Protocol of the Session on November 12, 2010

(Herr Güssau, CDU: Nach vier Jahren!)

Dabei gab es durchaus Diskussionsbedarf, auch nachdem anscheinend das Einvernehmen mit Ihnen hergestellt war, wie die Beschlussempfehlung heute zeigt. Da hat das System schon nicht mehr gepasst.

(Zuruf von Herrn Bergmann, SPD)

Wir als FDP-Fraktion haben eine eigene Anhörung durchgeführt und spätestens bei und nach dieser Anhörung war klar, warum Sie keine Anhörung mehr haben wollten.

(Herr Scheurell, CDU: Das war der große Wurf!)

Sie hatten Angst vor der Kritik.

(Zustimmung bei der FDP - Herr Scheurell, CDU: Das ist Quatsch, Herr Dr. Schrader!)

- Wenn Sie dabei gewesen wären, hätten Sie es mitbekommen. - Wir haben in unserer Anhörung erfahren, dass viele der Betroffenen mit dem Verfahren nicht einverstanden waren. Es wurde über mangelnde Transparenz geklagt, Abwägungsentscheidungen seien nicht nachvollziehbar gewesen und versprochene Begründungen seien nicht nachgereicht worden. - Das waren die Aussagen der Anzuhörenden, nicht unsere.

In der abschließenden Sitzung des federführenden Ausschusses wurden dann doch noch Änderungen durch die Koalitionsfraktionen eingebracht. Eine Ausschussanhörung wäre also durchaus auch in Ihrem Sinne angebracht gewesen.

(Beifall bei der FDP)

Meine Damen und Herren! Ich möchte jetzt auf inhaltliche Aspekte zu sprechen kommen.

(Frau Weiß, CDU: Das ist gut!)

Eine grundsätzliche Frage, die auch im Ausschuss nicht zufriedenstellend beantwortet werden konnte, ist die, warum es bei nur zwei Raumbezeichnungen, bei zwei Extremen bleibt, und zwar beim Verdichtungsraum und beim ländlichen Raum.

Natürlich ist Sachsen-Anhalt - das ist klar - ländlich geprägt. Aber alles außerhalb der Verdichtungsräume Magdeburg und Halle als ländlichen Raum zu bezeichnen, schießt über das Ziel hinaus. Es wäre sicherlich angebracht, hier auch Zwischenlösungen einzuziehen wie zum Beispiel „ländlicher Verdichtungsraum“; das ist in Sachsen so geschehen. Das wäre möglich gewesen, um beispielsweise Industriestandorte wie BitterfeldWolfen zu berücksichtigen, wo es doch schwerfällt, das als ländlichen Raum zu bezeichnen.

(Zustimmung bei der FDP)

Ein großer Mangel besteht nach Auffassung vieler Betroffener darin, dass die Belange der Landwirtschaft, eines unserer wichtigsten Wirtschaftszweige - so würde ich das einmal bezeichnen -, unzureichend berücksichtigt worden sind. Der Faktor Boden wird nicht genug gewürdigt.

Eine Möglichkeit, dies zu beheben, wäre, nicht nur Vorbehaltsgebiete, sondern auch Vorranggebiete für Landwirtschaft im LEP entsprechend auszuweisen. Damit wäre dies nicht mehr Sache der regionalen Planungsgemeinschaften, sondern es wäre dort, wohin es gehört: im Landesentwicklungsplan.

Genauso muss in diesem Zusammenhang die Frage nach den Gebieten ohne Status gestellt werden. Schaut

man in die Karte, so erkennt man noch relativ viele weiße Flächen. Diese ließen sich sicherlich problemlos als Vorbehalts- oder Vorranggebiete für Landwirtschaft ausweisen, wenn dort bereits jetzt eine starke landwirtschaftliche Nutzung erfolgt. In den Regionen um Wittenberg und Zerbst hat sich das direkt angeboten.

