Wir sind gemäß der UN-Behindertenrechtskonvention verpflichtet - ich zitiere -, „wirksame und geeignete Maßnahmen zu treffen, … um Menschen mit Behinderungen in die Lage zu versetzen, ein Höchstmaß an Unabhängigkeit, umfassende körperliche, geistige, soziale und berufliche Fähigkeiten sowie die volle Einbeziehung in alle Aspekte des Lebens und die volle Teilhabe an allen Aspekten des Lebens zu erreichen und zu bewahren“.
Neben dem Fehlen bzw. der schweren Zugänglichkeit zu konkreten Hilfsmitteln gibt es keinen klaren Anspruch taubblinder Menschen auf Assistenz. Ohne Assistenz ist aber weder Teilhabe an der Gesellschaft noch ein relativ selbstbestimmtes Leben möglich: Einkaufen, Arzt- oder Behördenbesuche, Teilnahme an gesellschaftlichen Ereignissen oder das einfache Überqueren einer Straße lassen sich ohne Assistenz nicht bewerkstelligen. An die Einführung eines eigenständigen Merkzeichens für Taubblinde muss deshalb auch der Anspruch auf Assistenz gekoppelt sein.
Die meisten Anträge von taubblinden Menschen auf bestimmte Hilfsmittel werden zunächst aus Unkenntnis der spezifischen Situation taubblinder Menschen abgelehnt. Viele geben dann bereits auf. Antragstellung und das Durchfechten der spezifischen Ansprüche sind ohne Beratung kaum zu
Für ein eigenes, spezifisches Merkzeichen spricht überdies die Möglichkeit, die Anzahl taubblinder Menschen darüber zu erfassen und bereits zu einem frühen Zeitpunkt Beratung und Hilfe zu ermöglichen und zu organisieren, die genau dort ansetzt, wo sie gebraucht wird.
Wir wollen, dass sich die Landesregierung auf Bundesebene dafür einsetzt, dass Taubblindheit als Behinderung eigener Art anerkannt wird und, damit verbunden, das besondere Merkzeichen „TBl“ in den Schwerbehindertenausweis aufgenommen werden kann.
Eine Behinderung, die nicht formal anerkannt ist, existiert für amtliche Entscheidungen meist nicht. Damit wird das strukturelle Problem für Taubblinde deutlich. Wenn wir hieran nichts ändern, dann wird die Diskriminierung weiter erhalten bleiben und zu neuen Fehlentscheidungen führen.
Bitte unterstützen Sie die bundesweite Initiative der Betroffenen und stimmen Sie unserem Antrag zu. Wir beantragen Direktabstimmung, weil wir meinen, dass im Rahmen der Umsetzung der UNBehindertenrechtskonvention der Worte genug gewechselt sind und nun Taten folgen müssen. Die Bundesratsinitiative zur Einführung des Merkzeichens wäre eine solche Tat. - Danke.
Danke sehr für die Einbringung. - Wir haben die Freude, Schülerinnen und Schüler der - - O je. Jetzt haben Sie mich ins Stottern gebracht.
Wir haben die Freude, Schülerinnen und Schüler der Borlach-Sekundarschule Bad Dürrenberg begrüßen zu dürfen. Deshalb bekommen Sie jetzt einen besonderen Beifall.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Sehr geehrte Frau Zoschke! Das Problem - darüber haben wir gestern ganz kurz geredet - leuchtet mir ein, ist von mir aber nicht ganz einfach zu lösen. Von daher will ich dazu ein paar Bemerkungen machen. Ich halte es für richtig, dass wir uns damit im Ausschuss beschäftigen. Ich glaube, dass ein oder zwei Monate für die Dinge unschädlich sind, über die vielleicht schon seit Jahren diskutiert wird.
Die Taublindheit als eine eigene Art der Behinderung kenne ich, aber die Frage, dafür eine eigene Kennzeichnung einzuführen, war mir so nicht geläufig.
Sie haben Recht, dass man die Ansprüche von Blinden und Gehörlose nicht einfach addieren kann. Sie haben an Ihrem Beispiel deutlich gemacht, dass die Kommunikationsmöglichkeiten gerade bei dieser Art der Behinderung sehr eingeschränkt sind. Schon Gehörlose haben große Probleme mit der Kommunikation, und wenn dann noch Blindheit hinzukommt, dann ist man fast gänzlich ausgeschlossen. Das kann man nicht einfach summieren, sondern muss man in Gänze betrachten.
Die Mitarbeiter, die Fachleute meines Hauses haben mir aber versichert, dass das schon gemacht werde. Taubblinde hätten einen Anspruch auf spezielle Hilfen. Es gibt zum Beispiel ein in die Hand geschriebenes Alphabet, die Lormen, das Fingeralphabet, geführte Gebärden, Blindenschrift oder barrierefreie Kommunikationen. - Das Letzte kennen wir schon, aber manches wusste ich auch noch nicht.
