Protocol of the Session on October 19, 2006

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Hiermit eröffne ich die 8. Sitzung des Landtages von Sachsen-Anhalt der fünften Wahlperiode. Ich möchte alle Anwesenden einschließlich der Gäste sehr herzlich begrüßen.

(Unruhe)

- Ich bitte, den Schallpegel ein wenig zu senken.

Ich stelle die Beschlussfähigkeit des Hohen Hauses fest.

Meine Damen und Herren! Bevor wir in die Tagesordnung eintreten, habe ich die große Freude, einem Geburtstagskind zu gratulieren. Frau Ministerin Dr. Gerlinde Kuppe hat heute Geburtstag. Frau Dr. Kuppe, herzlichen Glückwunsch vom Hohen Hause und von mir persönlich. Viel Gesundheit und Gottes Segen!

(Beifall im ganzen Hause)

Ich komme zu Entschuldigungen von Mitgliedern der Landesregierung. Für die fünfte Sitzungsperiode des Landtages liegen folgende Entschuldigungen vor:

Ministerpräsident Professor Dr. Böhmer und Herr Staatsminister Robra haben sich für beide Sitzungstage entschuldigt. Sie nehmen an der Jahreskonferenz der Regierungschefs der Länder in Bad Pyrmont teil.

Ebenfalls entschuldigt hat sich Herr Minister Professor Dr. Olbertz. Er hat sich für den heutigen Sitzungstag ganztätig entschuldigen lassen. Er nimmt in Berlin an der 350. Sitzung der Kultusministerkonferenz teil.

Herr Minister Bullerjahn entschuldigt sich für die Landtagssitzung am 20. Oktober 2006. Er wird in Vertretung des Ministerpräsidenten die chilenische Präsidentin in den Chemiepark Bitterfeld-Wolfen begleiten.

Ich komme zur Tagesordnung. Meine Damen und Herren! Die Tagesordnung für die 5. Sitzungsperiode des Landtages liegt Ihnen vor.

Die Fraktionen der Linkspartei.PDS und der CDU haben fristgemäß je ein Thema für die Aktuelle Debatte eingereicht. Gemäß der Verständigung im Ältestenrat schlage ich vor, die Aktuelle Debatte zu beiden Anträgen formal als Tagesordnungspunkt 21, wie in der Orientierung ausgedruckt, aufzunehmen und als ersten Beratungsgegenstand am morgigen Freitag zu behandeln.

Der Antrag der Fraktion der Linkspartei.PDS mit dem Titel „Soziale Spaltung der Gesellschaft - Gefahr für die Zukunftsfähigkeit Sachsen-Anhalts“, vorliegend in der Drs. 5/295, sowie der Antrag der Fraktion der CDU mit dem Titel „Kindesmisshandlung und Kindestötung“, vorliegend in der Drs. 5/296, werden in dieser Reihenfolge als Tagesordnungspunkte 21 a und 21 b eingeordnet.

Des Weiteren ist im Ältestenrat vereinbart worden, den Tagesordnungspunkt 1 - Fragestunde - heute als ersten Beratungsgegenstand nach der Mittagspause sowie den Tagesordnungspunkt 9 - Ladenöffnungsgesetz - und den Tagesordnungspunkt 4 - Hochschulgesetz - in dieser Reihenfolge am Freitag nach der Aktuellen Debatte zu behandeln. Der Tagesordnungspunkt 17 soll heute, wie in der Orientierung ausgedruckt, als letzter Punkt beraten werden.

Gibt es Anmerkungen und Wünsche, noch etwas auf die Tagesordnung zu nehmen? - Das ist nicht der Fall.

Dann bitte ich die Tagesordnung festzustellen. Wer mit der Tagesordnung einverstanden ist, den bitte ich um das Handzeichen. - Gegenstimmen? Ich sehe keine. - Stimmenthaltungen? - Diese sehe ich auch nicht. Damit ist die Tagesordnung so bestätigt worden.

Zum zeitlichen Ablauf der 5. Sitzungsperiode. Die heutige Landtagssitzung wird gegen 18.30 Uhr beendet sein. Ab 20 Uhr wird die parlamentarische Begegnung mit dem Landesverband der freien Berufe im Hotel „Ratswaage“ durchgeführt. Die morgige Sitzung des Landtages wird wie üblich um 9 Uhr beginnen.

Ich rufe den Tagesordnungspunkt 2 auf:

Zweite Beratung

Entwurf eines Gesetzes zur Änderung der Gemeindeordnung, der Landkreisordnung und des Kommunalwahlgesetzes

Gesetzentwurf der Landesregierung - Drs. 5/226

Beschlussempfehlung des Ausschusses für Inneres - Drs. 5/289

Änderungsanträge der Fraktion der Linkspartei.PDS - Drs. 5/301, Drs. 5/302 und Drs. 5/303

Als Berichterstatter rufe ich den Abgeordneten Herrn Thomas Madl auf. Ich bitte Herrn Thomas Madl, das Wort zu nehmen.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Der Gesetzentwurf wurde in der 6. Sitzung des Landtages am 14. September 2006 in den Ausschuss für Inneres zur Beratung überwiesen. Einen mitberatenden Ausschuss bestimmte der Landtag nicht.

