Protocol of the Session on February 4, 2011

Das ist eine Initiative, von der man schon vielfach gehört hat. Sie wurde aus Strukturen abgeleitet, die andere Länder in Europa schon vor uns hatten, wo bestimmte Regionen unterschiedlich besiedelt sind. Ich glaube, es ist durchaus üblich, dass junge Menschen ihre Heimat für die Ausbildung und für einen kurzen Berufsweg verlassen, aber später wieder zurückkehren. Das ist nichts Ungewöhnliches. Es ist im Übrigen durchaus opportun, mit Initiativen an dieser Stelle diese jungen Menschen aufzufordern, wieder zurückzukehren.

(Beifall bei der FDP)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wir haben im Personalentwicklungskonzept nach intensiven Diskussionen über alle Fraktionen hinweg erreicht, dass sich der Einstellungskorridor für junge Lehrerinnen und Lehrer nicht linear zum Abbauziel bewegt, sondern vernünftigerweise erhöht wurde, wohl wissend, dass es künftig schwieriger sein wird, junge Menschen dafür zu gewinnen, in den Lehrerberuf in Sachsen-Anhalt einzutreten, weil alle Bundesländer einen erhöhten Lehrerbedarf haben.

Alle deutschen Bundesländer gehen davon aus, dass aufgrund der Altersstruktur künftig ein erhöhter Abgang erfahrener Kolleginnen und Kollegen erfolgen wird und dass es deshalb notwendig ist, bereits heute sehr intensiv über den Nachwuchs nachzudenken. Ein Lehrer, meine sehr geehrten Damen und Herren, wird nicht in einem Jahr gemacht, sondern es dauert eine lange Zeit, bis von der Immatrikulation bis zum fertigen Kollegen

eine Persönlichkeit entstanden ist, die sich in der Lage sieht, unseren Schülern etwas beizubringen.

Deshalb, meine sehr geehrten Damen und Herren, sollten wir gegenwärtig, da noch nicht in allen Bundesländern der große Notstand ausgebrochen ist, die Situation nutzen, um etwas dafür zu tun, junge Menschen, die in unser Land kommen möchten, an uns binden.

Wir wissen seit dem Beschluss der Kultusministerkonferenz aus dem Jahr 2001, dass es zwei verschiedene Möglichkeiten gibt, wie die Bundesländer mit Bewerbern für den Schuldienst umgehen. Es gibt zum einen das Auswahl- und Bewerbungsverfahren. Junge Menschen, die ihre Ausbildung vollendet haben, können sich in jedem Bundesland bewerben und können dort nach Bedarf eingestellt werden.

Zum anderen gibt es das so genannte Einigungsverfahren - vielfach auch Tauschverfahren genannt. Das bezieht sich darauf, dass die Länder untereinander Beamte abgeben und aufnehmen. Wer den letzten Beschluss gelesen hat, der kann feststellen, dass man unter Berücksichtigung des auftretenden Lehrermangels nunmehr versucht, nicht mehr nur fach- und schulformspezifisch miteinander umzugehen.

Die Landesregierung von Sachsen-Anhalt hat in ihrem Einstellungskorridor bislang vorgesehen, dass jungen Menschen, die in unserem Land ausgebildet worden sind, die Möglichkeit gegeben wird, hier aufgenommen zu werden, wie auch andere, die sich in dem so genannten Auswahl- und Bewerbungsverfahren bei uns bewerben.

Allerdings, meine sehr geehrten Damen und Herren - das ist der Anlass für unseren Antrag -, ist es bislang nicht problemlos möglich, junge Menschen, die aus Sachsen-Anhalt kommen und in anderen Bundesländern ihre Ausbildung vollendet und dort zunächst eine Stelle bekommen haben, in Sachsen-Anhalt im Rahmen des Einstellungskorridors einzustellen. Denn diese jungen Menschen unterliegen dem Tauschverfahren bzw. dem Einigungsverfahren und häufig verlässt nicht gleichzeitig jemand anderer das Land.

Darüber hinaus, meine sehr geehrten Damen und Herren, wollen wir gar nicht, dass gut ausgebildete Lehrerinnen und Lehrer unser Land verlassen. Das heißt, wir haben uns hiermit offensichtlich selbst eine Grenze gesetzt bei dem Vorhaben, attraktive Persönlichkeiten in unser Land zu ziehen.

