Protocol of the Session on September 10, 2010

(Frau Dr. Hüskens, FDP: So einfach kommen Sie mir nicht davon!)

Vielen Dank. - Dann bitte, Frau Dr. Hüskens.

So einfach kommen Sie mir nicht davon. - Ich will auf einen Punkt hinweisen: Die Regierungsfraktionen haben diesen Antrag in der Sitzung am 20. Februar 2009 an den Ausschuss überwiesen, weil man der Auffassung war - dazu kann ich aus dem Protokoll zitieren -, dass der vorschulische Bereich in die Beratung einzubeziehen sei. Ansonsten haben damals die Redner aller vier Frak

tionen betont, dass der Antrag hervorragend sei, dass man ihn unbedingt umsetzen müsse.

Ich muss jetzt noch einmal ganz klar sagen, dass die Art und Weise, wie jetzt mit dem Antrag umgegangen wird, meiner Meinung nach gegen die Geschäftsordnung verstößt. Sie erklären einen Antrag für erledigt, der nicht erledigt ist, weil sich die Regierungsfraktionen nicht trauen, den Antrag abzulehnen.

(Beifall bei der FDP und bei der LINKEN)

Das war eine Zwischenbemerkung; alle haben Sie gehört. Dennoch wird jetzt abgestimmt,

(Frau Dr. Hüskens, FDP: Ja! Weil man die Mehr- heit hat! Genau!)

und zwar über die Beschlussempfehlung des Ausschusses, diesen Antrag für erledigt zu erklären. Wer stimmt dieser Beschlussempfehlung zu? - Die Koalitionsfraktionen. Wer stimmt dagegen? - Die Fraktion DIE LINKE und die Fraktion der FDP. Damit ist der Beschlussempfehlung des Ausschusses mehrheitlich gefolgt worden und der Tagesordnungspunkt 16 ist erledigt.

Ich rufe den Tagesordnungspunkt 17 auf:

Beratung

Entwicklung eines Konzeptes zum Aktivtourismus in Sachsen-Anhalt

Antrag der Fraktionen der CDU und der SPD - Drs. 5/2597

Ich bitte Frau Hampel, das Wort zu nehmen und den Antrag einzubringen. Bitte schön.

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren Abgeordneten! Die Sommerpause ist noch nicht allzu lange her und der eine oder andere aus diesem Hohen Haus wird während seines Urlaubs in Sachsen-Anhalt vielleicht auch gewandert, Rad gefahren, geritten oder wassergewandert sein. Sie geben mir sicherlich Recht darin, dass es lohnenswert ist, Sachsen-Anhalts einmalige Naturlandschaften auf diese Weise zu entdecken, gleichzeitig kulturelle Sehenswürdigkeiten zu besuchen und auch die besonderen regionalen Spezialitäten zu genießen.

Meine sehr verehrten Damen und Herren! SachsenAnhalt hat sich in den letzten Jahren erfolgreich als Kulturreiseziel im Deutschlandtourismus etabliert, sodass man positiv feststellen kann, dass die bisherige konzeptionelle Ausrichtung auf den Kultur- und Städtetourismus richtig gewesen ist. Das belegen die stetig zunehmenden Übernachtungszahlen und der Anstieg der Zahl der Tagesgäste in diesem Tourismussegment.

Das Reiseland Sachsen-Anhalt hat sich mit seinen kulturhistorischen Themen breit aufgestellt. Jedem sind die Markensäulen „Straße der Romanik“, „Gartenträume“ und „Himmelswege“ ein Begriff, mittlerweile auch unsere Schwerpunktthemen „Luther 2017“, „Unesco-Welterbe“ und „Musikzeitreisen“. Ich könnte diese Aufzählung noch um Baudenkmäler und Städte erweitern; ich könnte aber nicht alle nennen - auf so viele können wir verweisen.

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Wir können auch mit Stolz sagen: Sachsen-Anhalt ist das Kernland der deutschen Geschichte.

(Zustimmung bei der SPD)

Seit einigen Jahren hat sich bundesweit ein Trend zum Sport-, Aktiv-, Wellness- und Gesundheitstourismus entwickelt, der heute als neue Markt- und Marketingchance für den Tourismus gesehen wird. Derzeit wird bundesweit immer mehr unternommen, um das Angebot für Aktivurlauber auszubauen.

