Protocol of the Session on December 11, 2009

Wir streiten uns darüber, dass eine Personalentscheidung so getroffen wurde, wie sie einigen von uns nicht gefällt. Wir machen der Öffentlichkeit vielleicht noch weis, dass irgendetwas besser werden würde, wenn sich angeblich staatsnahe Vertreter oder Parteivertreter aus dem Gremium mehr oder weniger zurückziehen würden. Wir beteuern, dass diejenigen, die einen Sitz irgendwo zufällig über ein Parteiticket bekommen, nichts damit zu tun haben.

Wir sollten uns vielleicht in die Spur begeben und uns fragen, ob es besser werden würde, wenn sich die Parteien aus dem Gremium zurückziehen würden. Das muss einem doch zu denken geben. Wenn man sich einmal die Medienvertreter anschaut, die nicht von den Parteien entsandt worden sind, dann sieht man doch, dass sie ihren Job gewiss nicht besser machen als diejenigen, die professionell und umfangreich zu dieser Thematik arbeiten.

(Beifall bei der CDU - Zustimmung bei der FDP)

Aber ich glaube, meine Damen und Herren, mit dieser Debatte heute Morgen haben wir uns und den öffentlichrechtlichen Medien in diesem Land und in ganz Deutschland keinen Gefallen getan. - Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Herr Scharf, Herr Miesterfeldt hat noch eine Frage an Sie. - Danach hat der Fraktionsvorsitzende Herr Gallert das Wort.

Herr Kollege Scharf, können Sie mir darin Recht geben, dass der Klamaukanteil insbesondere durch die lautstarken, aber substanzlosen Beiträge der FDP

(Oh! bei der CDU und bei der FDP - Frau Feuß- ner, CDU: Das ist unverschämt!)

und durch Beiträge der CDU hervorgebracht wurde, etwa durch die Frage nach der Leninschen Revolutionstheorie?

(Zustimmung bei der LINKEN)

Geschätzter Kollege, die Sache wird nicht besser, wenn wir den Klamauk jetzt fortsetzen.

(Zustimmung bei der CDU)

Nun hat der Fraktionsvorsitzende Herr Gallert das Wort.

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Guten Morgen! Ich bin jetzt deshalb nach vorn gekommen, weil ich glaube, es wäre wichtig, auf den Kern des Problems hinzuweisen. Die Situation, die mit dieser Personalentscheidung im ZDF-Verwaltungsrat eingetreten ist, ist eine außerordentlich ernste Situation. Ich glaube, ernste politische und gesellschaftliche Themen gehören in die Parlamente und damit auch in den Landtag. Wohin denn sonst?

Die ganze Welt bzw. die Medienwelt hat das zum zentralen Thema gemacht. Und ausgerechnet wir sollen uns darüber nicht unterhalten? Ich denke, es ist ausdrücklich wichtig, dass wir das tun.

(Zuruf von Frau Feußner, CDU)

Ich möchte versuchen, den Kern aus meiner Sicht darzustellen. Dass wir einen staatsfernen öffentlich-rechtlichen Rundfunk in dieser Bundesrepublik Deutschland haben, ist eine Entscheidung von Politikern gewesen. Das heißt, dieser Staat selbst, diese Politiker selbst haben die Entscheidung getroffen - das ist von Stefan Gebhardt noch einmal dargelegt worden -, natürlich vor einem historischen Erfahrungshintergrund, dass es einen öffentlich-rechtlich finanzierten, aber staatsfernen Rundfunk geben soll. Das heißt, Politiker selbst waren die Quelle dieser Situation.

Deswegen ist es, so glaube ich, zu stark verkürzt dargestellt, wenn man sagt, dass die Präsenz von Politikern in solchen Gremien der Kern des Problems sei. Ich glaube eher, dass das nicht der Fall ist. Ich glaube auch, dass Vertreter anderer Institutionen möglicherweise an der einen oder anderen Stelle der Versuchung erliegen könnten, ihre Lobbyinteressen - auch Parteivertreter sind Lobbyisten für ihre eigene Partei - in solchen Gremien umzusetzen.

