Frau Dirlich, ich bitte Sie dringend, diese Verteilung einzustellen. Das ist bei uns nun wirklich nicht zulässig. Dafür rüge ich Sie jetzt.
Ich möchte noch einmal den Änderungsantrag der Regierungsfraktionen vorstellen. Im ersten Absatz - darin gebe ich Ihnen, Frau Dr. Hüskens, Recht - geht er auf ähnliche Bereiche wie Ihr Antrag ein. Aber ich möchte sagen: Bei der Formulierung „die Grundlagen für die jeweilige strukturelle und inhaltliche Entwicklung zu erarbeiten“, sind Sie etwas vorschnell, Frau Dr. Hüskens. Denn bezüglich der Grundlagen dafür, wie wir dann politisch entscheiden, was für eine Beratungslandschaft wir uns vorstellen, erwarten wir dringend Zahlen und insbesondere Entwicklungsprognosen des Sozialministeriums.
Ich will Ihnen das an einem Beispiel deutlich machen. Die Frau Ministerin hat vorhin gesagt: Es kann sein, dass es aufgrund der Finanzkrise und der Arbeitslosigkeit in den nächsten Jahren zeitversetzt zu erhöhter Verschuldung und zu Privatinsolvenzen kommen kann. Es muss von Fachleuten analysiert werden, welche Beratungsbedarfe sich daraus ergeben.
Es kann auch im Bereich der Sucht passieren. Sie selbst haben schon Anfragen hinsichtlich der nach wie vor erschreckenden Anzahl der jungen Menschen gestellt - ich möchte das auch in diesem Hohen Hause sagen -, die zur Ausnüchterung in Krankenhäuser gebracht werden müssen, weil sie sich ins Koma gesoffen haben. Dafür brauchen wir auch andere Beratungsangebote. Diese Dinge sollen entwickelt werden und darüber soll uns berichtet werden. Dafür wollen wir Sachverstand einholen.
Der zweite Punkt. Aufgrund der veränderten Beratungsbedarfe in der Bevölkerung müssen wir prüfen, wie sich die demografische Entwicklung auswirkt. Es muss auch erlaubt sein zu überlegen, ob unsere Beratungsangebote noch auf der Höhe der Zeit sind. Hat sich in den 20 Jahren, in denen sich diese entwickelt haben, hinsichtlich der Bedarfe etwas verändert? Müssen wir manche Dinge zurückfahren und manche weiter ausdehnen?
Ganz wichtige Partner - diese hat Frau Ministerin schon genannt - sind die Kommunen und die Landkreise. Wir müssen endlich zu festen Finanzierungsmodalitäten kommen, also zu so genannten Dreierverträgen. Seien wir doch einmal ehrlich: Dort, wo Beratungsstellen Insolvenzberatung und soziale Schuldnerberatung durchführen, subventionieren wir oftmals die soziale Schuldnerberatung.
Das alles sind Punkte, die wir wirklich klar abgrenzen müssen. Wir haben als Land die wichtige Aufgabe, eine Beratungsstellenlandschaft zu schaffen, die von Arendsee bis Zeitz in den Landkreisen in den Strukturen gleich ist. Ich freue mich darauf, dass an diesem Punkt im
Vielen Dank, Frau Grimm-Benne. Möchten Sie eine Frage von Frau Dr. Hüskens beantworten? - Bitte, Frau Dr. Hüskens, fragen Sie.
Frau Grimm-Benne, ich will die Textexegese jetzt nicht auf die Spitze treiben. Ich habe nur eine kurze Frage. Wenn wir dem Änderungsantrag, den Sie jetzt gestellt haben, folgen, ist die Einbeziehung der kommunalen Träger klar. Das finde ich völlig in Ordnung. Auch mit dem Zeitpunkt haben wir kein Problem.
Aber bekommen wir dann nicht nur Angaben nach dem Motto: Es gibt soundso viele Leute; wir gehen davon aus, dass sich die Zahl soundso entwickelt und dass sich deren Alter entwickelt usw.? Würden wir, wenn wir Ihrem Antrag folgen, vom Ministerium zu diesem Zeitpunkt auch einen Vorschlag zu der Frage bekommen, ob zukünftig eine mobile Beratung durchgeführt werden soll? Würde all das quasi von Ihrem Antrag mit erfasst sein?
Ich kann Ihnen Folgendes zusichern: Auch ich erwarte, dass es zum Beispiel zur Finanzierung der Insolvenzberatungsstellen eine Konzeption gibt, nämlich ob wir für die Fallpauschalen einen Deckel einziehen oder ob wir wieder zu den Personalkosten zurückkehren; einfach dazu, was für unser Land besser ist.