Deshalb, meine sehr geehrten Damen und Herren, haben wir hier heute unseren Antrag vorgelegt. Es geht darum, dass wir es für eine bestimmte Zeit, auf jeden Fall erst einmal im Rahmen des Einstellungskorridors, denjenigen, die aus Sachsen-Anhalt stammen oder die aus anderen Gründen zu uns kommen wollen, ermöglichen, hier eine Beschäftigung zu finden.

Des Weiteren haben wir die Überlegung geäußert, dass der Einstellungskorridor möglicherweise über einen längeren Zeitraum von etwa von fünf Jahren wieder ausgeglichen wird. Das bedeutet, wenn in einem Jahr ein paar Bewerber mehr kommen, als vorgesehen war, sollten wir diese nehmen. Denn wir stehen doch vor der Frage: Wie lange bekommen wir überhaupt noch Lehrer auf dem Markt?

Wir kennen die großen Plakatierungsaktionen, mit denen die Länder Baden-Württemberg und Hessen deutschlandweit um Lehrer werben. In diesem Wettbewerb sind

wir im Moment finanziell noch etwas im Nachteil. Deshalb sollten wir denen danken, die zu uns kommen, und sollten ihnen schnell eine Chance geben.

(Beifall bei der FDP)

Meine Fraktion hat eine Menge Gespräche geführt. Uns sind viele junge Menschen bekannt, die gern hierher kommen würden, junge Männer und junge Frauen. An dieser Stelle könnte die Landesregierung das Thema sogar ressortübergreifend diskutieren. Es sollte nicht so sein: Der Wirtschaftsminister macht eine Werbeaktion, die Kultusministerin bangt um junge Kolleginnen und Kollegen und der Finanzminister sagt: Das geht nicht, hier gilt das Einigungsverfahren.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Hierfür ist eine klare Linie der Landesregierung gefordert. Wir bitten Sie deshalb mit diesem Antrag darum, auch ein Zeichen nach außen hin zu setzen, um künftig unsere Schulen mit jungen Lehrerinnen und Lehrern ausstatten zu können.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wir erwarten von diesem Antrag zunächst, dass in den Korridoren, die durch das Parlament beschlossen wurden, die Lehrerinnen und Lehrer zu uns kommen können. Dabei geht es nicht nur um die Mangelfächer. In kurzer Zeit werden wir in allen Fächern einen Mangel haben. Deshalb sollte man nicht kurzsichtig nur auf bestimmte Fächerkombinationen schauen. Wir sollten vielmehr bemüht sein, mit einer gewissen Vorausschau die Kollegien zu mischen, um eine gesunde Altersstruktur zu erhalten und künftig im Schulsystem unsere Schulen zu Horten der humanistischen Bildung zu machen.

(Beifall bei der FDP)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wir bitten Sie um Zustimmung zu unserem Antrag. Wir sind natürlich auch bereit, das zukünftig in den Haushaltsberatungen und in den Diskussionen zu Personalentwicklungskonzepten zu vertreten. Wir wissen, dass die wichtigste Investition die Investition in die Köpfe ist und dass Sachsen-Anhalt gerade an dieser Stelle tätig sein muss. Wer heute die jungen Lehrer vor der Landesgrenze stehen lässt, der hat morgen in den Schulen die Probleme. In diesem Sinne bitte ich um Ihre Zustimmung. - Danke sehr.

(Beifall bei der FDP)

Vielen Dank, Herr Kley. - Nun erteile ich Frau Ministerin Wolff das Wort.

Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Bevor wir über die Erleichterung der Rückkehr von sachsenanhaltischen Lehrerinnen und Lehrern philosophieren, sollten wir vielleicht erst einmal klären, ob wir sie bislang besonders erschweren.

Wenn eine Lehrerin oder ein Lehrer aus einem anderen Bundesland nach Sachsen-Anhalt wechseln möchte, kann er oder sie sich zunächst auf eine öffentlich ausgeschriebene Stelle bewerben. Die Auswahlgrundsätze für das Einstellungsverfahren für Lehrkräfte sind durch einen Erlass des Kultusministeriums festgelegt. Die Auswahl erfolgt - Sie wissen das - entsprechend Artikel 33

Abs. 2 des Grundgesetzes nach Eignung, Befähigung und fachlicher Leistung. Das ist die so genannte Bestenauslese.

Jedem Deutschen steht der gleiche Zugang zu öffentlichen Ämtern zu. Eine bevorzugte Einstellung von Bewerberinnen und Bewerbern, die ursprünglich aus Sachsen-Anhalt stammen, dann aber - zu welchem Zeitpunkt und warum auch immer - in ein anderes Land gingen, dürfte darum schon verfassungsrechtlich problematisch sein. Und so etwas werden Sie, lieber Herr Kley, wohl nicht fordern wollen.