Im Jahr 2004 wurde mit dem „Blauen Band - Wassertourismus in Sachsen-Anhalt“ dieses aktivtouristische Thema bereits als Potenzial erkannt und als Markensäule in das Landesmarketing integriert. - Herr Steinecke ist der Präsident der Landesmarketing Sachsen-Anhalt GmbH.

(Herr Steinecke, CDU: Gewesen!)

- Gewesen. - Dennoch wurde das Thema Aktivtourismus nicht umfassender in die Tourismuskonzeption des Landesmarketings aufgenommen und nicht weiterverfolgt; es spielte bisher nur eine untergeordnete Rolle.

Schon den Ausführungen der Landesregierung auf die Kleine Anfrage der FDP-Fraktion vom Januar 2007 zum Thema Radtourismus ist allerdings zu entnehmen, dass sich der Aktivtourismus in Sachsen-Anhalt immer mehr zu einer wichtigen Angebotssäule im Tourismus entwickelt hat. Dies wurde mit den Zuwächsen im Radtourismus begründet.

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Wie Sie sehen, ist es nun an der Zeit, die bislang brachliegenden Potenziale im Aktivtourismus für das Reiseland Sachsen-Anhalt zu erschließen, auch vor dem Hintergrund, dass einige Sportarten wie das Radwandern und das Wandern im ländlichen Raum Möglichkeiten der touristischen und der wirtschaftlichen Entwicklung für diese zumeist strukturschwachen Regionen bieten. Das hilft, Arbeitsplätze zu sichern und neue Arbeitsplätze zu schaffen.

(Zustimmung bei der SPD)

Für Sachsen-Anhalt bietet sich im bundesweiten Vergleich eine gute Chance, den Aktivtourismus als eigene Markensäule zu etablieren und Sachsen-Anhalt zu einem Aktivland weiterzuentwickeln.

Der Optimismus, den ich hier verbreite, ist auch auf konkrete Fakten gestützt. Bei der Zielgruppenstudie „Outdoor-Urlaub 2010/2011 in Sachsen-Anhalt“ hat die Befragung ergeben, dass mehr als die Hälfte der Befragten ihren Aufenthalt in Sachsen-Anhalt mit Aktivitäten wie Radfahren, Wasserwandern und Reiten verbinden wollen. Allerdings geht aus dieser Studie auch hervor, dass Sachsen-Anhalt als Reiseziel für Aktivurlaub einem Anteil von immerhin 58 % der Befragten nicht bekannt ist. Die Schlüsse, die aus der Studie zu ziehen sind, möchte ich am Schluss meines Vortrags benennen.

Erlauben Sie mir nun, einige Fakten zu den aktivtouristischen Potenzialen Sachsen-Anhalts vorzutragen. Wandern, meine sehr verehrten Damen und Herren, ist kein Altherrensport mehr und auch nicht nur des Müllers Lust, sondern vielmehr die wichtigste sportliche Aktivität im Sachsen-Anhalt-Urlaub. Die aktuelle Studie „Zukunftsmarkt Wandern“ des Deutschen Wanderverbandes gibt an, dass mehr als 40 % aller Deutschen wandern gehen. Die bekannteste Wandertourismusregion ist der Harz,

aber auch der Fläming, der Drömling, der Südharz, die Dübener Heide, der Elbe-Havel-Winkel, die Altmark und die Weinregion Saale/Unstrut

(Frau Fischer, SPD: Genau! Nicht zu vergessen!)

- wie Sie sehen, sehr viele Regionen unseres Landes - sind mit gut ausgebauten und beschilderten Wanderwegen typische Wanderreiseziele geworden.

Der wichtigste Leuchtturm - Sie kennen ihn alle - ist der Harzer Hexenstieg. Er war der erste überregional wirksame Weitwanderweg des Harzes. Er wurde im Jahr 2003 zu einem der „Top Trails of Germany“ gewählt. Er wurde von den Zuschauern des MDR im Jahr 2009 zum beliebtesten Wanderweg gewählt.

Er ist ein so genannter Leuchtturm im Harz.

Er wird jetzt zehn Jahre alt und - erlauben Sie mir den Hinweis - ein wenig sieht man ihm das Alter auch an. Wer schon dort gewesen ist, der weiß, dass wir dort bezüglich der Infrastruktur etwas tun müssen. Wir müssen das Wandern in Sachsen-Anhalt attraktiver machen. Wir brauchen die eine oder andere Innovation an den Wanderwegen, damit vor allem auch jüngere Menschen wieder Lust zum Wandern bekommen und das Wandern mit der Besichtigung von kulturellen Sehenswürdigkeiten und mit der Einkehr in gastronomische Einrichtungen verbinden.

