Protocol of the Session on February 23, 2012

(Zustimmung bei der LINKEN und bei den GRÜNEN)

Zurück zur Fotovoltaik. Die LINKE ist davon überzeugt, dass Fotovoltaik einen wesentlichen Beitrag zur Energiewende leisten kann und muss. Mit dem 100 000-Dächer-Programm setzte diese Energieform vor mehr als zehn Jahren erste Akzente in der deutschen Energielandschaft. Mit dem EEG hat sie seit dem Jahr 2000 stetig an Boden gewonnen.

Das war insbesondere für Mitteldeutschland und speziell für Sachsen-Anhalt bisher ein wirtschaftlicher Erfolgskurs. Bei Bitterfeld entstand das Solar Valley. Die Förderlandschaft wurde mit EU-, Bundes- und Landesförderung als Spitzentechnologie zum Solarcluster entwickelt. Herr Minister Aeikens hat über diese umfangreichen Fördermaßnahmen im Juni des vergangenen Jahres berichtet.

Damit wurden die Voraussetzungen dafür geschaffen, dass in den vergangenen zehn Jahren in Deutschland Solarstromkapazitäten von 24 000 MW installiert werden konnten. Damit können etwa 3 bis 4 % des Stromverbrauchs in Deutschland gedeckt werden. Dies ist häufig Spitzenlaststrom, der damit auch zur Senkung des Börsenpreises der Energie beiträgt.

Natürlich konnten die Unternehmen in dieser Zeit erhebliche Kostensenkungspotenziale erschließen. Dies hat sich bisher auch in der stetigen Senkung der Einspeisevergütung niedergeschlagen. Seit 2008 ist diese um gut 50 % gesunken. Die Vergütung für kleine Anlagen hat jetzt in etwa das Niveau des Haushaltsstromtarifs erreicht.

Verschiedenste Analysten prognostizierten, dass das Maximum der EEG-Förderung für Fotovoltaik schon in wenigen Jahren erreicht sein werde; danach werde es zu einem erheblichen Rückgang kommen. Vor dem Hintergrund der bisher aufgewendeten Summen für den Ausbau der Fotovoltaikkapazitäten wäre es gesellschaftlicher Irrsinn, so kurz vor dem Erreichen des ökonomischen Erfolges diesen Ausbau zu gefährden.

(Zustimmung bei der LINKEN)

Der ökologische Erfolg ist schon heute fassbar: CO2-Vermeidung in Millionen Tonnen, Kosteneinsparungen beim Energieimport, regionale Wertschöpfung, echte Bürgerenergieanlagen.

Trotzdem reden wir heute wieder über die Krise der Solarindustrie. Die Ursachen sind sicherlich sehr komplex, zumal sich die Situation für verschiedene Unternehmen sehr unterschiedlich darstellt. Dies ist schon von mehreren Rednern angesprochen worden; ich möchte es nicht wiederholen.

Zweifellos haben der Ausbau der Produktionskapazitäten in Südostasien und die sinkende bzw. noch nicht entwickelte globale Nachfrage zu dieser Krise beigetragen. Sicherlich gab es auch falsche unternehmerische Entscheidungen. Weitere Unternehmensschließungen sind nicht ausgeschlossen. Die Branche selbst spricht davon, dass sich in den nächsten zwei Jahren die Spreu vom Weizen trennen wird.

Was also müssen und was können die Politik und die Landesregierung tun? - Die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN bietet in ihrem Antrag Lösungen an, die wir aber so nicht mittragen können. Zu dem Änderungsantrag der Koalitionsfraktionen möchte ich mich zum Schluss äußern.

Zum ersten Punkt des Antrags der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN. Auch wir erwarten die weitere Unterstützung des Solarclusters. Unsere Vorstellungen gehen jedoch über ein Darlehensprogramm hinaus. Immerhin sind seit 2004 bereits Beihilfen in dreistelliger Millionenhöhe dort hineingeflossen. Wir könnten uns durchaus eine Unterstützung bei der Kapitalbeschaffung vorstellen.

Wir möchten aber auch auf das Jahr 2003 verweisen. Im Jahr 2003 hatten sich die IBG und die MBG als stille Teilhaber bei Q-Cells eingekauft. Über ein solches Bekenntnis könnte man auch jetzt nachdenken; denn dieses Bekenntnis könnte zur Stabilisierung von Solarunternehmen beitragen und könnte zudem zeigen, dass man es mit der Unterstützung der Solarunternehmen wirklich ernst meint.

