So führte die seitens des Innenministeriums erteilte Genehmigung zur Eingemeindung der Gemeinden Friedrichsbrunn und Stecklenberg zu einer Zerstörung der Verwaltungsgemeinschaft Gernrode mit der Folge, dass die übrig gebliebenen Kommunen Gernrode, Bad Suderode und Rieder nicht mehr bestandsfähig waren und mit Beschluss des Landtages im Juni 2010 der Stadt Quedlinburg zugeordnet wurden.
Damit wurde bewusst gegen die Bestimmungen des Ersten Begleitgesetzes zur Gemeindegebietsreform verstoßen; denn die Verwaltungsgemeinschaft Gernrode hatte alle Merkmale, die für eine Umwandlung im Verhältnis 1 : 1 Bedingung waren, erfüllt. Sie hatte einen prägenden Ort, der gleichzeitig Grundzentrum war, und sie hat damals eine ausreichende Anzahl von Einwohnerinnen und Einwohnern aufgewiesen.
An dieser Stelle muss der Vorwurf der politisch gewollten Einflussnahme geäußert werden; denn fachliche Gründe standen der Genehmigung der Eingemeindung entgegen.
Wenn Sie nunmehr, meine Damen und Herren von der Regierungskoalition, richtigerweise die bereits nach dem Ersten Begleitgesetz zu begründende Eingemeindung der Gemeinde Allrode in die Stadt Oberharz am Brocken beschließen wollen, dann müssten Sie diese Prinzipien auch auf die Eigenständigkeit der Gemeinden Gernrode, Bad Suderode und Rieder anwenden.
Da ich nicht davon ausgehe, dass Sie die Eingemeindung der Gemeinden Friedrichsbrunn und Stecklenberg in die Stadt Thale rückabwickeln wollen, wäre das die logische Konsequenz, auch wenn die neue Stadt Gernrode eine geringfügige Unterschreitung der erforderlichen Einwohnerzahlen aufweisen würde.
Weitere Beispiele, die sich analog dem Gesagten darstellen ließen, könnte ich anreihen, da auch in diesen Fällen eine leitbildgerechte Zuordnung durch vorgezogene nicht leitbildgerechte Eingemeindungen verhindert worden ist.
Da noch eine Vielzahl von Verfassungsbeschwerden beim Landesverfassungsgericht anhängig ist, gehe ich davon aus, dass Korrekturen, und zwar ohne den Gesamtprozess aufzuhalten, möglich sind. - Ich danke Ihnen für die Aufmerksamkeit.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Nach Herrn Grünert zu sprechen ist so oder so sehr undankbar. Sind es doch gerade die Wählerinnen und Wähler in meinem Wahlkreis, die ihm in vielen Punkten Recht geben würden.
Doch, meine Damen und Herren, worum geht es? - Die Regierungskoalition hat es sich zum Ziel gesetzt, die Gebietsreform im Land Sachsen-Anhalt ohne weiße Flecken zum Ende zu bringen. Der Prozess hat viel Kraft gekostet und zum Teil auch verschlissen. Ich weiß es selbst und viele in diesem Hohen Haus wissen es auch.
Das Ziel der Landtagssitzung im Juni 2010 sollte der Abschluss des Gesetzgebungsverfahrens sein, um Ruhe in die Strukturen hineinzubringen. Aus Gründen, die bereits genannt worden sind, wurde Allrode aus dem Gesetzgebungsverfahren für den Landkreis Harz herausgelöst. Ich habe das sehr bedauert; denn dieser weiße Fleck ist schon lange nicht mehr unschuldsweiß.
Der Ort Allrode - für mich ein großer Schlussstein -, der sich im Rahmen der Gemeindegebietsreform von 1994 aus dem Altkreis Quedlinburg in den Altkreis Wernigerode begab, leidet zutiefst unter den emotionalen und juristischen Auseinandersetzungen, denen er ausgesetzt ist. Es wurde von meinen Vorrednern schon so benannt.
Der Wunsch der Bürgerinnen und Bürger nach einer Entscheidung drückt sich auch in einer erneuten Unterschriftenaktion aus, bei der sich 284 der wahlberechtigten Allröder für die Zuordnung zu der Stadt Oberharz am Brocken ausgesprochen haben. Diese neue Unterschriftensammlung wurde am 29. Juni 2010, also nach der Landtagssitzung im Juni 2010, durchgeführt.
Liebe Kolleginnen und Kollegen Parlamentarier! Die Regierungsfraktionen haben sich nach dem Beschluss des Oberverwaltungsgerichtes Magdeburg vom 8. Juli 2010 darauf verständigt, den vorliegenden Gesetzentwurf einzubringen, um als Gesetzgeber die Zuordnung des letzten weißen Flecken Allrode in die Stadt Oberharz am Brocken vorzunehmen. Die juristischen Hintergründe hat mein Kollege Brachmann fachmännisch dargestellt.
