Protocol of the Session on December 10, 2015

Es sind aber gesetzgeberische Wege zu beschreiten. Ich persönlich bin gern bereit, realistische, zielführende Schritte zu unterstützen. Meines Erachtens ist aber der Bundesgesetzgeber in der Pflicht, erfolgversprechende Wege einzuschlagen.

(Herr Striegel, GRÜNE: Das Land kann doch auch etwas tun!)

- Ach, Herr Striegel, darüber haben wir schon des Öfteren diskutiert. Sie kennen die Möglichkeiten und Grenzen.

(Frau Lüddemann, GRÜNE: Eben! - Herr Striegel, GRÜNE: Das Land Baden-Würt- temberg hat es gemacht!)

- Genau, in Baden-Württemberg ist es an einigen Stellen sogar gescheitert; sie mussten zurückrudern. Aber, Herr Striegel, das wissen Sie vermutlich besser als ich. Insofern versuche ich jetzt weiterzureden.

Wenn der Bundesgesetzgeber Vorgaben gemacht hat, dann sind wir als Land in der Pflicht, entsprechende Wege einzuschlagen. Wenn es dann um die Umsetzung im Land und vor Ort geht, dann werde ich das gern unterstützen.

Den schwarzen Peter ohne bundesrechtlichen Rahmen den Steinmetzen zuzuschieben ist der falsche Weg. Durch die Steinmetze ist das, solange es kein staatlich anerkanntes Zertifizierungssystem gibt, nicht umsetzbar. Dies hat meines Erachtens auch die Anhörung klar untersetzt.

Sehr geehrte Damen und Herren! Wie Sie meinen Ausführungen entnehmen können, wird die CDU-Fraktion den vorliegenden Beschlussempfehlungen des Ausschusses für Arbeit und Soziales zustimmen. - Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der CDU). Vizepräsident Herr Miesterfeldt: Vielen Dank, Herr Schwenke. Die Kollegin Görke würde Sie gern etwas fragen. Herr Schwenke (CDU):

Nein, danke.

Er bedankt sich für Ihre Frage. Wollen Sie kurzintervenieren? - Nein. Dann fahren wir in der Debatte fort. Die Kollegin Lüddemann wird jetzt für die

Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sprechen. Bitte, Frau Abgeordnete.

(Herr Scheurell, CDU: Aber nicht so laut!)

Nicht so laut?

(Herr Thomas, CDU: Nein! So ist ange- nehm!)

Vizepräsident Herr Miesterfeldt

Er meinte, wir sind doch alle wach.

Ich tue ja alles, damit Sie mir zuhören.

(Heiterkeit bei den GRÜNEN - Herr Thomas, CDU: Das schätzen wir an Ihnen!)

Deswegen kann ich Ihnen trotzdem die Überschrift nicht ersparen, dass wir heute unsere grüne Novelle zum Bestattungsgesetz beerdigen.

(Zustimmung bei den GRÜNEN)

Weiterhin werden die Freiheitsrechte der Menschen in diesem Land durch den Friedhofszwang eingeschränkt. Uns reicht es eben nicht, dass die Möglichkeit einer anonymen Bestattung auf einer Wiese besteht. Wir gehen weit darüber hinaus. In der Anhörung habe ich dafür den Begriff „postmortales Verfügungsrecht über den eigenen Körper“ gelernt. Das ist von vielen, die in der Anhörung aufgetreten sind, als ein sehr hohes Gut dargestellt worden, das höher zu bewerten ist als der Zwang, sich auf einem Friedhof bestatten zu lassen. Das hat meine Überzeugung und die Überzeugung meiner Fraktion gestärkt, dass das Bestattungsgesetz an dieser Stelle dringend zu liberalisieren ist,

(Zustimmung bei den GRÜNEN und von Frau von Angern, DIE LINKE)

nicht nur aus diesem rechtssystematischen Grund, sondern auch weil Umfragen zeigen, dass sich mindestens 10 % der Menschen eine solche freigewählte Bestattungsart wünschen. Es wären vermutlich noch sehr viel mehr Menschen, wenn es diese Möglichkeit tatsächlich gäbe. Wenn Dinge ermöglicht werden, dann werden sie nämlich auch in Anspruch genommen.

Diese Form der freien Auslegung der eigenen Persönlichkeit wird den Menschen in Sachsen-Anhalt weiterhin verwehrt. Es widerspricht der Würde des Menschen, dass ihm von Gesetzes wegen verwehrt wird, selbst darüber zu entscheiden, an welchem Ort er seine letzte Ruhe finden will.

Wir müssen weiter damit leben, dass sich Menschen für diese persönliche Freiheit - das kann man nämlich nicht grundsätzlich einschränken -

selbst Wege wählen. Sie lassen sich im Ausland einäschern. Die Urne verbleibt dann unter Umständen in privaten Händen oder wo auch immer. Wir haben es dann nicht mehr in der Hand. Das ist allerdings eine Freiheit, die sehr vom Geldbeutel der Familie abhängt.

