Protocol of the Session on February 19, 2010

Wer sich schon einmal mit einem Kompass beschäftigt hat, der weiß: In der Luftfahrt kommt bei einer geradlinien Beschleunigung ein Beschleunigungsfehler vor. Ich hoffe, dass es sich nicht um einen Drehfehler handelt; denn dieser kommt in der Luftfahrt vor, wenn man in der Kurve zur Wende ansetzt. - Ich danke Ihnen.

(Beifall bei der FDP - Zuruf von Herrn Scharf, CDU)

Vielen Dank, Frau Dr. Hüskens. - Nun spricht Frau Fischer für die SPD-Fraktion.

Verehrter Herr Präsident! Meine sehr verehrten Kolleginnen und Kollegen Abgeordneten! Herr Gallert, Ihrem Wunsch, das PEK heute zu beerdigen, werden wir nicht nachkommen, weil es unserer Meinung nach gut ist, dass es ein solches detailliertes Personalentwicklungskonzept gibt.

Bitte gestatten Sie mir - ich mache das bei jeder Rede, bei der es um das Personalentwicklungskonzept geht; wahrscheinlich muss man es immer und immer wiederholen - einige grundsätzliche Bemerkungen zum Personalentwicklungskonzept.

Es ist Aufgabe der Landesregierung, ein Personalkonzept zu entwickeln. Im Jahr 2007 ist das erste Personalentwicklungskonzept erarbeitet und dem Landtag vorgelegt worden.

Es ist - das war von Anfang an klar; der Herr Minister hat es vorhin noch einmal deutlich gemacht - kein starres Konzept. Es wird jährlich aktualisiert. Es wird mindestens jährlich in seiner neuen Fassung vorgestellt. Außerdem wird es zwischendurch an die sich ändernden Situationen angepasst.

Die Neuausrichtung des Personalentwicklungskonzepts 2010, wie es in der Überschrift des Antrags der LINKEN heißt, ist unserer Meinung nach nicht notwendig, weil sich die schwierigen finanziellen Rahmenbedingungen des Landes nicht geändert haben. Sie sind uns seit vielen Jahren bekannt. Die Notwendigkeit des Konzepts zum Personalabbau bei gleichzeitiger Betrachtung des Einstellungskorridors - das wird meistens vernachlässigt - wird auch im bundesweiten Ländervergleich deutlich.

Ich finde durchaus, dass man sich mit anderen Ländern vergleichen muss, Herr Gallert. Wenn Sie sagen, das werde nur in der Quantität, aber nicht in der Qualität betrachtet, dann muss ich dazu ehrlich sagen, mir fallen so schnell keine anderen bekannten und verlässlichen Merkmale ein.

Ich wäre Ihnen dankbar, wenn Sie mir irgendwann einmal sagen könnten, bei welchen Aufgabenfeldern wir uns signifikant von den anderen Landesverwaltungen unterscheiden. Steuerverwaltung und Polizei gibt es doch überall. Bei den Lehrern liegt es an der Struktur und am Inhalt, nicht aber an der Aufgabe, die zu erledigen ist. Daher ist, so meine ich, die Kritik sicherlich angebracht, aber man muss auch sehen, wie man sie untersetzt und wie man das verdeutlicht.

Zu den Ländervergleichen hat Herr Bullerjahn bereits die aktuellen Daten genannt. Ich meine, wir stehen mit 22,1 Stellen im ostdeutschen Vergleich schon recht gut da, aber man muss doch immer den Durchschnitt aller Flächenländer sehen. Und da liegen wir eben doch weit über dem Durchschnitt.

Die Flächenländer Ost streben eine weitere Qualifizierung ihrer Zielzahlen an. Mecklenburg-Vorpommern will bereits im Jahr 2012 die Marke von weniger als 19 Stellen pro 1 000 Einwohner erreichen. Und Brandenburg - das haben wir soeben in einer längeren Diskussion gehört; wir hatten es auch in der November-Sitzung der Enquetekommission von den Vertretern Brandenburgs deutlich gehört - will sich an der Zielzahl 17 Landesbeschäftigte pro 1 000 Einwohner orientieren. Sie orientieren sich damit an dem voraussichtlichen Durchschnitt der westdeutschen Flächenländer.

Ich mache es kurz: Es gibt für die SPD-Fraktion kein Rütteln am Ziel von 19 Beschäftigten pro 1 000 Einwohner im Jahr 2020. Wir halten daran fest. Deshalb lehnen wir den ersten Punkt in Ihrem Antrag eindeutig ab.

Ich weiß auch nicht, wie die Vorschläge im Antrag der Fraktion DIE LINKE in der Praxis tatsächlich funktionieren sollen. Die jährlichen Aktualisierungen und die ständigen Anpassungen, die es gibt, sind die Ergebnisse von aktuellen und laufenden Entwicklungen. Denen gehen - das wissen Sie alle - Verständigungen der Ressortchefs voraus. Dabei werden alle Möglichkeiten, auch die der flexiblen Umsetzung, ausgenutzt.

