Protocol of the Session on October 8, 2010

(Zustimmung bei der SPD - Frau Hüskens, FDP: Das war eine Frage!)

Wir wollen eine transparente Berechnung, eine sachgerechte Ermittlung der Regelbedarfe. Ich habe kritisiert, dass uns die Rohdaten bislang nicht vorliegen. Wenn wir sie haben - - Wir rechnen momentan sehr intensiv. Wir hoffen natürlich, dass Ihre Berechnungen richtig sind. Wir werden das auch entsprechend begleiten.

Herr Wolpert hat auch eine Nachfrage?

(Herr Wolpert, FDP: Nein!)

- Nein.

(Herr Wolpert, FDP: Die Antwort war erschöp- fend!)

- Gut. - Danke sehr, Frau Hampel. - Für die FDP-Fraktion spricht die Abgeordnete Frau Dr. Hüskens. Bevor Frau Dr. Hüskens das Wort ergreift, möchten wir Schülerinnen und Schüler der Berufsbildenden Schulen in Quedlinburg begrüßen. Seien Sie recht herzlich willkommen!

(Beifall im ganzen Hause)

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Nach der Rede des Ministers hatte ich eigentlich gedacht, ich kann mich im Wesentlichen darauf beziehen. Aber auf Frau Hampel war wie immer Verlass. Deshalb habe ich jetzt doch noch ein paar Punkte, auf die ich eingehen möchte. Ich fange einmal von hinten an.

Zu den Rohdaten. Frau Hampel, ich glaube nicht, dass das Statistische Bundesamt der SPD-Bundestagsfraktion, aber auch nicht der FDP- oder der CDU-Bundestagsfraktion Rohdaten geben sollte. Denn daraus könnte man tatsächlich Rückschlüsse auf die Personen ziehen. Dann würden wir alle sofort die Datenschützer am Hals haben. Also wird sich die SPD in dem Punkt ein bisschen gedulden müssen. Aber Sie werden die Daten bekommen.

Der andere Punkt - Kinderzuschlag - ist Unsinn. Ich weiß, dass Ihre Bundestagsfraktion das behauptet. Aber das ist manchmal ein Problem, wenn man sich in seinem Informationsgehalt nur auf „Spiegel-Online“ bezieht und sich nicht - ich gehe allerdings davon aus, dass er bei Ihnen in der Fraktion auch vorhanden ist - einfach den Gesetzentwurf anschaut. Das wäre besser gewesen.

(Beifall bei der FDP)

Worüber diskutieren wir im Augenblick eigentlich? - Vor einigen Jahren hat es eine rot-grüne Bundesregierung gegeben, die einen Gesetzentwurf mit dem völlig richtigen Ansatz auf den Weg gebracht hat, Menschen in Arbeitslosigkeit zu fordern und zu fördern und - unter uns gesagt - auch ganz klar dafür zu sorgen, dass niemand das System als so komfortabel empfindet, dass er in dieser Situation außerordentlich gern bleibt. Diesen Ansatz teilen wir ganz ausdrücklich.

(Beifall bei der FDP)

Denn von einem bedingungslosen Grundeinkommen halten wir nichts.

(Frau Bull, DIE LINKE: Das hat auch niemand gesagt!)

Leider war das, was Sie damals gemacht haben, handwerklich fehlerhaft. Sie konnten gegenüber dem Bundesverfassungsgericht nicht nachweisen, wie Sie auf die Beträge gekommen sind. Deshalb ist in dem Urteil schlicht und ergreifend festgestellt worden, es sei ins Blaue hinein geschätzt worden, zukünftig sei eine nachvollziehbare Berechnung vorzulegen.

Ich kann mich allerdings dem Lob des Wirtschaftsministers anschließen. Die SPD hat mit dem, was jetzt als nicht transparenter Weg bezeichnet worden ist, durchaus einen relativ vernünftigen Zielkorridor gefunden.

Was hat man dann seitens der Bundesregierung getan? - Man hat die unteren 20 % der Einkommensskala herangezogen und dabei die Bezieher von Leistungen nach dem SGB II und SGB XII herausgerechnet. Denn sonst würde ein Zirkelschluss, von dem Frau Bull gesprochen hat, entstehen; das ist logisch. Ich brauche ja eine Vergleichsgruppe.

