleingärtner im Westen bedeutet.

Zur Auflösung dieser Missverständnisse muss dem Bundeskleingartengesetz mehr Klarheit und Autorität verschafft werden. Dabei sollte bedacht werden, dass den unterschiedlichen historischen Gegebenheiten sowie den konkreten Lebensbedingungen der Menschen Rechnung zu tragen ist und nicht mit einer Elle gemessen werden darf.

(Beifall bei der LINKEN)

Auch hierbei gilt, dass Gleichheit bzw. Gleichmacherei eher mehr Ungerechtigkeit in sich birgt als ein ausgewogenes differenziertes Herangehen.

Ich erinnere in diesem Zusammenhang an die Regelung der Rundfunkbeiträge für Kleingärtner. Auch wenn angeblich eine Klärung zum Rundfunkstaatsvertrag herbeigeführt worden ist, so gibt es im parlamentarischen Raum anderer Bundesländer Anzeichen dafür, dass die Lösung ziemlich inkonsequent getroffen wurde und es insbesondere für die Kleingärtnerinnen und Kleingärtner in den neuen Bundesländern immer wieder Anlass zur Sorge gibt. Ich denke hierbei konkret an die Vorgänge in Sachsen.

Ein generelles Problem entsteht für das Kleingartenwesen bekanntermaßen aus der demografischen Entwicklung und der Altersstruktur. Die Rückbesinnung auf den Kleingarten, von der ich bereits sprach, ist die eine Sache, denn der wachsende Altersdurchschnitt in den Anlagen bereitet den Gartenverbänden ein weiteres Problem, das sie unter den Bedingungen einer schrumpfenden Bevölkerung und der demografischen Entwicklung kaum selbst lösen können. Hierbei ist Hilfe von politischer Seite notwendig.

Dabei geht es nicht nur darum, den Kleingärtnerinnen und Kleingärtnern beste Bedingungen zu verschaffen, unter denen sie schlechthin einfach nur ihrem Hobby nachgehen können, sondern wir tun dies, weil sie mit ihrem Engagement einen hervorragenden Beitrag zum Funktionieren des Gemeinwesens in unseren Kommunen leisten.

(Beifall bei der LINKEN)

Sie erhalten und pflegen uns das Grün in unseren Städten. Vernetzte Kleingärten übernehmen Erholungs- und Klimafunktionen - Stichwort Kaltluftschneisen - für urbane Bereiche. Diesbezüglich wäre es nur logisch, den Kleingärtnern nicht die Kosten der kommunalen Infrastruktur zusätzlich zu übertragen. Wie in diesem Zusammenhang gefördert werden kann, verrät uns ein Blick in die Stadt Altenburg, in der zum Beispiel Einnahmen aus Pachten gezielt für die Entwicklung des Kleingartenwesens eingesetzt werden.

Auf alle Fälle darf nicht zugelassen werden - wie es in verschiedenen Kommunen leider den Anschein hat -, dass die Kleingärten als vorgehaltenes Bauland und die Kleingärtnerinnen und Kleingärtner als zeitweilige Bewahrer der kommunalen Baulandreserve dargestellt und behandelt werden - so die treffende Darstellung in der Zeitschrift „Grundstück“, Ausgabe 2/3, 2012.

Wir möchten mit diesem Antrag dazu beigetragen, dass dem Kleingartenwesen die erforderliche Aufmerksamkeit geschenkt wird und anstehende Probleme und Missverständnisse aus dem Wege geräumt werden.

Es ist angemessen, dass wir uns dazu nicht nur im Agrar-, sondern auch im Umweltausschuss verständigen. Wir bitten um Zustimmung zur Überweisung unseres Antrages und des Änderungsantrages in die Ausschüsse.

(Beifall bei der LINKEN)

Vielen Dank, Herr Kollege. - Wir haben die Freude, auf der Südtribüne Damen und Herren des Seniorenvereins „Goldener Herbst“ aus Darlingerode zu begrüßen.

(Beifall im ganzen Hause)

Für die Landesregierung spricht jetzt Herr Minister Dr. Aeikens. Bitte schön, Herr Minister.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Kleingärten haben sowohl im Land Sachsen-Anhalt als auch in anderen Bundesländern eine über hundertjährige Tradition. Ich freue mich deshalb besonders, dass zahlreiche Verbandsvertreter auf der Pressetribüne dieses Hauses dieser Diskussion folgen.