Vielleicht denkt der eine oder andere Unternehmer dann auch darüber nach, neu zu investieren, vielleicht in modernere Beherbergungsbetriebe, wie man es auch aus Österreich oder Bayern kennt: Heuhotels. Ich habe noch nicht in einem Heuhotel übernachtet, aber wenn das erste Heuhotel in Sachsen-Anhalt seine Türen öffnet,

(Zuruf von der CDU: Dann sind Sie die Erste!)

bin ich die Erste.

(Zustimmung bei der CDU)

Jetzt habe ich viel über das Wandern gesprochen.

Die zweite wichtige Säule des Aktivtourismus ist das Radfahren. Das größte Potenzial wird im Fahrradtourismus für Sachsen-Anhalt gesehen - und das zu Recht, meine sehr verehrten Damen und Herren. Es gibt 17 Radwanderwege und Rundwege sowie den Elberadweg, der von den ADFC-Mitgliedern gleich zweimal hintereinander zum beliebtesten Radweg Deutschlands gewählt wurde.

155 000 Radfahrer fahren jährlich auf dem Elberadweg entlang. Die letzten Hochrechnungen ergaben nach der Radlerbefragung im Jahr 2005, dass allein in SachsenAnhalt 140 000 Fernradler mit mehr als eine Million Übernachtungen auf dem Elberadweg zu Buche schlagen, was immerhin einen Gesamtanteil von 16,7 % aller Übernachtungen ausmachte.

Ich habe jetzt nur den Elberadweg genannt; ich könnte noch viele andere aufzählen, wie das Radwandern im Saale-Unstrut-Tal. Es gibt noch viele andere gute Radwanderwege. Aber auch hier bedarf es dringend Weiterentwicklungen.

Wir müssen berücksichtigen, dass im Wettbewerb um die Radtouristen nur der gewinnt, der eine hohe infrastrukturelle Qualität der Radwege bietet. Auch das Gästebewusstsein spielt eine große Rolle; denn Radwandern wird nur der, der sich beim Radeln gleichzeitig

Sehenswürdigkeiten anschauen kann. Für ihn spielt die Einkehr in Gaststätten und schöne Hotels am Radwanderweg eine große Rolle. Auch in dieser Hinsicht müssen wir bessere Vernetzungsmöglichkeiten schaffen.

(Zuruf von der SPD: Das ist hervorragend im Burgenlandkreis umgesetzt worden!)

- Ja. - Zwei weitere wichtige Tourismussegmente im Bereich Aktivtourismus sind der Wassertourismus und der Reittourismus. Dazu möchte ich aber aufgrund der begrenzten Zeit hier nicht näher ausführen.

Zum Schluss meiner Rede noch einige Schlussfolgerungen aus der Studie, die ich zu Beginn kurz erwähnt habe. Die Gäste, die Sachsen-Anhalt besuchen, wollen ihren Urlaub aktiv gestalten. Dazu bedarf es entsprechender gäste- und trendorientierter Angebote in den einzelnen Regionen unseres Landes. Es ist besonders wichtig, Sachsen-Anhalt jetzt als Aktivreiseland bekannt zu machen und dabei auch verstärkt auf neue Medien als Werbemittel zu setzen.

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Mit dem vorliegenden Antrag wollen wir erreichen, dass dem Thema Aktivtourismus ein größerer Stellenwert eingeräumt wird, um den Bekanntheitsgrad Sachsen-Anhalts als Natur- und Aktivreiseland zu erhöhen, letzten Endes mit dem Ziel, die Übernachtungszahlen und die Aufenthaltsdauer der Gäste, die Zufriedenheit der Gäste, die hier in Sachsen-Anhalt Urlaub machen, zu steigern und auch das neue Tourismussegment Aktivtourismus erfolgreich am Markt zu platzieren.

Dazu bedarf es unserer Auffassung nach eines Konzepts. Dazu möchten wir die Landesregierung mit dem Antrag auffordern und sie auch darum bitten, dass wir an diesem Konzept mitarbeiten dürfen. Wir hoffen, dass es im Ausschuss zu einem regen Gedankenaustausch kommt und neue Ideen entwickelt werden. Ich bitte Sie alle um Ihre Unterstützung für unseren Antrag und freue mich auf eine interessante Diskussion im Ausschuss. - Vielen Dank.