Protocol of the Session on March 19, 2010

(Beifall bei der LINKEN - Unruhe bei der FDP - Herr Tullner, CDU: Heute lassen Sie aber die Hosen fallen, Herr Gallert!)

Das können Sie anders sehen, weil man mit solchen Thesen auch Politik machen kann. Die politisch-methodische Variante heißt im Übrigen nicht „Diktaturenvergleich“, sondern „Vergleich politischer Systeme“. Es wäre interessant zu schauen, inwiefern es auch in der Bundesrepublik Deutschland hier und da Ansätze gibt, die

mit einer normalen politischen Bildung, die demokratischen Grundsätzen folgt, nicht in Übereinstimmung zu bringen sind.

Dafür, liebe Kolleginnen und Kollegen, war diese Diskussion wichtig, dafür war sie richtig und dafür war sie notwendig. - Danke.

(Beifall bei der LINKEN)

Vielen Dank, Herr Gallert. Zwischenzeitlich hat fast die gesamte FDP-Fraktion Fragen. Dies sind Frau Dr. Hüskens, Herr Kosmehl und Herr Wolpert.

Ich habe keine Frage, sondern möchte eine Intervention machen.

Frau Dr. Hüskens, ich habe lediglich aufgezählt, wer alles sprechen wollte. - Herr Gallert, möchten Sie auf Fragen antworten?

Schauen wir mal.

Dann haben Sie jetzt das Wort, Frau Dr. Hüskens.

Ich habe keine Frage, sondern möchte eine Kurzintervention machen. Ich möchte einen Punkt aufgreifen, der mir im Zusammenhang mit der Pressearbeit der Fraktion DIE LINKE aufgefallen ist. Sie haben ganz klar gesagt, dass Sie bei zukünftigen Veranstaltungen erwarten, dass alle politischen Richtungen berücksichtigt werden.

Dazu muss ich sagen: Ich engagiere mich stark gegen Rechtsextremismus. Ich habe keine Veranstaltung erlebt, bei der wir dann auch noch über Linksextremismus gesprochen haben. Ich glaube auch nicht, dass das ein richtiger Ansatz wäre. Dann würde die Veranstaltung, ich will nicht sagen: in Beliebigkeit abgleiten, aber doch auf einen Level absinken, den wir eigentlich nicht anstreben, weil wir in den Veranstaltungen eine gewisse Tiefe erreichen wollen.

Wir müssen auch in Zukunft - das möchte ich eindeutig feststellen -Veranstaltungen durchführen können, die sich gegen e i n e extremistische Richtung wenden. In unserem Bundesland ist dies überwiegend der Rechtsextremismus. Herr Kosmehl hat sehr deutlich gemacht, warum das so ist. Das muss dann aber auch für andere Formen gelten, vielleicht bis hin zu religiösem Radikalismus. Auch damit muss man sich beschäftigen dürfen. Es darf nicht heißen, weil wir uns damit beschäftigen, müssen wir in einer solchen Veranstaltung auch noch alle anderen Formen ansprechen.

Ich glaube, dass man die pädagogischen Argumente, die Herr Gallert gerade vorgetragen ist, so weit nicht ziehen darf. Das würde uns in unserer politischen Arbeit und vor allen Dingen in der politischen Bildung deutlich zurückwerfen.

(Beifall bei der FDP)

Das war mehr eine Intervention als eine Frage.

Ich würde sie gern als Frage werten, Herr Präsident. Geht das?

Dann antworten Sie auf diese Intervention. Danach ist Herr Kosmehl an der Reihe.

Frau Dr. Hüskens, die Tagung hätte wahrscheinlich mehr gewonnen als verloren, wenn sie sich explizit und offen, transparent und ausdrücklich mit dem Linksextremismus als solchem auseinandergesetzt hätte. Das wäre methodisch und didaktisch wahrscheinlich besser gewesen.

Im Übrigen war es der Chef des wissenschaftlichen Beirats, Herr Dr. Lutz, der explizit gesagt hat, dass diese Tagung wissenschaftlich-methodischen Kriterien nicht standhält und diese Veranstaltungsreihe der Gedenkstättenstiftung schaden wird.

Das Problem ist nicht, dass man keine Veranstaltung zum Thema Linksextremismus machen dürfte. Das wäre vermutlich deutlich besser gewesen. Das Problem ist, dass Sie den wissenschaftlichen Meinungsstreit über Definition und Umgang mit Linksextremismus auf einer solchen Tagung reflektieren müssen. Sie dürfen nicht eine explizite Minderheitenmeinung als eine allein seligmachende darstellen. Das ist der Unterschied zwischen demokratischer Bildung und Indoktrination.

(Beifall bei der LINKEN)

Die FDP-nahe Friedrich-Naumann-Stifung dürfte auch darauf verzichten. Aber die Landeszentrale für politische Bildung darf das nicht und die Gedenkstättenstiftung darf das nicht. Das ist der Unterschied, um den es hier geht, Frau Hüskens.

(Beifall bei der LINKEN)

Vielen Dank. - Jetzt ist Herr Kosmehl mit seiner Frage an der Reihe.

Herr Gallert, ich möchte Ihnen zunächst eine Frage stellen und Ihnen dann etwas vorhalten.

