Protocol of the Session on November 12, 2010

Im Jahr 2009 waren insgesamt zwölf Vereine mit den Schlichtungen beauftragt. Mein Dank gilt an dieser Stelle diesen Vereinen und den ehrenamtlichen Mitarbeitern. Ich kann mich da nur wiederholen.

(Beifall bei der SPD)

Der Verein wird jetzt 20 Jahre alt. Wir sind auch eingeladen. Ich denke, wir können das auf der entsprechenden Veranstaltung auch würdigen.

Fünftens und abschließend: Der Staat muss sich auch darum kümmern, dass die Straftäter keine Straftaten mehr begehen. Sicher: Prävention und Resozialisierung machen begangene Straftaten nicht ungeschehen. Resozialisierung ist aber ein aktiver Beitrag, um die Gesellschaft vor erneuten Straftaten zu bewahren.

Gesetzliche Aufgabe des Strafvollzuges ist es eben nicht, Täter nur wegzusperren. Vielmehr geht es darum, den Gefangenen zu befähigen, künftig ein Leben in so

zialer Verantwortung zu führen und nicht wieder rückfällig zu werden.

Auch hier zeigt der Opferschutzbericht auf: Der Soziale Dienst der Justiz mit den Aufgabenfeldern der Bewährungshilfe und Führungsaufsicht leistet zusammen mit den freien Trägern unter dem Dach der zentralen Beratungs- und Anlaufstelle Zebra einen wichtigen Beitrag dazu, dass Straftäter durch Hilfe, Betreuung und Aufsicht künftig ein straffreies Leben führen können.

Meine Damen und Herren! Trotz aller Fortschritte, die in den letzten Jahren auf dem Gebiet des Opferschutzes erreicht worden sind, muss es weiter Aufgabe bleiben, das erlangte Niveau nicht nur zu halten, sondern den Opferschutz auf Bundes- und auf Landesebene weiter auszubauen.

Diesbezüglich gibt es durchaus noch einige Baustellen. Ich habe hier nur einige angerissen. Wer sich einen umfassenden Überblick verschaffen will, dem empfehle ich, die Papiere des Weißen Rings zu lesen. Man kann sie sich auch von der entsprechenden Internetseite downloaden.

Es gibt ein Papier des Weißen Rings: „Strafrechtspolitische Forderungen“. Ich will nur eine Forderung herausgreifen. Sie alle kennen den Deal im Strafverfahren, der im Übrigen im letzten Jahr gesetzlich geregelt worden ist. Die Opfer sind bislang außen vor. Ich zitiere den Weißen Ring. Er fordert

„eine obligatorische Beteiligung des Nebenklägers an Verständigungsgesprächen und bei besonders schwer belastenden Gewalt- und Sexualdelikten auch dessen Zustimmung. Dies gilt erst recht dann, wenn Gegenstand der Verständigung eine Schadenswiedergutmachung ist.“

Dem kann ich nur beipflichten.

Der Weiße Ring hat auch einen Forderungskatalog vorgelegt, der weniger das Justizministerium, aber das Sozialministerium betrifft: „Sozialrechtspolitische Forderungen“. Das Papier stammt vom August 2010. Ich möchte auch daraus eine Forderung zitieren:

„Opfer erhalten auch heute noch nach dem Opferentschädigungsgesetz und dem Bundesversorgungsgesetz unterschiedlich hohe Leistungen in den alten und neuen Bundesländern.“

(Frau Fischer, SPD: Das ist ja unglaublich!)

„Nicht nur die unterschiedliche Höhe der Grundrente, sondern auch der weitergehenden Leistungen nach dem Opferentschädigungsgesetz und dem Bundesversorgungsgesetz stoßen auf Unverständnis bei Gewaltopfern. Zwei Jahrzehnte nach der Wiedervereinigung ist eine einheitliche Entschädigung der Opfer in den alten und neuen Bundesländern unbedingt erforderlich.“

(Zustimmung bei der SPD)

Auch dem habe ich nichts beizufügen.

Meine Damen und Herren! Was die Sicherungsverwahrung angeht, will ich es mir jetzt verkneifen, darauf näher einzugehen. Das haben wir heute Nachmittag noch einmal.

Zur Opferschutzstiftung. Herr Wolpert, Sie haben die Argumente selbst wiederholt, die wir zu Beginn der Legislaturperiode vorgetragen haben, als wir das Thema hier

aufgeworfen haben. Das muss ich hier nicht erneut ausführen.

Wenn sich denn Geld finden würde und man in der Tat eine Lücke hätte, Herr Wolpert, dann kann man ja einmal darüber nachdenken. Aber von den Opferschutzverbänden, die in Sachsen-Anhalt tätig sind, ist an die Landesregierung und die Regierungskoalition bislang nicht die Forderung herangetragen worden, dass wir in diesem Bereich eine Lücke hätten. Aber wenn die FDP mit am Regierungstisch sitzen sollte, Herr Wolpert, wird sie sicherlich darauf drängen.

Wir denken, dass wir mit dem bisherigen System - das ist mit der Regierungserklärung deutlich gemacht worden - gute Voraussetzungen und Grundlagen auch für den materiellen Opferschutz haben.

