Protocol of the Session on December 9, 2010

(Frau Budde, SPD: Sie haben das gesagt! Ich ha- be es nur ernst genommen!)

weiß ich nicht.

(Zuruf von Frau Budde, SPD)

- Sie können auch noch weiter dazwischenrufen.

(Frau Budde, SPD: Davon lebt das Parlament!)

- Ich habe damit kein Problem, Frau Kollegin Budde.

(Frau Budde, SPD: Genau!)

Ich versuche trotzdem einmal zu antworten. Herr Kollege Scharf, ich sage Ihnen ganz klar: Die FDP - das ist insbesondere für die Fraktionen die Konferenz der Fraktionsvorsitzenden - hat sich dafür ausgesprochen, dass dieses Modell nicht kommt, sondern dass wir auf eine Medienabgabe hinarbeiten. Inwieweit die Kollegen das in den einzelnen Landtagen auch in ihren Regierungen machen, entzieht sich derzeit meiner Kenntnis; denn ich bin für Sachsen-Anhalt zuständig.

(Oh! bei der CDU und bei der SPD - Zurufe von Herrn Scharf, CDU, und von Frau Budde, SPD - Unruhe)

Ich gehe allerdings davon aus, meine sehr geehrten Damen und Herren, dass die FDP-Fraktionen in den anderen Landtagen genauso dafür werben und genauso handeln, wie das mit uns auch besprochen worden ist.

Zu der ersten Frage, Herr Scharf. Ich habe versucht, das in meinem Redebeitrag deutlich zu machen: Ja, wir gehen davon aus, dass derjenige, der eine Medienabgabe zahlt, das quasi zahlt, weil er eine Wohnung hat, und genauso, weil er einen Betrieb hat. Er zahlt eine Medienabgabe. Ob er nun morgens an seinem Küchentisch, in seinem Betrieb oder auf dem Weg dorthin in seinem nicht ausschließlich privat genutzten Kfz Radio hört, ist völlig egal. Wir wollen, dass jede natürliche Person diese Medienabgabe leistet.

Herr Kollege Scharf - das will ich an dieser Stelle sagen -, ich kann Ihnen natürlich nicht sagen, wie hoch diese Medienabgabe ist. Deshalb habe ich gesagt, man müsste das durchrechnen. Das kann die GEZ mit dem von ihr entwickelten System offensichtlich nicht. Dann kann natürlich auch eine einzelne Landtagsfraktion Ihnen nicht genau sagen, was dabei herauskommt.

Deshalb sage ich: Das wäre für uns eine Möglichkeit, die zu prüfen wäre. Dann soll man doch bei diesem Modell einmal berechnen, was am Ende für den Einzelnen als Beitrag zur Finanzierung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks herauskommt. Ich bin der festen Überzeugung, dass wir dann die positive Grundstimmung, die trotz allem in der Bevölkerung gegenüber dem öffentlichrechtlichen Rundfunk herrscht - obwohl sich jeder mal über Programmteile ärgert, gibt es einen gewisse Grundzustimmung zum öffentlich-rechtlichen Rundfunk -, nutzen und für eine Medienabgabe nachhaltig werben können.

(Herr Scharf, CDU: Sie stellen die gesamte Wirt- schaft frei und belasten die Bürger mit dem Aus- fall! Das ist es!)

- Herr Scharf, wenn Sie jetzt noch einmal nachfragen, dann sage ich Ihnen: Sie müssen sich das System vor Augen führen. Das System heißt derzeit: 90 %.

(Herr Scharf, CDU: Das habe ich schon verstan- den!)

Die GEZ sagt: Derzeit tragen die Privathaushalte deutlich mehr als 90 % der Gebühr und maximal 10 % werden von der Wirtschaft getragen. Ich sage ihnen: Wenn wir die weiteren Parameter, nämlich die Frage der Befreiungspflicht und Ähnliches, auf den Prüfstand stellen, könnten wir sicherstellen - wie gesagt, durchgerechnet auf den Einzelfall ist es leider noch nicht -, dass das Aufkommen so groß ist, dass der öffentlich-rechtliche Rundfunk finanzierbar ist.

Damit kann man auch nicht von einer übermäßigen Belastung reden. Das sollte man sicherlich auch noch beachten.

Herr Kosmehl, der Kollege Herr Scharf möchte noch eine Nachfrage stellen. - Herr Scharf, fragen Sie.

Ich finde das, was der Kollege Kosmehl vorschlägt, doch ganz interessant. Können Sie einmal aufzählen, welche Befreiungstatbestände Sie schon jetzt als zu üppig betrachten, sodass man sie herausnehmen sollte?