Ich erwarte auch, dass es bei der Suchtberatungsproblematik, die wir im Land haben, nicht automatisch heißt: Wir erarbeiten eine Konzeption - aber die Finanzierung ist nicht gesichert. Es könnte auch sein, dass in einigen Landkreisen ein Aufwuchs erforderlich ist. Und das müssen wir demografiefest und nachhaltig gestalten.
Ich möchte diese Fragestellung auch - das ist eine Neuerung - an den Ausschuss für Landesentwicklung und Verkehr geben, weil wir mit unserem neuen Landesentwicklungsplan auch auf die sozialen Bedarfe, auf die Sozialplanung in unserem Land eingehen wollen. Deshalb ist es sehr hilfreich, das strukturell in diesem Ausschuss zu beraten.
Meine Damen und Herren! Worum es geht, ist von meinen Vorrednerinnen bereits gesagt worden. Das Sozialgesetzbuch sieht eine ganze Reihe von Angeboten vor: Hilfe, Beratung, Schutz, Interessenvertretung für Menschen und Familien, die in Lebenssituationen kommen, aus denen sie nicht mehr ohne Weiteres allein herausfinden.
Zentrale Probleme sind auch genannt worden. Vieles hat mit Einkommensarmut zu tun, vieles hat mit Langzeitarbeitslosigkeit zu tun, hat zu tun mit weniger erfolgreicher Bildungsbiografie. Denn ich denke schon, eine erfolgreiche Bildungsbiografie ist eine der Voraussetzungen dafür, ein selbstbestimmtes Leben führen zu können.
Gut ausgebildete, engagierte Professionelle sind unterwegs. Das ist eine sehr anstrengende Arbeit. Das ist eine Arbeit, bei der der Erfolg sehr rar gesät ist. Und die Akteure vor Ort gehören trotz eines hoch qualifizierenden Studiums - das möchte ich an dieser Stelle einmal sagen; denn dieses Argument wird in anderen Bereichen immer wieder vorgebracht - nicht zu den oberen Einkommensgruppen.
Ich nenne einmal eine Hausnummer: Wir sprechen nach meinen Berechnungen von ungefähr 450 bis 500 Beschäftigten. Wenn man es weit auslegt, könnte man faktisch schon von einem mittelständischen Unternehmen für soziale Dienstleistungen sprechen. Finanziert wird dies durch das Land - ca. 8 Millionen bis 9 Millionen € pro Jahr geben wir dafür aus -, durch die Landkreise - diese beteiligen sich sehr unterschiedlich an der Finanzierung - und natürlich auch durch die Träger.
Ein Problem ist bereits genannt worden: Die Höhe der finanziellen Mittel ist Jahr für Jahr von allen Finanziers scheibchenweise zurückgefahren worden. Wir haben gegen Ende jedes Jahres das Problem von Haushaltssperren und -führungserlassen. Genau genommen werden diese Angebote dadurch auch immer ein Stück weit grundhaft infrage gestellt. Das verunsichert aufs Neue, das schluckt Energie, vor allem die Energie, die eigentlich bei Klientinnen und Klienten sehr viel dringender gebraucht würde.
Einige der Baustellen, die wir in den nächsten zwei Jahren zu bearbeiten haben, sind genannt worden. Ich möchte mich ausdrücklich dem anschließen, was Frau Dr. Hüskens zur Frage der Entwicklung der Bedarfe gesagt hat. Das werde ich auch nicht wiederholen.
Ich möchte nur auf ein Argument verstärkt eingehen; das ist das Argument der demografischen Entwicklung. Auch wenn sehr viele Menschen das Land Sachsen-Anhalt verlassen haben - es sind nicht diejenigen, die in den Beratungsstellen, bei den Angeboten für Hilfe, Schutz und Interessenvertretung Hilfe suchen. Ich kann mit diesem Argument immer weniger anfangen.
Natürlich haben wir eine demografische Entwicklung, die berücksichtigt werden muss. Aber sie hat in diesem Bereich nicht einen solch signifikanten Umfang, dass sie maßgeblich Einfluss auf das hat, was wir künftig anzubieten haben. Mit anderen Worten: Wir kommen aus dieser Nummer nicht heraus.
Eine zweite Frage ist die Frage der Zuständigkeiten. Auch das ist schon öfter besprochen worden. Wir haben im Moment eine sehr fragmentierte Zuständigkeit. Auf der einen Seite ist das Land zuständig, auf der anderen Seite sind die Landkreise zuständig. Es gibt Bereiche, in denen es gar keine explizit geregelte Zuständigkeit gibt.
Hierzu wäre es aus unserer Sicht nötig, dass wir uns auf das Prinzip „Finanzierung und Förderung aus einer Hand“ verständigen. Meine Fraktion - das ist Ihnen nicht neu - plädiert dafür, die Zuständigkeit für diese sozialen
Eine zweite Frage betrifft die Finanzierung. Über die Frage des Umfangs der Finanzierung ist schon mehrfach diskutiert worden. Aber auch die Zuständigkeit für die Finanzierung ist außerordentlich fragmentiert.
