Protocol of the Session on February 3, 2011

(Zuruf von der CDU: So ein Quatsch! - Unruhe)

Es waren die dem Ministerium für Wirtschaft und Arbeit unterstellten Behörden - insbesondere das Landesamt für Geologie und Bergwesen -, die diese Situation zugelassen und zu verantworten haben. Das haben verschiedene Mitarbeiter des Ministeriums bzw. des Landesamtes für Geologie und Bergwesen in ihren Aussagen deutlich gemacht. Warum die Koalition dies nicht erkennen will, muss sie selbst beantworten.

Dass das für Abgrabungen zuständige LAGB fachlich nicht in der Lage war, die im Genehmigungsprozess und im Kontrollregime erforderlichen abfallrechtlichen sowie bodenschutzrechtlichen Entscheidungen zu treffen, musste selbst der Staatssekretär Herr Pleye in seiner Zeugenvernehmung eingestehen. Dass das so war, liegt damit auch in Ihrer politischen Verantwortung, Herr Dr. Haseloff.

Für mich sind die Aussagen Ihrer zuständigen Abteilungs- und Referatsleiter genauso wenig nachvollziehbar, dass die Entscheidung, welche Informationen die Hausspitze erreichen, allein in deren Händen liegt.

Für mich ist es auch aus heutiger Sicht nur sehr schwer nachvollziehbar, dass Informationen aus Bundesministerien, anderen Landesbehörden oder Bundesarbeitsgruppen, in die das Wirtschaftsministerium involviert war, dieses zwar erreichten, dass aber der Minister nicht zumindest informativ eingebunden wurde. Die Problematik Vehlitz wurde seit dem Frühjahr 2007 genau dort immer wieder erwähnt.

Sie, Herr Haseloff, wurden erst durch die ZDF-Sendung „Frontal 21“ in das Thema involviert und waren in Vorbereitung darauf nur sehr unzureichend in Kenntnis gesetzt worden. Das scheint kein Einzelfall zu sein, wie Angersdorf oder der Vorgang Institut für Lacke und Farben in Magdeburg zeigen.

(Herr Gürth, CDU: Jetzt lässt er die Katze aus dem Sack! - Zurufe von der CDU: Schön lang- sam! - Was für ein Quatsch! - Unruhe)

Auch da muss festgehalten werden: Für Informationsbeziehungen innerhalb eines Ministeriums ist allein der Minister verantwortlich.

(Zustimmung bei der LINKEN - Frau Weiß, CDU: Bleiben Sie mal bei der Sache! - Zuruf von Herrn Gürth, CDU)

Was die Koordination innerhalb der Landesregierung betrifft, erhärtete sich für uns der Eindruck, Herr Kollege Gürth, der in der bereits erwähnten ZDF-Sendung erweckt wurde: Das Umweltministerium ist für Umweltfragen verantwortlich und das Wirtschaftsministerium ist für den wirtschaftlichen Erfolg verantwortlich - Konflikte werden ausgeblendet.

(Herr Gürth, CDU: Ich kann mich an einen Ver- antwortlichen erinnern, der alles in den Tagebau Nachterstedt gekippt hat! - Frau Weiß, CDU: Zum Thema! - Herr Gürth, CDU: Wie hieß der Genos- se noch einmal?)

So bestanden im Umwelt- und im Wirtschaftsministerium hinsichtlich dieses Vorganges über mehr als zwei Jahre hinweg unterschiedliche Erlasslagen. Noch im Jahr 2010 gab es völlig unterschiedliche Bewertungen im MLU und

im MW hinsichtlich der Zuständigkeit für die abfallrechtliche Genehmigungs- und Kontrolllage bei Abgrabungen. Auch das hat Kollege Kley hier schon umfänglich dargestellt.

Es wurde eine unvertretbare Zuständigkeitszersplitterung innerhalb der obersten Behörden, also zwischen den Ministerien, innerhalb der oberen Behörden, also zwischen dem Landesamt für Geologie und Bergwesen, dem Landesverwaltungsamt und dem Landesamt für Umweltschutz, sowie zwischen den oberen und den unteren Behörden, also den Landkreisen, zugelassen. Das lässt sich am Beispiel der Grube in Vehlitz am besten erläutern, damit es auch die Kollegen von der CDU endlich verstehen.

