Protocol of the Session on November 11, 2010

(Zuruf von Herrn Czeke, DIE LINKE)

Wir haben sechs Naturparke: Saale-Unstrut-Triasland, Dübener Heide, Harz, Fläming Unteres Saaletal und Drömling.

Sie, die beiden Biosphärenreservate Mittlere Elbe und Karstlandschaft Südharz sowie der länderübergreifende Nationalpark Harz gehören zu den schönsten Regionen Sachsen-Anhalts, ja, ich möchte sagen Deutschlands.

(Herr Tullner, CDU: Aber Halle ist auch schön! - Herr Schwenke, CDU: Na ja, weiß ich nicht! - Heiterkeit bei der CDU und bei der SPD)

Mit dem Schutz dieser Natur- und Kulturlandschaften wollen wir die biologische Vielfalt erhalten und für folgende Generationen bewahren. Ihr Schutz und Erhalt ist zugleich Grundlage für einen nachhaltigen Tourismus in der Region.

Von der Heinz-Sielmann-Stiftung wurde der Nationalpark Harz zum schönsten Wald Deutschlands gekürt. Eine bessere Werbung kann es kaum geben. Mein Dank geht an die engagierten Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter unseres Nationalparks.

(Beifall bei der CDU und bei der SPD)

Wer im Übrigen glaubt, dass die Schaffung von Schutzgebieten die Wirtschaft ausbremse, dem antworte ich Folgendes: Das Unesco-Komitee hat dem Biosphärenreservat Mittlere Elbe bei der Evaluierung 2007 eine positive Entwicklung bestätigt. Das Komitee hat das Zellstoffwerk in Arneburg ausdrücklich als vorbildliche nachhaltige Industrieentwicklung gewürdigt, die das Miteinander von Mensch und Natur beispielhaft belegt.

In diesem Biosphärenreservat wird in den kommenden Jahren im Lödderitzer Forst die größte Deichrückverlegung an der Elbe realisiert. Mit der Rückverlegung des Deiches im Bereich des größten zusammenhängenden Hartholzauenwaldes in Europa wird die Sicherung, Entwicklung und Renaturierung eines durchgehenden Verbundes echter Auenwälder angestrebt.

Es geht dabei aber um mehr. Neben dem Naturschutzaspekt wird mit der Rückgewinnung von ca. 600 ha Überschwemmungsgebiet ein wesentlicher Beitrag zur Verbesserung des Hochwasserschutzes in der Region geleistet. Ende Oktober erfolgte hier der erste Spatenstich. Damit kann die Deichbaumaßnahme beginnen.

Auch in anderen Regionen geht die Entwicklung weiter. Im September hat der Naturschutzbund Deutschlands bei Havelberg mit den Arbeiten zur Renaturierung der Unteren Havel begonnen. Das Naturschutzgroßprojekt Untere Havelniederung, das neben Sachsen-Anhalt auch Brandenburg einbezieht, ist die größte europäische Flussrenaturierung.

Für mich ist die Tatsache, dass WWF und Nabu ihre größten Projekte in Deutschland bei uns in SachsenAnhalts durchführen, nicht nur ein Zeichen unseres Naturreichtums, sondern auch ein Ausdruck des Vertrauens und der Würdigung der Naturschutzpolitik unseres Landes, meine Damen und Herren.

(Zustimmung bei der CDU)

Für das Biosphärenreservat Karstlandschaft Südharz streben wir an, im Jahr 2012 eine Bewerbung bei der Unesco einzureichen, um die internationale Anerkennung zu erhalten. Dazu muss es gelingen, in der Region eine breite Akzeptanz zu schaffen, die Region nachhaltig zu entwickeln und sie als touristischen Magnet zu etablieren. Wir müssen Inhalte und Ziele des Biosphärenreservates und der angestrebten Antragstellung bei der Unesco noch offensiver kommunizieren.

