Protocol of the Session on September 10, 2010

Vielen Dank, Abgeordneter Herr Tögel. - Ich darf nun für die Landesregierung den Wirtschaftsminister Herrn Dr. Haseloff um seinen Redebeitrag bitten. Bitte schön.

Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Das Bundesberggesetz ist Teil der konkurrierenden Gesetzgebung nach Artikel 74 Nr. 11 des Grundgesetzes. Es stellt eine bundeseinheitliche Regelung dar und trägt somit zur Vereinheitlichung des Bergrechts bei.

Die Rohstoffsicherungsklausel gemäß § 48 Abs. 1 Satz 2 des Bundesberggesetzes sichert das Aufsuchen und die Gewinnung von Rohstoffen. Sie stellt keine generelle Befreiung von Verboten und Beschränkungen des Bergbaus durch andere gesetzliche Vorschriften dar.

Aufgrund der Umsetzung der EG-Umweltverträglichkeitsprüfungsrichtlinie in nationales Recht sind bereits umfangreiche umweltrechtliche Belange und Beteiligungsrechte der Öffentlichkeit in das Bundesberggesetz eingeflossen.

So sind für die in § 1 der UVP-Verordnung Bergbau genannten bergbaulichen Vorhaben Planfeststellungsverfahren mit Umweltverträglichkeitsprüfung gesetzlich vorgesehen. Die Beteiligung der Öffentlichkeit ist dabei über die §§ 52 Abs. 2a, 57a des Bundesberggesetzes und §§ 72 ff. im Verwaltungsverfahrensgesetz sichergestellt, sodass Einwände gegen diese Verfahren eingebracht werden können.

Diese Rechtsentwicklung greift auch in den Fällen, in denen kein Planfeststellungsverfahren durchzuführen ist. Die umweltrechtlichen Belange werden hier im Rahmen der Durchführung anderer Genehmigungsverfahren, zum Beispiel wasserrechtlicher Erlaubnisverfahren oder naturschutzrechtlicher Verfahren, berücksichtigt.

In diesen Fällen ist die Beteiligung der Öffentlichkeit, wenn diese nicht bereits aufgrund der Anwendung der entsprechenden gesetzlichen Vorschriften besteht, durch § 48 Abs. 2 Satz 2 des Bundesberggesetzes gewährleistet, wonach Betriebspläne ausgelegt werden können, wenn mehr als 300 Personen betroffen sind oder der Kreis der Betroffenen nicht abschließend bekannt ist.

Als Ergebnis ist Folgendes festzustellen: Durch die EU-, Bundes- und Landesgesetzgebung ist in den letzten Jahren eine Vielzahl von ökologischen und sozialen Kriterien in die gesetzlichen Vorschriften für den Bergbau eingeflossen und sind bereits heute bei den bergbaulichen Vorhaben und der Rohstoffgewinnung entsprechend zu berücksichtigen. Eine Änderung des Bundesberggesetzes wird daher derzeit für nicht erforderlich gehalten. - Herzlichen Dank.

(Zustimmung bei der CDU)

Vielen Dank, Herr Minister, für Ihren Redebeitrag. - Wir kommen dann zu den Debattenbeiträgen der Fraktionen. Für Fraktion DIE LINKE hat der Abgeordnete Herr Lüderitz das Wort. Bitte schön.

Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Die Beschlussempfehlung lautet auf Ablehnung unseres Antrages. Dass ich dazu generell eine andere Auffassung habe, versteht sich, so denke ich, von selbst.

Ich möchte an dieser Stelle anmerken, dass es in den beiden Ausschüssen nur eine sehr oberflächliche Auseinandersetzung mit diesem Thema gegeben hat. Denn

- diesbezüglich möchte ich dem Minister vehement widersprechen - das Bergrecht, so wie es uns vorliegt, ist antiquarisch und entspricht nicht den Anforderungen des 21. Jahrhunderts.

(Zustimmung bei der LINKEN)

Die Chance, die Anpassung des Bergrechts an einen neuen § 48 insbesondere bei der Rohstoffsicherungsklausel im Bundesrat mit zu gestalten, hat das Land Sachsen-Anhalt vertan. Brandenburg wird dies im Bundesrat thematisieren. Ich hoffe, dass die Landesregierung, anders als sie es heute dargestellt hat, aktiv an diesem Prozess mitwirkt.