In Deutschland gibt es derzeit auf einer Fläche von mehr als 46 000 ha insgesamt eine Million Kleingärten. Diese Kleingärten werden von ca. fünf Millionen Menschen vor allem zur Freizeitgestaltung genutzt.

Das Kleingartenwesen hat in Deutschland einen ganz besonderen Stellenwert: Es dient städtebau

lichen, ökologischen und sozialen Anliegen. Das geht auch aus einer vom Bundesministerium für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung im Jahr 2008 veröffentlichten Studie hervor. Dieses Fazit entspricht auch der Auffassung der Landesregierung, dass das Kleingartenwesen bei uns einen besonderen Stellenwert hat.

Insofern sehen wir den in den letzten Jahren wachsenden Leerstand von Kleingartenparzellen und ganzen Anlagen mit großer Sorge. Die Gründe liegen neben einer Überalterung auch in einer gewissen Ost-West-Angleichung im Freizeitverhalten. Auch das müssen wir bilanzieren. Nach Verbandsangaben gibt es in Sachsen-Anhalt je 1 000 Einwohner 46 Kleingärten, in Niedersachsen sind es 0,4 Kleingärten. Wir haben also etwa das Hundertfache an Kleingärten. Wenn sich das Freizeitverhalten angleichen sollte - darauf deutet manches hin -, dann entstehen Probleme.

Wir wollen diese Entwicklung aber nicht sich selbst überlassen. Auf Anregung der Landesregierung wurde bereits im Mai 2008, also vor vier Jahren, eine Arbeitsgruppe bestehend aus Vertretern des Landesverbandes der Gartenfreunde e. V., des Städte- und Gemeindebundes, des Ministeriums für Landesentwicklung und Verkehr sowie des Ministeriums für Landwirtschaft und Umwelt eingerichtet. Ziel der Arbeitsgruppe ist es, Lösungen zu finden, mit denen der Leerstand von Kleingärten verringert werden kann, und über allgemeine Fragen und Probleme des Kleingartenwesens zu sprechen.

Es wurden Fördermöglichkeiten über die bestehenden Förderprogramme „Stadtumbau Ost“ und „Richtlinie für die Entwicklung ländlicher Räume“ zugesagt. Ich freue mich, dass inzwischen drei Kleingartenanlagen über die Nutzung dieser Programme in Sachsen-Anhalt rückgebaut bzw. umgenutzt wurden. Über eine stärkere Inanspruchnahme dieser Fördermöglichkeiten würde ich mich noch mehr freuen.

Die Landesregierung setzt vor allem auf eine Zusammenarbeit der regionalen Kleingartenverbände mit den jeweiligen Städten und Kommunen im beiderseitigen Interesse. Die Städte und Kommunen haben aus städteplanerischen und sozialen Gründen ein großes Interesse, die freiwerdenden Kleingartenanlagen in ihre Stadtentwicklungskonzeptionen einzubeziehen. Die Einbindung in die Stadtentwicklungskonzepte ist vielfach bereits gut angelaufen.

Bei der Behandlung des Kleingartenwesens in den Kommunen - diesbezüglich gebe ich dem Abgeordneten Krause Recht, mit dem ich sonst nicht immer einer Meinung bin - ist die Stadt Altenburg in Thüringen ein Stück weit vorbildlich.

Die Entwicklung des Kleingartenwesens wurde von der Landesregierung bereits aufgegriffen und wird

gemeinsam mit dem Landesverband und dem Städte- und Gemeindebund des Landes SachsenAnhalt bearbeitet.

Im Rahmen der gemeinsam von den Kommunen und den regionalen Stadt- und Kreisverbänden der Gartenfreuende zu erstellenden Entwicklungskonzeptionen sollte auch geprüft werden, wie vom Leerstand besonders betroffene Kleingartenanlagen bzw. -verbände finanziell entlastet werden können, zum Beispiel durch die Kürzung bzw. den Erlass der Straßenreinigungsgebühren.

Hinzufügen möchte ich, dass das geltende Recht bereits eine Vielzahl von abgaberechtlichen Vergünstigungen für kleingärtnerisch genutzte Grundstücke enthält. Da beitragspflichtig grundsätzlich der Grundstückseigentümer ist, sind diejenigen Kleingärtner, die ein Grundstück lediglich gepachtet haben, von einer Beitragserhebung nicht unmittelbar betroffen.

