Protocol of the Session on February 3, 2011

Es ist kein Ausschuss, der für Schlagzeilen sorgt, der einen Abgeordneten oder eine Abgeordnete in große Überschriften bringen kann. Es ist auch kein Ausschuss, mit dem man Wahlkampf machen kann. Das finde ich

eigentlich ganz gut. Es ist der Ausschuss, der ganz nah am Bürger ist, weil sich die Bürger bei uns melden.

(Zustimmung bei der SPD, bei der CDU und bei der LINKEN - Frau Fischer, SPD: Ja!)

Wir haben festgestellt - darüber bin ich sehr froh; wir haben heute lange über Demokratie diskutiert -, dass sich die Bürger wirklich an uns wenden und dass den Ausschuss demokratisch auch Massenpetitionen erreichen, also Petitionen, für die sich Bürger hinstellen, etwas aufschreiben, für die sie durch die Gegend laufen nach dem Motto „Unterstützt das! Bekomme ich deine Unterschrift dafür?“ und mit denen sie dann sogar hierher kommen und uns das überreichen, vielleicht um sicher zu sein, dass es wirklich bei uns ankommt.

Das ist heute meine letzte Rede hier.

(Frau Weiß, CDU: Das ist aber schade!)

Ich möchte den zukünftigen Abgeordneten eines mit auf den Weg geben: Trotz der Nachteile, die es im Petitionsausschuss noch gibt, glaube ich für meinen Teil nicht, dass wir ein Petitionsgesetz brauchen. Wir haben schon oft genug darüber geredet. Man könnte noch einmal über die Grundsätze reden. Man muss sie immer neu an die Gegebenheiten anpassen, um klarzustellen, wie das zu verstehen ist, wie das funktionieren soll.

Ich sage hier: Mir hat die Arbeit im Petitionsausschuss, die ich als reguläres Mitglied neun Jahre lang und davor als Stellvertreterin gelegentlich getan habe, Spaß gemacht. Mir hat sie wirklich Spaß gemacht, obwohl es nicht immer ein Vergnügen war. Das muss man auch sagen.

Aber der Petitionsausschuss - das ist von allen schon gesagt worden - ist auch der Ausschuss, in dem sich niemand profilieren will, soll oder kann, in dem niemand auf Parteiprogramme, Koalitionsvereinbarungen und dergleichen schauen muss oder soll; vielmehr hat er einfach im Sinne des Bürgers zu entscheiden, und wir bemühen uns alle, das möglichst hinzubekommen.

Ich möchte noch einen Hinweis geben. Ich weiß, dass wir die Fachausschüsse sehr oft verärgert haben, wenn wir Petitionen an die Fachausschüsse überwiesen haben.

(Frau Gorr, CDU: Nö! - Herr Dr. Thiel, DIE LIN- KE: Wohl wahr!)

- Ich höre es. - Mit Blick auf die zukünftigen Ausschüsse, die es geben wird, sei gesagt: Das wird nicht immer nur deshalb gemacht, weil wir als Petitionsausschuss einmal ein Votum vom Fachausschuss haben wollen; vielmehr geht es auch darum, dass die Fachausschüsse einmal sehen, dass ein Problem fürchterlich akut ist, dass sich sehr viele Leute etwa mit einer Abwasserproblematik, was immer wieder vorkommt, oder anderen Problemen an den Ausschuss wenden und sagen: Kümmert euch einmal etwas intensiver um dieses Problem! Ihr habt auch die Möglichkeit, Selbstbefassungsanträge zu stellen.

Auch das ist ein Grund. Ich hoffe für die Zukunft, dass die Fachausschüsse - ich war selbst Mitglied in Fachausschüssen - nicht nur stöhnen, wenn sie Petitionen überwiesen bekommen.

Zum Schluss möchte ich mich bei allen Kolleginnen und Kollegen im Petitionsausschuss für die wunderbare Zusammenarbeit bedanken. Einen großen Dank möchte

ich den Mitarbeitern des Ausschusssekretariates aussprechen, die hervorragende Arbeit geleistet haben,

(Beifall im ganzen Hause)

die auch vieles haben abfangen müssen, in Telefonaten, die zwischendurch kommen, und dergleichen. Mein Dank gilt natürlich auch den Vertretern der Ministerien, die sich manchmal auf Drängen, manchmal mehr oder weniger - - Wir haben das schon kritisiert. Das wissen sie auch. Bei den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Ministerien möchte ich mich für die meist sehr umfangreiche Zuarbeit, die wir erhalten haben, die uns geholfen hat, selbst zu entscheiden, ebenfalls bedanken. Herzlichen Dank, liebe Kollegen! Ich hoffe, die zukünftigen Mitglieder des Petitionsausschusses machen es mindestens genauso gut. Ich denke, sie machen es noch besser. - Danke.

