Protocol of the Session on December 9, 2010

Eigentlich wollte ich gar nicht so sehr in große politische Debatten einsteigen, Frau Dr. Paschke, aber die Berichterstattung heute in der „Mitteldeutschen Zeitung“ bzw. Ihr Wortbeitrag erfordern, dass man dazu ein paar Worte verliert.

Ein Stück weit habe ich eine andere Wahrnehmung als Sie. Zumindest im Finanzausschuss kann ich mich - das klingt jetzt etwas egozentrisch - an meine Äußerungen zu dem Thema durchaus noch entsinnen. Wir haben daraus keine große polemische Debatte gemacht, aber unsere Position ist, denke ich, sehr grundsätzlich und sehr gut begründbar.

Sie haben aus formaljuristischen Erwägungen heraus sicherlich Recht und Sie haben Ihre Haltung hier auch dargelegt. Ich glaube jedoch, im Jahr 20 der politischen Einheit gibt es neben juristischen Kriterien auch politische Kriterien und auch ein Stück weit moralische Kriterien - so schwierig im Einzelfall moralische Kriterien zur Bewertung von Staatsbediensteten und ihren Alimentationen, wie sie hier heute zur Verabschiedung stehen, auch sind.

Ich meine, es geht hierbei nicht um Einstellungen, es geht hierbei nicht um Kündigungen, sondern es geht um die Anerkennung von Versorgungsansprüchen. Das ist schon eine etwas kleinteiligere Materie, als diese Debatte heute Morgen vermuten ließ.

Ich glaube schon, dass wir als demokratische Instanz, die wir seit 20 Jahren dieses Land freiheitlich und demokratisch gestalten, das Recht und auch die Verantwortung haben, an dieser Stelle Grenzen im Sinne einer Mahnung für kommende Generationen und auch im Sinne einer Erinnerung an die vergangenen Zeitumstände aufzuzeigen. Deswegen halten wir diesen Gesetzentwurf, der heute vorliegt, für verantwortbar. Es ist im Übrigen auch keine neue Praxis; es ist sozusagen gängige Praxis. Mit uns wird es dabei keine Änderungen geben.

(Zustimmung bei der CDU und bei der SPD)

- Den Beifall hätte ich mir etwas kräftiger gewünscht, aber gut.

Frau Dr. Paschke, dass Sie diese Diskussion hier vom Zaun brechen, kann ich aus einer gewissen Verantwortung heraus, die Sie hier gelegentlich durchaus glaubwürdig, manchmal auch unglaubwürdig vermitteln, verstehen. Aber ich möchte Ihnen - Ratschläge stehen mir nicht zu - zumindest meine Wahrnehmung mitteilen, dass an dieser Stelle von Ihnen doch ein Stück weit die gesamtgesellschaftliche Wirklichkeit und Wahrnehmung in den Blick zu nehmen ist, und nicht nur die Bedienung eines gewissen Klientelismus, die Sie in diesem Punkt an den Tag legen.

Der öffentliche Dienst als Ganzes ist, denke ich, ordentlich ausfinanziert, bei allen Detailfragen, die wir klären können. Aber diese Versorgungsansprüche, die heute in Rede stehen, sind gut begründet und werden von uns auch so mitgetragen.

(Beifall bei der CDU)

Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich möchte die mir verbleibenden zwei Minuten und 56 Sekunden nicht ausschöpfen. Ich denke, dass wir heute einen ordentlichen Beschluss fassen können, mit dem wir für die Beamtenschaft in diesem Land das klare Signal setzen können, dass die Landesregierung und die sie tragenden Parteien zu unserem öffentlichen Dienst stehen und auf dieser Grundlage auch ein Landesgesetz geschaffen haben, mit dem man in der Zukunft gut arbeiten kann. - Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU und bei der SPD)

Vielen Dank, Herr Tullner. - Nun erteile ich der Frau Dr. Hüskens das Wort, um für die FDP-Fraktion zu sprechen. Bitte schön.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich denke, dass wir mit dem vorliegenden Gesetzentwurf tatsächlich das technisch Machbare erreicht haben. Das ist sicherlich kein großer Wurf, aber es erfüllt den Auftrag, die gesetzlichen Regelungen, die bisher der Bundesgesetzgeber in der Hand hatte, auf die Landesebene zu übertragen - mehr aber auch nicht.

