Protocol of the Session on December 10, 2009

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Mit dem Gesetzentwurf ist meines Erachtens der Einstieg in ein Finanzausgleichssystem gelungen, das die Finanzausgleichsmasse aufgabenbezogen ermittelt und zur Verfügung stellt. Auf dieser Grundlage kann die Revision der Finanzausgleichsjahre 2012 ff. aufsetzen, um in einem weiteren Schritt der Umsetzung des Neunpunktekatalogs den weiteren Weg in die aufgabenbezogene Auszahlung der Zuweisungen fortzusetzen. - Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit.

(Zustimmung bei der SPD)

Vielen Dank, Herr Minister. Es gibt drei Nachfragen, und zwar von Herrn Harms, von Frau Dr. Hüskens und von Herrn Gallert. Wenn Sie diese beantworten möchten, dann bitte. - Bitte, Herr Harms, Sie haben das Wort.

Herr Minister, mit dem von Ihnen eingebrachten Gesetzentwurf erhält die typische Einheitsgemeinde in Sachsen-Anhalt demnächst ca. 300 000 € weniger an Zuweisungen. Mit welchen Maßnahmen werden diese Einheitsgemeinden in der Lage sein, diese Konsolidierung zu erbringen?

Verehrter Herr Abgeordneter Harms, wir haben uns über diesen Sachverhalt schon im Ausschuss sehr intensiv unterhalten bzw. darüber verständigt. Ich kann Ihnen die einzelnen Maßnahmen aufgrund der Unterschiedlichkeit der kommunalen Situation in Sachsen-Anhalt nicht auflisten.

Ich will Ihnen aber sagen - das habe ich auch in meinem Redebeitrag deutlich zu machen versucht -, dass altes Recht fortgelten würde, wenn wir das System des kommunalen Finanzausgleichs nicht auf eine aufgabenbezogene und von der Einnahmensituation des Landes unabhängige Berechnungsweise umstellen würden. Das wiederum würde dazu führen, dass die kommunale Familie insgesamt deutlich schlechter gestellt wäre, als sie mit dem heute zu verabschiedenden Gesetz gestellt werden soll.

Gleichwohl weiß ich, dass es durch die Umverteilung innerhalb und zwischen den kommunalen Familien zu Umschichtungen kommen wird, die auch dazu führen werden, dass einzelne Städte und Gemeinden künftig im Vergleich zur jetzigen Ausstattung weniger Einnahmen aus den Landeszuweisungen erzielen werden.

Wir haben uns deshalb darauf verständigt und dem Gesetzentwurf eine entsprechende Tabelle beigefügt, dass wir eine Haltelinie einführen, damit klar ist, dass die Kommunen nach dem neuen FAG wenigstens 80 v. H. der Zuweisungen erhalten, die nach dem geltenden Gesetz zur Verfügung gestellt werden würden. Dass das im Einzelfall Konsolidierungsprobleme mit sich bringen wird, ist mir sehr wohl bewusst. An der Änderung führt aus meiner Sicht aber kein Weg vorbei.

Herr Harms, Sie haben noch eine Nachfrage? - Bitte schön.

Herr Minister, mit den von Ihnen angeregten Eingemeindungsverträgen werden den Kommunen gewisse Schranken in ihrem Handeln gesetzt. Welche Bedeutung messen Sie künftig diesen abgeschlossenen Verträgen bei?

Ich gehe davon aus, dass Verträge, die geschlossen werden, auch eingehalten werden. Dafür werden sie geschlossen. Es gibt eine Kommunalaufsicht, die darüber zu wachen und darauf zu achten hat, dass die geschlossenen Verträge eingehalten werden.

Das schließt nicht aus, dass zum Beispiel einzelne Investitionsvorhaben zu einem späteren Zeitpunkt realisiert werden müssen, wenn bestimmte finanzielle Spielräume aktuell nicht vorhanden sind. Das ist aber keine neue kommunale Erfahrung. Das hat es immer schon gegeben, dass die Realisierung eines geplanten Vorhabens aufgrund fehlender Mittel in ein anderes Haushaltsjahr verschoben werden musste.

Das hat es in der Vergangenheit gegeben, und ich kann mir durchaus vorstellen, dass es so etwas im Einzelfall auch in Zukunft geben wird, dass Vorhaben, die sich aufgrund vertraglicher Vereinbarungen auf bestimmte Haushaltsjahre beziehen, in ein anderes Haushaltsjahr verschoben werden müssen, weil die finanziellen Mittel in dem Haushaltsjahr, für das das Vorhaben beabsichtigt war, nicht zur Verfügung stehen.

