Ich danke dem Abgeordneten Herrn Graner für die Einbringung. - Für die Landesregierung erteile ich jetzt Minister Herrn Bischoff das Wort. Bitte schön, Herr Minister.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich finde es mehr als angemessen, dass wir in dieser Zeit den Blick auf die ehrenamtlichen Helfer richten. Ich weiche jetzt etwas von meinem Redekonzept ab, weil ich mir, als Herr Graner gesprochen hat, einige Stichpunkte gemacht habe.
Wir haben in dem letzten halben Jahr erlebt, dass Hunderttausende in dieser Welt unterwegs sind, weil in ihren Ländern katastrophale Zustände, Krieg und Verfolgung herrschen. Wir sind teilweise überfordert gewesen, weil wir die Strukturen nicht so schnell aufbauen konnten, damit sie ein Dach über den Kopf bekommen und damit sie auch menschenwürdig unterkommen. Das ist noch immer eine große Herausforderung.
Dabei sind staatliche Strukturen, staatliche Leistungen, staatliche Regelungen, die das Innenministerium, das Finanzministerium und andere meistern müssen - insbesondere die lokale Ebene, wo die Auseinandersetzungen geführten werden müssen, um Bürgerinnen und Bürger mitzunehmen und zu überzeugen, was, wie ich finde, eigentlich die größere Leistung ist -, das eine.
Das andere ist das ungeheure Engagement von Menschen, die sich, ohne groß dazu aufgefordert worden zu sein, engagieren, und zwar auf allen Ebenen. Dabei spielen die Kirchen eine große Rolle, dabei spielen die Hilfsorganisationen, die Ret
Darauf sind wir stolz. Wenn man von ehrenamtlichem Engagement spricht, dann fragt man sich immer: Welche Ehre ist denn damit in dem Augenblick verbunden? - Ich bin überzeugt davon, dass diese Menschen die Ehre unseres Landes sind.
Es gereicht uns allen zur Ehre, wenn sich Menschen engagieren und Mitmenschlichkeit, Solidarität und Hilfsbereitschaft zeigen.
Gestern war der Tag der Menschenrechte. In unserer Verfassung steht deutlich: Die Würde des Menschen ist unantastbar. Das steht geschrieben, aber es muss auch jeden Tag gelebt werden. Ich denke, das tun diejenigen, die Tag für Tag unterwegs sind in Kleiderkammern, die sortieren, die Sprachunterricht geben, die Verbindungen schaffen, die begleiten, die auf Ämter gehen, die bei Feiern dabei sind.
Ich glaube, diese Wärme und diese Mitmenschlichkeit können wir politisch nur schwer organisieren, aber wir können sie durch Wertschätzung begleiten. Und das geschieht - insofern sehe ich das ein bisschen anders - eigentlich schon über das ganze Jahr und auf allen Ebenen. Das macht die Staatskanzlei, das machen die Ministerien, das machen die Landräte. Das machen übrigens auch Sie, wenn Sie unterwegs sind. Denn ich weiß von vielen, dass gerade Ehrenamtliche vor Ort geehrt werden in den Organisationen, wo Abgeordnete dabei sind.
Das halte ich für wichtig. Oft können wir nicht mehr tun als eine kleine Urkunde, einen Händedruck, ein Dankeschön. Aber es ist für diejenigen, die sich engagieren, unheimlich wichtig, dass wir einen Blick auf sie haben, dass sie merken - politisch können wir viel organisieren -, dass wir ihnen ein Stückchen Mitmenschlichkeit und Wertschätzung entgegenbringen. Das ist auch Motivation. Dafür brauchen wir alle.
Deswegen wollte ich noch etwas anderes hinzufügen. Wir machen viel im sozialen Bereich durch Ehrenamtsbörsen, durch die Freiwilligendienste und Ähnliches. All das möchte ich gar nicht aufzählen, weil das unterstützende Maßnahmen sind, damit Menschen, die sich engagieren, nicht noch Geld mitbringen müssen. Wir unterstützen sie dabei.
Aber jetzt ist das etwas anderes, als es bei dem ehrenamtlichen und bürgerschaftlichen Engagement bei Naturkatastrophen, bei Flut und Ähnlichem war - das ich weiterhin hoch schätze -, wo Menschen sofort bereitwillig geholfen haben. Wir wissen, dass wir dieses Engagement heute noch für lange Zeit brauchen werden. Gerade jetzt brauchen diejenigen Unterstützung; denn wir wissen:
Auf dem Weg dahin wird man manchmal müde. Auf dem Weg dahin kommen die Mühen der Ebene. Da lässt auch manchmal die Motivation und die Wertschätzung von uns nach. Daher ist es ungeheuer wichtig, dass wir diesen Blick auch in den nächsten Monaten und Jahren auf diejenigen lenken, die sich engagieren, die Mitmenschlichkeit zeigen und die die Integration, die vor uns als große Aufgabe steht, vorrangig begleiten.