Die Landesregierung hat mit dem Gesetzentwurf außerdem versucht, möglichst im Konzert aller Länder zu bleiben, sich nicht allzu sehr abzuheben. Das merkt man zum Beispiel daran, dass sogar Berufsbezeichnungen in dem Gesetz stehen, für die es in unserem Bundesland keine Funktion gibt. Die Begründung dafür war: Es könnte einmal ein solcher kommen, dann haben wir es leichter, ihn hier einzusortieren.

Meine Damen und Herren! Für mich ist wichtig, dass wir, und zwar alle Fachkollegen, also auch diejenigen, die sich nicht im Finanzausschuss oder im Innenausschuss häufiger mit der Beamtenbesoldung oder mit der Verwaltung beschäftigen müssen, uns eines vor Augen halten: Eine gute Verwaltung ist für ein Bundesland ein mindestens ebenso wichtiger Faktor wie eine gute Wirtschaft. Im Umkehrschluss bedeutet dies: Schlechte Verwaltung ist Pest und Cholera zugleich für ein Land.

Es ist unsere Aufgabe, dafür Sorge zu tragen, dass auch ein entsprechender Rahmen dafür gegeben ist. Es hilft also nicht, wenn wir immer nur den Kostenfaktor sehen, der die Verwaltung definitiv ist. Wir als Landtag würden es auch nicht gern sehen, wenn man uns nur als Kostenfaktor betrachtet. Die Verwaltung erbringt für unser Bundesland, für die Bürger und für die Wirtschaft in unserem Land eine enorme Dienstleistung und dafür müssen wir die entsprechenden Rahmenbedingungen schaffen.

Diesem Anspruch wird das Gesetz im Augenblick nur ein bisschen gerecht. Es ist nicht schlecht, aber in den nächsten Jahren, in den nächsten Legislaturperioden werden wir noch des Öfteren darangehen müssen, dieses Gesetz den tatsächlichen Verhältnissen anzupassen.

Natürlich versuchen wir im Augenblick, uns ein bisschen einzureden, dass wir, wenn wir möglichst im Gleichschritt mit den anderen Bundesländern gehen, den Wettbewerb nicht annehmen müssen. Das können wir uns vielleicht noch ein paar Jahre lang einreden, aber zumindest im Lehrerbereich - Frau Paschke und Herr Tullner haben es gesagt - wissen wir eigentlich heute schon, dass wir im Wettbewerb stehen, dass uns die guten Lehrer abgeworben werden. Noch sind Länder wie Baden-Württemberg und Hessen so fair, das nicht mitten im Schuljahr, sondern zum Jahreswechsel zu tun. Aber es findet doch statt.

Vor diesem Hintergrund wird man künftige Novellen dieses Gesetzes sehen müssen. Wir werden überlegen müssen, ob wir unsere Beamtenbesoldung so ausgestalten können, dass wir den Wettbewerb mit anderen Bundesländern annehmen können.

Ich weiß, dass das ein Spagat ist. Wir haben eine Enquetekommission, wir haben ein Personalentwicklungskonzept - inzwischen wohl in der fünften oder sechsten Fassung -, in dem wir vor allen Dingen versuchen festzustellen, wie wir die Kosten der Verwaltung reduzieren können.

Aber wir werden zukünftig auch den Spagat aushalten müssen, wenn es darum geht, auf der einen Seite als Staat Aufgaben zu reduzieren und den Personalkörper dem anzupassen, was wir als Gesellschaft uns leisten können, und auf der anderen Seite dafür zu sorgen, dass die Rahmenbedingungen für Beamte, für Angestellte in unserem Bundesland so sind, dass sie gern hier arbeiten, dass sie in unserem Bundesland bleiben, dass sie gut arbeiten und dass wir eine qualitativ hochwertige Verwaltung haben, egal ob im Bereich der Landwirtschaft, im Innenbereich oder im Bereich der Justiz - um die verbleibenden Minister und Ressorts noch einmal zu benennen. Das ist eine Aufgabe, der wir uns, wenn wir ehrlich sind, jetzt nicht gestellt haben.