Die erste Beratung im Innenausschuss fand in der 4. Sitzung am 28. September 2006 statt. Zur Beratung lagen dem Innenausschuss die im Rahmen der von der Landesregierung durchgeführten Anhörungen zum Gesetzentwurf abgegebenen Stellungnahmen des Städte- und Gemeindebundes, des Landkreistages und des Kommunalen Versorgungsverbandes vor.

Außerdem reichte die Fraktion der Linkspartei.PDS vier Änderungsanträge ein. Ein Änderungsantrag bezog sich auf Artikel 1 des Gesetzentwurfes - Änderung der Gemeindeordnung -, die drei übrigen Änderungsanträge bezogen sich auf Artikel 2 - Änderung der Landkreisordnung. Wie Sie sehen, werden diese Anträge heute im Plenum erneut gestellt.

Im Ergebnis der ersten Beratung wurde beschlossen, eine Anhörung durchzuführen und den Gesetzgebungs- und Beratungsdienst um Prüfung der Frage zu bitten, ob das Gesetz zur Änderung der Gemeindeordnung, der Landkreisordnung und des Kommunalwahlgesetzes bei einer Verabschiedung im Oktober 2006 bereits auf die Wahl des Oberbürgermeisters der Stadt Halle am 12. November 2006 Anwendung finden könnte und welche Auswirkungen dies hätte. Die Stellungnahme des GBD lag mit Schreiben vom 10. Oktober 2006 vor.

Die zweite Beratung im Innenausschuss fand in der 5. Sitzung am 11. Oktober 2006 statt. Zu Beginn der Sitzung wurde die Anhörung durchgeführt. Zu der Anhö

rung wurden die betroffenen Landkreise, die kommunalen Spitzenverbände und der Kommunale Versorgungsverband eingeladen. Die kommunalen Spitzenverbände und der Kommunale Versorgungsverband folgten der Einladung. Einige Landräte teilten mit, ihre Position decke sich mit der Position des Landkreistages SachsenAnhalt; ein eigener Vortrag erübrige sich daher.

Ausführungen wurden im Wesentlichen zu den schriftlichen Stellungnahmen gemacht und die Hinweise des GBD insbesondere im Hinblick auf die verfassungsrechtlichen Bedenken wurden im Ausschuss ausführlich diskutiert. Am Ende der Sitzung verabschiedete der Innenausschuss mit den Stimmen der Regierungsfraktionen mit insgesamt 8 : 2 : 1 Stimmen die in Drs. 5/289 vorliegende Beschlussempfehlung an den Landtag. Die vier Änderungsanträge der Fraktion der Linkspartei.PDS wurden abgelehnt. Die redaktionellen Hinweise des GBD wurden berücksichtigt.

Ich bitte um Zustimmung zu dem Gesetzentwurf. - Danke schön.

(Zustimmung bei der CDU und bei der SPD)

Herzlichen Dank für die Einbringung. - Wir kommen jetzt zu der vereinbarten Fünfminutendebatte. Als erste Debattenrednerin hat für die Fraktion der Linkspartei.PDS die Abgeordnete Frau Tiedge das Wort. - Entschuldigung. Herr Grünert, bitte, Sie haben das Wort.

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Mit der vorliegenden Beschlussempfehlung zu dem Gesetzentwurf zur Änderung der Gemeindeordnung, der Landkreisordnung und des Kommunalwahlgesetzes wurde aus unserer Sicht eine Chance verpasst, tatsächlich eine Stärkung der Bürgerbeteiligung sowie des ehrenamtlichen Teils der Verwaltung, sprich der Kreistage, zu erreichen.

Die Linkspartei.PDS-Fraktion hatte zu diesem Zweck Änderungsanträge in den Innenausschuss eingebracht - Herr Madl ging bereits darauf ein -, um diese auch in das Anhörungsverfahren einzubinden. Diese Änderungsanträge wurden den Anzuhörenden jedoch nicht zur Verfügung gestellt. Dies ist bedauerlich, da unsere Fraktion im Rahmen der derzeit durchgeführten Kommunaltour aus den Kreisen Signale erhält, die in die Richtung unserer Änderungsanträge gehen.

Auch die durchgeführte Anhörung lässt keinen Rückschluss auf die Regelungen in der nunmehr vorliegenden Beschlussempfehlung zu, da von den geladenen 13 Anzuhörenden nur drei anwesend waren. Keiner der anzuhörenden Landräte war anwesend.

Dies kann aus unserer Sicht nicht befriedigen. Offensichtlich war auch die aufgrund der anberaumten Sondersitzung des Innenausschusses kurze Ladungsfrist nicht dazu geeignet, nicht nur die Meinung der Hauptverwaltungsbeamten, sprich der Landräte, sondern auch der Kreistage abzufragen und darzustellen. Dies jedoch ist aus unserer Sicht für eine Interessenabwägung unverzichtbar.