In der Anhörung haben wir auch erfahren, dass die Planungsgemeinschaften durch den LEP so viele Aufgaben übertragen bekommen, dass sie vor ernsten Problemen stehen, insbesondere vor dem Problem, wie sie das mit dem Personal und den Kosten bewältigen sollen. Sie wissen noch nicht, wie sie den deutlich erhöhten Arbeitsaufwand bewältigen und finanzieren sollen. Ein Beispiel ist die nachträgliche Ausweisung von Eignungsgebieten für Windkraftanlagen. Darauf werde ich gleich noch kommen.

(Herr Franke, FDP: Das ist aber auch eine Saue- rei!)

Meine Damen und Herren! Zu unserem Änderungsantrag. Die Punkte 1 und 3 sind der Beschlussempfehlung des federführenden Ausschusses entnommen.

Punkt 4 der Beschlussempfehlung des Ausschusses lehnen wir ab, da es unangemessen erscheint, derart kleine Standorte der Bundeswehr, auf die das Land auch keinen Einfluss hat, raumordnerisch zu sichern.

Ein bedeutender Bestandteil des LEP, der auch zu vielen Diskussionen führte, ist das Zentrale-Orte-System. Grundsätzlich tragen wir das mit, aber es fehlt die Konsequenz. Die verwendeten Zwischenstufen führen zu Problemen, wenn man mit zweierlei Maßstab misst. Dass es mit Halberstadt und Stendal nur noch zwei Mittelzentren mit Teilfunktion eines Oberzentrums gibt, ist richtig. Das unterstützen wir auch.

Bei den Grundzentren mit Teilfunktion eines Mittelzentrums sehen wir jedoch Nachholbedarf. Hier setzt unser Änderungsantrag an. Das betrifft die Punkte 4 bis 7, die darauf hinauslaufen, dass die Städte Blankenburg und Hettstedt ihre Teilfunktion eines Mittelzentrums behalten.

Die Argumentation vonseiten des Ministeriums, dass allein die Entfernung zu den nächsten Mittelzentren hierfür entscheidend ist, ist zwar durchaus nachvollziehbar, allerdings muss man dann fragen, warum zum Beispiel Staßfurt mit einer ebenso guten Erreichbarkeit in Richtung Schönebeck, Aschersleben und Bernburg und warum auch Weißenfels mit einer entsprechenden Entfernung zu Merseburg, Naumburg und Zeitz diesen Status bekommen haben.

Meine Damen und Herren! Ein anderer Schwerpunkt, bei dem wir Änderungsbedarf sehen, ist die Energiethematik, insbesondere im Bereich der Alternativenergien Wind und Solar.

Damit hier kein falscher Eindruck entsteht: Sachsen-Anhalt ist ein bedeutender Standort der Solarbranche und der Windenergiebranche. Wir bekennen uns eindeutig dazu. Diese Branchen bieten Tausenden Menschen Arbeit. Ein Bekenntnis zu diesen Branchen ist ein Bekenntnis zum Produktionsstandort und zur Nutzung dieser Potenziale sowie insbesondere ein Bekenntnis zur Forschung in Richtung Energiespeicher,

(Zustimmung von Herrn Franke, FDP)

um die diskontinuierlich anfallenden Energiemengen sinnvoll zu nutzen, um Wirkungsgrade zu erhöhen und

um diese Energien entsprechend wettbewerbsfähig zu machen.

Wir müssen uns aber auch mit Folgen und Fehlentwicklungen befassen, die mit diesem Turboausbau - so muss man es bezeichnen - der Wind- und der Solarenergie verbunden sind. Hierbei sind wir ganz dicht beim Landesentwicklungsplan. Es geht um raumordnerische Aspekte, das Landschaftsbild, den Bodenverbrauch, aber auch um Energiepreise und notwendige Infrastrukturen. Hier setzen die Punkte 8 bis 10 unseres Änderungsantrages an.

