Mir geht es hier nur um eines: Sie werfen der Bundesregierung vor, sie würde an der einen oder anderen Stelle auch darauf schauen, dass die Finanzvolumina austariert sind. Das Gleiche machen Sie auf Landesebene auch. Ich muss ganz offen gestehen, dass es für mich ein bisschen unglaubwürdig ist, wenn man auf der einen Seite sagt, man möchte das, es auf der anderen Seite aber nicht tut.
Ich muss Sie zum Kern der Sache zurückführen. In unserem Antrag steht nichts von einer Erhöhung. Darin steht lediglich die politische Forderung, die Landesregierung möge dem betreffenden Gesetzentwurf im Bundesrat nicht zustimmen.
(Herr Kosmehl, FDP: Das heißt, Sie wollen keine Erhöhung vornehmen! - Herr Kley, FDP: Also wollen Sie eine Senkung haben! Das erschreckt völlig!)
Ich bin meiner Kollegin Frau Dr. Hüskens dankbar; denn das bringt mich zunächst zu einer anderen Frage, bevor ich meine eigentliche Frage stellen möchte. Sind Sie nun für eine Erhöhung der Hartz-IV-Sätze oder sind Sie es nicht? Das habe ich nicht ganz verstanden. - Das ist meine erste Frage.
Die zweite Frage: Wissen Sie, dass wir in Sachsen-Anhalt - ich arbeite zurzeit eine Kleine Anfrage dazu aus, weil ich das flächendeckend für das Land wissen möchte - bereits Einzelunterricht erteilen, und zwar in Sprachen für Schüler an den Gymnasien mit einem erweiterten Sekundarschulabschluss in den Klassen 10 bis 11? - Wir kümmern uns also. Diese Möglichkeit gibt es schon, um einen Ausgleich zu schaffen für diejenigen, die, wie Sie sagen, aus früh selektierenden Bildungseinrichtungen kommen.
Zu der ersten Frage möchte ich Ihnen sagen: Natürlich sind wir für eine Erhöhung. Daran kann es gar keinen Zweifel geben.
Das steht aber hier nicht zur Verhandlung, meine Damen und Herren. Das steht hier ganz bewusst nicht zur Verhandlung. Deswegen noch einmal: Die Frage von Frau Dr. Hüskens war insoweit unredlich, weil die Anträge eben nicht gleichlautend sind.
Zu der zweiten Frage möchte ich sagen: Die Tatsache, dass wir hier und da Einzelunterricht haben, enthebt die Schule doch nicht von ihrer bildungspolitischen Gesamtverantwortung, sich um ihre Schüler zu kümmern, jeden Einzelnen dort abzuholen, wo er ist, und ihn nicht zu gewerblichen Nachhilfeeinrichtungen zu schicken. Darin sind wir uns doch, zumindest was den abstrakten Willen angeht, völlig einig. Ich weiß nicht, was eigentlich Ihre Frage oder Botschaft war.
Frau Präsidentin, ich danke Ihnen ganz herzlich. - Ich möchte das noch einmal klarstellen. Es gibt schon Fördermöglichkeiten - nach der Sinnhaftigkeit frage ich jetzt nicht -; denn demjenigen, der nur schwächere Leistungen hat und dort gerne mitbeschult werden möchte, wird
es nicht gestattet. Aber für diejenigen, die über den erweiterten Sekundarschulabschluss an das Gymnasium kommen, halten wir sogar Einzelunterricht während der Schulzeit vor. Das heißt, es gibt doch schon eine Möglichkeit, das zu tun. Das will ich nur sagen, weil Sie immer sagen, die Durchlässigkeit wäre nicht gegeben. Die Frage, ob das sinnvoll ist, möchte ich gar nicht stellen.
Es gibt doch genügend Möglichkeiten der Förderung. Es ist einfach nicht wahr, dass die Förderung nicht ausreicht. Die Förderung geht sogar so weit - ich sage es noch einmal -, dass wir Einzelunterricht erteilen. Ob das sinnvoll ist, wage ich zu bezweifeln.