Lehrerinnen und Lehrer aus anderen Ländern, ob nun verbeamtet oder tarifbeschäftigt, werden in das Auswahlverfahren einbezogen, wenn sie entsprechend den in den KMK-Grundsätzen vereinbarten Regelungen eine Freigabeerklärung ihres Bundeslandes vorlegen. Dabei kommt es nicht darauf an, aus welchem Bundesland diese Lehrkräfte ursprünglich stammen. Erschwert wird der Wechsel aber auch für niemanden.

Neben diesem Einstellungsverfahren können rückkehrwillige Lehrkräfte das bereits erwähnte jährliche Lehrertauschverfahren zwischen den Ländern nutzen. Das bedeutet sinngemäß, dass jedes Land grundsätzlich bereit ist, mindestens ebenso viele Lehrkräfte aus anderen Ländern zu übernehmen, wie Lehrkräfte in andere Länder abgegeben werden. Außerdem wurde mit anderen Bundesländern vereinbart, bei der Freigabe von Rückkehrwilligen großzügig zu verfahren.

Im Einzelfall kann eine Übernahme abgelehnt werden. Das kann zum Beispiel geschehen, wenn kein fächerspezifischer Bedarf besteht. Grundsätzlich bietet das Land Sachsen-Anhalt Lehrkräften aus anderen Ländern aber schon seit Jahren die Möglichkeit des Wechsels, auch unter Berücksichtigung persönlicher Belange. Dieses Tauschverfahren ist im Vergleich zu der bestehenden Fachkräfteinitiative des Wirtschaftsministeriums bereits eine zusätzliche Möglichkeit, um nach SachsenAnhalt zurückzukehren.

Apropos Fachkräfteinitiative des Wirtschaftsministeriums. Die Anfragen von rückkehrwilligen Lehrkräften im Rahmen dieser Telefonaktion scheinen kein Massenphänomen gewesen zu sein. Die Zahl der Anfragen bewegte sich im einstelligen Bereich: Acht Fälle sind im Wirtschaftsministerium bekannt. Das ist bei mehr als 1 200 Anfragen allein an diesen zwei Aktionstagen weiß Gott kein Massenphänomen.

Der Neueinstellungskorridor richtet sich ausschließlich nach dem konkreten Bedarf des Landes. Bekanntlich haben wir im Lehrkräftebereich zumindest formal einen Überhang. Die Unterrichtsversorgung an den allgemeinbildenden Schulen liegt insgesamt bei ca. 105 %, die Regelversorgung bei 102,5 %. Eine Ausnahme bilden die Förderschulen und die berufsbildenden Schulen, an denen der Grad der Unterrichtsversorgung unterhalb der erforderlichen Regelversorgung liegt.

Trotz des formalen Lehrkräfteüberhangs gibt es aus meiner Sicht drei gute Gründe für Neueinstellungen; diesen sind wir durch das veränderte Personalentwicklungskonzept im Bereich der Lehrkräfte mit Unterstützung des Finanzministeriums auch schon gefolgt. Diese drei Gründe sind: Bedarf in bestimmten Schulformen, Bedarf in bestimmten Fächern sowie Bedarf an jungen und neu ausgebildeten Lehrern zur Verbesserung der Altersstruktur in unseren Schulen.

Wir müssen also vor allem unseren spezifischen fachlichen und auch regionalen Bedarf decken. Eine generelle Erweiterung des Neueinstellungskorridors ohne Rücksicht auf unseren spezifischen Bedarf halte ich für nicht sinnvoll. Aufgrund all dessen und insbesondere aufgrund der verfassungsrechtlichen Bedenken sehe ich für die Landesregierung keine Möglichkeit, diesen Antrag zu befürworten. - Herzlichen Dank.

(Beifall bei der CDU)

Vielen Dank, Frau Ministerin. - Nun hören wir den Beitrag der SPD-Fraktion. Ich erteile Frau Mittendorf das Wort.

Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Anträge, die Landeskinderregelungen zum Ziel haben, sind nicht neu, aber sie sind auch selten originell. Das gilt auch für diesen Antrag der FDP-Fraktion. Er liest sich zwar ganz nett, doch wenn man darüber nachdenkt, dann wirkt doch vieles fraglich.

All das, was Sie, Herr Kley, uns hier erzählt haben, blumig wie immer, ist nicht neu. Es sind altbekannte Dinge, die Sie noch einmal reflektiert haben.