Was mich auch etwas verwundert, ist insbesondere die Feststellung der Landesregierung, dass § 48 in der heutigen Fassung einschließlich der Rohstoffsicherungsklausel die Kriterien der Nachhaltigkeit einhalten würde. Nein, Herr Minister, es ist nicht so.

Wenn kein Planfeststellungsverfahren notwendig ist, haben die betroffenen Gemeinden nicht die Chance, angehört zu werden. Also die Beteiligung der Träger öffentlicher Belange ist eingeschränkt. Ebenso haben Umweltverbände und Naturschutzverbände keine Chance, auf die Probleme, die in Bezug auf die Umweltverträglichkeit mit dem Rohstoffabbau einhergehen, hinzuweisen, weil sie nicht angehört werden müssen. Selbst wenn sie angehört werden, können die vorgetragenen Probleme auf der Grundlage des § 48 ohne Schwierigkeiten sozusagen abgewogen werden.

Die Landesregierung ist zwischenzeitlich mit der Aufstellung des ersten Entwurfs des neuen LEP auch noch ein Stück weiter gegangen. Dort hat man, was die Rohstoffsicherung betrifft, aus den bisherigen Grundsätzen so genannte Zielfestlegungen gemacht. Damit - das wissen alle diejenigen, die sich ein bisschen mit Raumordnung und Planfeststellung auskennen - hat man eine fast abwägungsfreie Zielfestlegung vorgenommen.

Das betrifft zum Beispiel in meinem Heimatkreis die Rehköpfe bei Ballenstedt. Das betrifft genauso den halleschen Raum bei Burgstetten oder Schackstedt in der Börde. Hier bliebe die Beteiligung öffentlicher Träger, sollte sie im Rahmen einer strategischen Umweltprüfung und eines Planfeststellungsverfahrens kommen, nur noch eine Farce, weil die Belange gegeneinander abgewogen werden.

Das alles findet statt in einem Zeitraum, in dem auch das Land Sachsen-Anhalt die UN-Dekade der Nachhaltigkeit begeht. Ich finde es sehr schade, dass man hier mit einem berechtigten Anliegen auf diese Weise umgeht. Deshalb wird meine Fraktion die Beschlussempfehlung ablehnen.

(Zustimmung bei der LINKEN)

Ich danke dem Abgeordneten Herrn Lüderitz für seinen Beitrag. - Für die CDU-Fraktion erteile ich dem Abgeordneten Herrn Gürth das Wort. Bitte, Herr Gürth.

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die CDU-Fraktion empfiehlt die Zustimmung zu der Beschlussempfehlung des Wirtschaftsausschusses. Ich will das wie folgt begründen.

Wie Sie wissen, komme ich aus Aschersleben. Wenn Sie dort mit dem Zirkel einen Radius von 20 km ziehen würden, würden Sie Dutzende Orte und Städte finden, in denen in den letzten 150 Jahren Bergbaugeschichte geschrieben wurde.

Ich kann mich noch gut daran erinnern, als 1963 - aus Erzählungen; ich bin 1962 geboren -

(Heiterkeit bei allen Fraktionen)

beschlossen wurde, den Ort Königsaue abzubaggern. Der Beschluss war gar nicht alt. Die Einwohner hatten wenige Wochen Zeit, um die Koffer zu packen. Da wurde gar nicht gefragt. Da gab es keine Abwägung. Da gab es keine Bürgerbeteiligung. Da gab es keine Frage.

Zwei haben gefragt. Die waren weg. Wir wissen bis heute nicht, wohin. - Das war 1963/1964, Königsaue.

Wenn Sie nach Schadeleben gehen, wenn Sie nach Nachterstedt sehen: Es gibt genügend Beispiele, darauf müssen wir nicht näher eingehen. Sie alle kennen das.

Insofern können wir allesamt froh sein, dass wir jetzt in Deutschland Rechtstaatlichkeit haben, ein modernes rechtsstaatliches Verfahren,

(Zustimmung bei der CDU und bei der LINKEN)

das sicherstellt, dass bei der Rohstoffsicherung, bei der Rohstoffgewinnung, bereits bei der beabsichtigten Erschließung die Interessen, die immer unterschiedlich sein werden, abgewogen werden. Die sind abzuwägen. Das sagt geltendes Recht aus.