Ich glaube, der Kern des Problems ist etwas anderes. Der Kern des Problems ist die Frage: Welches zentrale Leitmotiv haben Politiker bei ihren Entscheidungen in solchen Gremien? - Das zentrale politische Leitmotiv in einem solchen Gremium muss, so glaube ich, der politische Auftrag sein, die Staatsferne des öffentlich-rechtlichen Rundfunks zu gewährleisten.

(Zustimmung von Frau Budde, SPD)

Nicht der Politiker an sich ist die Gefahr, sondern der Politiker, der den Lobbyinteressen nachgibt, ist die Gefahr.

(Beifall bei der LINKEN - Zustimmung bei der CDU)

Sein Auftrag, egal ob er von der LINKEN oder von der CDU ist, ist es, für die öffentlich-rechtliche Staatsferne zu kämpfen.

Der Fall Brender ist deswegen ein solcher Kulminationspunkt, weil hierbei ganz deutlich geworden und für die meisten nachvollziehbar geworden ist, dass genau dieses Prinzip von Politikern verletzt worden ist, dass sie ihren parteipolitischen Lobbyinteressen nachgegeben haben

(Herr Gürth, CDU: Herr Gallert, das ist heuchle- risch!)

und damit selbst in Zweifel gezogen haben, dass es einen öffentlich-rechtlichen staatsfernen Rundfunk in dieser Bundesrepublik gibt.

Machen wir uns doch nichts vor: Wie wirken denn solche Entscheidungen? - Solche Entscheidungen wirken subtil, weil die nächsten wissen, man darf es sich mit einer bestimmten politischen Mehrheit nicht verderben. Das ist die Zensur, die dann in den Köpfen entsteht. Wenn man Karriere machen will, muss man politische Rücksichten nehmen, ansonsten ist man weg vom Fenster.

(Beifall bei der LINKEN - Zustimmung bei der SPD - Herr Tullner, CDU: So ein Unfug!)

Das ist die Botschaft der Entscheidung um Brender. Das lässt sich nicht wegdiskutieren, und das ist das Problem, vor dem wir stehen.

(Zuruf von Herrn Tullner, CDU)

Deswegen ist es eine ernste Thematik, über die an dieser Stelle diskutiert werden muss und die auch benannt werden muss. - Danke.

(Beifall bei der LINKEN - Zustimmung bei der SPD)

Vielen Dank. - Meine Damen und Herren! Gibt es noch weitere Wortmeldungen? - Ich sehe, dass das nicht der Fall ist. Somit können wir das erste Thema der Aktuellen Debatte abschließen. Beschlüsse zur Sache werden nach § 46 der Geschäftsordnung des Landtages nicht gefasst.

Ich rufe das zweite Thema der Aktuellen Debatte auf:

Internationale Klimaschutzanstrengungen intensiver unterstützen

Antrag der Fraktion DIE LINKE - Drs. 5/2327

Es ist folgende Reihenfolge der Debattenbeiträge vorgesehen: DIE LINKE, SPD, FDP, CDU. Zunächst erteile ich der Abgeordneten Frau Hunger von der Fraktion DIE LINKE das Wort. Bitte schön.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Seit Montag dieser Woche findet in Kopenhagen die UN-Klimakonferenz unter Beteiligung von 192 Staaten statt, auf der die Hoffnung sehr vieler Menschen ruht, dass es gelingen möge, ein Nachfolgedokument für das im Jahr 2012 auslaufende Kyoto-Protokoll zu verabschieden. Ob dies gelingt, werden wir am 18. Dezember wissen.

Wie die bisherigen Meldungen aus Kopenhagen zeigen, ist allzu viel Optimismus wohl nicht angesagt. Ich möchte auf die Konsequenzen eines Scheiterns jetzt nicht weiter eingehen. Wir haben das Thema hier schon öfter besprochen und alle im Saal wissen um Extremwetterereignisse, um den Meeresspiegelanstieg und um Millionen von Klimaflüchtlingen, auf die die kürzlich unter Wasser tagende Regierung der Malediven recht drastisch aufmerksam gemacht hat.