Auch für den Naturpark Drömling ist angedacht, ihn zu einem Unesco-Biosphärenreservat weiterzuentwickeln. Die flächenmäßigen Voraussetzungen werden mit dem Naturschutzgroßprojekt bereits erfüllt. Gegenüber dem Status „Naturpark“ stellten das Prädikat „Biosphärenreservat“ und die angestrebte Unesco-Anerkennung eine deutliche Aufwertung für die Region dar, ohne dass zusätzliche Flächen in Anspruch genommen würden. Wir werden in der Region für dieses Vorhaben werben. Ich sage ausdrücklich: Bei all diesen Bemühungen wollen wir die Menschen in der Region mitnehmen. Wir wollen nicht gegen sie entscheiden.

Bei der Erhaltung der biologischen Vielfalt geht es nicht nur um natur- oder artenschutzrelevante Brennpunkte. Wir brauchen vernetzte Lebensräume für Tiere und Pflanzen, um Artenbestände zu sichern. Der Aufbau des kohärenten Schutzgebietsystems Natura 2000 im Zuge der europäischen FFH-Richtlinie und der europäischen Vogelschutzrichtlinie ist dabei ein wichtiger Schritt.

Wegen unserer Naturschätze verfügen wir über ca. 232 000 ha in Natura-2000-Gebieten. Das sind rund 11 % der Landesfläche, wobei sich die 265 FFH-Gebiete und 32 Vogelschutzgebiete teilweise auf der gleichen Fläche überlagern. Wir sind in der Pflicht, meine Damen und Herren, die Gebiete dauerhaft zu sichern und Managementmaßnahmen zur Erreichung eines günstigen Erhaltungszustands der Lebensräume und Arten festzulegen. Daran arbeiten wir.

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Der ehemalige Grenzstreifen, an dem viele Menschen ihr Leben ließen, die es in der DDR nicht mehr aushielten, ist heute ein Symbol für unsere Geschichte.

(Zustimmung von Herrn Scharf, CDU)

Dort hat sich ein einzigartiges Biotop entwickelt, das es zu schützen gilt. Die Landesregierung hat sich zur Übernahme dieser Flächen bekannt. Die diesbezüglichen Verhandlungen mit der Bundesregierung stehen kurz vor dem Abschluss. Das Grüne Band wird seinen Beitrag zur Artensicherung leisten. Es soll aber auch eine Mahnung an nachfolgende Generationen sein und daran erinnern, zu welchen Mitteln der Politik eine sozialistische Diktatur auf deutschem Boden gegriffen hat.

(Zustimmung bei der CDU)

Unseren Wäldern kommt beim Schutz der biologischen Vielfalt eine große Bedeutung zu. Um die vielfältigen Waldfunktionen auf Dauer zu erhalten, bedarf es auch in Zukunft einer leistungsfähigen Forst- und Holzwirtschaft. Zur Erhaltung und nachhaltigen Nutzung der biologischen Vielfalt ist die Umsetzung des Konzepts des naturnahen Waldbaus gemäß der Leitlinie Wald eine geeignete Basis, um großflächig und zukunftssicher zu wirtschaften.

Wir werden darüber mit allen Beteiligten auf einem Waldgipfel im Dezember 2010 diskutieren, zu dem ich einladen werde. Die Ergebnisse werde ich im kommen

den Jahr, dem Internationalen Jahr der Wälder, in eine Fortschreibung der Leitlinie einfließen lassen.

Sicher und ertragreich zu ernten und gleichzeitig den Boden zu schonen und seine Fruchtbarkeit für nachfolgende Generationen zu bewahren, ist das Anliegen der Landwirtschaft weltweit und auch bei uns in SachsenAnhalt. Landwirtschaftliche Nutzflächen sind dabei mehr als nur das Grundkapital für den Landwirt. Sie sind auch Lebensräume für wildlebende Pflanzen und Tiere und nicht zuletzt für Bodenorganismen - ein bislang wenig beachteter, aber für die Funktionsfähigkeit der Böden wichtiger Teil der biologischen Vielfalt.

Böden sind nach den Weltmeeren der zweitgrößte Kohlenstoffspeicher der Erde. Ihr Erhalt ist deshalb auch für den Klimaschutz von großer Bedeutung. Böden spielen eine wichtige Rolle für die Wasser- und Nährstoffkreisläufe und schützen das Grundwasser. Ich sehe es deshalb als unsere Aufgabe an, mit unseren Landwirten die Qualität der Böden durch eine nachhaltige landwirtschaftliche Nutzung zu erhalten und die Böden als Bestandteil des Naturhaushalts zu sichern. Dabei sind unsere Bauern gute Partner.

Es bedarf in der Europäischen Union keiner Bodenschutzrichtlinie, die von Spitzbergen bis Gibraltar den Umgang mit dem Boden vorgibt. Dazu sind die Verhältnisse in Europa zu unterschiedlich.

(Zustimmung von Frau Brakebusch, CDU, und von Herrn Daldrup, CDU)

Wir haben in Deutschland gesetzgeberisch ausreichend Vorsorge getroffen, um unsere Böden zu schützen. Ich bin der Bundesregierung deshalb dankbar, dass sie eine zusätzliche Bürokratisierung durch europäische Rechtsetzung im Bereich des Bodenschutzes bisher erfolgreich verhindert hat.

Es ist unbestritten, dass die Erhaltung von Kulturlandschaften, die Pflege historischer Landschaften und die Erhaltung seltener Biotope nur gemeinsam mit den Land- und Forstwirten zu machen ist.

Die Neuanlage von Industrie- und Gewerbeflächen, der Verkehrswegebau und die Zersiedlung führen dazu, dass die Siedlungs- und Verkehrsfläche in Deutschland täglich immer noch um rund 100 ha wächst. Vor einem Jahrzehnt waren es sogar noch 130 ha. Dadurch werden Böden versiegelt und Lebensräume zerschnitten.

Grundsätzlich verfügt Sachsen-Anhalt über ein breites Spektrum an Instrumenten zur Förderung von nachhaltigen Nutzungsformen, zur Lenkung von Eingriffen in die Landschaft, zur Verhinderung der stofflichen Belastung sowie zur Erhaltung der Lebensräume und Arten. Die bisherigen Instrumente und Maßnahmen sind gut und auch durchaus erfolgreich, doch sie sind nicht ausreichend. Es sind noch intensivere Anstrengungen erforderlich. Es gilt, die Weichen richtig zu stellen, um den Flächenverbrauch im Siedlungs- und Verkehrsbereich deutlich zu reduzieren.

(Zustimmung von Herrn Daldrup, CDU)

Ein wichtiger Schritt dazu ist die von der Landesregierung im November 2008 beschlossene Konzeption zur Erweiterung bzw. Neuausweisung strategisch wichtiger Industriegebiete. Mit der bereits genannten Altlastensanierung sichern wir die langfristige Nutzbarkeit von Industrie- und Gewerbeflächen und haben viele wich

tige Neuansiedlungen auf solche Flächen lenken können.

(Herr Hauser, FDP, und Herr Kley, FDP, lachen)

Ein weiterer Schritt und Hauptansatzpunkt ist ein verbessertes Kompensationsflächenmanagement bei Infrastrukturmaßnahmen und den damit verbundenen Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen. Wir wollen die verbesserten Regelungen des neuen Bundesnaturschutzgesetzes für einen zielgerichteten Ausgleich bzw. Ersatz bei unvermeidbaren Eingriffen in Natur und Landschaft künftig konsequent nutzen. Im Interesse eines effektiven Naturschutzes sollen die bisher positiven Ansätze des Kompensationsflächenmanagements weiter optimiert werden.

Neben der bewährten Ökokontenregelung werden wir ein wirksames Flächenmanagement verstärkt über so genannte Ökopoolmaßnahmen anwenden. Erste Projekte sind bereits erfolgreich angelaufen. Der notwendige Naturschutzausgleich soll möglichst dort stattfinden, wo wirksam und nachhaltig etwas für die Natur geleistet werden kann. Gleichzeitig sollen die Flächenkonkurrenzen zwischen Naturschutz und bestehenden Nutzungen durch ein vorausschauendes Flächenmanagement auf ein Mindestmaß beschränkt werden. Der Kerngedanke ist eine zielgerichtete Lenkung von Kompensationsmaßnahmen auf solche Projekte, die sowohl für den Naturschutz wertvoll als auch für die Landwirtschaft verträglich sind.

Wichtige Akteure dabei werden leistungsfähige Landesgesellschaften wie die Landgesellschaft und die Mitteldeutsche Sanierungs- und Entsorgungsgesellschaft, aber natürlich auch vergleichbar qualifizierte Dritte sein. Die Stiftung für Umwelt, Natur- und Klimaschutz des Landes soll in vertraglicher Zusammenarbeit mit den Flächenagenturen die wichtige Aufgabe der dauerhaften Sicherung und Verwaltung dieser wertvollen Naturschutzflächen übernehmen. Ein entsprechender Gesetzentwurf der Landesregierung wird heute eingebracht werden. Wir arbeiten daran, die Maßnahmen für den Naturschutz und für die Land- und Forstwirtschaft zu optimieren.

Meine Damen und Herren! In unserem Grundgesetz ist die Pflicht des Staates zum Schutz der natürlichen Lebensgrundlagen verfassungsrechtlich verankert. Wir können dieser Pflicht aber nur genügen, wenn wir den Umweltschutz als gesamtgesellschaftliche Aufgabe begreifen.

Klima-, Umwelt- und Naturschutz kosten Geld. Die ökonomischen Folgen werden aber um ein Vielfaches teurer, wenn wir die aktuellen Fragen und Probleme in diesen Bereichen ignorieren. Inzwischen sind Ökologie und Umweltschutz gerade bei uns wichtige Wirtschaftsbereiche geworden. Umwelttechnologien gehören zu den erfolgreichen deutschen Exportgütern.

Ganz entscheidend für den Erfolg aller Bemühungen, die Umwelt unserer Heimat zu schützen, ist eine gute Zusammenarbeit zwischen allen Beteiligten. Wir setzen primär auf Partnerschaft zur Durchsetzung umweltpolitischer Ziele. Dazu bedarf es intensiver Überzeugungsarbeit.

Auch deshalb fördern wir Angebote, um schon Kinder und junge Menschen für Umweltbelange zu sensibilisieren, um ihr Interesse an Umwelt und Natur zu wecken und um sie zu verantwortlichem Handeln im Interesse

der Bewahrung der natürlichen Lebensgrundlagen zu befähigen. Das muss noch verstärkt in unsere Bildungspolitik Eingang finden.

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Wir können in vielen Bereichen auf eine erfolgreiche Bilanz zurückblicken. Sachsen-Anhalt ist in vielen Punkten weiter als andere Länder. Das betrifft unser Engagement beim Klimaschutz, im Bereich der Biodiversität und insbesondere im Bereich der regenerativen Energien.

Darauf können wir stolz sein. Wir wissen aber auch, dass die vor uns stehenden Herausforderungen eher größer als kleiner werden. Deshalb können und wollen wir uns auf den Erfolgen nicht ausruhen. Wir wollen engagiert weiter daran arbeiten, die Umwelt unserer Heimat zu schützen.

Ich möchte die Gelegenheit nutzen, all denen zu danken, die daran mitgewirkt haben, den Umweltschutz in Sachsen-Anhalt voranzubringen. Dazu zählen in besonderer Weise die zahlreichen ehrenamtlich Tätigen mit ihrer unermüdlichen Arbeit. Ihre Arbeit ist besonders zu würdigen.

(Zustimmung bei allen Fraktionen)

Ich danke den Verbänden für Ihre Anregungen und Hinweise sowie das konstruktive Mitwirken, zum Beispiel im Naturschutzbeirat. Denn nur in dieser Zusammenarbeit und mit dem Engagement der Menschen können wir die Vielfalt und Einzigartigkeit von Landschaften bewahren. Damit lässt sich eine nachhaltige Entwicklung für die Menschen im Einklang mit der Natur ermöglichen.

Danken möchte ich auch für das umweltpolitische Engagement des Landtages. Ich möchte an dieser Stelle auch meinen Amtsvorgängern und insbesondere Frau Petra Wernicke danken, die sieben Jahre lang die Umweltpolitik dieses Landes vorangebracht und maßgeblich geprägt hat.

(Beifall bei der CDU und von der Regierungs- bank)