Ich habe nicht von „zu üppig“ gesprochen. Ich habe gesagt, dass man sich über bestimmte Befreiungstatbestände unterhalten kann. Das betrifft insbesondere den Bereich des SGB II. Das heißt für mich, dass ich viel Sympathie dafür hätte, dass man in den Bereich ALG II/ Hartz IV neben dem Teil für Kultur und Zeitungen, den es jetzt schon gibt, auch einen Teil für die Finanzierung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks einrechnet. Das würde dazu führen, dass die Ausfälle bei den öffentlichrechtlichen Rundfunkanstalten - in den neuen Ländern trifft das den RBB und den MDR - nicht so groß wären. Damit hätten sie dann wieder eine bessere Ausstattung.

Ich halte es - das sage ich an dieser Stelle auch - für wichtig, dass nicht an der Befreiung von Personenkreisen gerüttelt werden sollte, die aufgrund objektiver Umstände - weil sie taub oder sehbehindert bzw. blind sind - nicht das volle Spektrum des öffentlich-rechtlichen Rundfunks nutzen können. Für diese kann es keine volle Gebührenpflicht geben, sondern da muss es natürlich Befreiungen geben. Das kann die Solidargemeinschaft durchaus tragen, sehr geehrter Herr Kollege Scharf. - Vielen Dank.

(Beifall bei der FDP)

Vielen Dank, Herr Kosmehl. Weitere Fragen sehe ich nicht. - Wir kommen dann zu dem Debattenbeitrag der CDU-Fraktion. Der Abgeordnete Herr Borgwardt erhält das Wort. Bitte schön.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Gelegentlich ist es nicht ganz einfach, als Letzter zu reden, insbesondere wenn sich der Kollege Kosmehl da

mit durchsetzen konnte, dass wir eine Zehnminutendebatte haben.

(Herr Stahlknecht, CDU: Das Mikrofon noch wei- ter herunter!)

- Noch weiter herunter? Ihr habt es nicht gehört? - Ich wollte gerade sagen: Mitunter ist es anstrengend. Wir haben gehört: Einer ist der Rächer der Witwen und Waisen und meint, er sei ehrlich, kann aber nicht sagen, wie hoch die Kosten bei seinem Modell für jeden Einzelnen ausfallen.

(Zurufe von der FDP - Unruhe)

Herr Kollege Borgwardt, Sie haben das Wort.

Sehr geehrter Herr Kollege Wolpert, wenn man das Wort „ehrlich“ benutzt, muss man das schon auf alle beziehen.

(Zustimmung bei der CDU - Zurufe von der FDP - Unruhe)

Bisher steht eine Gebühr in Höhe von 17,98 € im Raum. Unser Ziel war es, diese Gebühr für den Anteil von ungefähr 90 % der Privathaushalte - diese Zahl hat der Kollege Kosmehl genannt; der Anteil entspricht ungefähr 41 Millionen Gebührenzahlern - möglichst stabil zu halten und nicht zu erhöhen. Wir haben nie gesagt, dass das realitätsfern sei.

Ich muss sagen: Wenn wir zwei große Veränderungen gegenüber dem ersten vorgelegten Rundfunkgebührenstaatsvertrag vorgenommen haben und die Fachleute der Staatskanzleien aller Länder zusammengesessen haben und Sie offensichtlich unterstellen - ich möchte das jetzt einmal höflich formulieren -, dass diese nicht so genau wussten, was sie da tun, dann halte ich das für relativ vermessen - um es einmal ganz vorsichtig zu sagen.

(Zuruf von Frau Dr. Hüskens, FDP)

Wir reden jetzt über den Rundfunkänderungsstaatsvertrag. Insofern möchte ich gern zur Sachlichkeit zurückkommen.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich denke, allen ist klar, dass die derzeitige Regelung zur Finanzierung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks, also der einfache Bezug auf ein Radio- oder Fernsehgerät, seit Jahren nicht mehr dem Stand der Technik entspricht. Die Kollegen gingen darauf ein. Die Zeiten, in denen die Nutzer lediglich zwischen diesen beiden traditionellen Rundfunkgeräten wählen konnten, sind vorbei.

Wenn sich die Möglichkeiten, die Angebote des öffentlich-rechtlichen Rundfunks zu nutzen, erheblich erweitern, muss sich - das ist logisch - auch das Modell der Rundfunkfinanzierung ändern, wenn man die Finanzausstattung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks sichern möchte, und das möchten wir.

Die Bedeutung des Echtzeitfernsehens nimmt ab, wenn die Optionen des individuell wählbaren Abruffernsehens und Radioempfangs durch Streams im Internet und Ähnliches, zukünftig ergänzt durch Digitalradio plus, immer weiter wachsen. Es ist eine logische Folge, dass die Einnahmen aus einem auf den Besitz von Radio- und TV

Geräten bezogenen System deutlich sinken, wenn die Nutzer auf beides immer weniger angewiesen sind. Hierzu besteht parteiübergreifend zumindest vorläufig Einigkeit.

Neben dem Problem künftig sinkender Einnahmen stehen dem aktuellen Modell auch verfassungsrechtliche Bedenken entgegen. Das wissen meine Kollegen genauso gut wie ich. Die geltende Regelung leistet im Einzelfall keinen Beitrag gegen die vorsätzliche Gebührenverweigerung. Vorsätzliche Gebührenverweigerer stellen sich dabei auf Kosten der Gebührenzahler besser. Das sehen nicht nur die Juristen sehr kritisch. Auch aus politischen Gründen wollen wir künftig keine Anreize für die Gebührenverweigerung mehr setzen.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, erlauben Sie mir zunächst einige grundsätzliche persönliche Bemerkungen. Deutschland kann auf den öffentlich-rechtlichen Rundfunk - bei aller im Einzelfall sicherlich berechtigten Kritik an seinen Effizienzreserven und manchen seiner Schwerpunktsetzungen beim Mitteleinsatz - nicht verzichten. Die öffentlich-rechtlichen Programme nehmen einen ganz wesentlichen Informationsauftrag für die Allgemeinheit wahr. Ich denke beispielsweise an das breite Dokumentations- und Ereignisangebot. In keinem anderen Kanal werden die Bürger über aktuelle öffentliche Debatten so umfangreich, direkt und ohne Zeitverzug informiert.

(Zuruf von der FDP)

Die Qualität der Informationsprogramme im öffentlichrechtlichen Rundfunk - auch dazu gibt es einen großen Interessentenkreis, sehr geehrter Herr Kollege - ist durchweg hoch einzuschätzen, und die Sicherung einer hohen Informationsqualität des öffentlich-rechtlichen Rundfunks ist unser gemeinsames Ziel.

Das alles hat seinen Preis. Wir gingen bereits auf die Diskussionen über den jetzigen Preis von 17,98 € pro Monat ein. Auch wenn jetzt zu seiner Finanzierung ein Beitragssystem eingeführt wird, dem sich der Bürger nicht mehr auf legale Weise bewusst entziehen kann, bin ich sicher, dass sich die Akzeptanz mit der Gebührenreform insgesamt deutlich erhöhen wird.

Mein sehr verehrten Damen und Herren! Worum geht es bei der Reform im Einzelnen? - Die Regierungschefs der Länder haben auf der Grundlage des Kirchhof-Gutachtens - manchmal muss man darauf zurückkommen, woher der Gedanke überhaupt kommt - am 10. Juni 2010 die Eckpunkte für ein Modell des Rundfunkänderungsstaatsvertrages unterzeichnet. Damit war die Zielrichtung der vorgesehenen Reform mehr oder weniger vorgezeichnet. Die Ziele der Reform sind:

Erstens die Lösung des Problems der zunehmenden Konvergenz; darauf ist schon eingegangen worden.

Zweitens. Das zweite wichtige Ziel der Rundfunkgebührenreform ist die Stabilisierung des Beitrags. Das ist für uns ein wesentliches Element. Für uns ist klar: Es darf keine Logik der Beitragserhöhung geben.

Drittens wird mit der Reform die Finanzierungsbasis des öffentlich-rechtlichen Rundfunks langfristig aufkommensneutral gesichert - das glauben wir zumindest.

Wir müssen vor dem Hintergrund der derzeitigen Schätzungen davon ausgehen, dass sich die Finanzierungsbasis bei einer Beibehaltung des derzeitigen Systems

deutlich verschlechtern würde. Die Einnahmen im Jahr 2009 beliefen sich auf 7,604 Milliarden €. Im Jahr 2016 würden die Einnahmen lediglich bei rund 6,923 Milliarden € liegen. Zumindest ist das so prognostiziert worden; ich kenne kein anderes Rechenmodell. Das neue Modell prognostiziert dagegen für das Jahr 2016 eine Festschreibung der Beiträge auf ca. 7,4 Milliarden €. Das ist noch nicht die Ausgangsbasis. Hierbei erreichen wir eine Stabilisierung. Deshalb ist der Systemwechsel aus unserer Sicht gut und richtig.