Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Kolleginnen und Kollegen! Um es gleich vorab zu sagen: Wir werden der Überweisung dieses Antrages zur federführenden Beratung in den Ausschuss für Arbeit und Soziales und zur Mitberatung in den Ausschuss für Bildung und Kultur zustimmen.
Wir haben in diesem Raum in der Tat sehr oft über dieses Thema debattiert und wissen um die Komplexität und vor allen Dingen auch um die Sensibilität dieses Themas. Es steht im Dreiklang zwischen der Bildung, dem Sozialen und auch der Behindertenpolitik. Deshalb werden wir den Antrag in beiden Ausschüssen beraten; das ist keine Frage.
Gleichwohl zeigen wir uns nicht mit allen Punkten einverstanden, weil uns unter anderem die pauschale Fassette der Behindertenhilfe zu kurz greift. Der Minister hat auf die rechtlichen Regelungen hingewiesen, die auch die Grundlage bilden müssen. Richtig ist natürlich, dass wir die beiden Ressorts, nämlich Kultus und Soziales, an dieser Stelle noch verzahnen werden.
Die größten Probleme sehe ich auch in der Betreuung der geistig behinderten Schülerinnen und Schüler, die das 14. Lebensjahr vollendet haben und für die das KiFöG nicht mehr greift. Ich denke, das wurde von meinen Vorrednern bestätigt.
Ich würde gern auf den Unterrichtsorganisationserlass eingehen, der in der Öffentlichkeit und in den betroffenen Schulen in der Tat für Unruhe gesorgt hat. Wir wissen, dass die Sachkritik auch an das zuständige Ministerium herangetragen wurde. Als Abgeordnete haben wir die Briefe erhalten. Frau Lüddemann hat es für ihren Wahlkreis angesprochen. Ich kann dies für meinen Wahlkreis in Wittenberg bestätigen.
Das Ministerium hat reagiert, indem unter Teilnahme der GEW, des Allgemeinen Behindertenverbandes, des Landeselternrates, des Landkreistages und auch des Städte- und Gemeindebundes eine Gesprächsrunde stattgefunden hat, um die bestehenden Unklarheiten offenzulegen und diese auszuräumen. Daraufhin erfolgte die Überarbeitung des Erlasses, die den Schulen zeitgerecht zugeleitet wurde.
Ich denke, wir haben in der öffentlichen Wahrnehmung und auch in der Presse verfolgen können, dass es Einzelfälle sind, die einer Lösung bedürfen; das ist keine Frage. Ich spreche mich auch dafür aus, dass diese Einzelfälle vielleicht schon vor den Oktoberferien gelöst werden können bzw. einer zeitnahen Lösung bedürfen.
Wir als Fraktionäre waren nicht untätig. Das wurde bereits angesprochen. Die einzelnen Fachausschüsse haben sich über die Situation berichten lassen. Ich würde deshalb dafür plädieren, dass der Antrag in einer gemeinsamen Beratung beider Fachausschüsse beraten wird und vor allen Dingen an den Lösungen gearbeitet wird.
Ich bin schon der Meinung, dass die beiden Ressorts diesbezüglich - dabei muss zum einen die generelle Thematik und zum anderen der Umstand, dass das KiFöG überarbeitet wird, beachtet werden - zu gemeinsamen Lösungsansätzen kommen müssen; wohl wissend, dass wir den Einzelfall immer wieder extra betrachten müssen und dass sich bestimmte neue Situationen ergeben können, weil sich Familienkonstellationen neu gestalten.
Mir ist natürlich bewusst, dass alle betroffenen Familien ihr Bestes geben. Die Familienangehörigen stehen beieinander und erwarten, dass ihr Thema mit diesem Antrag in die Öffentlichkeit gebracht wird und dass adäquat und vor allen Dingen professionell auf diese Lebenslage eingegangen wird. Ich denke, ich kann für alle Fachpolitiker fraktionsübergreifend in Anspruch nehmen, dass wir dieses Thema sachgerecht behandeln. Deshalb bitte ich um die Überweisung des Antrages in die beiden genannten Fachausschüsse. - Vielen Dank.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Ich möchte nicht wiederholen, was bereits gesagt worden ist. Das Problem ist erkannt. Dennoch möchte ich noch einmal Bezug darauf nehmen, dass der Erlass wirklich für Unruhe gesorgt hat. Wenn aus dem Bereich Dessau, aus Wittenberg und aus dem Harzkreis - das sind drei große Kreise - Reaktionen kommen, dann kann es kein Einzelfall gewesen sein.
Ich denke, wir müssen versuchen, gemeinsam mit dem Kultusministerium zeitnah Regelungen zu finden, damit die Versorgung mit therapeutischen Angeboten in den Ferienzeiten auf alle Fälle stattfinden kann.