Mit der nunmehr getroffenen Regelung wird sich die Zahl der Mandatsträger in den neu zu bildenden Landkreisen erheblich verringern: im neuen Harzkreis von vormals 132 auf 60 oder im Salzlandkreis von 132 auf 60.

Aus unserer Sicht ist das nicht akzeptabel. Deshalb fordern wir in unserem Änderungsantrag eine angemessene Erhöhung der Zahl der Kreistagsmitglieder. Im Rahmen der repräsentativen Demokratie ist es aus unserer Sicht unerlässlich, dass die Bürger vor Ort auch gewählte Ansprechpartner vorfinden. Man kann nicht auf der einen Seite in anderen Bereichen, wie zum Beispiel bei der Polizei, für eine Erhöhung der Flächenpräsenz sein und auf der anderen Seite die Flächenpräsenz der Mandatsträger ausdünnen. Das führt aus unserer Sicht zu Demokratiedefiziten.

Die weiteren Änderungsanträge unserer Fraktion fordern ein Moratorium bzw. eine nur leichte Anpassung der Quoren für Einwohneranträge und Bürgerbegehren.

Für die Linkspartei.PDS-Fraktion ist die Begründung für die Anhebung des Quorums für Bürgerbegehren nicht schlüssig. Während für den überschaubaren Bereich einer kreisfreien Stadt nur 10 000 Unterschriften notwendig sind, sollen in dem viel größeren Territorium der neu zu bildenden Landkreise 15 000 Unterschriften wahlberechtigter Bürger beigebracht werden. Dies ist nicht nur unlogisch, nein, es erschwert die Anwendung in den Landkreisen zusätzlich.

Ein Verweis auf Unterstützerorganisationen ist aus meiner Sicht insofern nicht schlüssig, da auch der Kreistag ein Bürgerbegehren beschließen kann, ohne dass er dazu unbedingt Unterstützerorganisationen bedarf. Da sich Bürgerbegehren und Bürgerentscheide auf den eigenen Wirkungskreis beziehen, scheiden auch Möglichkeiten der Beteiligung von Gemeinderäten an sich aus.

Bei den Quoren für Einwohneranträge spricht sich die Linkspartei.PDS für eine nur geringe Erhöhung auf maximal 4 000 Einwohnerunterschriften aus.

Werte Damen und Herren! Im Rahmen unserer Kommunaltour haben wir zur Kenntnis genommen, dass es einen noch nicht klar definierten Rechtszustand bezüglich der Ortsbürgermeister bei eingemeindeten Gemeinden gibt. Da die vormals ehrenamtlichen Bürgermeister bei einer Eingemeindung Ortsbürgermeister werden, endet ihre Amtszeit mit dem Ablauf der Wahlperiode und sie müssen ihre Tätigkeit im Ortschaftsrat einstellen, da sie nicht aus der Mitte des Ortschaftsrates, sondern durch Direktwahl gewählt wurden. Eine vormals vorhandene Übergangsregelung wurde im Jahr 2002 unter der CDUFDP-Regierung durch die Aufhebung der drei Vorschaltgesetze abgeschafft.

Im Sinne eines harmonischen Hineinwachsens in die Einheitsgemeinde - sofern davon überhaupt gesprochen werden kann - erachten Bürgermeister von Einheitsgemeinden das Wiederaufgreifen der ehemaligen Übergangsregelung für dringend geboten.

Demgegenüber verwehrt das Landesverwaltungsamt als obere Kommunalaufsichtsbehörde die Abwahl von Ortsbürgermeistern, in diesem Falle ehemaligen ehrenamtlichen Bürgermeistern, mit der Begründung, dass eine Abwahl von Ortsbürgermeistern nach dem Ortschaftsverfassungsrecht nicht zulässig ist. - Anhand dieses Beispiels wird sichtbar, dass eine entsprechende Regelung dringend erforderlich ist.

Werte Damen und Herren! Die Linkspartei.PDS-Fraktion wirbt um Ihre Zustimmung zu den Änderungsanträgen. Sollten diese Änderungsanträge keine Mehrheit finden, wird unsere Fraktion den vorliegenden Gesetzentwurf ablehnen. - Ich danke für die Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der Linkspartei.PDS)

Ich danke dem Abgeordneten Herrn Grünert. - Für die SPD-Fraktion erteile ich der Abgeordneten Frau Schindler das Wort. Bitte schön.

Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Bei der Einbringung des Gesetzentwurfes konnte mein Kollege Rothe aus seinem Diktatheft und auch den Bundeskanzler Adenauer zitieren. Ja, Sie erinnern sich wahrscheinlich an diese Sätze, an die „Jüte Jottes“. Aber wir können der Güte Gottes nicht alles überlassen und müssen deshalb doch eine Gesetzgebung vornehmen.