Für diesen Personenkreis wird die Einkommens- und Verbrauchsstichprobe herangezogen, übrigens die von 2008; deshalb ist der Vergleichswert aus dem Jahr 2003, den Frau Bull genannt hat, auch nicht korrekt.

Für all diejenigen, die sich nicht so häufig mit solchen Dingen beschäftigen, möchte ich es kurz erklären: Man hat 55 000 Haushalte über drei Monate lang aufschreiben lassen, welche Positionen sie jeden Monat ausgeben. An dieser Stelle muss ich ganz ehrlich sagen, noch kleinteiliger geht es kaum. Das ist für Statistiker schon ein enormer Datenpool, der uns insgesamt auch sehr gut nachvollziehbare Daten liefert. Ich glaube, eine bessere statistische Grundlage werden wir in diesem Bereich gar nicht bekommen.

Demzufolge gehe ich davon aus, dass der Weg, den die Bundesregierung jetzt geht, den Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts im Verhältnis 1 : 1 entspricht.

Jetzt werden von der Opposition Spielchen gemacht nach dem Motto, manche Ausgaben seien nicht auskömmlich genug berücksichtigt worden oder man habe politisch begründet verschiedene Sachen herausgerechnet. Es wurden hier Alkohol und Tabak genannt. - Nie

mand verbietet Menschen, die Hartz-IV-Leistungen beziehen, Alkohol zu konsumieren oder Tabak zu rauchen. Nur, Alkohol und Tabak gehören nun einmal nicht zum täglichen Grundbedarf, zumindest außerhalb Bayerns.

(Beifall bei der FDP - Herr Miesterfeldt, SPD: Wer sagt das?)

Also brauche ich sie nicht hineinzurechnen. Allerdings ist die Bundesregierung an dem Punkt auch nicht naiv gewesen. Man hat, wenn Sie einmal hinschauen, den Betrag für die alkoholfreien Getränke entsprechend erhöht.

Man ist an die Berechnungen ganz praxisnah herangegangen und hat einen höheren Satz für den ÖPNV berücksichtigt. Man hat die Praxisgebühr berücksichtigt. Man hat endlich den Bedarf für Kinder tatsächlich zielgruppengerecht nach drei Altersgruppen berechnet. Also ich muss ganz offen gestehen, noch punktgenauer geht es kaum.

Dann kommt - das ist heute auch schon ausreichend gewürdigt worden - der Bereich der Bildung hinzu. Frau Bull, ich will einmal auf einen Punkt hinweisen, der ein bisschen schräg ist. Wir werden nach der Mittagspause wahrscheinlich die Diskussion über einen ganztägigen Betreuungsanspruch in Kindertageseinrichtungen für alle führen. An dieser Stelle sagt Ihre Fraktion immer: Na ja, wir trauen den Eltern nicht so ganz; die können das nicht; deshalb müssen die Kinder alle in den Kindergarten.

(Beifall bei der FDP - Zuruf von der LINKEN: Das ist doch Quatsch!)

Hier fordern Sie jetzt Bargeld für alle, damit jeder das Geld so ausgeben kann, wie er es möchte. Wir sind doch alle erwachsen. Wir wissen doch ganz genau, ja, die meisten Eltern kümmern sich verantwortungsvoll um ihre Kinder. Deshalb werden auch die meisten Beträge nach wie vor bar ausgezahlt.

Aber er gibt auch Eltern, mit denen wir Schwierigkeiten haben. Von den Einrichtungen wird uns immer wieder vorgetragen, sorgt doch bitte dafür, wenn ihr das Mittagessen bezuschusst, dass das Geld nicht an die Eltern ausgezahlt wird, sondern in die Einrichtungen fließt. In Bezug auf Klassenfahrten wird gesagt, zahlt die Zuschüsse nicht an die Eltern, sondern bitte an die Schule. Schulstarterpaket; das sind viele Dinge, bei denen uns von den Praktikern immer wieder vorgetragen wird, wir wollen nicht alle Eltern über einen Leisten schlagen, aber sorgt doch dafür, dass diese Gelder wirklich dorthin kommen, wo sie gebraucht werden, nämlich bei den Kindern. Ich bin mir ganz sicher, dass in vielen Einrichtungen - wenn Sie schon davon ausgehen, dass die Eltern dazu nicht in der Lage sind - diese Dinge entsprechend umgesetzt und berücksichtigt werden.