Weiterhin sind nach dem Baugesetzbuch Erschließungsbeiträge zinslos zu stunden, solange Grundstücke als Kleingärten im Sinne des Bundeskleingartengesetzes genutzt werden. Für das Landesrecht regelt das KAG einen entsprechenden Anspruch auf zinslose Stundung von Straßenausbau- und Anschlussbeiträgen. Mit dieser Stundungsregelung geht das Land Sachsen-Anhalt über die Billigkeitsregelung der meisten anderen Bundesländer hinaus.

Für das Zweitwohnungssteuerrecht gilt bereits nach derzeitiger Rechtslage, dass Gartenlauben nicht der Zweitwohnungssteuer unterliegen. Sofern die genannten Gartenlauben nicht zum Wohnen genutzt werden, sind sie auch nicht zweitwohnungssteuerpflichtig.

Wir haben somit eine ganze Reihe von Regelungen, die das Kleingartenwesen begünstigen. Mit den Forderungen im Bereich des Katasterwesens geht der Antrag der Fraktion DIE LINKE allerdings zu weit. Das ist so nicht realisierbar. Auch aus diesem Grund ist der Antrag der Regierungsfraktionen dem Antrag der Fraktion DIE LINKE vorzuziehen.

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Die Kommunen sollten anstehende regionale Probleme mit den Kleingartenverbänden gemeinsam angehen. In einigen Kommunen sind wir dabei auf einem guten Weg, in anderen Kommunen - auch das weiß ich - ist das noch nicht so. Diesbezüglich müssen wir noch intensiver mit dem Städte- und Gemeindebund und den betroffenen Kommunen sprechen. Hierbei sehe ich die besten Ansätze, um die Probleme des Kleingartenwesens zu lösen.

Die Landesregierung bietet mit ihrem Programmangebot und den landesgesetzlichen Vorgaben bereits erhebliche Hilfestellungen zur Lösung örtlicher Probleme.

Ich freue mich auf die vertiefende Erörterung der anstehenden Fragen zum Kleingartenwesen im Fachausschuss. - Herzlichen Dank.

(Beifall bei der CDU und bei der SPD)

Herzlichen Dank, Herr Minister. - Wir treten in die vereinbarte Fünfminutendebatte ein. Als Erster spricht für die SPD-Fraktion Herr Barth. Bitte schön, Herr Barth.

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Es ist richtig und wichtig, dass sich der Landtag regelmäßig mit der Entwicklung des Kleingartenwesens befasst. Gärten sind das älteste Kulturgut der Menschheit, und es ist gilt, dieses Kulturgut zu erhalten und für die Zukunft fit zu machen.

Kleingärten sind ein unverzichtbarer Bestandteil kommunalen Lebens, wie es der Deutsche Städtetag in seinen Leitlinien zur nachhaltigen Entwicklung des Kleingartenwesens feststellt.

Für uns als Sozialdemokraten ist es besonders wichtig, dass die Nutzung eines Kleingartens auch künftig unabhängig von den individuellen Einkommensverhältnissen möglich sein muss.

(Zustimmung von Frau Niestädt, SPD)

Sehr geehrte Damen und Herren! Die Probleme des Kleingartenwesens sind nicht neu, sondern sie begleiten uns schon seit längerer Zeit. Wie bereits angesprochen, stellen die Auswirkungen der demografischen Entwicklung das größte Problem dar. So geht der Landesverband der Gartenfreunde davon aus, dass sich die Anzahl der Kleingärten von derzeit 116 000 auf 85 000 im Jahr 2020 reduzieren wird.

Vonseiten des Landes gibt es eine ganze Reihe von Maßnahmen, um das Kleingartenwesen zu unterstützen und in seiner Substanz zu erhalten. Der Minister hat ausführlich darauf hingewiesen.

Ich möchte an dieser Stelle auf die guten Erfahrungen mit dem Kommunalabgabengesetz hinweisen, welches das Kleingartenwesen von öffentlichen Lasten bereits weitestgehend frei hält. Beispielhaft sind die Straßenausbaubeiträge zu nennen.

Es gibt auch viele Beispiele, bei denen mit Unterstützung des Landes und der Kommunen Kleingartenanlagen insbesondere für junge Familien attraktiver gestaltet worden sind.

Es ist also festzuhalten, dass diesbezüglich sehr wohl eine ganze Menge getan wurde und wird. Dies wissen die Vereine und der Landesverband der Gartenfreunde durchaus zu schätzen.

Eine Anpassung des Kleingartenwesens an die demografische Entwicklung ist aber dennoch un