(Zustimmung bei der LINKEN)

Noch wesentlicher erscheinen uns die Beibehaltung und die eventuelle Ausweitung der Förderung von Forschung und Entwicklung. Eine Evaluierung scheint uns notwendig, weil die Firmen nicht mehr nur mit den hochwertigen Zellen und Modulen ihren Platz behaupten. Eine Ausweitung auf alle Komponenten einer Anlage bis hin zu möglichen Netzdienstleistungen und Speichern wird notwendig sein. Ob dann die Aussage der Ministerin, dass kein neues Fördergeld in die Hand genommen werden solle, noch aufrechterhalten wird, wird sich in der Diskussion zeigen. Wenn zusätzliche Mittel in diesem Bereich erforderlich sind, müssen diese aufgebracht werden.

Zum Erfolg all dieser Maßnahmen kann ein Mitteldeutscher Solargipfel beitragen, zu dem die Landesregierung gemeinsam mit den Landesregierungen Sachsens, Thüringens und Brandenburgs sowie mit den Solarakteuren laden sollte. Positive Erfahrungen mit solchen Gipfeln liegen vor. Am 27. Februar 2012 wird genau eine solche strategische Beratung in Leuna stattfinden, allerdings unter der Überschrift: Braunkohlegipfel. In Thüringen gibt es übrigens schon eine solche Arbeitsgruppe, die den Branchendialog mit der Solarindustrie führt.

Zum zweiten Punkt. Die Diskussion in Deutschland um eine verschärfte und unplanmäßige Absenkung der Einspeisevergütung traf die Unternehmen mitten in der Krise. Sie hat mit Sicherheit schon damals zur Destabilisierung beigetragen. Die heute angekündigte Entscheidung wird diese Destabilisierung weiter verfestigen. Sie hat auch dazu beigetragen, den Zugang zu Kapitalmärkten zu erschweren. Jede Debatte um Deckelung oder Quotenregelung brachte neue Unsicherheiten für die Absatzplatzung der Solarhersteller.

Der Vorschlag, die Vergütungssätze monatlich anzupassen, ist aus der Sicht der Praktiker nicht realisierbar und wird ein bürokratisches Monster werden. Projektrealisierer geraten in ein Chaos von Projektplanung, Finanzierungsplanung und Ausführung. Deswegen können wir diesem Vorschlag keinesfalls zustimmen.

Mit unserem Vorschlag halten wir an den bisherigen halbjährlichen Kürzungen fest und lehnen die zusätzlichen ungeplanten Kürzungen ab; denn gerade diese treffen die Unternehmen hart.

Technologische Entwicklungen und Effizienzgewinne sind nicht von heute auf morgen realisierbar und benötigen verlässliche Rahmenbedingungen. Eine Veränderung der Einspeisevergütung sollte auf den Erhalt der Technologieführerschaft ausgerichtet sein, also fortgeschrittenste Technologie prämieren oder neue Systembausteine oder erweiterte Möglichkeiten zur Selbstnutzung der Energie beinhalten. Darüber sollte man bei der Novellierung des EEG noch intensiv diskutieren.

Wir halten die Orientierung an fortgeschrittener Technologie für langfristig zielführender als das spanische Conto Energia, das meines Erachtens den WTO-Handelsregeln widerspricht. Allerdings gibt es Möglichkeiten, mit Hermesbürgschaften eine Förderung der einheimischen Technologie zu realisieren.

Zum letzten Punkt. Wir haben schon mehrfach auf gute Arbeits- und Mitbestimmungsrechte in der Erneuerbare-Energien-Industrie abgestellt. Soziale Standards wie Betriebsrat oder Tariflohn gewinnen langsam Raum in der Branche, dies sicherlich auch, weil man fürchtet, sonst die politische oder auch die finanzielle Unterstützung zu verlieren. Forderungen nach einer Nachhaltigkeitsverordnung halte ich speziell für die Fotovoltaik für zu eng gegriffen. Allerdings ist es wichtig, diese auf weitere Industriebranchen auszudehnen.

Die Forderung in unserem Antrag zielt auf eine größere Nutzung von Fotovoltaik durch das Land und die Kommunen ab. Dies wäre ein Bekenntnis zur Solarindustrie sowie eine Anerkennung dessen, dass die Nutzung von Solarenergie für die Energiewende notwendig ist.

