Unsere moderne Gesellschaft ist geprägt von Individualisierung und von der Förderung von Selbständigkeit und Eigenverantwortung. Genau an dieser Stelle schließen die freien Berufe an; denn sie repräsentieren Selbständigkeit, Eigenverantwortung und persönliches Engagement. Freiheit ist für wirtschaftlichen Erfolg die wichtigste Voraussetzung.
Vielen Dank für Ihren Debattenbeitrag, Herr Franke. - Herr Gallert hat eine Frage an Sie. Wollen Sie diese beantworten? - Sie wollen. Dann darf ich Herrn Gallert das Wort geben.
Herr Franke, ich muss Sie noch einmal fragen: Habe ich Sie richtig verstanden, dass Sie sagen, diese Große Anfrage zur Analyse der Situation der freien Berufe würde sozusagen diejenigen, die diese ausführen, stören und wir sollten es im Sinne des Bürokratieabbaus lieber lassen, solche Anfragen zu stellen?
Ich bin darauf eingegangen, dass auf bestimmte Fragen keine konkrete Antwort gegeben werden konnte. Wenn Sie sich die Große Anfrage genau anschauen, dann stellen Sie fest, dass darin Fragen enthalten sind, deren Beantwortung schwer zu erheben ist.
Um auf diese konkreten statistischen Nachfragen eine Antwort zu bekommen und die statistischen Werte gerade im Bereich der freien Berufe zu erfassen, müsste man mit dem Ausfüllen von Antwortzetteln, Berichtsbögen etc. die Belastung bei den einzelnen Freiberuflern so stark erhöhen, dass ich nicht weiß, ob das Sinn macht, gerade angesichts der Belastung, die sich bei den Angehörigen der freien Berufe bereits zum jetzigen Zeitpunkt ergibt. Vor allem im medizinischen Bereich, bei den niedergelassenen Ärzten etc. zu sagen, hier möchten wir noch eine Antwort haben und da soll noch ein neuer Fragebogen ausgefüllt werden - -
Nein, es ist eine Intervention. Ich wollte nur die Kollegen der CDU in Schutz nehmen. Eines muss man nämlich deutlich sagen: Die Fragen, die von ihnen gestellt wurden, sind ausdrücklich auf Wunsch des Verbandes der freien Berufe gestellt worden. Insofern, denke ich, werden sie es sich richtig überlegt haben, Herr Franke.
Vielen Dank. - Wir kommen damit zum Debattenbeitrag der SPD-Fraktion. Der Abgeordnete Herr Miesterfeldt erhält das Wort. Bitte.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich glaube, wir sind gemeinsam der Überzeugung, dass es zu den wesentlichen Aufgaben aller politischen Kräfte gehört, den sozialen Frieden im Lande zu sichern oder, wenn er in Gefahr ist, wiederherzustellen.
Deshalb war auch die Diskussion über das Armutsrisiko wichtig. Sie kann in unserem Lande gar nicht oft genug geführt werden, und zwar so lange, bis dieses Risiko aus der Welt geschafft worden ist.
Herr Präsident, wenn Sie sich jetzt fragen, ob ich mich in der Tagesordnung geirrt habe - - Nein. Der Übergang
lautet: Ich bin der Überzeugung - ich glaube, auch diese teile ich mit dem größten Teil von Ihnen -, dass die freien Berufe an ihrer Stelle und in ihrer Art und Weise ebenfalls einen wesentlichen Beitrag zur Sicherung des sozialen Friedens in diesem Lande leisten. Das ist im Einzelnen von meinen Vorrednern bereits ausgeführt worden.
Dem Verband der freien Berufe und der CDU-Fraktion ist für die durchgeführte Befragung zu danken. Übrigens: Die erste Befragung zu diesem Thema gab es in Deutschland unter der Regierung Helmut Schmidt im Jahr 1979.
Ich will einige wenige Punkte aufgreifen. Es ist ganz klar, dass die Vorredner Wesentliches gesagt haben. Es ist nach der sehr strittigen Diskussion zu dem vorhergehenden Punkt auch sehr wohltuend, wieder über etwas mehr Gemeinsamkeiten zu verfügen.
Ich will insbesondere auf den Aspekt der Bildung Wert legen. Ich denke, dass gerade auch die freien Berufe von der Europäisierung der beruflichen Bildung herausgefordert werden. Dies ist eine Herausforderung, die man wirklich kreativ und nach vorn gerichtet angehen sollte, nämlich indem die berufliche Bildung auch und gerade in den freien Berufen durch eine interkulturelle Erziehung und insbesondere durch Mehrsprachigkeit und internationale Austauschprogramme gestärkt wird.
Wir als Bundesrepublik Deutschland sollten besonders darauf achten, dass unser duales Berufsbildungssystem in dem Schema des europäischen Qualifikationsrahmens richtig, sachgerecht und nicht unter Wert eingestuft wird.
In diesem Punkt haben wir einen Vorlauf, um den uns andere beneiden. Wir sind gern bereit, dass sie uns einholen, aber wir sollten nicht zurückgehen. Ich denke, qualifiziert ausgebildete Menschen werden dann auch eine Tätigkeit aufnehmen können.