Am deutlichsten merkt man das tatsächlich bei den Lehrern. Ja, den Kollegen im Bildungssausschuss ist es aufgefallen: Die Sekundarschullehrer verdienen eigentlich zu wenig. - Okay, das kann man so sehen.

Eine Diskussion, die wir nicht zu Ende geführt haben und die im Bildungsausschuss, glaube ich, auch gar nicht geführt worden ist, betrifft die Frage: Wonach bezahlen wir sie eigentlich? Wenn wir uns die Logik der Beamtenbesoldung anschauen, dann stellen wir fest: Je mehr Häupter ein Beamter anleitet, umso mehr Geld bekommt er.

Wenn wir das auf die Lehrer übertragen, dann bedeutete dies: Je größer die Klasse ist, desto mehr müsste der Lehrer bekommen; bei dem Schuldirektor spielte dann die Größe der Schule eine Rolle.

Aber diese Logik haben wir in diesem Bereich nicht. Die Logik im Bereich der Lehrer ist - das finde ich ganz interessant - eher die: Je älter ein Kind ist, desto mehr bekommt der Lehrer. Das entspricht nicht mehr unbedingt dem Stand der Wissenschaft.

(Beifall bei der LINKEN)

An diesen Punkt werden wir, meine ich, noch herangehen müssen.

Wir haben natürlich - das akzeptiere ich auch - in der Eile vor dem Ende der Legislaturperiode weder die Kraft noch die Möglichkeit gefunden, hierfür Lösungen vorzutragen. Aber über diesen Punkt müssen wir in Zukunft reden. Wir müssen darüber sprechen: Brauchen wir im Lehrerbereich andere Besoldungsregelungen als in der normalen Verwaltung, um dafür Sorge zu tragen, dass es für junge Lehrer tatsächlich attraktiv ist, hierher zu kommen?

Ich möchte noch einen Punkt ansprechen. Herr Tullner sagte, die älteren Kollegen würden als erste befördert; und dafür gab es Applaus bei den Kollegen von der LINKEN. Ich wäre dabei vorsichtig. Ja, das ist erst einmal ein schöner Ansatz, nach dem Motto: Sie sind am längsten da, sie verdienen es am ehesten und sie bekommen auch am ehesten Geld. Unter Wettbewerbsgesichtspunkten gesehen ist es jedoch so: Gehen werden die älteren Kollegen aber nicht; gehen werden, wenn überhaupt, die jungen Kollegen, die mobilen.

Es kann also sein, dass wir in der Praxis zu einer ganz anderen Herangehensweise kommen, als wir uns das im

Augenblick wünschen; die Auffassung teile ich grundsätzlich. Wir werden wahrscheinlich schauen müssen, ob wir einen ordentlichen Mix hinbekommen können zwischen den Kolleginnen und Kollegen, die direkt von der Universität kommen, die wir auch haben wollen, die wir einstellen wollen, auf der einen Seite und den verdienten und fähigen Kollegen auf der anderen Seite. Deshalb würde ich das nicht so apodiktisch im Raum stehen lassen wollen.

Meine Damen und Herren! Da ich meine zehn Minuten auch nicht ausschöpfen möchte, stelle ich zusammenfassend fest: Vom Grundsatz her unterstützen wir das Gesetz. Das ist das, was in der ersten Runde möglich war. Wir alle wissen, es ist noch nicht der Weisheit letzter Schluss. Wir werden in einigen Bereichen tatsächlich eigene Besoldungsgruppen brauchen. Ich sehe das bei den Lehrern so, und ich vermute auch, dass es noch einige andere Fachgruppen in der Verwaltung gibt, die eigene Regeln brauchen, damit wir den Wettbewerb auch zukünftig aushalten.