Da gibt es die Landesförderung, da gibt es die Landkreisförderung, da gibt es Mischfinanzierungen, das gibt es Festbetragsfinanzierungen, da gibt es Fehlbetragsfinanzierungen und vieles mehr. All das erfordert einen hohen bürokratischen Aufwand, versetzt die Träger immer wieder in die Lage, mit ganz unterschiedlichen Menschen kommunizieren zu müssen. Auch hier ist es für uns denkbar, diese finanziellen Mittel zu pauschalieren, selbstverständlich an einen Zweck gebunden, und zu kommunalisieren.
Ich möchte an dieser Stelle kritisch anmerken: Es hat uns ein Stück weit überrascht, dass gerade in den Bereichen, für die die Landkreise originär zuständig sind, die finanzielle Beteiligung außerordentlich problematisch ausfällt. Das ist also durchaus ein Feld, wo wir als Land uns darüber klar werden müssen, wie wir es schaffen,
Es kann nicht so sein, dass sich die Landkreise hinstellen und sagen, sie hätten kein Geld und ihre Lage sei hochproblematisch, und das Land springt dann jeweils in die betreffenden finanziellen Lücken ein. Das ist vom Land nicht finanzierbar, nicht leistbar. Auch unsere Haushaltsentwicklung erfordert es, Prioritäten zu setzen.
Es sind noch andere Fragen aufgeworfen worden, zum Beispiel in Bezug auf neue Formen von Kooperation bzw. Kommunikation, auch in Bezug auf neue Angebotsstrukturen und mobile Angebote im ländlichen Raum. All das sind inhaltliche, substanzielle Stichworte, über die man im Ausschuss für Soziales beraten müsste.
Zu dem Problem mit dem Änderungsantrag der Koalitionsfraktionen. Ich schließe mich ausdrücklich dem an, was Lydia Hüskens dazu vorhin gesagt hat: Es ist ein erster Schritt und es fehlt ein Stück weit die Verbindlichkeit in dem Sinne, dass gefordert wird: Wir brauchen ein Konzept und das muss zum Tag X vorgelegt werden.
Wir werden uns deshalb bei der Abstimmung über den Antrag der Stimme enthalten, sofern der Wunsch besteht, darüber direkt abzustimmen. Ich plädiere dafür, dass wir uns im Ausschuss erst einmal darüber verständigen, was wir wollen, was unser politischer Wille ist, was unsere Maßstäbe für ein Konzept sind. Wenn das aber nicht mehrheitsfähig ist, dann werden wir uns, wie gesagt, der Stimme enthalten.
Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Der vorliegende Antrag der Fraktion der FDP zur Neustrukturierung der Beratungslandschaft in Sachsen-Anhalt schließt sich an die von der Fraktion DIE LINKE initiierte Aktuelle Debatte zum Thema „Trägerlandschaft in Sachsen-Anhalt für die Zukunft sichern“ im September 2009 an. Bereits in der damaligen Debatte zeichnete sich ab, dass es aus vielfältigen Gründen einer Neustrukturierung der Beratungslandschaft in Sachsen-Anhalt bedarf. Dass diese nicht per Rasenmäher umgesetzt werden kann, machten wir schon in der damaligen Debatte in diesem Hohen Hause deutlich.
Die wesentlichen Gründe, die diese Neustrukturierung erforderlich machen, sind bereits von meinen Vorrednerinnen vorgetragen worden. Deshalb erübrigt es sich, an dieser Stelle noch einmal detailliert darauf einzugehen.
Aus der Sicht der Fraktion der CDU ist es aufgrund der demografischen Entwicklung in unserem Land sowie aufgrund der Haushaltssituation des Landes zwingend erforderlich, ein Konzept zu entwickeln, das vorsieht, die Beratungsangebote so zu strukturieren, dass sie dem Beratungsbedarf der Menschen in unserem Lande gerecht werden, und mit dem erreicht wird, dass die dafür erforderliche Beratungslandschaft auch langfristig finanziell abgesichert ist. Wichtig ist dabei aus der Sicht der Union, dass die erforderlichen Beratungsangebote in allen Regionen des Landes vorgehalten werden. Dies setzt zwingend die Verständigung darüber voraus, für welche Beratungsangebote und in welchem Umfang in den jeweiligen Regionen ein solcher Bedarf besteht.
In diesem Zusammenhang möchte ich für meine Fraktion deutlich sagen, dass es mit dem Bevölkerungsrückgang in einer Region nicht zwangsläufig auch zu einem Rückgang des Beratungsbedarfs kommen muss. Es ist durchaus vorstellbar, dass die Folgen für einzelne Beratungsbedarfe sehr unterschiedlich sein können. Es ist möglich, dass eine derartige Entwicklung sogar zu einer Zunahme an bestimmten Beratungsbedarfen führt.