Zum Schluss sei gesagt, dass ich sehr dankbar für die Worte des Herrn Ministers bin. Ich denke, dass wir, wenn wir auf dieser Ebene weiterarbeiten, sehr zügig zu Ergebnissen kommen. - Danke.
Danke sehr, Frau Hohmann. - Wir kommen zur Abstimmung über die Drs. 6/436. Da ich eine allgemeine Zustimmung zur Überweisung des Antrages vernommen habe, würde ich, wenn Sie gestatten, darüber in einem Komplex abstimmen lassen.
Wer damit einverstanden ist, dass der Antrag zur federführenden Beratung in den Ausschuss für Arbeit und Soziales und zur Mitberatung in den Ausschuss für Bildung und Kultur überwiesen wird, den bitte ich um das Kartenzeichen. - Das sind alle Fraktionen. Damit ist der Antrag in die genannten Ausschüsse überwiesen worden.
Ich möchte Sie darüber informieren, dass wir im Anschluss an den Tagesordnungspunkt 12 über den Tagesordnungspunkt 15 beraten.
Sehr geehrte Damen und Herren! Mit dem Bildungsprogramm „Bildung elementar“ hat in der pädagogischen Arbeit der Kitas in der Tat, zumindest nach meiner Auffassung, ein Paradigmenwechsel stattgefunden. Das ist ein großes Wort, das weiß ich, aber ich denke, das trifft trotzdem den Kern, weil es ein anderes, ein völlig neues Verständnis von Bildungsarbeit generell ist.
Worum geht es? - Es geht darum, in Lernsituationen beispielsweise auf Vorgaben von außen, wie Lehrpläne, vorgegebene Themen, Vorhaben etc., weitgehend zu verzichten, weil man davon ausgeht, dass Kinder im Grunde lernen wollen und dass sie im Grunde sehr neugierig sind und sehr viel eigene Fragen, Vorstellungen und Interessen mitbringen, auf denen man gut aufbauen kann, die ein wunderbarer Ausgangspunkt für Lernsituationen sein können, und eben weniger ein vorgegebener Themen- oder Stundenplan.
deren Worten sagen: Es wird gemeinsam von den Erzieherinnen und Kindern entwickelt und es wird nicht so sehr etwas vorgegeben, angewiesen oder bestimmt.
Ich finde für Erzieherinnen und Erzieher ist das eine außerordentliche Leistung, weil es mit dem Großteil an bisherigen Auffassungen und Arbeitsweisen bricht. Es verlangt von Erzieherinnen und Erziehern sehr viel Reflexion über die eigene Arbeit und vor allem sehr viel Bereitschaft, sich auf etwas völlig Neues einzulassen. Das erfordert offene Arbeit, das erfordert Zurückhaltung. Das ist für Pädagogen bekanntlich die Herausforderung schlechthin. Es wird gemeinhin verwechselt mit: keine Regeln.
Für die Eltern heißt das wiederum unter Umständen, zum Beispiel auf die jährliche Karte zum Frauentag oder auf eine Karte zum Advent usw. zu verzichten, nämlich dann, wenn die Kinder keine Lust haben oder für sich in dem Moment andere Prioritäten setzen.
Das heißt, man muss sich darauf einlassen, dass es die feste Gruppe nur noch sehr eingeschränkt gibt und dass unter Umständen auch auf der Elternseite sehr viel Geduld nötig ist, ohne gleich einzugreifen, zum Beispiel wenn ein Kind zunächst erst einmal „keinen Bock“ darauf hat, sich naturwissenschaftlichen Dingen zu widmen. Das braucht eben seine Zeit. Dabei Zurückhaltung zu wahren, ist mitunter nervenaufreibend, sowohl für Eltern als auch für Erzieherinnen.
Aber ich glaube schon, dass sich diese Umstellung lohnt, weil das für Kinder die Möglichkeit eröffnet zu lernen, eigene Entscheidungen zu treffen. Und es knüpft direkt vor Ort an mitgebrachtes Interesse und an Neugier an, und das ist bekanntlich die beste Voraussetzung für Lernerfolge.
Meine Damen und Herren! Die Arbeit in der Schule ist aus anderem Holz gemacht, sie funktioniert traditionell nach einem anderen Verständnis von Bildungsarbeit. Das Verständnis von Unterricht kommt nicht von ungefähr von Unterrichtung. Hierbei geht es eher um Vorgaben, eher um Normierung - nicht zu verwechseln mit Normen; diese gibt es auch in der Kita. Hierbei geht es eher um einen vorgegebenen Plan.
Im Unterricht ist die Entscheidungsfreiheit der Kinder etwas eingeschränkt, wenngleich man auch dazu sagen muss: Der Frage, ob die Entscheidungsfreiheit von Kindern nicht erweitert werden muss, um günstige Lernsituationen zu schaffen, stellen sich auch sehr viele Lehrerinnen und Lehrer. Und in vielen Schulen, vor allem in Grundschulen, hat sich auch das Verständnis von Unterricht sehr verändert.