Ja, Ihren letzten Satz unterstütze ich. Ich würde jetzt auch bezweifeln, dass das sinnvoll ist. Aber ich möchte hier jetzt keine bildungspolitische Debatte entfachen. Dafür haben wir nachher während der Diskussion zu einem ähnlichen Punkt noch ausreichend Gelegenheit.
Danke sehr für die Einbringung, Frau Bull. - Für die Landesregierung hat Minister Herr Dr. Haseloff um das Wort gebeten. Bitte sehr.
Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Ich möchte versuchen, diese Debatte bzw. diesen Tagesordnungspunkt mit einigen ganz nüchternen und sachlichen Bemerkungen zu untersetzen, um auf den eigentlichen Kern dessen zu kommen, was bundespolitisch zur Entscheidung steht.
Was war die Aufgabe der Bundesregierung? - Die Bundesregierung hatte ein Verfassungsgerichtsurteil zu berücksichtigen und dessen Intentionen umzusetzen. Dieses besagt, dass der Bildungsanteil für Kinder von Empfängern von Hartz-IV-Leistungen nicht ausreichend abgebildet ist bzw. dass generell das, was im Leistungskatalog zusammengefasst ist, nicht ausreichend transparent und nachvollziehbar ist und dass es demzufolge auf den Tisch zu legen ist. Das ist vollzogen worden. Man kann sich sicherlich über die Berechnungsgrundlagen streiten.
Ich muss zunächst mit Hochachtung sagen, dass das, was dort vor fünf Jahren durch die rot-grüne Bundesregierung fixiert wurde, sehr punktgenau gewesen ist; denn das, was derzeit zutage gefördert wurde, weicht nur in Teilen davon ab, unabhängig davon, dass sich natürlich die einzelnen Elemente des Warenkorbes, der zum Beispiel zu berücksichtigen ist, sicherlich in verschiedene Richtungen entwickelt haben.
Unter dem Strich kann man sagen, dass die Personengruppe mit den niedrigsten Einkommen berücksichtigt worden ist; diese macht einen Anteil von 22,6 % aus. Darunter fallen die Singles, die ausschließlich Leistungen bekommen und keine zusätzlichen Erwerbsmöglichkeiten haben. Diese Gruppe macht einen Anteil von 8,6 % aus und ist zunächst einmal außen vor geblieben. Man hat diejenigen, die dann im Bereich des unteren Einkommens als Nächste zu registrieren waren - die entsprechende Gruppe umfasste 15 % -, zugrunde gelegt. Durch die Addition der beiden Gruppen kommt man
Als Nächstes wurde gesagt, dass sich die entsprechenden Bewegungen innerhalb der Grundsicherung natürlich auch vor dem Hintergrund des Preisniveaus abbilden müssen. Hierbei ist auch unberücksichtigt geblieben, dass es in der Zwischenzeit eine ständige Nachführung der Warmmiete an die realen Bedarfe gegeben hat.
Sie wissen, dass wir gegenüber dem früheren Arbeitslosenhilfesystem, nach dem noch ergänzend Wohngeld beantragt werden konnte, mit Hartz IV eine entsprechend strukturierte Warmmiete komplett eingebucht haben und dass sich in Sachsen-Anhalt in den letzten fünf Jahren für die durchschnittliche Leistung für die Bedarfsgemeinschaften ein Zusatzbetrag von 52 € herausgestellt hat, der auch zur Auszahlung gekommen ist. Das heißt, die Zuschüsse für Warmmieten sind um 52 € angestiegen.