Ich bleibe dabei, dass wir einen sehr durchdachten Vorschlag formuliert haben. Das Ausstreuen der Asche sollte unter klar definierte Bedingungen und nach durchaus strengen Regeln erfolgen.

(Zustimmung von Herrn Striegel, GRÜNE)

Eine wirkliche Auseinandersetzung und Debatte hat zu diesem Punkt nicht stattgefunden. Sie haben von Anfang an gesagt, das sei etwas, das für Sie nicht infrage komme. Dabei ist es geblieben.

Wir wollten auch ein Zeichen der Integration setzen. Wir wollten zeigen: Integration umfasst das Leben, aber auch den Tod. Wir wollten Muslime die sargfreie Bestattung in Leichentüchern ermöglichen. Das wird nun nicht geschehen. Auch dazu ist berichtet worden.

Weiterhin zwingen wir Menschen, die gemäß ihrer Tradition bestattet werden wollen, sich in ihren Herkunftsländern bestatten zu lassen oder in einem der vielen deutschen Bundesländer, in denen das schon bisher möglich ist. Auch das ist aber mit zusätzlichen Kosten verbunden.

(Herr Striegel, GRÜNE: Die CDU will keine Integration an dieser Stelle!)

Verehrte SPD! Ich hätte mir ein bisschen mehr Engagement gewünscht. An die CDU wende ich mich in dieser Frage erst gar nicht. Ich glaube, gerade jetzt, wo sich fremdenfeindliche Stimmen in diesem Land immer stärker zu Wort melden, immer mehr werden, wäre es gut gewesen, an dieser Stelle ein Zeichen für eine weltoffene Gesellschaft zu setzen und das Feld nicht rechtskonservativen Kräften zu überlassen.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Von der CDU bin ich allerdings auch ein bisschen enttäuscht.

(Herr Thomas, CDU: Was? Von uns?)

- Ja. - In der Anhörung haben beide Vertreter der großen Kirchen in Einigkeit sehr detailliert darauf abgestellt, dass sie es für eine Frage der Religionsfreiheit hielten, anderen Religionen die Bestattung in Leichentüchern zu ermöglichen. Dabei hätte ich mir von Ihnen durchaus etwas mehr Unterstützung erhofft.

(Beifall bei den GRÜNEN und bei der LIN- KEN - Herr Schwenke, CDU: Das habe ich doch gesagt!)

Es geht immer um die Ermöglichung. Es geht nie darum vorzuschreiben, wie es tatsächlich sein soll.

Diese Anerkennung religiöser Traditionen und religiöser Vielfalt ist versäumt worden. Damit verschließen Sie Ihre Ohren vor den Wünschen der Kirchen und der Islamverbände und vor der Einschätzung der Integrationsbeauftragten des Landes. Offensichtlich bestehen Sie auf einer Bestattungsleitkultur, die Sie mit Ihrer politischen Macht festschreiben wollen.

(Herr Schröder, CDU: Bestattungsleitkultur!)

Zu unserem dritten Anliegen, dem Verbot, Grabsteine aus Kinderarbeit im Land aufstellen zu lassen. Hierzu habe ich keinen produktiven Vorschlag gehört. Wie ein Mantra wiederholen Sie immer wieder, was in den anderen Bundesländern gelaufen ist.

Wir haben in der Anhörung auch zur Kenntnis genommen, welche Schwierigkeiten es gibt. Sie haben aber offensichtlich nicht zur Kenntnis genommen, dass wir unseren Gesetzentwurf an dieser Stelle noch einmal nachjustiert haben und dass wir auf die Gerichtsurteile in Baden-Württemberg und in NRW reagiert haben. Wir haben auch die intensiven Debatten, die wir als Fraktion und als Ausschuss mit dem GBD zu dieser Frage geführt haben, in unseren aktualisierten Vorschlag einbezogen. Es ist mehr als traurig, dass an dieser Stelle nur ein sehr kurzer Passus in der Beschlussempfehlung geblieben ist.

Zu den „Sternenkindern“ brauche ich, glaube ich, nicht viel zu sagen. Die Möglichkeit besteht in der Tat. Die Anhörung hat gezeigt, dass es aber nötig wäre, eine zu dokumentierende Informationspflicht darüber vorzusehen, weil viele Eltern schlicht und ergreifend nicht wissen, dass sie diese Möglichkeit haben. Auch das haben Sie versäumt zu regeln.

(Vizepräsident Herr Miesterfeldt macht auf das Ende der Redezeit aufmerksam)

Das Feigenblatt, das sich bei Ihnen Beschlussempfehlung nennt, beschreibt nur noch einmal die Inaktivität und Mutlosigkeit in dieser Sache.

(Herr Rotter, CDU: Ach!)

Damit will ich es, weil meine Redezeit vorüber ist, an dieser Stelle bewenden lassen. - Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei den GRÜNEN und bei der LIN- KEN)

Vielen Dank, Frau Abgeordnete. - Für die SPDFraktion spricht jetzt die Abgeordnete Frau GrimmBenne. Bitte schön.