Des Weiteren möchte ich sagen: Diejenigen, die sich jetzt engagieren, erhalten nicht überall nur Lob. Das ist anders als bei den Ehrenamtlichen bei Einsätzen im Fall von Naturkatastrophen. Sie werden oft gefragt: Warum tut ihr das denn überhaupt? Warum setzt ihr euch für die ein; die gehören gar nicht hierher? Ihnen begegnen auch Hass und Verachtung dafür, dass sie sich engagieren. Deshalb brauchen sie unbedingt unsere Wertschätzung und Unterstützung auf allen Ebenen. Das halte ich für absolut wichtig.
Ich meine - auch das möchte ich sagen -, das muss gerade in dieser Frage auch über Parteigrenzen hinweg geschehen. Da können wir uns nicht auseinanderdividieren, wenn es darum geht, wer der Bessere oder der Schnellere oder der Größere ist, sondern hier ist Mitmenschlichkeit gefragt.
Ich habe mich zum Beispiel in der letzten Woche gefreut, als mich die Abgeordneten Herr Lienau und Frau Feußner nach Weißenfels eingeladen haben - das mache ich übrigens bei anderen auch mit, die mich einladen -, um eine Förderschule zu besuchen. Das war anlässlich des Internationalen Tages der Menschen mit Behinderungen und es war zu einer Lichterkette aufgerufen worden. Dann haben wir dort auch die Initiative „Engagiertes Weißenfels“ besucht, bei der die beiden Kirchen an der Spitze stehen, junge Pfarrer im Übrigen, die voller Elan sind.
Dann zu erleben, wie man auf dem großen Marktplatz mit Lichterkette, Bühne und allem Drum und Dran diese Mitmenschlichkeit ein Stückchen feiert, und dass Abgeordnete auch über Parteigrenzen hinweg dabei sind und das forcieren, das halte ich für ungeheuer wichtig. Denn die Menschen schauen darauf, wie wir alle gemeinsam uns in dieser Frage engagieren und die Ehrenamtlichen unterstützen. Von daher noch einmal mein herzlicher Dank. Ich bin davon überzeugt, dass Sie alle das auch tun.
den Feiern in den Flüchtlingsunterkünften dabei sein und mit denen zusammen sein. Das ist durchaus richtig. Aber die Ehrenamtlichen, die das Tag für Tag tun, haben es sich gerade in dieser Zeit verdient, dass wir einen Blick für sie haben. Viele werden auch über die Weihnachtstage vor Ort sein, um dort bei denjenigen, die in ihrer Kultur diese Feiertage so nicht leben, ein Stückchen Menschlichkeit hineinzubringen.
Was ist eigentlich angemessen, um unsere Wertschätzung zu zeigen? Ich finde es wichtig, dass die Ministerpräsidentenkonferenz sich mit diesem Thema beschäftigt hat, dass derzeitiger Vorsitzender Herr Sieling dem Bundesinnenminister noch einmal geschrieben hat, und dass sich Bund und Länder jetzt überlegen: Was können wir in angemessener Weise tun? - Der Bund ist gefordert zu prüfen: Gibt es Möglichkeiten, um Ehrenamtliche von ihrem Beruf freizustellen, wenn sie für bestimmte Dienste ausgebildet sind, damit sie sich engagieren können? Man muss überlegen, ob das geht. Wir überlegen - das weiß ich von der Staatskanzlei -, ob es neben Urkunden und Medaillen, die wir haben, auch noch eine besondere Ehrung gibt.
- Das ist sowieso eine wichtige Frage, die Haftpflichtversicherung, die bei Ehrenamtlichen in vielen Dingen zwar geregelt ist, aber wo es sicherlich noch offene Fragen gibt.
Ich möchte einen Wunsch noch loswerden, den ich von der Staatskanzlei immer wieder höre. Wenn Sie wieder Menschen vorschlagen, die ausgezeichnet werden sollen, die Wertschätzung erfahren sollen - ein Großteil derer, die sich engagieren, sind Frauen.
Bisher werden für die Ehrungen aber zu wenige Frauen vorgeschlagen. Haben Sie auch einen Blick auf die Frauen; diese bilden eigentlich die Grundlage von ehrenamtlichem Engagement.
Es ist angemessen, diese Debatte zu führen. Die, die sich engagieren, sind die Zierde unseres Landes. Deswegen ist es gut, wenn das Hohe Haus ihnen auch mit dieser Debatte Wertschätzung entgegenbringt.
