I have a dream: Vom Pier des Oberhafens Magdeburg legt ein Koppelverband ab. Das sind vier fest miteinander verbundene Schubleichter á 500 t Tragkraft, die von einem leistungsfähigen Schubboot vor sich hergeschoben werden. Die Ladung: Streusalz für das Ruhrgebiet. Die Rückladung: zwei leere und zwei mit Altreifen für das Zementwerk Bernburg gefüllte Schubleichter. Sie sind schon im Zweierpack auf der Elbe in Richtung Saale unterwegs. Sie sind Teil eines regen Shuttleverkehrs zwischen Halle, Bernburg und dem Mittellandkanalhafen von Magdeburg.
Meine Damen und Herren! Ein solcher Traum ist für all diejenigen, die das Projekt Saalekanal - das sage ich ganz bewusst - alternativlos verfolgen, natürlich ein Alptraum; denn dieser Traum kommt auch ohne den SaaleSeitenkanal aus.
Der Traum bietet jede Menge Raum zum weiterträumen. Er ist aber kein Hirngespinst; denn ein neuer Leichtertyp mit besonders geringem Tiefgang hat gerade das Licht der Welt erblickt. Ich habe ihn mir angeschaut und bin äußerst optimistisch.
Ich habe mit dem Schöpfer gesprochen: Dieser große Leichter kann um Segmente verkleinert werden und kann auch auf der Saale fahren, so wie sie jetzt ist.
Die verladende Wirtschaft steht der Idee dieses Shuttleverkehrs durchaus aufgeschlossen gegenüber, wartet aber den Ausgang des Tauziehens um den Saalekanal ab.
Zurzeit scheinen den Kanalbefürwortern die Felle davonzuschwimmen. Wenn das Wirklichkeit wird, was bislang bekannt geworden ist, dann würde die Saale einem Anschlussgleis der Bahn gleichgesetzt. Aber das Anschlussgleis würde durchaus auch dem Bild der Shuttleverkehre entsprechen.
Ich habe von einem Insider bei einer Veranstaltung in Halle - ich glaube, am vergangenen Donnerstag war die Veranstaltung - zugeraunt bekommen: Auch wenn der Saalekanal da ist, wird auf dem Wasserweg nie ein Container Halle erreichen, weil ein dreilagiger Verkehr auf der Saale nicht möglich ist und sich ein zweilagiger Verkehr nicht rechnet. Alle Brücken müssten angehoben werden.
(Herr Dr. Schrader, FDP: Das ist doch Quatsch! - Herr Wolpert, FDP: Machen wir jetzt Politik auf Zuruf: Das habe ich von dem und dem gehört?)
Was das kostet, kann ich nicht beurteilen. Auf jeden Fall ist davon die Rede, dass schon 30 Millionen € für den Halleschen Hafen verausgabt worden sind. 5 Millionen € wurden in die Schleusenautomatisierung gesteckt. Wer nicht will, dass diese Mittel vergeblich verausgabt worden sind, der muss natürlich für einen Seitenkanal sein. Mit den 100 Millionen € für den Seitenkanal belaufen sich die Investitionen auf insgesamt 135 Millionen €. Wer kann dann noch dagegen sein, wenn wir eine Staustufe in der Elbe ins Gespräch bringen sollten?
Meine Damen und Herren! Die Wirtschaft tut bisher nichts dafür, um der Politik helfend zur Seite zu springen. Die Saale ist schon jetzt bis Halle für Europaschiffe bis 1 350 t schiffbar - nicht ganz problemlos, aber es geht.
(Herr Gürth, CDU: Sie sind ja wirklich gegen al- les! Sie sind wie die Grünen! Sie können doch nicht ständig gegen alles sein!)
- Nein! - Kali und Salz betreibt vom Hafen Haldensleben aus einen so genannten Börde-Feeder, das heißt, einen Shuttleverkehr zum Hamburger Hafen. Auf der Strecke fährt zweimal wöchentlich ein Motorgüterschiff.