Thüringen macht dies mit dem 1 000-Dächer-Programm für die Kommunen vor. Auch Sachsen-An

halt braucht einen neuen Anlauf mit den eigenen Liegenschaften und mit weniger Restriktionen, wenn Kommunen ihre Energiekonzepte umsetzen wollen. Gerade in den durch die Bürger betriebenen Anlagen zeigt sich die Stärke der Fotovoltaik, wenn diese in naher Zukunft mit besseren Speichern einen hohen Grad an Eigenversorgung ermöglicht und dabei nicht zu erheblichen Netzausbaunotwendigkeiten führt.

Nun zum Änderungsantrag der Koalitionsfraktionen. In der letzten Zeile des einleitenden Beitrages lese ich, dass eine zukunftsfähige deutsche und sachsen-anhaltische Solarbranche nur mit planungssicheren politischen Rahmenbedingungen und mit Technologievorsprung einhergehen kann. Angesichts dieser Aussage frage ich mich, warum Sie nicht gerade bei Ihren beiden Ministern in Berlin sind.

Frau Hunger, bitte kommen Sie zum Schluss.

Ich bin gleich fertig. Ich habe noch zwei Sätze. - Sie wollen die technologische Entwicklung am Wirkungsgrad und am Herstellungsprozess festmachen. Diese Sichtweise halten wir für zu eng. Dies muss man deutlich weiter fassen und Systemlösungen und Speicherlösungen einbeziehen.

Bei Ihrem zweiten Punkt würde ich es mit Herrn Herbst halten: Was sagt man dazu? - Wenn ich es auf die Spitze treibe - -

Das waren aber mehr als zwei Sätze. Ich bitte Sie, jetzt zum Ende zu kommen.

Gut. - Ich beantrage, dass diese drei Anträge in den Ausschuss für Wissenschaft und Wirtschaft überwiesen werden. - Danke für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der LINKEN)

Für die CDU-Fraktion spricht der Abgeordnete Herr Thomas. Zuvor haben wir die Freude, Schülerinnen und Schüler der Diesterweg-Sekundarschule in Burg bei uns begrüßen zu können. Seien Sie herzlich willkommen!

(Beifall im ganzen Hause)

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Ich bin den GRÜNEN außerordentlich dankbar dafür, dass wir dieses Thema heute auf der Tagesordnung haben. Dies bietet zum einen

die Möglichkeit, einen Blick auf die Fotovoltaik im Allgemeinen und auf die wirtschaftliche Situation der Solarbranche zu werfen. Dies bietet zum anderen die Möglichkeit, die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen abzustecken, was eigentlich geht und was nicht geht. Das zeigt auch ein bisschen, wohin Subventionierungen führen können.

Frau Kollegin Hunger, zunächst möchte ich auf Sie reagieren. Sie haben von dem größten Feind der Fotovoltaik gesprochen. Wissen Sie, der größte Feind der Fotovoltaik, der größte Feind der Solarindustrie und der größte Feind der Wirtschaft insgesamt ist die sozialistische Planwirtschaft. Sie können mir glauben, solange wir die nicht haben, werden wir auch diese Probleme lösen.

(Lachen bei und Zurufe von der LINKEN)

Ich möchte auch darauf hinweisen, dass die Überschrift der GRÜNEN insofern etwas unscharf ist; denn sie spricht von einer Krise. Krise heißt - ein bisschen pauschalisiert -, dass es allen schlecht geht. Aber wir alle wissen, dass es auch jetzt Firmen in der Solarbranche gibt, denen es gut geht, die Geschäfte machen, die Geld verdienen trotz der Überkapazitäten, die wir auf dem Markt haben - das haben wir heute schon gehört. Insofern muss man das schon etwas differenziert darstellen.

Man muss aber auch feststellen, dass nicht nur in Deutschland die Förderung rückläufig ist. Es gibt viele andere Länder, die ebenfalls weniger fördern. Und es gibt bereits Staaten auf der Erde, die so etwas überhaupt nicht mehr fördern. Es gehört auch zur Wahrheit dazu, dass eine Fotozelle heute nicht nur in Deutschland produziert werden kann, sondern global. Die Technologie ist mittlerweile verfügbar. Damit ist der Markt natürlich offen.