(Beifall im ganzen Hause)

Ganz herzlichen Dank der Abgeordneten Frau Schmidt für Ihre letzte große Rede im Parlament. Frau Schmidt, wir wünschen Ihnen alles Gute für die Zukunft! Sie waren und sind eine Bereicherung im Parlament. Dafür herzlichen Dank!

(Beifall im ganzen Hause)

Meine Damen und Herren! Wir kommen jetzt zu dem Debattenbeitrag der Fraktion der FDP. Der Abgeordnete Herr Franke erhält das Wort. Bitte schön.

Sehr geehrter Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Nach der Rede von Renate Schmidt weiß ich eigentlich nicht, was ich dem noch hinzufügen soll; denn viele Punkte, die ich heute aus der Sicht meiner fünfjährigen Tätigkeit im Petitionsausschuss benennen wollte, hat sie mir eigentlich vorweggenommen.

3 066, also mehr als 3 000 Bürgerbegehren an den Petitionsausschuss sind eigentlich beredtes Zeugnis dafür, dass das Vertrauen der Bürger in Sachsen-Anhalt in den Petitionsausschuss nach wie vor ungebrochen ist, dass Vertrauen der Bürger vorhanden ist.

Dieser Petitionsausschuss im Landtag ist kein Feigenblatt des Landtages und der Landesregierung; vielmehr ist es eine Kommission aus zwölf Abgeordneten des Landtages, die sich vehement für die Interessen und Rechte der Bürger einsetzt.

Ich glaube, die Arbeit aller Mitglieder des Petitionsausschusses in den letzten fünf Jahren hat auch gezeigt, dass wir uns differenziert mit den einzelnen Petitionen der Bürger auseinandergesetzt haben, in die Tiefe geguckt haben, nachgefragt haben bei den Petenten, bei den zuständigen Stellen vor Ort und dass wir im Interesse der Petenten versucht haben, gemeinsam mit dem Ministerium Lösungen zu erreichen.

Mir hat in den fünf Jahren die Ernsthaftigkeit gefehlt - auch Frau Schmidt hat das eben angesprochen -, wenn vom Petitionsausschuss Hinweise an die Fachausschüsse gegeben worden sind oder wenn einzelne Petitionen als Beispiel für Probleme, die akut und auch in der Masse aufgetreten sind, an die Fachausschüsse überwiesen worden sind. Dann hätte ich mir persönlich gewünscht, dass die Fachausschüsse dem tiefgründiger nachgegan

gen wären, dass über die eine oder andere Gesetzesregelung, Richtlinie oder Verordnung noch einmal nachgedacht worden wäre und dass hierzu auch ein Auftrag zum Handeln an den Landtag gegangen wäre. Das wäre einer meiner Wünsche gewesen: die Ernsthaftigkeit.

(Beifall bei der FDP)

Und - auch das hat Renate Schmidt schon gesagt - die geringe Besetzung des Plenums im Moment zeigt auch, wie ernsthaft der eine oder andere den Petitionsausschuss im Parlament betrachtet. Ich hoffe, dass er in der nächsten Legislaturperiode an Stellenwert gewinnt.

Ich möchte jeden, der noch nie an einer Sitzung des Petitionsausschusses teilgenommen hat, auffordern, wenn ein Problem aus seinem Wahlkreis im Petitionsausschuss aufgerufen wird, vielleicht einmal die Gelegenheit wahrzunehmen, sich dort persönlich hineinzusetzen, sich die einzelnen Petitionen anzuschauen und vielleicht beim Gespräch mit dem Bürger vor Ort dem Problem näher zu kommen und damit auch näher an den wirklichen Problemen in Sachsen-Anhalt zu sein. - Danke.

(Beifall bei der FDP)

Herzlichen Dank dem Abgeordneten Herrn Franke. - Wir kommen zum letzten Debattenbeitrag. Für die CDUFraktion erhält der Abgeordnete Herr Geisthardt das Wort. Bevor er aber das Wort nimmt, wollte ich noch Damen und Herren des Regionalen Förderzentrums Pestalozzi aus Schönebeck sowie Schülerinnen und Schüler der Sekundarschule Beetzendorf begrüßen. Herzlich willkommen!

(Beifall im ganzen Hause)

Herr Geisthardt, Sie haben das Wort.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Das Petitionsrecht gehört zu den Grundrechten in unserer Verfassung. Ich habe das Büchlein einmal mitgenommen, um daraus zu zitieren, weil bekanntermaßen nicht jeder die Verfassung unter dem Arm trägt. Aber mir ist es wichtig, heute einfach einmal zu sagen, warum es so wichtig ist und warum meine Kollegen auch darauf reflektiert haben, dass der Petitionsausschuss nicht ein Ausschuss wie jeder andere ist.

In Artikel 19 heißt es:

„Jeder hat das Recht, sich einzeln oder in Gemeinschaft mit anderen schriftlich mit Bitten oder Beschwerden an den Landtag, die Vertretungen des Volkes in den Kommunen und an die zuständigen Stellen zu wenden. In angemessener Frist ist Bescheid zu erteilen.“

Das wird in Artikel 61 noch etwas konkretisiert. Es ist ein Grundrecht und ein Jedermannsrecht. Wir sind sehr froh, dass wir die Möglichkeit hatten, eine Menge Dinge aufzuarbeiten. Wenn ich mir die Anzahl an Petitionen anschaue, dann, so denke ich, haben wir uns wohl unsere Fleißnote 1 redlich verdient.

(Beifall bei der CDU, bei der SPD und bei der FDP)

Dies auch deswegen, weil wir im Gegensatz zu den Kollegen aus anderen Landtagen unsere Akten noch selbst

lesen. Was das bei dieser Menge bedeutet, können Sie sich vorstellen.

Der Petitionsausschuss ist - das ist schon mehrfach angeklungen - ein Seismograf für Probleme in Gesellschaft und Verwaltung. Herr Kollege Fikentscher hat es einmal wie folgt formuliert: Wir sind „die Notrufsäule des Landes“. Das stimmt auch; denn manchmal kommen Petitionen, die eben nicht solche „Lala-Schreibchen“ sind, sondern in denen es um Dinge geht, die wirklich existenziell sind, wo Menschen tief verzweifelt sind und sich nicht mehr zu helfen wissen.

Diese Dinge ordnungsgemäß, rechtsstaatlich und vernünftig zu behandeln, das ist etwas, was wir uns auf die Fahne geschrieben haben und was wir die ganzen Jahre über durchgehalten haben. Manchmal hat ein Beamter auch schon einmal ein Aha-Erlebnis gehabt, wenn wir ihm gesagt haben: „Du hast doch ein pflichtgemäßes Ermessen. Aber bitte schön, dann übe es doch auch mal aus und klebe nicht am Buchstaben irgendeiner Vorschrift“, vielleicht aus Angst - wie auch immer - oder auch aus Faulheit; das mag ja sein. Die Mehrheit tut es nicht.

Wenn wir 9 % vollpositive Petitionen haben, dann heißt das im Umkehrschluss auch, dass die Rechtsanwendung in unserer Verwaltung mittlerweile so sattelfest geworden ist, dass sich vieles dort einfach erledigt, wo wir keine Einflussmöglichkeiten mehr haben. Aber - das sage ich ganz bewusst - wir sind als Ausschussmitglieder auch Bürgeranwälte, und so sollten und so wollen wir auch auftreten: als Bürgeranwälte, die sich darum kümmern, dass bestimmte Dinge in unserer Gesellschaft und in der Verwaltung vernünftig laufen. Dem sind wir, so denke ich, in unserer Wahlperiode nachgekommen.

Ich bin das dienstälteste Mitglied im Petitionsausschuss. Ich mache es jetzt seit ca. 17 Jahren und bin stolz auf den Ausschuss und auf seine Arbeit. Ich bedanke mich bei allen Mitgliedern für die ernsthafte Arbeit über Parteigrenzen hinweg. Ich bedanke mich bei den Mitarbeitern des Ausschusses, die uns sehr gut zugearbeitet haben und die sich für keinen Weg und keine Arbeit zu schade waren. Auch die Partner in den Ministerien haben das sehr vernünftig gemacht. Wenn es einmal nicht geklappt hat, dann gab es ein paar hinter die Ohren, und beim nächsten Mal ging es dann vernünftig. Das war also ein richtig gutes, vernünftiges Zusammenarbeiten.

(Herr Gürth, CDU: Keine Gewalt!)

- Ja, keine Gewalt, natürlich; völlig richtig. Wir haben ja auch nie welche angewendet, aber so ein kleiner Anpfiff hat gelegentlich schon mal gereicht.

Meine Damen und Herren! Ich darf - genauso wie Kollegin Schmidt - darum bitten, dass sowohl die Landesregierung als auch der Landtag dem Petitionsausschuss alle Unterstützung und Aufmerksamkeit schenken, die er verdient und die er braucht, um seine Arbeit durchzuführen. Ich wiederhole: Wir sind Seismograf, und das, was wir aus der Bevölkerung aufnehmen, sollte für diesen Landtag eine sehr wichtige Grundlage für seine Entscheidungen sein. - In diesem Sinne danke ich Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall im ganzen Hause)

Vielen Dank, Abgeordneter Herr Geisthardt. Da sich der Ausschuss nicht selbst benoten kann, widersprechen

Sie sicherlich nicht, wenn wir alle in diesem Raume die Note 1 akzeptieren. Das wollen wir Ihnen gern zugestehen.