Lieber Herr Minister, herzlichen Dank. Sie sprechen sicherlich uns allen aus dem Herzen. - Bevor ich dem Abgeordneten Herrn Gallert das Wort gebe, möchte ich Damen und Herren der Stiftung Bil
Ich erteile jetzt dem Abgeordneten Herrn Gallert von der Fraktion DIE LINKE das Wort. Bitte schön, Herr Gallert.
Guten Morgen, Herr Präsident! Guten Morgen, liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich möchte mich ausdrücklich bei der SPD dafür bedanken, dass sie diese Aktuelle Debatte hier eingebracht hat.
Ich glaube, es ist schon Usus, dass der Dezember normalerweise der Monat der Ehrenamtlerehrung ist. Aber ich glaube, wir als Landtagsabgeordnete haben selbst auch einen ganz besonderen Anlass, uns diesen Ehrungen anzuschließen oder verpflichtet zu sein; denn das, was wir hier tun, ist praktisch der Dank der politischen Hauptamtler an die Ehrenamtler. Deswegen haben sie aus unserer Perspektive natürlich einen ganz besonderen Stellenwert, alle, aber natürlich auch diejenigen, über die wir heute reden, nämlich diejenigen, die im Ehrenamt bei der Flüchtlingshilfe tätig sind.
Allerdings - das gehört zur Wahrheit auch dazu - ist es nicht so, dass diese Ehrung der Ehrenamtler in den berühmten Sonntagsreden sich jedes Mal und immer wirklich in der politischen Praxis niederschlägt. Wir haben hier als Fraktion, gerade meine Kollegin Edler, schon mit Anträgen wie dem zur Stärkung des Ehrenamtes über viele dieser Dinge, die jetzt auch Norbert Bischoff noch einmal genannt hat, längst geredet. Aber wir sehen, dass bei vielen dieser Dinge eigentlich nicht wahnsinnig viel passiert ist.
Leider sind die Ehrenämter damit konfrontiert, dass sie am Sonntag von Politikern gelobt werden, und am Montag kriegen die ehrenamtlichen Bürgermeister dann mitgeteilt, dass ihre bisherigen Aufwandsentschädigungen auf einmal sozialversicherungspflichtig sind und für die letzten sechs, sieben Jahre mit veranlagt werden.
Oder kommen wir zu einem aktuellen Beispiel: Da kriegen Sportvereine mitgeteilt, dass sie, wenn sie Flüchtlinge mitmachen lassen, ohne von diesen einen Mitgliedsbeitrag zu kassieren, Gefahr laufen, ihre Gemeinnützigkeit zu verlieren. Das sind die politischen Realitäten, die von den gleichen Politikern gemacht werden, die am Sonntag die Sonntagsreden zur Ehrung des Ehrenamtes halten.
Wenn wir das Ehrenamt ehren, dann müssen wir das bitte nicht nur am Sonntag, sondern auch von Montag bis Sonnabend tun, nämlich wenn wir uns über Gesetze und Verordnungen unterhalten, liebe Kolleginnen und Kollegen.
Kommen wir zu dem Thema, um das es heute eigentlich geht, nämlich zu den Ehrenamtlern in der Flüchtlingshilfe. Ja, es gibt seriöse Schätzungen, liebe Kolleginnen, nach denen sich in diesem Jahr sage und schreibe bis zu sieben Millionen Menschen ehrenamtlich in der Flüchtlingshilfe betätigt haben. Das ist die wahrscheinlich größte humanistische Bürgerbewegung seit der Gründung dieser Bundesrepublik Deutschland. Darauf können wir stolz sein, und zwar alle zusammen.
Ja, und in den letzten Wochen und Monaten wurde auch in diesem Raum sehr viel über Sorgen und Ängste von Menschen geredet, die Sorgen und Ängste wegen der Flüchtlinge haben, die zu uns kommen. Wir haben es mit sieben Millionen Menschen zu tun, die erst einmal die Sorgen und Ängste der Flüchtlinge ernst nehmen und sich deswegen engagieren. Deswegen gehört ihnen unser Dank, liebe Kolleginnen und Kollegen.
Aber - darauf hat Norbert Bischoff schon hingewiesen - im Gegensatz zu anderen Ehrenamtlern gibt es für diesen Dank keinen politischen Konsens. Ich zitiere nur einmal den AfD-Fraktionsvorsitzenden aus Brandenburg, den Kollegen Gauland - es fällt mir in diesem Kontext schwer, „Kollege“ zu sagen. Der bezeichnet diese Flüchtlingshelfer als die „nützlichen Idioten“. Aber es gibt solche Beispiele durchaus auch hier im Land. Es gibt auch einen Landrat hier bei uns, im Landkreis Anhalt-Bitterfeld, der sie als „rosarote Willkommenshysteriker“ bezeichnet. Aber wir haben auch solche Situationen, dass solche Menschen nicht nur diskreditiert werden, sondern - -