Protocol of the Session on December 10, 2010

Sehr geehrte Frau Hunger, Sie haben eben das Hohelied der regenerativen Energien gesungen. Könnten Sie mir einmal erklären, wie Sie bei einer Wetterlage wie der jetzigen - das heißt, die Solarpanele sind zugeschneit, Wasserkraftwerke sind eingefroren und bei stabiler Hochdruckwetterlage dreht sich kein Windrad - Energie erzeugen wollen? Wollen Sie das Land mit Schweinemastanlagen vollpflastern, damit wir aus der Güllevergärung noch ein paar Lämpchen glühen lassen? Oder wie stellen Sie sich das vor?

(Beifall bei der FDP - Zuruf von Herrn Franke, FDP)

Ich habe bereits angesprochen, dass es verschiedene Möglichkeiten gibt, regenerative Energien zu erzeugen. Es ist nicht so, dass wir zum Beispiel heute keinerlei Ertrag aus der Fotovoltaik hätten. Wir haben dazu bestes Wetter. Es ist kühl und die Sonne scheint.

Es ist alles zugeschneit. Wenn Sie sich einmal nach draußen begeben, stellen Sie fest, dass zehn Zentimeter hoch Schnee auf allen Panelen liegt.

Dann muss der runter. Das sind, sage ich einmal, Arbeitsplätze.

(Lachen bei der CDU und bei der FDP)

- Moment. Ich bin ja noch nicht fertig.

Lassen Sie einmal Frau Schrader antworten.

(Heiterkeit)

- Frau Hunger antworten. Bitte.

(Herr Gürth, CDU: Tätä, tätä! Es ist sehr putzig! - Zuruf von Herrn Scharf, CDU - Heiterkeit bei der CDU)

Meine Damen und Herren, Frau Hunger hat das Wort.

Wir werden sicherlich bei der Speichertechnologie zulegen müssen. Das ist bekannt. Wir haben dazu auch ein Projekt im Land. Ich halte es für sehr vernünftig, dass man das angeht. Insofern, denke ich, sind wir damit auf einem guten Weg. Wir sind zwar momentan noch nicht in der Vollversorgung mit den erneuerbaren Energien. Aber es ist der einzige Weg, der uns bleibt.

(Zustimmung bei der LINKEN)

Frau Schindler hat das vorhin ausführlich dargelegt. Ich will es nicht alles wiederholen.

(Herr Kley, FDP: Ich hätte noch eine zweite Fra- ge, Herr Präsident!)

Es gibt zwei Gründe dafür: die Preissteigerung für die fossilen Energieträger und der Klimaschutz.

Herr Kley hat eine Nachfrage.

Noch eine andere Frage. - Kollegin Hunger, Sie haben vorhin darauf hingewiesen, dass es möglich ist, auch als Bürger mit Strom Geld zu verdienen. Könnten Sie mir bitte sagen, wer die hohen Strompreise, an denen die Bürger verdienen, bezahlt?

(Herr Gallert, DIE LINKE: Wer bezahlt ansonsten die Gewinne der Konzerne?)

Das wollte ich gerade fragen. Genau das.

Sind Sie in der Lage, auf meine Frage zu antworten? Oder haben Sie nur eine Gegenfrage?

Nein. Ich würde genau mit der Gegenfrage antworten. Diese Gelder, die sich momentan - - Die Konzerne machen den Strom teuer, nicht die Umlagen.

(Oh! bei der CDU - Herr Kurze, CDU: Welche denn? Welche Konzerne?)

Dann hat Herr Dr. Schrader noch eine Frage. Bitte schön, Sie haben das Wort.

Ach so. Herr Schrader, Entschuldigung.

Sehr geehrte Frau Kollegin Hunger, vor einigen Wochen hat Herr Kempmann, der Chef der Stadtwerke Magdeburg, sich bezüglich der alternativen Energien, insbeson

dere der Solarenergie, äußerst kritisch geäußert. Er hat insbesondere nicht nur die ökonomischen Aspekte, sondern ökologische Aspekte angeführt.

Ich wollte Sie fragen, wie Sie diese Aussagen von Herrn Kempmann, dem man wirklich nicht unterstellen kann, dass er pro veraltete Technologien agiert, bewerten.

Ich sehe zurzeit auch das Problem des überhitzten PVAusbaus. Das hat aber auch mit der Regelung zu tun, dass man sich blitz-blatz entschieden hat, die Vergütung zu reduzieren, und damit eigentlich erst einen riesigen Boom erzeugt hat - das können Sie auch anhand der statistischen Daten gut nachvollziehen -, nicht aber ein kontinuierliches Wachstum an der Stelle erreicht hat, sondern tatsächlich einen massiven Zubau.

Ich bin auch der Meinung, dass man das in vernünftige Bahnen - das ist inzwischen auch erfolgt - bringen muss. Das ist aber auch die einzige Frage, bei der ich seine Kritik wirklich unterstützen würde.

Andererseits sage ich: Es gibt Versäumnisse beim Netzausbau - Frau Schindler hat das auch schon gesagt -, was Herr Kempmann ja beklagt, dass die Netze überlastet sind, dass er damit nicht mehr umgehen kann.

Wo sind die bisher stets bezahlten Netzausbaukosten geblieben, wenn erst 80 km von den in der Dena-Studie-I geplanten 850 km tatsächlich gebaut worden sind? - Auch die Dena-Studie-II ist ein sehr umstrittenes Papier. Der WWF hat dazu ein Gutachten machen lassen, in dem a) die Intransparenz der Daten und b) das völlige Festhalten an ganz konventionellen Vorstellungen beklagt wird. Alle Fragen des Netzmonitorings zum Beispiel werden darin völlig abwertend behandelt und sie führen zu keinerlei Optionen, sie überhaupt zu verwenden. Es wird als Ausweg wirklich nur der normale Netzausbau gesehen.

Das sehe ich etwas anders. Insofern kann ich die Kritik nicht nachvollziehen.

(Zustimmung bei der LINKEN)

Herr Dr. Schrader hat noch eine zweite Frage.

Wenn ich Sie richtig verstanden habe, sagen Sie auch: Diese Überhitzung hat dazu geführt, dass es hier Unwuchten gegeben hat und es dringend geboten ist, an der Stelle Vernunft einkehren zu lassen. Ist das richtig so?

Die Normalität ist ja inzwischen bereits eingekehrt. Es gibt auch aus der Fotovoltaik-Branche deutliche Signale, dass sich vielleicht in zwei bis drei Jahren der Anteil an der Umlage für die Fotovoltaik etwa auf zwei Cent einpegeln wird. Ich denke, das ist ein vertretbarer Wert, den man dann hat.

(Beifall bei der LINKEN)

Vielen Dank. - Weitere Fragen sehe ich nicht. Wir kommen dann zum letzten Debattenbeitrag. Herr Gürth hat für die CDU-Fraktion das Wort. Bitte.

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Als sich abzeichnete, dass die FDP eine Aktuelle Debatte zum Thema Energieversorgung einreicht, habe ich mich ehrlich gesagt - das kann ich hier gestehen - richtig darüber gefreut. Sie wissen, dass ich das Thema als außerordentlich wichtig ansehe. Als ich dann aber den Text gelesen habe, war ich - verehrter Herr Kollege Franke, das muss ich wirklich sagen - richtig enttäuscht.

Das Thema Energieversorgung habe ich deshalb für wichtig erachtet, weil wir wissen - das wissen alle hier im Hause -, dass zwei Dinge lebensnotwendig sind, um den Wohlstand für eine moderne Industriegesellschaft zu halten. Das ist ein funktionierender Geldkreislauf und das ist eine funktionierende Energieversorgung. Wenn eines von beidem in Gefahr gerät, verursacht das, wie wir in den letzten zwei Jahren gesehen haben, Turbulenzen.

Wir können von Glück reden, dass wir zu den wenigen Standorten auf der ganzen Welt gehören, die in den letzten Jahrzehnten noch nie ein ernstes Problem mit der Energieversorgung hatten. Es ist aber nicht garantiert, dass das in der Zukunft so bleibt.

Wenn wir über die Energiepolitik sprechen, dann müssen wir - das habe ich in den Debattenbeiträgen etwas vermisst - über drei Dinge, im Zusammenhang betrachtet, diskutieren. Jedes Energiekonzept, jede Energiepolitik braucht das Thema Versorgungssicherheit, braucht das Thema Nachhaltigkeit und braucht das Thema Preise. Das wissen wir.

Bei der Aktuellen Debatte, wie sie hier beantragt wurde, sind wir dem Thema nur unzureichend gerecht geworden, weil wir nur über Stromkosten sprechen. Dann wird noch behauptet: Keine weitere Standortgefährdung durch hohe Stromkosten. Das kann man pauschal erst einmal hinstellen. Es ist aber völlig unzureichend.

In der Debatte, verehrter Herr Kollege Franke, haben Sie sich dann nicht auf die Industriestromkosten bezogen, sondern haben Ihre Kritik an den Haushaltsstromkosten festgemacht, was wiederum mit der Industriestandortfrage so gut wie gar nichts zu tun hat.

Ich möchte dann auf den nächsten Punkt hinweisen. Das ist für mich und für die CDU-Fraktion von besonderer Bedeutung. Wenn wir über Energie und Standortgefährdung reden, dann dürfen wir uns nicht auf die Strompreise reduzieren lassen. Für jede Standortentscheidung gibt es mehrere Faktoren.

Wenn Energie ein wichtiger Faktor ist - wahrlich nicht für alle, aber für viele Industrieunternehmen -, dann gehört dazu auch der Primärenergieträger Gas - für die chemische Industrie ganz wichtig -, dazu gehört Öl, dazu gehören Prozesswärme, Wärmeversorgung und auch andere Energieträger. Energie ist mehr als Elektrizität. Wenn wir über die Standortfrage diskutieren, müssen wir das ganzheitlich diskutieren. Ansonsten kann es nicht ernst gemeint sein.

Nun kommen wir zu den Energiekosten, also nicht nur zu den Stromkosten. Dabei sind mehrere Dinge zu betrachten. Anstatt über hohe Strompreise zu jammern, müssen wir uns das einmal genau angucken. Allein wenn wir jetzt über Industriestrompreise sprechen würden, müssten Sie sagen, für welchen Bereich: Energieintensiv, stark energieintensiv, sind sie unter 50 MWh oder über 50 MWh? Sind sie im Gigawattbereich bis 70 Giga

wattstunden im Jahr oder sind sie bei über 150 Gigawattstunden? - Dann kaufen sie ihren Strom international ein.

Gerade im Bereich der hohen Energiebedarfsträger im Energiesektor und in der Industrie haben wir - Gott sei es gedankt -, auch dank einer klugen Politik, allein in den letzten Jahren erstaunliche Ansiedlungen und Firmenerweiterungen hinbekommen.