Ich möchte Sie um eine Neubewertung bitten. Sie haben aus einem Beitrag zitiert, den Herr van Hüllen zum VVNBdA geschrieben hat. Dieser Referatstitel hat mir auch nicht gefallen, insbesondere nicht vor dem Hintergrund, dass dieses Hohe Haus diesen Verband als gesellschaftlich bedeutsame Organisation jüngst in den MDR-Rundfunkrat entsandt hat. Eine solche Gruppe als Einzelthema herauszunehmen, halte ich persönlich für bedenklich. Ich habe mich dazu nicht öffentlich geäußert, sondern nur in den Gremien, wo wir das dann auch besprochen haben.

Herr Gallert, ich möchte Ihnen etwas vorhalten, weil Sie aus dem Artikel verkürzt zitiert haben. In dem Beitrag bringt Herrn van Hüllen zum Ausdruck, ein zweiter Schwerpunkt des ansonsten in Nordrhein-Westfalen

eher dünn gesäten Rechtsextremismus sei der niederländisch-belgischen Grenzraum um Aachen. Er schreibt:

„Die Kreisvereinigung des VVN-BdA in Aachen lässt schon auf ihrer Internet-Homepage erkennen, dass sie eine Symbiose mit autonomen Gewalttätern eingegangen ist. Zum Teil wird in deren Diktion für typische autonome Aktionsfelder geworben.“

Jetzt folgt das Zitat, das Sie gebracht haben. Danach heißt es im nächsten Absatz:

„Eine Organisation, die die Zivilgesellschaft bekämpft, statt sie gegen Rechtsextremismus zu mobilisieren, kann kein Bündnispartner für Demokraten sein. Glaubwürdige Arbeit gegen Rechtsextremismus sollte auf trojanische Pferde nicht hereinfallen.“

(Beifall bei der FDP und bei der CDU)

Völlig richtig, Herr Kosmehl. Dann machen wir es doch so: Wer Kriegseinsätze kritisiert, wer rigide Asylpolitik kritisiert, was macht der? - Er bekämpft die Zivilgesellschaft.

(Herr Scharf, CDU: Das ist doch Quatsch! - Un- ruhe bei der CDU und bei der FDP)

- Er hat es doch vorhin vorgelesen. Das ist doch so. Im Grunde genommen wird dieses Zitat herangenommen, um zu beweisen, dass die Leute - -

(Herr Stahlknecht, CDU: Aufhören! - Anhaltende Zurufe von der CDU)

- Herr Stahlknecht, Sie mögen im Gerichtssaal in der Lage sein, Leuten das Wort zu verbieten. Hier sind Sie es nicht, Herr Stahlknecht!

(Beifall bei der LINKEN - Zuruf von Herrn Tullner, CDU)

Übrigens lässt sich an diesem Artikel erkennen, wie intensiv es Herr van Hüllen bedauert, dass es Herr Schäuble vermieden hat, den VVN-BdA in den Verfassungsschutzbericht aufzunehmen, weil er an dieser Stelle ausdrücklich anderer Meinung ist. Es bleibt aber dabei, Herr Kosmehl: Mit diesem Zitat will Herr van Hüllen seine Bewertung der Verfassungsfeindlichkeit des VVNBdA belegen. Dazu sage ich in aller Deutlichkeit: Das ist entlarvend, aber nicht für den VVN-BdA, sondern für den Kollegen van Hüllen.

(Beifall bei der LINKEN)

Nun hat Herr Wolpert um das Wort gebeten.

Herr Gallert, ich will gar nicht auf Ihre selektive Wahrnehmung eingehen und auch nicht auf die umständliche Art und Weise, in der Sie versucht haben, die Leitplanken, die andere setzen, zu diffamieren und eigene zu setzen, die in keiner Weise akzeptabel sind.

Sie sagen, Herr Erben habe absolut richtig gehandelt. An dieser Stelle frage ich mich, ob Sie die Kompetenzüberschreitungen, die Herr Scharf aus rechtlicher Sicht sehr deutlich dargestellt hat, völlig missachten und wei

terhin das Urteil fällen wollen, dass Herr Erben völlig richtig gehandelt habe.

Wenn ich das richtig verstanden und rekapituliert habe, besteht die Differenz zwischen dem, was er getan hat, und dem, was er hätte tun sollen, in einem Beschluss des Stiftungsrates. Meines Wissens hat sich der Stiftungsrat danach noch einmal zusammengefunden und hat über diese Dinge diskutiert. Mir ist nicht bekannt, dass der Stiftungsrat an dieser Stelle eine Missbilligung an den Kollegen Erben ausgesprochen hat.

(Zuruf von Herrn Wolpert, FDP)

Das ist eine Situation, die wir in der Politik relativ häufig haben. Ich glaube, es hätte in diesem Bundesland Sachsen-Anhalt nicht einen einzigen Finanzminister gegeben, wenn dieses Verfahren nicht unstrittig wäre.

Insofern sage ich ausdrücklich: Möglicherweise hat Herr Kollege Böhmer Recht, wenn er sagt, dass man das im Verfahren anders hätte machen können. Ich sage ausdrücklich: Das, was Herr Erben mit dieser Geschichte retten wollte, ist absolut vernünftig und richtig gewesen. Alles andere hätte die Situation auch und gerade in der Gedenkstättenstiftung weiter zugespitzt.

(Beifall bei der LINKEN)

Die letzte Frage stellt Herr Dr. Schrader. Dann müssten wir durch sein.