So war das LAGB noch bis zum Jahr 2010 der Auffassung, es sei weder für das Abfallrecht noch für den Bodenschutz zuständig. Der Landkreis Jerichower Land - auch das wurde hier schon deutlich gemacht - vertrat die Auffassung, dass das LAGB die Genehmigungsbehörde und somit zuständig ist. Das Resultat war - auch das sagte der Kollege Graner vorhin sehr deutlich -, dass sich keiner verantwortlich fühlte und dass 1 Million t illegaler Abfall in die Tongruben in Vehlitz und Möckern gelangten.

Die Insolvenz des Betreibers führt letztlich dazu, dass das Land Sachsen-Anhalt aller Wahrscheinlichkeit nach allein für die Gefahrenabwehr in Möckern und Vehlitz - es geht jetzt nur um die Gefahrenabwehr - Mittel in Höhe von mehr als 30 Millionen € aufwenden muss. Nicht eingerechnet sind die Kosten für das Stilllegungs- und Rekultivierungsverfahren für beide Gruben. Nicht eingerechnet sind auch die Belastungen, die die Anwohner über Jahre hinweg ertragen mussten und immer noch ertragen müssen. Herr Minister Haseloff, auch das ist letztlich unter Ihrer Verantwortung passiert.

(Minister Herr Dr. Haseloff: Das läuft seit 1998!)

Es lag in der Verantwortung beider Ministerien, die Quantität und die Qualität der Kontrollen der Deponien und der Abgrabungen so zu steuern, dass sie das illegale Handeln einzelner zumindest erschweren.

(Zuruf von der CDU: Ja!)

Ich denke, diese Aussage dürfte unstrittig sein.

Die Kontrollen waren im Land Sachsen-Anhalt bis zum Jahr 2008 nur dann ausreichend, wenn es engagierte Mitarbeiter vor Ort gab. Leider war dies nicht überall der Fall. Es war leider Praxis, dass man zwar noch versuchte, zweimal jährlich zu kontrollieren, dies aber meistens nach einer Ankündigung beim Betreiber. Dass dies nicht wirklich zu realistischen Ergebnissen führte, dürfte jedem einleuchten.

Dieses Kontrollregime wurde im Jahr 2008 zwar umgestellt, aber eine gezielte Schulung, Qualifizierung und Weiterbildung insbesondere der unteren Behörden fehlt nach wie vor. Der Ausschuss musste auch zur Kenntnis nehmen, dass zertifizierten oder öffentlich-rechtlichen Betreibern ein Vertrauensvorschuss gewährt wurde. In der Praxis führte das leider in zu vielen Fällen zu illegalen Handlungsweisen.

Auch hierbei gab es Bewegung. Aber noch immer finden zum Beispiel die bundesweiten Zertifizierungsverfahren ohne Einbeziehung der Kontrollbehörde statt. Hier besteht für die neue Landesregierung zwingend Handlungsbedarf. So kann man die Umweltallianz in Sach

sen-Anhalt durchaus als ein positives Element sehen. In diesem Kontext blieb sie jedoch leider wirkungslos. Auch an dieser Stelle bedarf es einer anderen Ausrichtung und einer direkten Einflussnahme des Ministeriums für Landwirtschaft und Umwelt.

Ich kann mich nur wiederholen. Alle diese Probleme und Mängel und die erheblichen Kosten zulasten der öffentlichen Hand haben zuerst die Minister Dr. Haseloff und Dr. Aeikens zu verantworten.

(Zurufe)

Es wurden zwar erste Schlussfolgerungen gezogen; diese bleiben nach unserer Auffassung aber unzureichend und sind wenig nachhaltig.

(Beifall bei der LINKEN)

Diese ersten Schlussfolgerungen sind wesentlich mit dem parlamentarischen Untersuchungsausschuss zu verbinden.

(Zuruf von der CDU: Märchen!)

Er ist die Ursache für diese Schlussfolgerungen. Es war somit richtig, ihn einzurichten. Der Ausschuss hat eine wichtige und umfangreiche Arbeit geleistet. Seine Einsetzung war in vollem Umfang gerechtfertigt und zwingend notwendig.

(Zuruf von Herrn Tullner, CDU)

Unser Dank gilt insbesondere der Landtagsverwaltung für die konstruktive Begleitung. Unser Dank gilt den engagierten Bürgerinnen und Bürgern vor Ort, aber auch den engagierten Mitarbeitern der Behörden, die allein aus eigenverantwortlichem Handeln heraus jeden Tag gewissenhaft ihre Arbeit gemacht haben und dafür oftmals noch beschimpft worden sind.