Vielen Dank. - Nun Frau Dr. Hüskens.

Herr Minister, wir haben alle festgestellt, dass sich die Zustimmung zu dem Entwurf des FAG bei den meisten Abgeordneten letztlich daran bemisst - das haben wir auch gerade wieder gehört -, was der eigene Ort an Geld bekommt.

Ich war etwas überrascht festzustellen, dass bei den meisten Abgeordneten des Innenausschusses die Wahrnehmung vorherrschte, dass keine Kommune weniger als 80 % dessen bekommen soll, was sie im Jahr 2009

bekommen hat. Sie haben gerade zu Recht gesagt, dass sich das darauf bezieht, dass das alte FAG fortgelten würde. Das bedeutet bei einigen Kommunen aber - das ist Ihnen sicherlich auch bewusst -, dass sie nur noch 40 % bis 50 % dessen bekommen, was sie im Jahr 2009 faktisch bekommen haben.

Können Sie bitte einmal erklären, wie es bei den Kollegen im Innenausschuss zu dieser Wahrnehmungsverschiebung gekommen ist, die sich dann auch in den Medien niedergeschlagen hat?

(Herr Stahlknecht, CDU: Quatsch!)

Nein, das kann ich Ihnen nicht erklären. Das hat möglicherweise etwas mit der insgesamt sehr komplizierten Rechtsmaterie zu tun, die manchmal, wenigstens in den zurückliegenden Wochen, nicht immer ganz einfach zu durchschauen gewesen ist; das will ich durchaus eingestehen.

(Zuruf von Herrn Kosmehl, FDP)

- Nein, es ist ja so. Lieber Herr Kosmehl, Sie haben an manchen Stellen gezielt nachgefragt, weil bestimmte Fragen offen waren. Das ist auch völlig in Ordnung.

Ich will aber einmal eines sagen, verehrte Frau Kollegin Hüskens: Wenn das stimmt, was Sie sagen - ich unterstützte Sie darin ausdrücklich, dass der Vergleichsmaßstab das geltende FAG, Stand 2009, ist -, dann bitte ich auch zur Kenntnis zu nehmen, dass dies in der Diskussion, die wir sonst so führen, auch der Vergleichsmaßstab ist.

In der Diskussion, die ich auch öffentlich wahrnehme und die übrigens auch Sie führen - ich mache Ihnen das nicht zum Vorwurf, stelle das aber fest und nehme das zur Kenntnis -, werden Äpfel mit Birnen verglichen, weil von den tatsächlichen Zuweisungen an die Kommunen im Jahr 2009 ausgegangen wird, ohne zu berücksichtigen, dass es im Jahr 2009 eine erhebliche Überzahlung gegeben hat

(Herr Stahlknecht, CDU: 160 Millionen €!)

- 160 Millionen €, Herr Stahlknecht -, weil die geplanten Einnahmen des Landes viel höher als die tatsächlichen Einnahmen waren.

Sie wissen genau, dass dies, wenn Sie es seriös berücksichtigen, zu einem anderen Ergebnis führt. Ich finde, dass es in der Debatte über den Entwurf des FAG bei aller Kritik, die man daran üben kann, zur Fairness gehört, nicht Äpfel mit Birnen, sondern Äpfel mit Äpfeln zu vergleichen.

Frau Dr. Hüskens hat noch eine Nachfrage.

Keine Nachfrage. Mir geht es darum klar zu machen, damit es jeder weiß, dass das, was das Parlament heute beschließt, eben nicht das ist, was die Kollegen aus dem Innenausschuss zunächst einmal kommuniziert hatten, nämlich dass jede Kommune mindestens 80 % bekommt. Vielmehr sinken die Zuweisungen auf zum Teil 40 % bis 50 %.

(Unruhe)

Ich erteile jetzt Herrn Gallert das Wort.

Ich möchte zwei Bemerkungen machen. Vorneweg aber: Mir ist schon klar, dass die Verwirrung um diese 80 %, die die Kollegin Hüskens angesprochen hat, nicht Ihnen anzulasten ist, weil das eine Pressemitteilung der Koalitionsfraktionen gewesen ist, die nur bei absoluten Insidern bewusst gemacht hat, dass es so ist, wie Frau Hüskens jetzt noch einmal dargelegt hat.

(Frau Budde, SPD: Das ist aber sehr spitz, Herr Kollege!)

Alle anderen haben tatsächlich geglaubt, es wären 80 % der Zuweisungen des Jahres 2009. Wenn man die Pressemitteilung ganz genau liest, dann legt sie diese Vermutung zwar nahe, sie macht diesen Fehler aber nicht. Das muss man fairerweise dazusagen.

(Herr Scharf, CDU: Machen Sie einmal einen Le- sekurs in Ihrer Fraktion!)

- Wissen Sie, Herr Scharf, wenn Sie jetzt zugehört hätten, dann hätten Sie mitbekommen, dass ich gerade gesagt habe, dass diese Pressemitteilung den Fehler nicht gemacht habe. Den Lesekurs brauche also nicht ich, aber einige aus Ihrer Koalition, die das falsch verstanden und es der Presse falsch gesagt haben.

(Frau Bull, DIE LINKE: Sie können nicht spre- chen und gleichzeitig zuhören!)

Ich habe mich aber wegen zwei Bemerkungen gemeldet, Herr Hövelmann, die Sie gemacht haben. Zum einen haben Sie sich auf die Stendaler Thesen des Landkreistages bezogen. Dazu muss man der Fairness halber sagen, die erste Kernaussage dieser Stendaler Thesen war, dass die Landkreise für die Aufgaben, die sie vom Land übertragen bekommen haben, mit diesem FAG zu wenig Geld bekommen.

(Zustimmung bei der FDP)

Das war die erste Feststellung des Landkreistages. Die Hoffnung der Landräte war, über eine weitere Erhöhung der aufgabenbezogenen Zuweisungen insgesamt mehr Geld zu bekommen. Diese Hoffnung ist im Wesentlichen nicht erfüllt worden. Das muss man dann auch sagen, wenn man auf diese Stendaler Thesen Bezug nimmt.

Zum anderen will ich auf eine Geschichte eingehen, die mit diesen 80 % zu tun hat. Sie haben darauf hingewiesen, dass als Rückfallgrenze eingezogen worden ist, dass die Kommunen ausgehend davon, dass das FAG fortgelten würde, auf dieser fiktiven Berechnungsgrundlage nicht weniger als 80 % der Zuweisungen bekommen sollen.

Das bedeutet aber, dass ein Satz, den Sie vorher gesagt haben, nämlich dass alle Mitglieder der kommunalen Familie durch dieses Gesetz gegenüber der Sachlage profitieren, wenn das alte fortgegolten hätte, nicht stimmt. Ansonsten hätte man eine Rückfallklausel von 100 % einziehen müssen. Dann wäre Ihre Aussage richtig gewesen. So ist sie falsch,

(Zustimmung bei der FDP)

weil es natürlich viele Kommunen gibt, die mit diesen 80 %, 85 %, 90 %, 95 % weniger bekommen, als sie insgesamt bekommen hätten, wenn das alte FAG weiterhin

gegolten hätte. Das trifft auf die Summe aller Kommunen nicht zu, aber es trifft vor allen Dingen auf eine Vielzahl von Kommunen im kreisangehörigen Raum zu.

Dritte und letzte Bemerkung: Wir dürfen auch nicht so tun, als hätte es die Alternative gegeben, dass das alte FAG hätte weiter gelten können. Dagegen steht das Thüringer Verfassungsgerichtsurteil. Dieses Land hätte von seinem Verfassungsauftrag her gar nicht mehr die Möglichkeit gehabt, das alte weitergelten zu lassen. Deswegen ist es auch als Drohpotenzial nicht mehr zu verwenden.

(Zustimmung bei der LINKEN)

Herr Minister, bitte.

Herr Präsident! Herr Gallert, ich möchte wenigstens eines zurückweisen. Wenn Sie meine Antwort auf die Anfrage des Kollegen Harms vernommen hätten, dann wüssten Sie, dass ich sehr wohl gesagt habe, dass die Besserstellung der Kommunen insgesamt nicht dazu führt, dass es nicht auch einzelne Kommunen gibt, die durch die Gesetzesnovellierung, durch Verschiebungen zwischen den einzelnen kommunalen Gruppen und auch innerhalb einer kommunalen Gruppe durch dieses Gesetz schlechtergestellt werden. Ich will das noch einmal erwähnen, damit nicht der Eindruck im Hause bestehen bleibt, ich hätte da etwas nicht eingestanden, was objektiv so ist. Ich habe es gesagt und bitte dies auch so zur Kenntnis zu nehmen.

Vielen Dank. - Weitere Fragen gibt es nicht. Bevor wir die Debattenbeiträge der Fraktionen hören, begrüße ich Gäste der Landeszentrale für politische Bildung und Damen und Herren der Bildungsgesellschaft aus Magdeburg auf der Südtribüne. Herzlich willkommen!

(Beifall im ganzen Hause)