Sie haben aufgrund ihrer schwierigen Lebenssituation auch einen Rechtsanspruch auf ein persönliches Budget und auf eine persönliche Arbeitsassistenz. Das haben Sie jetzt infrage gestellt. Ich möchte schon wissen, ob das tatsächlich nicht gemacht wird, wie Sie sagen, oder ob das doch schon umgesetzt wird.
An den Sonderschulen in Sachsen-Anhalt ist der Bildungsgang für Taubblinde mit der besonders niedrigen Mindestschülerzahl von vier Schülern abgesichert.
Die Frage ist, ob zum Beispiel spezielle Dolmetscherleistungen, die Hilfeversorgung und die Finanzierung ambulanter und stationärer Betreuungs- und Beratungsleistungen nicht doch umgesetzt werden.
Ich hätte im Ausschuss gern noch einmal darüber beraten, bevor wir auf Bundesebene eine Initiative starten, wobei ich, was eine neue Kennzeichnung angeht, auf Arbeitsebene erfahren habe, dass das in den Ländern eher kritisch gesehen wird. Es geht nicht darum, die Hilfeleistung für Taubblinde infrage zu stellen.
Es wird auch gesagt, dass das Europäische Parlament, die Organe der EU aufgefordert haben, die Rechte der Hör- und Sehbehinderten besser zu bewerkstelligen, also ihnen mehr Geltung zu verschaffen. In diesem Zusammenhang wurde allerdings nicht gefordert, dass ein neues Merkzeichen eingeführt werden soll.
Man muss sich einmal damit beschäftigen, ob das tatsächlich ein Vorteil ist; denn Menschen mit Behinderung - übrigens auch Menschen im Alter - haben manchmal eine Vielzahl von Behinderungen
und im Laufe des Lebens kommt noch eine Behinderung hinzu. Von daher muss man sich überlegen, ob man sozusagen eine Reihung von neuen Merkzeichen bringt.
Ich will mich dem Ganzen absolut nicht verschließen, auch nicht den Dingen, die dahinter stehen; denn ich weiß, dass das Menschen sind, die besonders benachteiligt sind.
Erst wenn man mit diesen Menschen zu tun hat, weiß man: Man kann jahrelang mit Menschen, die taub sind, reden und merkt trotzdem, dass sie viele Dinge einfach nicht verstehen, wahrscheinlich ein Leben lang nicht verstehen können, weil besonders diejenigen, die von Geburt an taub sind, die Zusammenhänge gar nicht verstehen. Deshalb ist es manchmal so schwierig, sich mit ihnen zu verständigen.
Gut finde ich zum Beispiel - das hat mir Staatsminister Robra gerade gesagt -, dass im Rahmen des Rundfunkstaatsvertrags, der geschlossen worden ist, relativ geräuschlos und einfach geregelt worden ist, dass das Taub- und Blindsein eine besonders schwierige Form der Behinderung ist und dass die entsprechenden Menschen von den Gebühren ausgenommen sind. Das ist pragmatisch geregelt worden, ohne dass dabei über ein neues Merkzeichen diskutiert worden ist.
Lassen Sie uns im Ausschuss darüber reden - dann können die Fachleute Stellung dazu nehmen - und danach entscheiden, ob es sinnvoll oder vielleicht sogar erfolgversprechend ist, eine solche Initiative zu starten. Das Anliegen selbst sollten wir schon im Auge behalten.
Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! In dem Redebeitrag von Herrn Minister Bischoff ist bereits das Wesentliche zu diesem Antrag gesagt worden. Ich bin inzwischen schon darauf eingestellt, Herr Minister; denn ich habe schon eine ganze Reihe von Reden nach Ihnen halten dürfen und weiß, dass Sie die inhaltlichen Komponenten umfänglich darstellen.
Zu dem Antrag selbst ist anzumerken, dass es sich - ohne dass damit eine Wertung verbunden sein soll; denn die Beeinträchtigung „taubblind“ ist in der Tat eine sehr spezifische und sehr schwere Behinderung - um eine relativ kleine Gruppe betroffener Menschen handelt. In Sachsen-Anhalt haben wohl ungefähr 34 Menschen diese entsprechend anerkannte Schwerbehinderung, habe ich mir sagen lassen.
In Halberstadt befindet sich unser spezialisiertes Wohnheim, welches Menschen aus drei Bundesländern aufnimmt und dort versorgt. Zusätzlich verfügt der Standort über ein spezielles Angebot „Werkstatt für Menschen mit Behinderungen“ mit den zugehörigen Wohngruppen.