Der Landesentwicklungsplan widmet sich sehr eingehend dem Thema Windenergie. Doch auch hierbei fehlt eine gewisse Konsequenz oder besser ein klares Wort der Regierung. Auf Seite 62 wird zwar von Vorrang- und Eignungsgebieten gesprochen, die festgelegt werden - wo genau, darüber schweigt sich der LEP jedoch aus.

Hier wird der Schwarze Peter den regionalen Planungsgemeinschaften zugeschoben. Angesichts der Bedeutsamkeit der Eignungsgebiete für Wind gehören diese mit ihrer genauen Bezeichnung in den LEP hinein.

(Beifall bei der FDP)

Meine Damen und Herren! Unser Änderungsantrag greift unter Punkt 8 einen speziellen Aspekt auf, der im zweiten Entwurf gar nicht zur Anhörung gekommen ist, worüber sich die Planungsgemeinschaften zu Recht ziemlich aufgeregt haben. Es geht um den Grundsatz G 83 und um das Ziel 105. Beides wollen wir streichen, weil damit die Möglichkeit geschaffen wird, Windenergieanlagen, die in Bebauungsgebieten stehen, künftig auf Antrag der Kommunen zu Eignungsgebieten zu machen. Die Eignungsgebiete werden dann natürlich viel größer als diese Baugebiete. Wir befürchten einen Wildwuchs, und die regionalen Planungsgemeinschaften müssen das letztlich ausbaden.

(Beifall bei der FDP)

Meine Damen und Herren! Beim Thema Solar ist es sehr wichtig zu sagen, dass wir dafür sorgen müssen, dass unsere wertvollsten Flächen - dies sind die wertvollsten Böden sowie die Industrie- und Gewerbeflächen - nicht mit Solarzellen zugestellt werden.

(Beifall bei der FDP)

Diese gehören dorthin, wo sie hingehören, nämlich auf Dächer und geeignete Flächen. Erschlossene Industrie- und Gewerbeflächen dürfen aber auf keinen Fall damit zugepflastert werden; denn diese Flächen sind viel zu wertvoll. Wir schlagen deshalb eine schärfere Formulierung vor. Sie soll lauten, dass sie dort nicht entstehen dürfen.

(Beifall bei der FDP)

Meine Damen und Herren! Lassen Sie mich zum Schluss als Nichtjurist auf eine Formalie eingehen. Die vorliegende Beschlussempfehlung des federführenden Ausschusses fordert Änderungen am Verordnungsentwurf. Unserer Auffassung nach kann der Landtag aber nicht Änderungen beschließen und trotzdem das Einvernehmen herstellen, wie es die Beschlussvorlage vorsieht.

Wenn wir Änderungen wünschen, müssen wir zunächst einmal erklären, dass wir mit dem vorliegenden Entwurf kein Einvernehmen hergestellt haben. Dann kann der Landtag das Kabinett auffordern, die gewünschten Än

derungen einzuarbeiten, die anschließend dem Landtag wieder vorgelegt werden müssen. Dann kann man das Einvernehmen herstellen.

Das ist der saubere Weg. Diesen sollten wir beschreiten. Deswegen haben wir unseren Änderungsantrag eingebracht. - Ich danke für die Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der FDP)

Vielen Dank, Herr Dr. Schrader. - Wir kommen dann zum Debattenbeitrag der SPD. Herr Dr. Bergmann.

(Zurufe)

- Die Promotion bekommen Sie nachgereicht. Herr Bergmann, Sie haben das Wort.

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Der Landesentwicklungsplan - das war zu erwarten - wird heute zu einem interessanten Thema. Ich freue mich über die Diskussion.

Herr Kollege Schrader, ich kenne Sie durchaus als besonnenen Mitdiskutanten. Ich kann nach Ihrer Rede feststellen, dass Sie nach viereinhalb Jahren gut in der Opposition angekommen sind. Ich finde, dort sollten Sie auch bleiben. Lassen Sie mich das vorab sagen.