(Unruhe)

Meine Damen und Herren! Ich bitte um etwas mehr Ruhe. Wir hier vorn können Frau Hunger nur schlecht verstehen. Ich bitte um Nachsicht.

Wenn die Konferenz in Kopenhagen scheitert, dann wissen wir, dass der Umgang mit diesen Problemen unser täglicher Alltag wird. Dann gibt es kein Ausweichen, kein Aufschieben und kein Verdrängen mehr.

In der Vorbereitung der Konferenz wurde oft beklagt, dass alle Seiten keine konkreten Zusagen in Bezug auf Emissionsminderungsziele und finanzielle Unterstützung geben wollten. Dabei hat auch Deutschland keine Vorreiterrolle gespielt; es hat kein konkretes Finanzangebot vor der Konferenz abgegeben. Diesem Klima des Hinauszögerns, des Lavierens und Versandenlassens von Diskussionen scheint der Erfolg der Konferenz zum Opfer zu fallen.

Allerdings erreichen uns auch täglich Berichte von Protest- und Mahnaktionen, die in einem solchen Ausmaß noch keine Klimakonferenz begleitet haben. Die Forderungen zum Handeln an die Politiker werden immer lauter, weil viele Menschen ihre grundlegenden Lebensinteressen auf dem Spiel stehen sehen, die sie nicht dem Profit weniger geopfert sehen wollen.

Es gab kurz vor Beginn der Konferenz doch noch einige Forschungsinstitute und Umweltorganisationen, die mögliche Beschlussinhalte vorlegten. Ich möchte hierbei nur auf das Wuppertal-Institut verweisen. Auch Greenpeace hat etwas vorgelegt. Die wesentlichen Eckpunkte sind so oder in ähnlicher Form auch bei anderen Autoren zu finden.

Der Anstieg der mittleren Temperatur der Erde darf nicht mehr als zwei Grad betragen. Bis zum Jahr 2050 soll in allen Ländern eine Emissionsminderung um 80 %, in den Industrieländern um bis zu 90 % gegenüber dem Wert des Jahres 1990 erfolgen. Das würde bedeuten, dass wir zu diesem Zeitpunkt, also im Jahr 2050, noch etwa eine Tonne pro Kopf und Jahr an Kohlendioxid ausstoßen dürften.

Dazu ist das Nahziel formuliert worden, dass die Industrieländer eine 40-prozentige Reduktion der Emission bis zum Jahr 2020 erreichen sollen, die sie zu 30 % auf ihrem eigenen Territorium vornehmen sollen. Alle Länder sollen flankierende Ziele zum Ausbau der erneuerbaren Energien formulieren.

Für die Entwicklungsländer ist ein globales Investitionsprogramm aufzulegen, dessen Finanzierung im Wesentlichen von den Industrieländern als den Verursachern des Klimawandels zu tragen ist. Die größeren Entwicklungsländer sollen ebenfalls Strategien dafür formulieren, wie sie von vornherein in eine emissionsarme Wirtschaftsentwicklung einsteigen wollen. Daneben haben alle Länder ebenfalls Maßnahmen zur Anpassung an den Klimawandel zu formulieren.

So wichtig all diese Punkte insgesamt sind, so muss in Kopenhagen mindestens zweierlei davon beschlossen werden: zum einen der um 40 % geringere Klimagasausstoß in den Industrieländern bis zum Jahr 2020 und zum anderen die verbindlichen Zusagen für Finanztransfers in Entwicklungsländer zugunsten des Klimaschutzes und der Anpassung an den Klimawandel.

Der Klimagipfel in Kopenhagen braucht ein juristisch bindendes Abkommen als Ziel. Die Formulierung eines rein politischen Ziels ist kein Erfolg. Ein solches wurde bereits bei der Vorbereitungskonferenz in Bali formuliert. Wir können uns also nicht damit zufrieden geben, wenn am Ende der kommenden Woche formuliert wird: Ja, wir

treffen uns Mitte des Jahres 2010 noch einmal und dann machen wir endlich ein wirklich belastbares Abkommen.