Es wird in einer Industrienation immer die Nutzung von Rohstoffen erforderlich sein. Wir brauchen Kohle, Kiese, Steine, Sand und anderes mehr.

Es gibt genügend Initiativen, genügend Bürger, die dem Bauminister, dem Verkehrsminister die Bude für eine Ortsumgehung einrennen, damit die Städte entlastet werden.

(Zustimmung bei der CDU)

Für jeden Straßenbau braucht man Rohstoffe. Für jedes neue Werk, das Arbeitsplätze schafft, braucht man Rohstoffe usw. usf.

Wenn man Arbeitsplätze will, wenn man die Bürger in den Städten entlasten will, wenn man Infrastruktur bauen will, muss man sicherstellen, dass die dafür benötigten Rohstoffe auch genutzt werden können.

(Zustimmung bei der CDU und bei der FDP - Zu- ruf von Herrn Borgwardt, CDU)

Rohstoffnutzung betrifft Tausende, ja Zehntausende Arbeitsplätze bis hin zur Grundstoffchemie, Kalisalz und dergleichen mehr.

Wir können sicher sein, dass wir mit geltendem Recht eine sorgfältige, sehr langwierige, von der Industrie oft beklagte zu teure und zu aufwendige, aber richtige Abwägung aller Interessen haben, bevor eine Genehmigung zur Erschließung einer Lagerstätte gegeben wird. Dass dies auch weiterhin so bleibt, ist Anliegen der CDU-Fraktion.

Deswegen sind wir gegen ein Vorhaben, wie es von der Fraktion DIE LINKE hier beantragt wurde. Manche haben gesagt, das ist so wie der Morgenthau-Plan. Das würde nämlich bedeuten, wenn man alle Forderungen erfüllen würde, dass de facto keine einzige Lagerstätte

mehr genutzt werden könnte, dass Sie keine Kieskuhle, keine Sandgrube mehr aufmachen könnten. Wie will man dann gleichzeitig das Land voranbringen? Das geht so nicht.

(Zuruf von Herrn Grünert, DIE LINKE)

Deshalb sind wir gegen den Antrag der LINKEN. Deshalb sind wir für die Beschlussempfehlung.

(Zustimmung bei der CDU)

Vielen Dank, Herr Gürth, für den Beitrag der CDU-Fraktion. - Wir kommen nunmehr zu dem Debattenbeitrag der FDP-Fraktion. Der Abgeordnete Herr Franke erhält das Wort. Bitte schön, Herr Franke.

Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Bereits in der ersten Beratung habe ich auf eine Vielzahl von Vorschriften hingewiesen, die sowohl auf Bundes- als auch auf Landesebene den Bergbau regeln. Diese Vorschriften sind nicht nur sehr restriktiv, sondern sie räumen den Betroffenen auch eine Vielzahl an Mitwirkungsrechten ein, beispielsweise im Rahmen des Planfeststellungsverfahrens.

Weitere zusätzliche Hürden für den Rohstoffabbau einzuführen, halten wir Liberale nicht für vertretbar. Wir brauchen momentan keine weiteren Regelungen im Bergrecht.

Sehr geehrte Damen und Herren! Insbesondere die Braunkohle wird noch auf eine lange Zeit dazu beitragen, die Energieversorgung in unserem Land sicherzustellen. Wir können es uns als Land nicht leisten, auf sie zu verzichten. Trotz des hohen Anteils an erneuerbaren Energien kann Sachsen-Anhalt noch nicht seinen gesamten Strom- und Energiebedarf aus erneuerbaren Quellen decken. Das müssen wir zur Kenntnis nehmen. Das ist momentan noch ein unumstößlicher Fakt.

Sehr geehrte Damen und Herren! Ich frage mich ehrlich, wie die LINKE den Energiebedarf eines Industrielandes wie Deutschland decken will. Gestern haben Sie zu erkennen gegeben, dass Sie die Kernkraft ablehnen.

(Frau Rogée, DIE LINKE: Nicht nur wir!)