Protocol of the Session on November 10, 2011

Die Ausweisung des Grünen Bandes in seiner Gesamtheit als Nationales Naturmonument würde sich nicht nur mit der pflichtgemäßen Ausweisung der entsprechenden Natura-2000-Gebiete, sondern insbesondere mit den bereits existierenden Naturschutzgebieten überschneiden.

Derzeit findet auf der Bund-Länder-Ebene eine intensive fachliche Erörterung über die grundsätzliche Einordnung der erst seit dem 1. März 2010 bestehenden Schutzgebietskategorie in das deutsche Schutzgebietssystem statt. Da mit den bisherigen Schutzinstrumenten alle naturschutzfachlichen Schutzerfordernisse umsetzbar sind, kommt für die Kategorie Nationales Naturmonument nur eine zusätzliche übergreifende Großschutzgebietsfunktion infrage.

Erst nach der Klärung der grundsätzlichen Einbindung in das bestehende Schutzgebietssystem wä

re ein entsprechendes Verordnungsverfahren mit konkreten Inhalten und mit gebietsspezifischen Vorschriften sinnvoll durchführbar.

Wir sollten uns auch davon leiten lassen, bei der Entwicklung des Schutzgebietssystems in Sachsen-Anhalt die Öffentlichkeit nicht ständig mit neuen Schutzgebietskategorien zu verunsichern, die der Bürger kaum noch auseinanderhalten kann und deren Regularien und Flächen sich unter Umständen mehrfach überschneiden können.

Auch innerhalb der Verwaltung müsste in Vorbereitung des förmlichen Ausweisungsverfahrens für das Nationale Naturmonument ein detaillierter und sehr aufwendiger Abgleich mit den bestehenden Schutzgebieten und ihren Vorschriften erfolgen. Dies wäre nur mit zusätzlichen personellen Ressourcen möglich.

Im Rahmen der vorhandenen Kapazitäten würde das Ausweisungsverfahren zum Nationalen Naturmonument den gegenwärtig unter Konzentration aller verfügbaren Kräfte laufenden Umsetzungsprozess für die Einrichtung des Schutzgebietssystems Natura 2000 erheblich gefährden. Das könnte zu einem Anlastungsrisiko gegenüber der Europäischen Union wegen mangelhafter Umsetzung von EU-Richtlinien führen. Das können wir nicht wollen.

Aus diesem Grunde ist derzeit die Ausweisung des Grünen Bandes als Nationales Naturmonument nicht anzustreben. Hierüber sollte erst nach der Umsetzung des Schutzgebietssystems Natura 2000 entschieden werden. Im Falle eines Votums für eine Überweisung in den Fachausschuss freue ich mich auf eine intensive fachliche Diskussion. - Herzlichen Dank.

(Zustimmung bei der CDU und bei der SPD)

Danke sehr, Herr Minister. - Für die SPD-Fraktion spricht der Abgeordnete Herr Bergmann.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Ich freue mich, zu später Stunde auch zu dem Grünen Band reden zu dürfen. Herr Kollege Weihrich, ich bin in gewisser Weise dankbar dafür, dass die GRÜNEN diesen Antrag eingebracht haben. Ich denke, das Ziel und auch die Erfindung des Grünen Bandes stammen zwar nicht unbedingt von den GRÜNEN, aber seine Erhaltung ist ein gemeinsames Ziel von uns allen.

Ich möchte einige Jahre zurück blicken, als die Regierung Merkel/Steinmeier - wenn ich es einmal so sagen darf - in das neue Bundesnaturschutzgesetz die Kategorie Nationales Naturmonument

eingeführt hat und der damalige Umweltminister Siegmar Gabriel den Vorschlag unterbreitete, das Grüne Band, den ehemaligen Todesstreifen, wegen der natürlichen Geschehnisse, die dort inzwischen fortgeschritten waren, zu einem lebendigen Band in Deutschland zu entwickeln.

Sehr geehrter Herr Minister Aeikens, auch ich bin der Meinung, dass wir alle gemeinsam - so haben wir es auch in der Koalition besprochen - das Ziel der Ausweisung des Grünen Bandes verfolgen.

Wir haben darüber diskutiert und waren der Meinung, dass der zweite Spiegelstrich im Antrag der GRÜNEN - ich nenne es einmal das Vorpreschen Sachsen-Anhalts, das alleinige Vorangehen, das Ausweisen allein in diesem Bundesland - falsch ist. Gerade weil um dieses große Symbol des ehemaligen Todesstreifens geht, weil es eben auch eine politische Dimension hat und nicht nur eine naturschutzfachliche, sind wir der Meinung, dass die Länder dies gemeinsam tun sollten.

Aber ich bin auch der Meinung, sie sollten durchaus etwas schneller nach vorn schauen. Wir müssen uns einfach eine gewisse Zeit nehmen. Trotzdem ist ein Druck vorhanden. Ich sehe das in gewisser Weise auch so. Es ist ein hohes Ziel. Wir sollten es verfolgen und es auf keinen Fall aus den Augen verlieren.

Im Zusammenhang mit dem Grünen Band gibt es, Herr Dr. Aeikens, einen einzigen Punkt, bei dem ich Ihnen widersprechen möchte, obwohl ich sonst derselben Meinung bin wie Sie. Auch ich bin der Meinung, dass wir eigentlich zu viele Schutzkategorien haben; aber wenn wir dem Bürger die Schutzkategorie Nationales Naturmonument an einem Beispiel klar verdeutlichen können, dann an dem Beispiel der ehemaligen innerdeutschen Grenze. An diesem Beispiel wird der Bürger die Ausweisung als Nationales Naturmonument zum ersten Mal ganz anders wahrnehmen, als er es vielleicht wahrgenommen hätte, wenn es irgendein Felsen irgendwo in Deutschland gewesen wäre. Vor diesem Hintergrund finde ich die Idee ganz gut.

Zur Ausstattung des Grünen Bandes, zur Flora, zur Fauna und zu vielen anderen Dingen ist vom Minister und von Herrn Weihrich eine Menge gesagt worden. Lassen Sie mich in diesem Zusammenhang all denjenigen Dank sagen, die mit der Pflege, mit der Ausweisung und mit der Verwaltung dieser Flächen zu tun haben. Dazu gehört sicherlich unser Ministerium, dazu gehört aber auch das Bundesamt für Naturschutz, dazu gehören unsere Einrichtungen im Land. Dazu gehört auch - das möchte ich heute ausdrücklich sagen - der BUND, der viele Projekte initiiert hat.

(Herr Daldrup, CDU: Und die Bauern!)

- Und die Bauern, die vergessen wir sowieso nicht. - Aber man muss schon einmal sagen, auch wenn

wir oft nicht ganz glücklich sind darüber, dass der BUND im Norden Sachsen-Anhalts bestimmte Dinge zu verhindern versucht, so leistet er an dieser Stelle eine ausgezeichnete Arbeit. Ich denke dabei an die Arbeit von Dieter Leupold, ehemals in der UNB in Salzwedel. Dort werden tolle Projekte umgesetzt.

Lassen Sie uns all die Dinge, die noch im Argen sind, im Ausschuss besprechen. Ich sage Ihnen auch, warum. Sie wissen, das Grüne Band ist nicht vollständig erhalten geblieben. Wenn man dort Flächen einbeziehen will, muss man das vernünftig vorbereiten. Wir dürfen den Leuten, die durch den Bau des Eisernen Vorhangs enteignet worden sind, nicht das das Gefühl geben, es werde jetzt quasi zum zweiten Mal eine Enteignung vorgenommen. Ich glaube, wir müssen das bei den Leuten mit viel Fingerspitzengefühl, mit einer sensiblen Vorgehensweise langsam durchsetzen. Ich glaube, dass sie auch Verständnis dafür haben, dass wir das so tun wollen. Aber das kann man nicht übers Knie brechen.

Daher beantrage ich im Namen der Koalitionsfraktionen eine Überweisung in den Ausschuss. Ich hoffe auf intensive Diskussionen darüber, wie wir gemeinsam weiter vorgehen wollen; denn, wie ich schon sagte, ich glaube, wir alle haben das gleiche Ziel. - Vielen Dank.

(Zustimmung bei der SPD, bei der CDU und bei den GRÜNEN)

Danke sehr, Herr Bergmann. - Für die Fraktion DIE LINKE spricht der Abgeordnete Herr Lüderitz.

Frau Präsidentin! Werte Kolleginnen! Werte Kollegen! Die Linksfraktion unterstützt prinzipiell den Antrag der GRÜNEN. Auch wir sind der Meinung, dass Sie damit bei uns offene Türen einrennen.

Der Antrag erscheint im ersten Moment sehr schlüssig. Er schlägt eine sehr einfache Lösung vor. Damit habe ich allerdings Probleme, weil ich ähnlich, wie es mein Vorredner schon gesagt hat, durchaus der Auffassung bin, dass es auch einer gewissen konzeptionellen Untersetzung bedarf.

Unserer Auffassung nach war die Übertragung von 1 690 ha aus den Bundesflächen im Grünen Band an die Stiftung für Umwelt, Natur und Klimaschutz in der letzten Legislaturperiode durchaus ein Schritt in die richtige Richtung. Wir wären auch unbedingt dafür, dass wir im Fachausschuss unter Einbeziehung der Stiftung diese Konzepte zur Ausweisung als Nationales Naturmonument anstreben. Ich kann mir aber auch vorstellen, dass es andere Lösungen gibt.

Wichtig ist es festzustellen - der Kollege Weihrich hat es schon getan -: Es gibt im Land SachsenAnhalt unterschiedliche Ansätze zum Umgang mit Flächen im Grünen Band. In Salzwedel gibt es dank des BUND in wesentlichen Teilstücken einen sehr verantwortungsvollen Umgang mit diesen Flächen, gemeinsam mit den dort tätigen Landwirten und Forstwirten. Das ist, so denke ich, beispielgebend. Das findet sich aber leider nicht überall wieder. Der Erhalt der Offenlandschaft ohne intensive Nutzung als biologische Nische muss eigentlich im Mittelpunkt stehen.

Es gibt auch andere Räume - auch das hat der Kollege Weihrich angesprochen -, etwa im Bördekreis, die ihren Charakter längst verloren haben und eher einer normalen Ackerfläche gleichen oder sehr intensiv durch Forstwirtschaft genutzt werden. Dort ist von dem Charakter des Grünen Bandes gegenwärtig sehr wenig erkennbar.

Wenn ich mir das bei mir zu Hause im Nationalpark anschaue, dann kann ich sagen, dass sich der Wald diese Flächen längst zurückgeholt hat. Wir haben das, was wir anderswo haben wollen: die ursprüngliche Kernzone, durchzogen lediglich von einem Betonplattenweg.

Wir müssen uns also entscheiden, was wir auf all diesen Flächen, die noch nicht unter Schutz gestellt sind - das sind 40 % der Flächen - zukünftig machen wollen. Das geht nur gemeinsam mit dem Naturschutz, der Landwirtschaft und der Forstwirtschaft.

Darüber sollten wir federführend im Umweltausschuss sprechen, gemeinsam mit der Stiftung. Mit der Mitberatung sollte der Agrarausschuss beauftragt werden; denn ich halte es für wichtig, dass man auch alle Kräfte und berufsständischen Organisationen einbezieht.

(Zustimmung von Herrn Czeke, DIE LINKE)

Ich möchte auch darauf verweisen, dass mein Kollege Ulrich Kasten bereits im Jahr 1999 einen Vorstoß unternommen hat, um das Grüne Band als Biotopverbund unter Schutz stellen zu lassen. Das fand damals leider keine Mehrheit. Ich hoffe, das bleibt dem Antrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN erspart.

Ich werbe, wie gesagt, für eine Überweisung in die Ausschüsse für Umwelt und für Landwirtschaft und hoffe, dass wir insgesamt einen positiven Ausgang erhalten - nicht wie es der Kollege Krüger vom Nabu-Bundesverband einmal gesagt hat: „Die Naturmonumente sind als Fixpunkte des Naturschutzes ganz nett“, sondern ich wäre dafür, dass sie ein echter Fixpunkt für den Naturschutz werden. - Danke.

(Beifall bei der LINKEN und bei den GRÜ- NEN)

Danke sehr, Herr Lüderitz. - Für die CDU-Fraktion spricht der Abgeordnete Herr Scharf.

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Es geht nicht allein um die Ausweisung eines Schutzgebietes, es geht darum, dass wir uns darüber klar werden müssen, dass doch ein fantastischer Vorgang passiert ist: dass ein Todesstreifen, von den Herrschenden gedacht, um eine Bevölkerung einzusperren, heimlich zu einem Rückzugsgebiet für die Natur geworden ist, so wie es wahrscheinlich kein Schutzgebietscharakter, keine Ausweisung zu DDR-Zeiten ermöglicht hätte, und dass wir mit der Wiedererlangung der deutschen Einheit feststellen: Wir haben da ein Geschenk, das den Namen „Grünes Band“ hat. Das müssen wir nun auch pflegen, damit müssen wir nun auch vernünftig umgehen. Ich glaube, wir sind uns in diesem Hause einig, dass wir das auch machen werden.