(Zurufe von der FDP)

Wer hindert denn gegenwärtig im Schuldienst anderer Bundesländer beschäftigte Lehrer mit sachsen-anhaltischen Wurzeln, sich auf Stellen in unserem Bundesland zu bewerben? - Niemand. Angestellte können kündigen und Beamte können eine Freigabeerklärung durch das jeweilige Land erwirken.

Derzeit ist es doch bereits so - das wissen wir inzwischen alle -, dass manche der im laufenden Schuljahr ausgeschriebenen Stellen zum Teil noch immer nicht besetzt sind, weil es nicht genug geeignete Bewerber gab. Prinzipiell kann also jeder von außen - jeder, also auch der mit sachsen-anhaltischen Wurzeln - an die Stellen herankommen.

Die Austauschverfahren im Beamtenbereich gestalten sich in der Regel schwierig. Das wissen wir. Sie sind aber möglich. Doch große Zuwächse sind dadurch nicht zu erwarten.

Meine Damen und Herren! Lieber Kollege Kley, was wollen Sie jetzt eigentlich? Eine Bevorzugung oder eine Sonderbehandlung? - Wenn das so ist, dann frage ich mich wirklich, ob der Verfasser dieses Antrages eigentlich weiß, wie Einstellungen in den öffentlichen Dienst des Landes erfolgen. Das kann man nicht mit der freien Wirtschaft oder mit der Fachkräfteinitiative des Wirtschaftsministeriums vergleichen. Unternehmen entscheiden nach anderen Vorgaben und Kriterien als der öffentliche Dienst.

Einstellungen in den Schuldienst erfolgen nach strikten Leistungskriterien und entsprechenden Regularien. Mit Blick auf die Feststellung der Eignung - zugrunde liegen unter anderem Staatsexamina, also Ergebnisse und Zusatzqualifikationen - erstellt das Landesverwaltungsamt Einstellungslisten für jede ausgeschriebene Stelle. Das geschieht inzwischen fast in Abstimmung mit der jeweiligen Schule.

Man stelle sich vor - Beispiele beweisen immer, ob es funktioniert oder nicht -, eine Schule sucht einen Eng

lischlehrer. Es bewerben sich Lehramtsabsolventen aus verschiedenen anderen Bundesländern, darunter ist auch ein gebürtiger Sachsen-Anhalter, der gern zurückkommen möchte. Soll dieser Bewerber, auch wenn er unter anderem in den Staatsexamina schlechtere Ergebnisse hat und damit weniger geeignet ist als andere Bewerber, die Stelle nur bekommen, weil er ursprünglich aus Sachsen-Anhalt stammt? Das, Herr Kley, erklären Sie einmal dem Schulleiter.

Außerdem riskieren Sie Konkurrentenklagen. Entsprechende Fälle haben wir gerade. Und, werter Herr Kley von der FDP, heißt es nicht gerade bei Ihnen: Leistung zählt und Leistung muss sich lohnen? Hinzu kommt - das wurde auch von der Ministerin gesagt -, dass so ein Vorgehen verfassungsrechtlich bedenklich ist.

Ich sage auch eines, auch wenn es niemand gern hört: In einer inzwischen fast globalen Arbeitssituation offenbart sich hierin ein äußerst provinzielles Denken, zumal sich auch die Logik nicht erschließt. Bewerber aus Hamburg oder Hessen würden bei der Einstellung ihren Wohnsitz auch in Sachsen-Anhalt nehmen. Auch sie sind in der Regel gut ausgebildet und jung.

Meine Damen und Herren! Wenn sich ein im Schuldienst eines anderen Bundeslandes beschäftigter Lehrer mit Herkunft aus Sachsen-Anhalt dazu entschließt zurückzukommen, begrüßen wir das. Wir können, wir dürfen ihm aber nicht versprechen, dass er hier, wenn es mehrere Bewerbungen auf eine Stelle gibt, sofort eine Stelle bekommt, nur weil er in Magdeburg, Halle oder Dessau geboren wurde. Er muss sich ganz normal einem Ausschreibungsverfahren stellen, wie andere auch.

Das eigentliche Ziel, meine Damen und Herren, muss darin bestehen, die ausgeschriebenen Stellen ausbildungs- und leistungsgerecht zu besetzen. Dabei ist es für mich und wohl für die meisten hier im Haus 20 Jahre nach der Wiedervereinigung nicht mehr wichtig, woher jemand stammt.

Das Problem ist doch ein ganz anderes. Die Einstellungskorridore für den Schuldienst verdoppeln sich ab dem Jahr 2012 auf 286 Stellen.