Wir haben vorhin gehört - der Minister hat mehrere Beispiele gebracht -, dass man zum Beispiel Neueinstellungen vorziehen kann, um akuten Personalbedarf zu decken, dass sich aufgrund eines Altersteilzeitgesetzes für die Polizei, das wir hier beschlossen haben, weitere Möglichkeiten ergeben. Ich denke, das muss ich gar nicht weiter ausführen; denn wir wissen alle, dass das Personalentwicklungskonzept kein Kunstwerk des Finanzministers allein ist. Es ist vielmehr die Entscheidung des gesamten Kabinetts.

Nur noch eine kurze Bemerkung, meine Damen und Herren. Beim Personalentwicklungskonzept gilt aus meiner Sicht das Gleiche wie beim Landeshaushalt: Wenn man eine Haushaltsstelle in einem Politikfeld mit Mehrausgaben oder eben mit mehr Stellen versehen will, dann bedeutet das, dass es einen Aufwuchs an einer Stelle gibt, der aber durch eine Reduzierung an einer anderen Stelle kompensiert werden muss, für den ein Ausgleich geschaffen werden muss. Sonst verliert man das Ziel aus den Augen - das wollen wir nicht -, nämlich 19 Stellen insgesamt pro 1 000 Einwohner im Jahr 2020.

Meine Redezeit ist leider schon zu Ende. Zu Ihrem letzten Punkt, dem Buchstaben e. Vor dem Hintergrund - so sagen Sie - der hohen Zahlen altersbedingten Ausscheidens müssen wir dafür Sorge tragen, dass unsere jungen, ausgebildeten Leute im Land bleiben. - Ja, natürlich, das PEK sagt auch nichts anderes. Das PEK sagt nicht, wir wollen unsere jungen Leute nicht im Land halten. Wir wissen sehr wohl, dass es auch aufgrund der Demografie hier weitere Möglichkeiten gibt. Ich denke, das ist richtig.

Wir sind der Auffassung, dass die in Ihrem Antrag beschriebenen Rahmenbedingungen für die Überarbeitung des Personalentwicklungskonzepts in manchen Punkten sicherlich zu bereden sind. Diese haben wir in der Enquetekommission auch besprochen.

Aber wir lehnen Ihren Antrag ab, weil unserer Meinung nach eine Neufassung, eine Neuausrichtung nicht nötig ist. Er kommt an dieser Stelle vielleicht zu früh, aber er ignoriert auch die laufenden Gespräche und Verhandlungen. Er schlägt Pflöcke ein, über die man sich erst noch verständigen muss. Es geht um Tarifvereinbarungen und andere Gespräche innerhalb des Kabinetts, von denen wir hier gehört haben. Dem können und müssen wir nicht vorgreifen. - Danke.

Vielen Dank, Frau Fischer. - Zum Schluss der Debatte hat Herr Gallert noch einmal das Wort. Bitte.

(Herr Tullner, CDU: Ohne Skript!)

Ich möchte kurz auf die eine oder andere Argumentation eingehen. Ich fange einmal bei Frau Fischer an. Na ja, genau das ist das Problem, vor dem wir hier stehen. Sie sagen: Natürlich müssen wir das Signal an die jungen Menschen aussenden, dass sie hierbleiben sollen, weil sie hier auch eine Perspektive im öffentlichen Dienst haben.

Aber wissen Sie, wir haben in der letzten Landtagssitzung etwas anderes getan: Wir haben einen Doppelhaushalt beschlossen, in dem die Nachausbildungsoffensive gestrichen wurde. Dazu muss ich ganz deutlich sagen: Das geht so nicht.

(Beifall bei der LINKEN)

Das geht so nicht. Damit haben wir genau das umgekehrte Signal ausgestrahlt. Ich glaube, das war ein politischer Fehler.

Punkt 2. Kollege Tullner, wir haben den öffentlichen Dienst für vieles verantwortlich gemacht und wir bezeichnen ihn mit vielen Begriffen. Aber ein Menetekel ist er für uns nicht. Das wäre nämlich die Voraussage einer Katastrophe, nämlich dass er seinem Ende entgegengehen würde. Das steht so in der Bibel, im Alten Testament. Das müssten Sie eigentlich besser wissen als ich.

(Herr Tullner, CDU, lacht)

Unterstellen Sie uns also nicht, dass wir den öffentlichen Dienst mit solchen Funktionszuschreibungen belegen würden. Das ist eher Ihr Part an der Stelle.

(Herr Tullner, CDU: Das weise ich mit Abscheu von mir!)

Bei dieser ganzen Geschichte möchte ich doch einfach um eines bitten: Wenn wir über das Arbeitskräftevolumen im öffentlichen Dienst diskutieren und befinden, dann sollten wir uns mehr Ehrlichkeit zumuten. Ich muss auch ganz deutlich sagen: Man kann nicht ernsthaft sagen - alle Leute, die sich wirklich detailliert damit beschäftigt haben, wissen das auch -, wir wollen bei der Zielzahl von 19 Beschäftigten pro 1 000 Einwohner bleiben, aber in der gleichen Rede von 13 000 Vollzeitlehrereinheiten im Jahr 2020 reden. Das geht nicht; das ist falsch.