Würde man dem ursprünglichen Antrag folgen, dann könnten unter Umständen weitere Gruppen und Untergruppen eigene Merkzeichen beantragen. Die Initiatoren dieses Antrags gehen davon aus, dass es in dem vorliegenden Fall der taubblinden Menschen in Deutschland mindestens 10 000 Betroffene gibt. Wenn ich nun gleichermaßen Seh- und Gehöreinschränkungen dazuzähle, dann mag das stimmen.
Aber ich würde diese Menschen nicht immer gleich zum Personenkreis der Taubblinden zählen. Um keine Ausweitung des Behindertenbegriffs zu erhalten, müsste man daher sehr genau schauen. Wenn wir Inklusion wollen, dann sollten wir der Exklusion keinen Vorschub leisten.
Die mir bekannten Problemlagen dieses Personenkreises würden nicht durch ein zusätzliches Merkzeichen geändert, sondern liegen nach meiner Einschätzung eher darin begründet, wie die Gesellschaft mit ihnen umgeht, das heißt, wie sie sich den betroffenen Menschen zuwendet. Minister Bischoff hat schon einige Beispiele genannt, wie schwierig die Kommunikation ist. Dies bezieht auch ausdrücklich Konzepte der Eingliederungshilfe mit ein. Werden Betroffene nämlich fehlplatziert betreut, dann werden sie innerhalb ohnehin ausgrenzender Strukturen noch zusätzlich isoliert.
In Sachsen-Anhalt bieten wir schwerer Betroffenen speziell auf sie zugeschnittene Hilfen - wie schon genannt, in Halberstadt - mit hochqualifizierten Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern. Vermutlich fehlen diese Angebote in anderen Ländern, sodass die Sache dort zu einem Problem wird.
Zusätzlich könnte man im Rahmen einer ambulanten Leistungserbringung über die Frage der Assistenten nachdenken. Aber auch dort wäre es hilfreich zu wissen, wer solche Hilfen in welchem Umfang benötigt, um danach konkret handeln zu können.
Sehr geehrte Damen und Herren! Vor diesem Hintergrund würde ich mir wünschen, dass die Landesregierung zunächst das Problem und seinen tatsächlichen Umfang mit den Auswirkungen für unser Land Sachsen-Anhalt darstellt, bevor sich das Parlament bzw. ein Ausschuss - bis hin zur Bundesebene - weitergehend damit befasst.
Aus meiner Sicht empfiehlt es sich, da es sich gerade um eine bundesweite Problematik handelt, im Vorfeld unbedingt den Landesbehindertenbeauftragten in diese Debatte einzubeziehen und ihn zu bitten, sich der Frage anzunehmen und dem Landtag nach Meinungsfindung mit seinen Länderkolle
ginnen und -kollegen über deren Erkenntnisse und Vorschläge zu berichten. Dann läge hoffentlich ein umfassenderes Bild vor, das es uns ermöglicht, die in Rede stehende Problematik angemessen weiterzuverfolgen.
Der Antrag könnte aus meiner Sicht jedoch zum Anlass genommen werden zu prüfen, ob es nicht einen grundlegenden Bedarf zur Überarbeitung des Schwerbehindertenausweises gibt. Damit sollten wir uns beschäftigen. Von daher heißt es in dem Änderungsantrag der Fraktionen der CDU und der SPD, der Landtag wolle - - Oh, Ende der Redezeit. Ich brauche das nicht vorzulesen; denn das alles liegt Ihnen vor.
Abschließend muss ich noch loswerden, dass mich damals die Geschichte von Helen Keller außerordentlich berührt hat. Jeder im Parlament sollte sich einmal mit ihrer Biografie beschäftigen, um ein anderes Gefühl für die Problematik von Behinderungen zu bekommen, als man es als normaler Mensch hat. - Ich hoffe, Sie verzeihen mir diesen Schlusssatz. - Danke.
Vielen Dank. - Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete! Der vorliegende Antrag zeigt uns ziemlich deutlich, wie ich finde: Wenn man die Behindertenrechtskonvention ernst nimmt, wird man zahlreiche Gesetze umstricken bzw. neu stricken müssen.
Der vorliegende Fall ist ein sehr spezifischer Fall; das sehe auch ich so wie die Vorrednerinnen. Wir haben es hierbei mit einer sehr spezifischen Art der Behinderung zu tun. Die große Tragik dieser Menschen liegt darin, dass sich wohl niemand auch nur annähernd vorstellen kann, wie diese Menschen leben. Ich behaupte, dass sich auch in diesem Saal niemand vorstellen kann, wie es ist, ohne jeglichen Fernsinn zu leben, wenn es nicht möglich ist, das Fehlen des einen Sinnes durch den anderen Sinn auszugleichen. Ich denke, das Beispiel, dargestellt durch die Kollegin Zoschke, war da sehr deutlich.