Die Begründung ist umfangreich und liegt Ihnen vor. Ich möchte eine wesentliche Passage - sie ist auf Seite 8 zu finden - daraus zitieren dürfen:
„Wesentlich ist jedoch, dass bei der Neugliederungsentscheidung die Interessen des Einzelnen, die der betroffenen Gemeinde und die des Staates in Einklang zu bringen sind. Ob eine bestimmte Gebietsänderung gemeinwohlverträglich ist, kann nicht allein aus der Sicht der betroffenen Gemeinde beurteilt werden. Denn das Gemeinwohl ist nicht mit dem Wohl der betroffenen Gemeinde gleichzusetzen, vielmehr muss die Ge
bietsreform höherrangige verfassungsrechtliche Staatsziele und die Einrichtungsgarantien einbeziehen.“
Der vorliegende Gesetzentwurf entspricht der Stellungnahme des Landkreises Harz, der dem Gemeinwohl seines Kreisgebietes und seiner Kommunen in hohem Maße verpflichtet ist.
Meine Damen und Herren! Ich bitte Sie: Zeigen Sie Mut zur Verantwortung und lassen Sie uns die Gemeindegebietsreform zu einem guten Ende führen! An die Gegner dieser Entscheidung appelliere ich: Respektieren Sie unsere Entscheidung! Heimat ist dort, wo das Herz ist.
Meine Damen und Herren! Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit und bitte um die Überweisung des Gesetzentwurfes in den Innenausschuss.
Vielen Dank, Frau Gorr. - Jetzt erteile ich Herrn Wolpert das Wort, um für die FDP-Fraktion zu sprechen.
Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wenn man dem Innenminister glauben mag, dann ist dieses Gesetz der Schlusspunkt einer großen Reform, einer der größten dieser Legislaturperiode, die mit geraden Augen und gestrecktem Rückgrat zu einem wunderbaren Erfolg geführt hat zum Wohle der Bevölkerung des Landes.
Ich frage mich bei diesem Schlusspunkt, den Sie hier setzen: Was hätten Sie eigentlich gemacht, wenn das Oberverwaltungsgericht im einstweiligen Rechtschutzverfahren die Auffassung der ersten Instanz bestätigt hätte?
wie beim letzten Mal? - Nein, das hätten Sie wahrscheinlich nicht. Aber dann frage ich mich: Warum haben Sie es beim letzten Mal aus dem Gesetz herausgenommen? Um es jetzt wieder einzufügen?
Eines allerdings ist Ihnen mit diesem Gesetz mit Sicherheit gelungen - das hat meine Vorrednerin ganz leise angedeutet -: Sie haben eine ganze Gegend in Aufruhr gebracht, und zwar so nachhaltig, dass sie nie davon sprechen werden, dass das eine gute Reform gewesen sei.
Die Menschen in Gernrode, in Thale - egal, wohin Sie schauen -, niemand wird mehr mit dieser Reform einverstanden sein. Sie wird hinterher nur eines gebracht ha
Das verstärkt sich insbesondere auch deshalb, weil die Landesregierung und auch die Koalitionsfraktionen die eigenen Vorgaben nicht eingehalten haben, als sie die Verwaltungsgemeinschaft Gernrode zerschlagen haben. Das gibt so ein Geschmäckle von Vorteilsgewährung aus politischen Gründen. Das hat überhaupt nichts mit irgendwelchen Allgemeininteressen zu tun.
Ich frage mich: Seit wann ist ein Allgemeininteresse dann festgestellt, wenn der Landkreis seine Meinung abgegeben hat? Das ist ein Teil der Interessen, die man berücksichtigen soll. Aber Sie haben dieses ganze Gebiet dort in Ihrer Art und Weise komplett vermurkst. Jetzt versuchen Sie, das dort nachzuholen.
Wenn man eine Reform betrachtet, dann sollte sie eigentlich hinterher bessere Zustände gebracht haben, als sie vorher vorhanden waren. Sie behaupten, Sie hätten diese Kleinteiligkeit - der Herr Ministerpräsident hat es neulich auch noch betont - in Sachsen-Anhalt aufgehoben und Sie hätten nun endlich weniger Gemeinden.
Ja, Sie haben weniger Gemeinden, aber Sie haben nicht weniger Verwaltungseinheiten. Die waren vorher schon reduziert. Sie haben verwaltungstechnisch überhaupt nichts gebracht. Sie haben die Anzahl der Verwaltungseinheiten gleich gelassen. Die Effizienzeffekte oder Synergieeffekte, die Sie daraus erzielen wollen, sind gleich null.
Aber Sie haben etwas gemacht. Sie haben eine Unruhe, eine tiefe Enttäuschung in die Bevölkerung gebracht. Sie haben nicht weniger Verwaltungseinheiten. Sie haben mehr Ratsmitglieder durch die Ortschaftsräte, die aber weniger Verantwortung haben. Sie frustrieren die Leute in Ämtern, in denen sie nichts zu sagen haben.
Gestern hatten wir noch überlegt, dass Sie die StadtUmland-Problematik aufgrund dieser Reform in die Tonne getreten haben. Die gibt es für Sie nicht mehr, weil das Umland der großen Städte nun gestärkt ist. Ja, das ist eine sagenhafte Argumentation. Im Grunde genommen lassen Sie Magdeburg und Halle mit ihren Problemen allein.
Sie behaupten auch noch, dass sei eine gute Reform gewesen. - Herr Miesterfeldt, da hilft Ihnen der beste Zwischenruf nichts.
Egal, wie Sie das jetzt machen, egal, wie Sie das jetzt hinbringen, es wird immer Murks bleiben, es wird Ihnen nichts mehr helfen. Wir werden Sie auf diesem Weg nicht unterstützen. - Ich danke Ihnen für die Aufmerksamkeit.