Worin besteht nun das Problem? - Ein Idealfall wäre es, beide Institutionen würden voneinander lernen und auch Schule würde sich verändern, zum
Beispiel durch eine Flexibilisierung von Unterricht mit dem Einsatz von mehr offenen Methoden, mit mehr offenem Unterricht, mehr Entscheidungsfreiheit für die Kinder, mit mehr selbst organisiertem Lernen.
In diesem Sinne wäre es gut, wenn Grundschullehrerinnen und Grundschullehrer neugierig wären auf die gänzlich andere Arbeit von Erzieherinnen, wenn beide Professionen voneinander lernen könnten und wollten und wenn Kinder nicht die gleiche, aber eine ähnliche Art des Lernens auch in der Schule wiederfänden.
Aber, meine Damen und Herren, wir sind von diesem Idealfall noch ein gehöriges Stück entfernt. Noch zu viele Grundschullehrerinnen und Grundschullehrer kennen den Grundansatz - es geht um den Grundansatz - von „Bildung elementar“ noch nicht. Das gipfelt in solchen Sätzen wie: Dort kann jeder machen, was er will; keiner macht, was er soll, und alle machen mit. - Diesen Satz habe ich öfter gehört.
Zu oft beklagen auch Erzieherinnen, dass eine Begegnung auf Augenhöhe mit Grundschullehrkräften für sie noch nicht wirklich erlebbar ist. Meines Wissens ist das Interesse an einer gemeinsamen Fortbildung ein sehr einseitiges.
Das Schwierigste wäre es, wenn Kindern auf diese Weise der Übergang von der Kita in die Grundschule unnötig erschwert wird, weil das Verständnis von der Art der Lernsituation fehlt, aus der die Schulanfängerinnen und Schulanfänger kommen.
Um nicht missverstanden zu werden, meine Damen und Herren: Es geht nicht darum, die Kita zur Vorschule zu machen, und es geht auch überhaupt nicht darum, in der Grundschule die Art und Weise der Bildungsarbeit, wie sie in der Kita stattfindet, fortzusetzen - keinesfalls. Aber die Zusammenarbeit soll mehr sein als die Gestaltung eines reibungsarmen organisatorischen Übergangs. Mit anderen Worten: Es geht um eine inhaltliche Vernetzung dieser beiden sehr unterschiedlichen pädagogischen Systeme und Konzepte.
Alles in allem finde ich, es wäre ein Gewinn für alle, für Lehrkräfte, für Erzieherinnen, für Kinder und für Eltern, wenn wir ein optimales Miteinander hinbekommen würden. Es geht darum, einfach ein Stück weit Neugier aufeinander zu haben, Neugier und Respekt. Es geht um die Bereitschaft, voneinander zu lernen in gemeinsamen Fortbildungen, auf institutionalisierten Plattformen, über Erfahrungsaustausche. Es geht um ein Stück mehr konzeptionelle Gemeinsamkeit, vielleicht auch um den Austausch von Methodik und Didaktik.
Ich vermute, der Kultusminister wird anschließend sprechen und wird bestimmt sagen: Das tun wir alles schon und im Übrigen sind wir dabei sowieso schon auf dem besten Wege. Es ist in der Tat so, dass die schuladministrativen Regelungen im
Grunde alle den Hinweis auf das Bildungsprogramm „Bildung elementar“ enthalten. Das stimmt. Und Grundschulen sehen eine halbe Lehrerwochenstunde für die Zusammenarbeit mit Kitas vor.
Aber zu fragen wäre auch: Wie sieht es aus mit der Qualität der Konzepte und der Kooperationsvereinbarungen zwischen Schulen und Kitas, zu der die Grundschulen verpflichtet sind? Oder: Welche Rolle spielt „Bildung elementar“ eigentlich in der sogenannten Anleitung - ich finde das Wort ungünstig, aber so steht es dort - durch das Landesverwaltungsamt?
Wie sieht es aus mit dem Angebot an gemeinsamen Fortbildungsmöglichkeiten, wie werden diese denn wahrgenommen, wie werden sie von Erzieherinnen wahrgenommen, wie werden sie von Grundschullehrkräften wahrgenommen? Wie sieht es aus mit der konzeptionellen Zusammenarbeit zwischen den Experten des einen Ministeriums und den Experten des anderen Ministeriums, des einen, das für Grundschule zuständig ist, und des anderen, das für frühkindliche Bildung zuständig ist?
Welche Zusammenarbeit gibt es eigentlich mit den Autorinnen von „Bildung elementar“? Welche Rolle spielt „Bildung elementar“ beispielsweise auch in den Grundzügen der Ausbildung von Grundschullehrkräften? Gibt es regelmäßige Plattformen? Ich finde, es gibt eine ganze Menge Fragen.