Auf der Konferenz in der vergangenen Woche in Halle ist der Vertreter vom Sodawerk Staßfurt gefragt worden: Sie müssen doch vehement für diesen Saalekanal sein?
(Herr Gürth, CDU: Na, ist das schön, wenn sie es jetzt über die Straßen karren? - Herr Weigelt, CDU: Sollte man einmal Herrn Dr. Müller in Bern- burg fragen! Sie lassen sich immer von den fal- schen Leuten beraten, Herr Dr. Köck! - Weitere Zurufe von der CDU)
Von Herrn Scheurell war vorhin im Ausschuss das zu hören, was wir schon lange gesagt haben: Das Schiff wird auch gebraucht, um Druck auf die Tarife der Bahn auszuüben.
(Zustimmung bei der LINKEN - Frau Take, CDU, lacht - Herr Wolpert, FDP: Jetzt wird es aber abenteuerlich!)
Wir haben hier nicht erst seit dem Jahr 2006, sondern bereits seit dem Jahr 2002 und auch schon vorher konstruktive Vorschläge unterbreitet, wie man die Schifffahrt im Bereich des Elbstroms auch ohne den Saale-Seitenkanal gestalten könnte. Um das noch einmal klipp und klar zu sagen: Die LINKE ist für die Binnenschifffahrt auf Elbe und Saale, aber in den Grenzen, die die ökologische Situation der Flüsse zulässt.
Das ist der große Unterschied zu den Grünen, die sagen: Wir wollen überhaupt keine Gütertransporte. Nein, wir wollen sie ausdrücklich, aber nicht auf Kosten der Flüsse.
Unser Vorschlag war, die Wirtschaft am Saale-Ausbau zu beteiligen. Sie sollte eine Garantieerklärung für die Mengen abgeben, die sie zukünftig einmal dort verschiffen will. Wenn sie diese später nicht einhält: Regress.
Wir haben vorschlagen, eine neue Elbe-Vereinbarung abzuschließen, in der all diese Fragen festgeschrieben werden, verbindlich für alle, damit das Misstrauen aufhört, dass dann, wenn die Summen alle ausgegeben sind, kein Elbe-Ausbau erfolgen kann. - Abgelehnt!
Wir haben gesagt, lasst uns doch die Elbe-Schifffahrtsakte erneut aufmachen und völkerrechtlich mit Tschechien zusammen die Ausbaustandards der Elbe festlegen. - Abgewiesen! Vorhin war von Herrn Daehre zu hören, die Tschechen sind jetzt in Europa vorstellig geworden und möchten diese aus den Zeiten des Wiener Kongress von 1815 stammende Vereinbarung gerne erneuert haben.
Der Hafenchef von Haldensleben sieht die Entwicklung an der Saale überhaupt nicht gern. Er hat sich bloß gefürchtet, in der Öffentlichkeit mit mir zitiert zu werden.
Also, meine Damen und Herren, da der Euro nur einmal ausgegeben werden kann, würde ich - das ist wieder ein Stückchen Traum - gerne ein Förderprogramm für den Aufbau einer Schubbootflotte für die Shuttle-Verkehre initiieren. Möge man sich meines Traums erinnern, wenn seine Realisierung läuft. Sollte ich noch einmal für eine Wahlperiode von den Wählerinnen und Wählern meines Wahlkreises Halle-Neustadt beauftragt werden, würde ich nicht beim Träumen stehen bleiben. Das kann ich Ihnen versprechen. - Danke.
Vielen Dank, Herr Dr. Köck. - Wir kommen dann zum Debattenbeitrag der CDU. Der Abgeordnete Herr Scheurell erhält jetzt das Wort. - Ach, Entschuldigung, Herr
Doege hat noch eine Frage. Das können Sie, wenn Sie wollen, vom Platz aus machen. Bitte, Herr Doege, fragen Sie.