Zu dem Entschließungsantrag der Fraktion DIE LINKE beantrage ich eine getrennte Abstimmung über die einzelnen Punkte; denn ich bin mir im Augenblick nicht sicher, ob wir mit dem, was sie bei den Tarifpartnern haben wollen, tatsächlich das erreichen, was wir uns vorstellen. Den beiden anderen Punkten werden wir zustimmen. Diese halte ich für sinnvoll.

Den Antrag, den wir gemeinsam eingebracht haben, werden wir natürlich unterstützen. Ich glaube, dass wir damit eine sinnvolle Variante gefunden haben und auch technisch auf der richtigen Seite sind. Dazu kann ich nur sagen: Das hat lange genug gedauert. Jetzt haben wir endlich entsprechende Regelungen geschaffen und sollten hinsichtlich der Rückwirkung das tun, was möglich ist.

Bei der Gesamtabstimmung werden wir uns aus den von mir genannten Gründen der Stimme enthalten. Es ist eine Möglichkeit der Opposition zu sagen: Das Gesetz insgesamt muss sein, aber uns gefallen eben nicht alle Punkte. Wir können uns in Zukunft noch einiges an Verbesserungen vorstellen. - Ich danke Ihnen.

(Beifall bei der FDP)

Vielen Dank, Frau Dr. Hüskens. Möchten Sie eine Frage von Herrn Gallert beantworten?

Aber gerne.

Bitte schön, Herr Gallert.

Frau Hüskens, es ist weniger eine Frage, sondern mehr eine Anmerkung. Es geht um diese Zeitleiste für die Leute, die dann im Sekundarschulbereich in die Besoldungsgruppe A 13 eingruppiert werden sollen. Dazu haben Sie nun gesagt: Wenn wir die älteren, die davon betroffen sind, zuerst nehmen, dann laufen uns die jüngeren vielleicht weg.

Ich möchte darauf hinweisen, dass auch die Älteren, die davon betroffen sind, noch in einem Alter sind, in dem

sie dieses Land möglicherweise verlassen können; denn das sind die Leute, die nach dem Jahr 1995 eingestellt worden sind. Diese befinden sich noch in dem Alterskorridor bis 40 Jahre. Wenn jemand von ihnen das, was Sie gesagt haben, liest, dann fühlt er sich von dieser Annahme, er könne nicht mehr weg, vielleicht tief getroffen.

Herr Gallert, da auch ich meinen 40. Geburtstag schon zum x-ten Mal feiere, kann ich das, glaube ich, ganz locker so sagen.

(Beifall bei der FDP)

Es ist schlicht und ergreifend so, dass es - Herr Daehre ist gerade nicht da; wir alle haben unsere Demografieveranstaltungen hinter uns und wissen das - ab einem gewissen Alter Haltefaktoren gibt, die nichts mit dem zu tun haben, was man mit dem Reiben von Daumen und Zeigefinger ausdrückt. Das sind Dinge wie die Familie und die Verbundenheit mit dem Land. Es ist klar, dass jüngeren Kollegen die Abwanderung etwas leichter fällt.

Aber im Grunde sind wir dabei einer Meinung. Aber so apodiktisch, wie es der Kollege Tullner hier dargestellt hat, nach dem Motto: Wir bezahlen nach Alter - davon halte ich persönlich nichts.

(Frau Bull, DIE LINKE: Uns trennen Welten!)

Es geht jetzt nicht darum, dass ich versuchen möchte, bei den Lehrern Leistungsparameter einzuziehen, obwohl ich ansonsten den Vorstellungen von Frau Paschke viel abgewinnen kann. Es ist eher eine Variante, bei der man schaut, wo es einen Mangel gibt und wo man entsprechende Qualifikationen braucht, und dort geht man dann einfach gezielt heran. Ich halte das für sinnvoller, als einfach nach den Jahren zu gehen. - Danke.

Vielen Dank, Frau Dr. Hüskens. - Die Debatte wird mit dem Beitrag der SPD-Fraktion abgeschlossen. Ich erteile Frau Krimhild Fischer das Wort.

Ich habe zuvor die Freude, Damen und Herren des Traditionsvereins Bitterfelder Bergleute auf der Tribüne begrüßen zu können.