Noch eine abschließende Bemerkung. Ich finde es immer ein bisschen irritierend, dass man die Frage der Erhöhung von Transferleistungen immer nur von der Nehmerseite aus betrachtet. Ich bin fest davon überzeugt, dass es dem sozialen Frieden in unserem Bundesland mindestens genauso gut täte, wenn wir versuchen, immer beide Seiten zu sehen.

Der eine nimmt, ja, und zwar weil er in der Situation ist, es zu brauchen, weil er keine Arbeit findet. Er braucht die staatliche Unterstützung, die sozialpolitische Unterstützung. Aber wir müssen auch immer im Auge behalten, dass diejenigen, die zahlen, die jeden Tag leisten,

nicht den Eindruck haben dürfen, die Deppen der Nation zu sein.

(Beifall bei der FDP)

Vielmehr müssen sie wissen, dass sie helfen und nicht ausgenommen werden. Ich glaube, in diesem Sinne ist der Gesetzentwurf der Bundesregierung ein guter. Ich glaube auch, dass er zum sozialen Frieden in unserem Land beitragen wird. - Ich danke Ihnen.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU)

Frau Dr. Hüskens, es gibt eine Nachfrage von Frau Bull.

(Zuruf von Frau Bull, DIE LINKE)

- Doch nicht? Es gibt keine Nachfrage. - Für die CDUFraktion spricht die Abgeordnete Frau Take.

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Das Bundesverfassungsgericht hat vor allem die Intransparenz des Systems beklagt. Sie stellen einen Antrag, in dem sie sagen: 5 € mehr - das geht überhaupt nicht, viel zu wenig!

Sie sagen aber nicht, woher Sie die Zahlen nehmen. Sie legen uns keine Kalkulation vor und wirken jetzt wieder ins Blaue. Mit finanziellen Mondforderungen, wie sie von Ihnen aufgemacht werden, verstoßen Sie stattdessen wieder gegen das Urteil des Bundesverfassungsgerichtes.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Sie wollen Gelder ausreichen, die Sie wieder willkürlich festlegen. Sie begründen das in Ihrem Antrag damit, dass es nicht ausreicht, um ein würdiges Leben zu führen. Sie sagen ferner, dass man damit seinen Lebensunterhalt nicht bestreiten könne und dass man damit aus dem Transfersystem nicht herauskomme.

Da haben Sie völlig Recht. Frau Bull hat vorhin die Afrikaner bemüht. Ich möchte dazu ein afrikanisches Sprichwort anführen, das heißt: Wenn Du einen Menschen versorgen willst, dann gibt ihm keinen Fisch, sondern eine Angel.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP - Zurufe von der LINKEN)

Das heißt, wir müssen dafür sorgen, dass Menschen, die in Transfersystemen sind und Sozialleistungen erhalten, wieder in Arbeit kommen und demzufolge ihren Lebensunterhalt selbst verdienen können. - Das zur Einführung in meinen Vortrag.

Wenn Sie sich nach den Vorgaben des Bundesverfassungsgerichtes richten und die Berechnungen des Statistischen Bundesamtes zugrunde legen, dann kommen Sie nicht einmal in die Nähe der Forderungen, die DIE LINKE aufgemacht hat.

Herr Haseloff hat schon ausgeführt, wie diese Sätze zustande kamen, die mit dem Gesetz eingeführt wurden. Eine der wichtigsten Reformen - das wurde auch schon gesagt - war die von der rot-grünen Bundesregierung eingeführte Hartz-Reform. Mit der Hartz-Reform - das möchte ich als Ergänzung zu dem sagen, was Frau Hampel schon sagte und was Frau Dr. Hüskens anführte - wurden die Sozialhilfe und die Arbeitslosenhilfe zusammengelegt.

Sie erinnern sich bestimmt: Sozialhilfeempfänger hatten auf dem Arbeitsmarkt keinen Zugang zu irgendeiner Förderung. Insofern sind die Reformen gut und richtig gewesen; denn erst mit diesen Reformen konnten Menschen, die bisher Sozialhilfeempfänger und arbeitsfähig waren, in die Arbeitsmarktförderung einbezogen werden. Das ist eine große Leistung, die man hier auch einmal anerkennen muss.

Für Menschen, die nicht arbeitsfähig sind, haben wir andere Systeme. Diese Menschen müssen durch uns versorgt und von unserer Solidargemeinschaft getragen werden. Es sind Menschen, die nicht für ihr eigenes Fortkommen sorgen können.