Bei den Dingen, die jetzt hier vorgetragen worden sind, Herr Dr. Köck, frage ich mich an mancher Stelle, woher Sie diese Weisheiten nehmen, die Sie uns hier so verkünden. Ich komme zufällig aus einer Hafenstadt. Ich verfolge die Entwicklung unseres Hafens, weil es eine kommunale Gesellschaft ist, seit mehr als einem Jahrzehnt intensiv. Woher Sie die Weisheit nehmen, dass ein zweilagiger Containerverkehr völlig unwirtschaftlich ist, müssen Sie mir mal erklären. Er findet beispielsweise bei uns auch statt, wenn es nicht anders geht und die Schifffahrtsverhältnisse es nur so hergeben. Ich sage Ihnen, der Hafen Aken arbeitet bis auf ein einziges Jahr in der zurückliegenden Zeit immer mit mehr als mit einer schwarzen Null. Das muss man erst einmal vormachen.
Sie behaupten immer wieder, es würde Staustufen an der Elbe geben. Das ist schlicht und einfach eine Behauptung, die Sie, der BUND und andere immer wieder vorbringen. Wenn man Unsinn wiederholt, wird er dadurch nicht besser!
Dann das Thema, die Wirtschaft soll sich am Saale-Ausbau beteiligen. Das würde im Umkehrschluss genauso bedeuten, jedes Unternehmen, das an Straßen oder die Bahn angeschlossen wird, müsste sich dann auch am Ausbau beteiligen. Das kann ja eine Forderung von Ihnen sein; ist mir bisher aber nicht bekannt.
Eine neue Elbe-Erklärung brauchen wir, glaube ich, nicht. Es ist bei der ersten Elbe-Erklärung auf Staustufen an der Elbe verzichtet worden. Im Gegenzug hat man der Industrie zugesichert, die Elbe so zu unterhalten, dass sie wirtschaftlich und auch touristisch schiffbar ist.
Was die Tschechen fordern, ist nichts Neues, sondern sie fordern lediglich die Einhaltung dessen, was in der Elbe-Schifffahrtsakte seit dem Wiener Kongress festgelegt worden ist.
Dann zu Ihrem Traum, der für mich - na ja - ein bisschen ein Albtraum ist. Ich kehre das einfach mal um und sage: Wir haben dann beispielsweise eine Bahnstrecke zwischen Halle und Magdeburg unter anderem mit den Stationen Bernburg und Calbe. Aber dummerweise ist der Abschnitt zwischen Calbe und Magdeburg für eine Schmalspurbahn ausgebaut.
Sie können da natürlich auch mit Zügen fahren. Aber Sie können nicht wirtschaftlich fahren. Die LINKE - Sie können doch einfach mal zuhören - -
Sie wollen keinen Ausbau des Saale-Kanals, und Sie wollen letztendlich die Einstellung der Schifffahrt auf der Elbe. Dann sagen Sie das so klar. Dann ziehen Sie damit doch in den Wahlkampf. Ich sage Ihnen nur: Wir werden natürlich den Unternehmen und allen anderen sagen, dass Sie für diesen verkehrspolitischen Irrweg stehen. Dann müssen Sie auch mit den Konsequenzen leben.
Vielen Dank für Ihre Intervention. - Sie können antworten, aber Sie müssen nicht. Wenn Sie wollen, dann können Sie.
Ja, möchte ich schon. - Unsere Vorschläge haben wir schon mehrfach hier zur Diskussion gestellt. Es kam aber nie zu einer ehrlichen Diskussion, weil diese Diskussion natürlich dem Projekt Saale-Kanal nicht förderlich sein könnte. Aber wir haben den großen Vorteil, sollte es tatsächlich den Worst Case geben, dann haben wir ein Konzept, das auch für die Zukunft trägt. Da möchte ich jetzt Sie auffordern, unser Konzept nicht auf die leichte Schulter zu nehmen. Selbst wenn Sie für den Saale-Kanal streiten, hätten Sie eine Alternative, wenn er dann nicht kommt. - Danke.