Ich denke, Legislative und Exekutive werden auch zukünftig vor der Herausforderung stehen, illegalen Praktiken bei der Müllentsorgung das Handwerk zu legen und Umweltstraftaten möglichst weitgehend zu verhindern. Ich wünsche dem neuen Landtag dazu die richtigen Entscheidungen und von Beginn an die erforderliche Beachtung für diesen Problemkreis. - Ich danke für die Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der LINKEN)

Vielen Dank, Herr Lüderitz. Möchten Sie noch eine Frage beantworten?

Herr Rosmeisl, bitte.

Ich habe eine Anmerkung und eine Frage. Herr Lüderitz, Sie haben auf die Mitarbeit im Ausschuss abgestellt. Ich möchte entgegenhalten und noch einmal in Erinnerung rufen, dass Sie, die LINKE, es abgelehnt haben, mit uns vernünftig zusammenzuarbeiten. Sie wollten einen Minderheitsausschuss, wir wollten einen Mehrheitsausschuss haben.

Des Weiteren darf ich darauf verweisen, dass es viereinhalb Monate gedauert hat, bis eine Bewertung durch die Vorsitzende bei uns auf dem Tisch lag. Deshalb würde ich mich mit Äußerungen, wer hier destruktiv agiert hat, zurückhalten.

Nun noch eine Frage. Trotz der Größenordnung, die in Vehlitz und in Möckern eine erhebliche Rolle gespielt hat, handelt es sich unserer Meinung nach um Einzelfälle - ich benutze die Mehrzahl; das merken Sie schon. Sie sagen, dass es keine Einzelfälle waren. Deshalb frage ich mich: Agiert die Branche der Abfallwirtschaft für Sie sozusagen grundsätzlich nicht auf gesetzlicher Basis? Sind es also Kriminelle? Oder wie ist das nun zu werten?

(Zuruf von der LINKEN: Das ist doch mehrfach gesagt worden!)

Zu Ihrer ersten Frage, Herr Rosmeisl, sage ich nur so viel: Zu der aktiven Mitarbeit im Ausschuss sagte schon die Vorsitzende während ihrer Berichterstattung etwas. Das können Sie auch in dem vorliegenden Bericht nachlesen. Sie haben nicht einen Zeugen vorgeladen. Sie haben sich an den Zeugenbefragungen - das kann man anhand der Fußnoten wunderbar nachlesen - so gut wie gar nicht beteiligt. Punkt.

(Beifall bei der LINKEN - Herr Kurze, CDU: Man muss nicht jedem eine Frage stellen!)

Zur zweiten Frage sage ich noch einmal ganz deutlich Folgendes. Ich habe in dem Kontext vorgebracht, dass es nicht nur in Sachsen-Anhalt ein Problem war. Ich habe explizit Brandenburg und Sachsen genannt. Auch dort gab und gibt es ähnlich gelagerte Vorfälle. Wenn Sie mir aufmerksam zugehört hätten, wüssten Sie das.

Des Weiteren muss man sagen: Die Abfallbranche an sich macht gerade in Sachsen-Anhalt eine gute Arbeit. Die vielen zertifizierten Unternehmen, die das auch dementsprechend umsetzen, werden nun in Misskredit gebracht durch diese Fälle - man kann es Einzelfälle nennen oder punktuelle Fälle; aber es waren mehr als drei, das möchte ich noch einmal deutlich machen. Sie haben immer nur von drei Fällen gesprochen. Wir haben wesentlich mehr Fälle in Sachsen-Anhalt gehabt.

Ich habe auch deutlich gemacht, dass dieses Problem nach wie vor nicht ausgestanden ist, da - das hat selbst der Minister eingestanden - der Kontrolldruck allein nicht ausreicht, um illegales Handeln Einzelner zu verhindern, das im Übrigen in der Abfallbranche angesichts der Gewinnmaximierungsmöglichkeiten - das wissen Sie bestens -

(Zurufe von der CDU)

nie auszuschließen ist.

(Beifall bei der LINKEN)

Vielen Dank, Herr Lüderitz. - Wie angekündigt erteile ich jetzt Minister Herrn Dr. Aeikens das Wort. Während er nach vorn kommt, haben wir die Freude, Schülerinnen und Schüler der Heine-Sekundarschule in Blankenburg auf der Südtribüne begrüßen zu können.