Meine Damen und Herren! Die heutige Regierungserklärung zum Opferschutz war eine wichtige und richtige Standortbestimmung. Wichtig ist mir aber ebenso, dass Opfer von Straftaten im täglichen Erleben die Erfahrung machen, dass die Zivilgesellschaft an ihrer Seite steht. Dabei sind wir alle gefordert. - Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD und bei der CDU - Zustim- mung bei der LINKEN und bei der FDP)

Danke sehr, Herr Dr. Brachmann. Der Abgeordnete Herr Kurze hat eine Frage.

Herr Dr. Brachmann, wir haben heute ausführlich über Opferschutz geredet. Vielleicht können Sie mir eine Frage beantworten, die sich einem Nichtjuristen immer wieder stellt.

Menschen, die Opfer von Diebstahl, von sexueller Gewalt wurden oder die man tot geschlagen hat, werden in der Boulevardpresse mit dem gesamten Konterfei abgebildet. Aber das Gesicht derjenigen, die höchstwahrscheinlich die Straftat begangen haben, finden wir in den Boulevardzeitungen in der Regel mit einem großen Balken wieder.

Wenn wir über Opferschutz reden, würde mich einmal interessieren, warum die Opfer von Straftaten in epischer Breite dargestellt werden, aber diejenigen, die die Tat vollzogen haben, in der Regel anonymisiert dargestellt werden.

Ich bin nicht der Landesdatenschutzbeauftragte, um das, was das Datenschutzrecht anbelangt, beurteilen zu können.

Die Wahrnehmung, dass die Täter mit einem schwarzen Balken erscheinen, mache ich auch. Ich lese aber zu wenig Boulevardpresse, um beurteilen zu können, inwieweit Opfer in großer Breite darin gewissermaßen abgelichtet werden. Habe ich Ihren Einwand so zu verstehen, dass man alle gleich behandeln und den Balken wegfallen lassen sollte? Oder wollen Sie lieber den Balken?

Sie haben Recht. Entweder den Balken für alle oder - - Sie haben Recht. Sie gehen da schon in die richtige Richtung.

Herr Kurze, ich kann Ihrem Anliegen nur zustimmen. Wir werden das doch einmal prüfen müssen. Der rechtspolitische Sprecher Ihrer Fraktion, der ja neben Ihnen sitzt, zuckt auch ein bisschen mit den Schultern.

(Zuruf von Frau von Angern, DIE LINKE - Herr Stahlknecht, CDU: Da meldet sich die Juristin Frau von Angern, und das stimmt! - Frau von An- gern, DIE LINKE: Sage ich doch!)

- Okay, der Einwand ist völlig korrekt. Soweit sich ein Opfer, was das Recht auf Veröffentlichung des eigenen Bildes anbelangt, beeinträchtigt fühlt, muss dagegen presserechtlich vorgegangen werden.

Wer totgeschlagen worden ist, kann seine Rechte nicht mehr durchsetzen. Das wird dann in epischer Breite mit großem Foto dargestellt.

(Zustimmung von Frau Fischer, SPD)

Herr Dr. Brachmann, Frau Hüskens hat noch eine Frage.

Ich habe keine Frage mehr - das hat Frau von Angern bereits erledigt -, sondern ich möchte eine Kurzintervention machen. Diese richtet sich eigentlich mehr auf das, was gerade diskutiert worden ist.

Die Internetpranger brauchen wir nicht.

(Lebhafter Beifall bei der FDP - Beifall bei der LINKEN)

Wir brauchen auch keine Ausweitung des Prangers in den Zeitungen.

Ich möchte einmal auf einen Punkt hinweisen. Ich glaube, auch Herr Kurze, der diese Zeitungen sehr gern liest, weiß, dass es Unterschiede in den Medien gibt, wie man mit dem Thema umgeht. Es gibt Medien, die gehen damit verantwortungsvoll um. Aber es gibt auch Medien - das konnte man gerade bei Herrn Kachelmann sehen; das ist ein schönes Beispiel dafür -, bei denen man nicht nur das ganze Gesicht zu sehen bekommt, sondern den ganzen potenziellen Täter mit allen Fassetten.

Ich glaube, wir müssen uns hier nicht auf dieses Niveau hinabbegeben und das verallgemeinern.

(Lebhafter Beifall bei der FDP - Beifall bei der LINKEN)

Danke sehr, Herr Dr. Brachmann. - Beschlüsse in der Sache werden nicht gefasst. Wir sind am Ende der Aussprache und können den Tagesordnungspunkt 2 verlassen.

Bevor wir den Tagesordnungspunkt 23 aufrufen, haben wir zahlreiche Gäste zu begrüßen. Es sind zum einen Schülerinnen und Schüler der berufsbildenden Schulen in Oschersleben. Seien Sie herzlich willkommen!

(Beifall im ganzen Hause)

Auf derselben Tribüne haben jetzt Schülerinnen und Schüler des Dr.-Frank-Gymnasiums Staßfurt Platz genommen. Auch Ihnen ein herzliches Willkommen!