Das zeigt ein anderes Problem, wie ich finde, was wir in Deutschland haben. Wir entwickeln etwas, wir beginnen damit, und verlieren dann irgendwann die Marktführerschaft. Es gibt viele andere Beispiele aus der deutschen Geschichte, bei denen uns das auch passiert ist. Ich denke an den Computer und an den MP3-Player. Es ließen sich noch viele andere Beispiele dafür nennen. Deswegen ergibt es, denke ich, Sinn, genauer hinter die Kulissen zu sehen, um festzustellen, warum es zu diesen Verwerfungen kam bzw. was die Ursachen für die grundsätzlich schwierige Situation einiger Unternehmen in Sachsen-Anhalt sind.

Ein Vorzeigeunternehmen - der Name ist schon gefallen: Q-Cells - hat es zunehmend schwerer, im globalen Wettbewerb zu bestehen. Ich möchte nur daran erinnern - auch das gehört zur Wahrheit dazu -, dass Q-Cells im Jahr 2007 einen Marktwert von sage und schreibe 7,6 Milliarden € hatte. Der Umsatz stieg um 59 % und allein der Jahresüberschuss dieser Firma kletterte auf stolze 148 Millionen €. Der damalige Vorstand - ich möchte das nicht kommentieren, ich möchte das nur feststellen - ging nicht von einer Veränderung des Mark

tes aus und machte deutlich, dass man auch in den Folgejahren auf einen klaren Wachstumskurs als Weltmarktführer durch die Produktion der Produkte setzt, ohne sie entsprechend forciert weiterzuentwickeln.

Heute wissen wir, dass diese Einschätzung nicht ganz richtig war; denn als Q-Cells zum Börsenstar aufstieg, waren die Preise hoch und die Qualität der Module überlegen. Man konnte seinen Kunden die Preise und auch die Margen diktieren. Meine Damen und Herren! Nur zwei Jahre später waren die Solarmodule Massenware. Dann kam die chinesische Konkurrenz hinzu und im Jahr 2009 schrieb das Unternehmen trotz eines Umsatzes von 800 Millionen € bereits einen Verlust von 1,4 Milliarden €. Der Marktwert von Q-Cells rutschte unter die 400-Millionen-€-Grenze. Der Aktienkurs - auch das gehört zur Wahrheit dazu - fiel von einst 100 € auf inzwischen weniger als 70 Cent.

Warum erzähle ich das in diesem Zusammenhang? - Ich erzähle das, weil die Schwierigkeiten, die hier entstanden sind, nicht auf eine mangelnde Förderung zurückzuführen sind. Nein, es würde sich heute in Deutschland und in Sachsen-Anhalt kein Windrad drehen und es würde sich niemand eine Solaranlage auf sein Dach montieren lassen, wenn er dafür nicht einen geldwerten Vorteil hätte, wenn er damit nicht Geld verdienen könnte.

(Beifall bei der CDU)

Meine Damen und Herren! Da ist es doch nur recht, wenn wir darüber diskutieren, wer denn diesen geldwerten Vorteil ausgleicht, den wir durch solche politischen Vorgaben machen. Wir sehen, dass solche Milliardensubventionen die Gesetze des Marktes aushebeln. Wir werden nun mit diesen Folgen konfrontiert.

Das schnell und leicht verdiente Geld und die satten Gewinne haben nicht nur rechtzeitige unternehmerische Weichenstellungen in der Solarindustrie verhindert, sondern sie haben auch die weltweite Konkurrenz angelockt. Eben diese Konkurrenz, insbesondere aus dem asiatischen Raum, sorgt in einem globalisierten Markt ganz selbstverständlich dafür, dass sich auch deutsche Unternehmen dem Wettbewerb stellen müssen.

Wie immer gilt die alte Unternehmerregel, dass ein Unternehmen oft dann falsche Entscheidungen trifft, wenn es ihm zu gut geht. Das ist ein Beispiel, an dem ich das feststellen möchte, weil wir viel über Förderungen, über staatliche Subventionen und über staatliche Eingriffe diskutieren.

Wenn ich mir nun den Antrag der GRÜNEN anschaue, dann glaube ich schon, meine Damen und Herren von der GRÜNEN-Fraktion, dass wir darüber ehrlich reden müssen. Wir können hier nicht eine grüne Planwirtschaft entwickeln, einfach weil uns das gefällt, weil eine Solaranlage schick ist und weil wir uns freuen, dass sich die Windräder

drehen. Ich glaube vielmehr, es gehört zur Gesamtverantwortung, dass wir hierbei die Gesamtkosten und das Allgemeinwohl im Blick haben.