Lieber Kollege Franke, wenn Sie ganz zu Recht beklagen, dass auch im Bereich der freien Berufe immer noch viele beispielsweise von dem Weinanbaugebiet Unstrut - das haben Sie nicht gesagt; das sage ich - an die Ahr oder in ein anderes Gebiet gehen, dann liegt das vermutlich nicht daran, dass es unterschiedliche Weinanbaugebiete sind, sondern daran, dass die Gehälter unterschiedlich sind.
Es gibt kaum andere Gründe. Deshalb sollten wir alle in diesem Land etwas dafür tun, dass die Gehälter in Deutschland angepasst werden. Das hat sowohl etwas mit denen zu tun - Herr Dr. Schrader, damit wir uns nicht wieder missverstehen -, die schon an der oberen Grenze der Gehälter sind, als auch mit denen im unteren Bereich.
Ich will kurz ein zweites Thema aufrufen; das ist die Bürokratie. Dabei müssen wir einen Spannungsbogen aushalten. Wir sagen auf der einen Seite zu Recht, Bürokratie muss abgebaut werden. Auf der anderen Seite muss es aber auch eine funktionierende Bürokratie geben, die insbesondere der Freiberufler braucht. Ich habe das gerade bei der eigenen Tochter erlebt, die im Bereich der Kunst versucht, freiberuflich tätig zu werden. Das ist nicht ganz einfach.
Wir - damit meine ich sowohl die Landesregierung als auch den Landtag - haben immer wieder die Aufgabe, eine solide und ideologiefreie Aufgabenkritik durchzuführen hinsichtlich dessen, was wir als bürokratisches System aufgebaut haben.
Nach der Beantwortung dieser Großen Anfrage werden wir als Land Sachsen-Anhalt und auch als Landtag die freien Berufe wie vorher schon unterstützen. Sie sind eine Stütze der Volkswirtschaft. Sie sind ein wesentlicher Teil des Mittelstands. Sie sind ein wichtiger Ausdruck der sozialen Marktwirtschaft. Sie brauchen deshalb Perspektiven. Unsere Aufgabe ist es, dafür fortlaufend zukunftsweisende Strategien zu entwickeln. - Vielen Dank.
Herzlichen Dank, Herr Miesterfeldt. - Wir kommen zum Debattenbeitrag der Fraktion DIE LINKE. Der Abgeordnete Herr Dr. Thiel erhält das Wort. Bitte schön.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Lieber Kollege Miesterfeldt! Böse Zungen könnten behaupten, die Große Anfrage zu den freien Berufen kommt deshalb im 20. Jahr des Bestehens des Landtags auf den Tisch, weil die freien Berufe die ersten waren, die einen parlamentarischen Abend für die Abgeordneten des Landtags ausgerichtet haben.
Für die DIE LINKE ist es selbstverständlich, dass wir die in den letzten Jahren immer weiter gewachsene Bedeutung der freien Berufe in unserem Land für Wirtschaftswachstum und Beschäftigung schätzen. Die Große Anfrage zeigt aber dennoch: Es gibt Anlass zur Sorge, dass der Nutzen einer Sonderstellung der freien Berufe für die Gesellschaft immer weniger anerkannt wird.
Das öffentliche Bewusstsein für Funktion, Aufgabe und Nutzen der freien Berufe ist im Lande in den letzten Jahren etwas unscharf geworden. Was meine ich damit? - Ich meine damit vor allem, dass immer wieder kritisch gefragt wird, ob die Tätigkeit des Freiberuflers nicht zunehmend jene Charakteristika verliere, die ihn von einem normalen Gewerbetreibenden unterscheidet.
Umso wichtiger ist es nach unserer Auffassung, die Berufsethik und die Aufgabenstellung der freien Berufe für die Gesellschaft und für die Bürger besser als bisher zu verdeutlichen. Denn: Die freien Berufe üben nicht nur eine kommerzielle Tätigkeit aus, sondern erfüllen darüber hinaus auch Aufgaben für die Allgemeinheit.
So steht eben ein Arzt im Dienste des Patienten im Besonderen und der Gesundheit im Allgemeinen. So leistet
der Rechtsanwalt juristischen Beistand als Organ der Rechtspflege. So garantiert der Ingenieur für die Sicherheit von Gebäuden im privaten und öffentlichen Raum. Wirtschaftsberatende Berufe sorgen mit ihren Beratungs- und Prüfungsleistungen für einen reibungslosen Ablauf der Wirtschaftsprozesse, obwohl man darüber diskutieren kann, ob diese Feststellung für die letzten beiden Jahre etwas eingeschränkt werden müsste.
Ich will betonen, dass auch die künstlerischen und sprachlichen Berufe unsere Kultur auf vielfältige Weise pflegen und gestalten.
Wir dürfen auch nicht vergessen, meine Damen und Herren, dass die meisten freien Berufe Dienstleistungen in Kernbereichen des öffentlichen Interesses anbieten. Sie tun dies häufig in strukturschwachen, wirtschaftlich weniger attraktiven Regionen.