Nun kommt ein völlig anderer Vorgang, dass das Bundesnaturschutzgesetz aus dem Angelsächsischen einen neuen Begriff aufnimmt, dieses „Nationale Naturmonument“, das ein wenig quer zu den Schutzkategorien liegt, die wir in Deutschland schon haben. Eigentlich - der Umweltminister hat es gesagt - brauchen wir diese neue Schutzkategorie nicht, aber wir haben sie jetzt.

Wie es immer so ist, muss offensichtlich der Bundesgesetzgeber durch ein Gutachten erst einmal prüfen lassen - das Ergebnis soll bis zum Jahresende vorliegen -, wie sich diese neue Kategorie zu den anderen Kategorien verhält und wie man das am besten miteinander in Ordnung bringt, sodass wir keine Begriffsverwirrung erzeugen.

Es werden bei den Nationalen Naturmonumenten in Deutschland gegenwärtig zum Beispiel solche Kandidaten gehandelt wie das Siebengebirge, die Ostseeinsel Vilm, aber auch - da habe ich ein wenig gestaunt - das Mansfelder Land, der Kyffhäuser, der Teutoburger Wald oder der Weserdurchbruch bei der Porta Westfalica.

Das heißt, es geht nicht nur um Naturschutz, es geht auch um bedeutende Monumente. Es steht auch sehr richtig im Antrag der GRÜNEN. Das haben Sie übrigens alles bei den Thüringern abgeschrieben. Es geht auch um seltene Naturdenkmale, die uns durch Eigenheit und Schönheit faszinieren. Das ist nicht nur Naturschutz, es geht weit darüber hinaus. Das ist natürlich auch Geschichte und das Grüne Band ist Geschichte.

Ich glaube, die Idee ist schon ernsthaft zu betreiben. Deshalb ist es eine Beratung sowohl im Umweltausschuss - federführend - als auch im Landwirtschaftsausschuss wert. Aber wir müssen auf

passen, dass wir nicht in jeder Landtagssitzung Beschlüsse fassen, die wir in der übernächsten Landtagssitzung wieder bereuen. Jetzt sind wir alle schwärmerisch für das Grüne Band, und wenn wir über das Personalentwicklungskonzept sprechen, sind wir wieder dafür, die Minister dazu zu bewegen, dass sie mit möglichst wenig Personen möglichst viel machen müssen.

Der Umweltminister hat schon darauf hingewiesen, dass uns im Zweifelsfall ein Anlastungsrisiko bei der EU mehr Ärger verursacht, als wenn wir uns ein bisschen Zeit lassen, die Schutzkategorien noch einmal genau anzuschauen, die Abgrenzung vorzunehmen, und dann genügend Personen im Umweltministerium auch die Zeit haben, diese spezielle Zuordnung vorzunehmen. Es geht ja auch um Flächen. Wenn ich zu Herrn Daldrup schaue, geht es natürlich auch um Landwirtschaft. Wenn wir das alles vernünftig geordnet haben, dann wird es in diesem Landtag letztlich keinen mehr geben, der sich dagegen sträuben wird. Aber wir müssen es nicht heute, wir müssen es nicht gleich, wir müssen es nicht sofort machen.

Deshalb plädiere ich für die Überweisung in den Ausschuss, sodass wir eine vernünftige Reihenfolge überlegen können, damit aus einer Idee, die in Deutschland in der Luft liegt und die irgendwann umgesetzt werden muss, auch in Sachsen-Anhalt eine vernünftige Lösung wird. - Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU - Zustimmung von Frau Niestädt, SPD)

Danke sehr, Herr Scharf. - Für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN kann Herr Weihrich erwidern.

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Noch einige ganz kurze Anmerkungen zu dem, was meine Vorredner gesagt haben.

Erstens zu Umweltminister Dr. Aeikens. Herr Dr. Aeikens, Sie haben richtig dargestellt, dass die Flächen des Grünen Bandes unter Schutz stehen oder bereits Bestandteil des ökologischen Verbundsystems sind. Aber Sie wissen genauso gut oder wahrscheinlich sogar noch besser als ich, dass das alles im Vergleich zu der Kategorie „Nationales Naturmonument“ überhaupt nichts bedeutet.