Der jetzige Anpassungsbedarf in Höhe von 5 €, der wahrscheinlich durch die Lohnentwicklung um weitere 5 € aufgestockt wird, ist ein zusätzliches Element gegenüber dem eigentlichen Auftrag, die Bildungsbedarfe für die Kinder entsprechend zu fixieren. Um 5 € wird der Betrag für Singles auf 364 € erhöht. Dieser Betrag ist im Quervergleich zur Vergleichsgruppe, die im Durchschnitt 843 € hat, als Einkommen wie folgt zu qualifizieren bzw. zu interpretieren:
Von den 843 €, die die Alternativperson bzw. die Parallelperson erhält, muss man die Mietkosten und Heizkosten, also die Warmmiete, die Rundfunk- und Fernsehgebühren, also GEZ-Gebühren, die entsprechenden Zuzahlungen zum Beispiel für Zahnersatz, für orthopädische Leistungen und für andere medizinische Zusatzleistungen abziehen, die der normale Erwerbstätige auch zu bezahlen hat. Damit reduziert sich dieser Betrag auf 479 €. Es bleibt zu den 364 € für den SingleHartz-IV-Empfänger eine Differenz von 115 €.
Nehmen Sie des Weiteren an, dass eine Erwerbsperson natürlich andere Mobilitätsanforderungen hat als ein Arbeitsuchender, der auch mobil sein muss - das möchte ich überhaupt nicht infrage stellen -, dann ist allein für den Mobilitätsaufwand, also für Kraftfahrzeuge, ein Betrag von 36,48 € zugrunde gelegt worden. Hinzu kommen weitere Dinge, die nicht als Werbungskosten abrechenbar sind. Durch den Abzug dieser Kosten hat sich der Betrag von 115 € entsprechend minimiert und ist im Direktvergleich auch abgeschmolzen.
Wenn wir mit Blick auf die Grundsatzsystematik, die schon vor fünf Jahren eine Rolle gespielt hat, wiederum davon ausgehen, dass die entsprechenden SingleHartz-IV-Empfänger ohne weiteres Einkommen bis zu 100 € anrechnungsfrei verdienen können - das machen übrigens nicht wenige, und dieser Anreiz soll auch erhalten bleiben -, dann ist an der unteren Grenze, wo die Einkommen mit den Leistungen der Hilfeempfänger zusammenstoßen, fast schon eine finanzielle und materielle Identität zugrunde zu legen.
Das ist das, was alle Fachleute, übrigens auch die der Sozialverbände, als Grenzpunkt bezeichnen, wenn es darum geht, in gewisser Weise noch ein Abstandsgebot aufrechtzuerhalten und zumindest eine Überlappung zu vermeiden, sodass der Anreiz zur Arbeitsaufnahme in den unteren Bereichen immer noch größer ist als der Anreiz zum Verbleib in der Alimentation.
Nun weiß ich selbst - ich nehme für mich in Anspruch, dass ich mit diesem Thema in den letzten 20 Jahren mit am meisten zu tun hatte -, dass wir überwiegend davon ausgehen können, dass die Menschen, die sich in der Situation Hartz IV befinden, Arbeit suchen, Arbeit wollen und für sich auch die Integration wollen.
Trotzdem muss eine grundsätzliche Leistungssystematik - das war auch damals die Philosophie von Rot-Grün - erhalten bleiben, sodass es noch einen Sprung gibt, wenn ich ein Erwerbsleben aufnehmen kann bzw. in ein Erwerbsverhältnis eintreten kann, damit ich zusätzlich etwas für meine Grundsicherung und für mein Einkommen habe. Das ist, denke ich, eine Systematik, die wir dringend auch beibehalten sollten und die auch beibehalten werden muss. Das heißt, dass wir ein Augenmaß wahren müssen zwischen sozialer Verantwortung und dem Wettbewerbsgedanken, der Arbeit einfach lohnend macht.
Ich glaube, dass deswegen die Fortschreibung der Ursprungssystematik von vor fünf Jahren durch die jetzige Bundesregierung opportun ist, auch vor dem Hintergrund dessen, was aus dieser Systematik trotzdem für die Kommunen und auch für den Arbeitsmarkt insgesamt erwächst.
Lassen Sie mich noch zwei Schlussbemerkungen machen. Erstens. Die Lohnentwicklung ist in Sachsen-Anhalt in den letzten fünf Jahren gut verlaufen. Wir haben ein Plus von 12,3 % zu verzeichnen. Dieser Zuwachs liegt in den anderen neuen Bundesländern im Durchschnitt bei 11,2 % und in den alten Bundesländern bei 7,4 %. Das heißt, hierbei sind wir einen Schritt nach vorn gekommen. Wir sind noch längst nicht auf dem Niveau, auf das wir kommen wollen, auf dem sich das Arbeitaufnehmen von Jahr zu Jahr mehr lohnt, sodass man dem Abstandsgebot wieder besser gerecht werden kann, als es derzeit der Fall ist.
Zweitens. Wir wissen, dass jedes Anfassen der Grundsicherung, sofern es nach oben geht, automatisch auch eine Mehrbelastung für die Kommunen bedeutet; denn diese müssen auch die Grundsicherung für die nicht im SGB-II-System erfassten Personen sicherstellen. Das heißt, wir haben dann automatisch auch einen weiteren Handlungsbedarf im öffentlichen Haushalt, über den man ganz fair und offen diskutieren sollte.
Ich möchte auf diese vorhandenen kommunizierenden Röhren lediglich hinweisen, um die Diskussion in Gänze abzubilden und sie nicht auf eine Sozialdiskussion zu verkürzen, die schlicht und einfach fehl geht, wenn wir darum ringen, was wir mit den niedrigen Einkommen in unserem gesamten System machen und wie wir zu höheren Löhnen kommen. Dazu ist auch in den Vorgängerdiskussionen schon vieles gesagt worden.
Wir bekennen uns ganz klar dazu, dass es hier eine deutliche Entwicklung geben muss. Und dass wirtschaftliche Entwicklung bei den Arbeitnehmern ankommen muss, ist unbestritten. Aber nach wie vor gilt immer noch das Prinzip, dass ein Sozialstaat erst das erarbeiten muss, was er an Sozialleistungen ausgibt.
Es gibt ein Abstandsgebot, aber wir müssen auch insgesamt eine Klammer bilden zu denjenigen, bei denen die Kinder in Systemen groß werden, wo eben nicht die Einkommen aus Erwerbstätigkeit im Vordergrund stehen können. Wir wollen trotzdem für alle eine Teilhabe an den Chancen sichergestellt sehen.
Ich glaube, das ist mit dem System, das jetzt fortgeschrieben wurde, erreicht worden. Man kann sich noch im Detail in technischer Hinsicht darüber unterhalten, wie wir das praktizieren, ob es dabei zu Chipkarten, zu Gutscheinen oder zu Ähnlichem kommt. Entscheidend ist, dass das Geld, und zwar im Durchschnitt 500 Millionen € pro Jahr, dort, wo es hingehört, bei den Kindern, ankommt. - Herzlichen Dank.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Die Koalitionsfraktionen haben zum Antrag der Fraktion DIE LINKE einen Alternativantrag eingebracht, der keine politische Wertung enthält und der lediglich darauf abzielt, gemeinsam über die Berechnung der Regelsätze im SGB II zu diskutieren.
Die Koalitionsfraktionen mögen in ihrer Bewertung darüber, ob es sich hierbei um eine transparente und sachgerechte Ermittlung des tatsächlichen Bedarfs für Erwachsene und Kinder handelt, unterschiedlicher Meinung sein. Ich finde, man muss auch einmal sagen dürfen, dass das legitim ist. Wir sind uns aber darin einig, dass wir mit dem Ihnen vorliegenden Alternativantrag eine gute Grundlage für die Diskussion im Ausschuss geschaffen haben.
In einem in der gestrigen „Volksstimme“ veröffentlichten Interview hat Sozialminister Norbert Bischoff richtig festgestellt: Ob nun 5 € oder 10 € - das macht den Kohl nicht fett und würde die Stimmung nicht verbessern.