All diejenigen, die in der Enquetekommission ein bisschen aufgepasst haben, all diejenigen, die sich das Personalentwicklungskonzept ein bisschen angeschaut haben, wissen genau, dass das falsch ist und dass das nicht geht. Und derjenige, der sich hier hinstellt und das sagt, ist unehrlich. Das lassen wir den Leuten nicht durchgehen.

(Zustimmung bei der LINKEN - Zuruf von Frau Feußner, CDU)

Bei einer solchen Argumentation, lieber Kollege Tullner - ja, wir brauchen mehr Lehrer, aber der Kollege Olbertz soll doch bei seiner Schulverwaltung einsparen -, schaue ich angstvoll nach oben, um zu sehen, ob wir hier einen Deckenbalken haben.

Himmelherrgott! Wir haben 14 500 VZE. Wir haben im Lehrerbereich 15 800 Personen. Damit haben wir jetzt wirklich eine Diskussionsmasse. Sie haben gesagt: Die Zielzahl 13 000 VZE sind zu wenig für die Schuljahre 2013/2014. Dann reden wir möglicherweise über 14 000 oder 14 500; wir reden aber keinesfalls über 10 000. Sa

gen Sie einmal, wie viel Stellenaufwuchs im Verhältnis zu der bisherigen Planung wollen Sie denn bei der Schulverwaltung dadurch substituieren? Wie viele Leute arbeiten - -

(Herr Tullner, CDU: Das war doch nur ein Bei- spiel!)

- Ja, das war ein Beispiel, das in die Irre geht und zu dem man deutlich sagen muss: Sieht man sich einmal die realen Zahlen an, so stellt man fest, dass es völliger Blödsinn ist zu erzählen, wir bekämen 1 500 VZE für die Schulen zum Beispiel dadurch, dass wir bei der Schulverwaltung oder meinetwegen beim Fortbildungsinstitut einsparen. Das geht nicht, und deswegen erzählen Sie es den Leuten bitte auch nicht. Es funktioniert so nicht.

(Frau Feußner, CDU: Was erzählen Sie denn die ganze Zeit? Nur Polemik!)

Deswegen werden wir uns in einer solchen inhaltlichen Diskussion natürlich auch damit auseinandersetzen müssen.

(Zustimmung bei der LINKEN - Zuruf von Frau Feußner, CDU)

Dann habe ich auch wieder gehört: Alle unsere Forderungen hinsichtlich des öffentlichen Dienstes sind populistisch, unbezahlbar, unverantwortlich, unrealisierbar. - Ja. Aber wenn die CDU-Fraktion beschließt, dass 13 000 VZE im Lehrerbereich zu wenig sind, dann ist das natürlich nicht populistisch, dann ist das nicht unbezahlbar und dann ist das außerordentlich realistisch.

(Zustimmung bei der LINKEN - Frau Feußner, CDU: Ist das ein Schwachsinn!)

- Ich sage noch einmal ausdrücklich, Frau Feußner - Frau Fischer hat es am Ende angedeutet -: Es ist für mich nichts Neues, dass Forderungen von der LINKEN im Grunde genommen in ihrer Reflexion durch die politische Konkurrenz seit zwei, drei Jahren immer zwei Phasen der Wahrnehmung haben. In der ersten Phase sind sie populistisch, unverantwortlich, gehen überhaupt nicht und sind fernab jeder Realität. Und in der zweiten Phase werden sie schrittweise übernommen.

(Beifall bei der LINKEN - Zurufe von Feußner, CDU, und von Herrn Tullner, CDU)

Wir wollen diesen Prozess nur beschleunigen, liebe Kolleginnen, liebe Kollegen. - Danke.

(Beifall bei der LINKEN - Frau Feußner, CDU: Ich lache mich kaputt!)

Vielen Dank, Herr Gallert. - Meine Damen und Herren! Ich habe, Ihre große Aufmerksamkeit bemerkend, die Zeit etwas laufen lassen. Das haben Sie vielleicht auch bemerkt. Schließen Sie daraus bitte nicht, dass ich beim nächsten Tagesordnungspunkt genauso großzügig sein werde.

(Herr Tullner, CDU: Das nennt man Prioritäten- setzung!)

Jetzt wird abgestimmt. Ein Antrag auf Überweisung ist nach meiner Kenntnis von niemandem gestellt worden, sodass wir über den Antrag selbst abstimmen können. Wer stimmt dem Antrag mit dem Titel „Neuausrichtung des Personalentwicklungskonzeptes 2010“ in der Drs. 5/2420 zu? - Die Antragsteller. Wer stimmt dagegen?

- Alle anderen. Damit ist dieser Antrag abgelehnt worden und der Tagesordnungspunkt 14 ist beendet.

Ich rufe den Tagesordnungspunkt 15 auf: