Protocol of the Session on September 4, 2009

Also jeder Jugendliche bekommt nach den Aussagen der Agentur für Arbeit ein Angebot, egal ob es eine Ausbildung ist oder ob es sich um berufsvorbereitende Maßnahmen oder Ähnliches handelt.

Sehr geehrte Damen und Herren! Der Förderdschungel wird immer größer und unübersichtlicher. Viele Programme kollidieren mittlerweile miteinander. Ich halte das Auflegen zusätzlicher Programme für überzogen, da alle Belange in der Berufsorientierung abgedeckt werden.

Mit Sorge betrachte ich die Einsparungen bei der Förderung der außerbetrieblichen Ausbildung. Es werden fast nur noch zweijährige Ausbildungen, so genannte Stufenausbildungen, durch die Agentur angeboten und finanziert. In der Vergangenheit konnten benachteiligte Jugendliche - -

Herr Franke, bitte kommen Sie langsam zum Schluss.

Gleich. Ich bin auf der vorletzten Seite.

(Heiterkeit bei allen Fraktionen)

Aber, Herr Franke, Sie haben doch schon - -

Ja, es steht aber nur noch ganz wenig darauf.

(Herr Gallert, DIE LINKE: Den Satz zu Ende brin- gen!)

Herr Franke, kommen Sie bitte langsam zum Schluss.

Ich hatte gemessen, wie lange Frau Hampel geredet hat.

Ja. Ich gestatte Ihnen jetzt, zu Ende zu reden. Tun Sie das bitte.

Gut. Danke.

(Herr Tullner, CDU: Sind wir auf dem Basar oder haben wir Redezeiten?)

Herr Franke, kommen Sie jetzt bitte zum Ende.

In der Vergangenheit war es so, dass Jugendliche, die die erste Stufenausbildung mit einem Notendurchschnitt von mindestens 2,9 durchschritten hatten, noch ein drittes Ausbildungsjahr anhängen konnten, also sprich den Durchstieg vom Objektbeschichter zum Maler und Lackierer oder von der Verkäuferin zur Einzelhandelskauffrau oder zum Einzelhandelskaufmann.

Die Agentur für Arbeit finanziert neuerdings aber nur diese erste Ausbildung, im Prinzip die zwei Jahre. Der Durchstieg in das dritte Ausbildungsjahr wird nicht mehr mitfinanziert. Gerade angesichts des zu erwartenden Fachkräftemangels halte ich das für ein Problem. Zudem verbaut das Vorgehen der Agentur für Arbeit die Chance der Jugendlichen auf eine dreijährige, qualitativ bessere Ausbildung.

Über die Frage, ob wir wirklich ein Konzept brauchen, sollten wir in den Ausschüssen beraten.

(Herr Tullner, CDU: Genau!)

Ich denke, wir sollten den Dschungel durchforsten und die Programme aufeinander abstimmen. Wir sollten versuchen, in der beruflichen Ausbildung der Jugendlichen Effektivität zu erreichen.

Wir stimmen den Überweisungsvorschlägen, die unterbreitet worden sind, zu. - Danke für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der FDP)

Vielen Dank, Herr Franke, auch wenn es ein bisschen länger gedauert hat. Aber das Thema ist wichtig. - Die CDU-Fraktion hat jetzt das Wort. Frau Feußner, bitte schön.

(Frau Dr. Hüskens, FDP: Aber jetzt kurz! - Herr Kosmehl, FDP: Zu Protokoll!)

Herr Präsident! Liebe Kollegen! Eine erfolgreiche Ausbildung, die zu einem Berufsschulabschluss führt, ist für jeden Jugendlichen, der diesen Weg einschlägt, natürlich wünschenswert. Darum bemühen sich mehrere Institutionen - diese sind bereits genannt worden -, die an der Ausbildung beteiligt sind.

So betrug die Vermittlungsquote in der Berufsausbildung seit Jahren zwar bei nahezu 100 %; doch diese Quote konnte nur dank gestützter Ausbildungsangebote, die über- und außerbetrieblich stattfanden, erreicht werden. Aber auch die Zahl der betrieblichen Ausbildungsplätze stieg in den letzten Jahren wieder an. Vieles hängt sicher auch mit der demografischen Entwicklung zusammen. Mittlerweile können freie Lehrstellen nicht mehr besetzt werden. Auch das wurde bereits genannt.

Nun wissen wir alle, dass einige Jugendliche trotz dieser Bemühungen sozusagen auf der Strecke bleiben. Der Antrag der Fraktion DIE INKE beschreibt eine Personengruppe, die einer besonderen Unterstützung bedarf. Der Anteil derer, die ihre Ausbildung nicht erfolgreich beenden, ist immer noch zu hoch; das wissen wir alle. Sie haben die Zahlen zum Teil genannt. Ob diese Angaben exakt stimmen, will ich gar nicht hinterfragen. Aber es sind einfach zu viele.

Mit Verlaub, es wundert mich aber schon, dass in diesem Zusammenhang nicht die Jugendlichen mit Behinderungen mit in den Fokus genommen worden sind. Sie sprechen von benachteiligten Jungendlichen; behinderte Jugendliche sind etwas anderes. Es wundert mich, dass Sie diese in dem Zusammenhang nicht in das Konzept einbezogen haben. Daher sollte man den Antrag aus meiner Sicht erweitern.

Es gibt in Deutschland keine exakte Definition für den Begriff „benachteiligte Jugendliche“; das ist so. Übrigens wird dieser Begriff nur in Deutschland so verwendet. Das habe ich recherchiert. In anderen Ländern gibt es den Begriff der benachteiligten Jugendlichen nicht. Deshalb ist es auch immer schwierig zu unterscheiden, welche Personengruppe dazugehört.

Häufig korrespondiert dieser Begriff mit dem Begriff „individuell benachteiligt“ oder „sozial benachteiligt“. Im SBG III bzw. in den Durchführungserlassen werden die Zielgruppen etwas näher beschrieben sowie die Hilfen, die für berufsvorbereitende Maßnahmen und für die Berufsausbildung benachteiligter Jungendlicher relevant

sind. Das könnte ich an dieser Stelle aufzeigen. Aus Zeitgründen erspare ich es mir allerdings.

Liebe Anwesende! Zur Verbesserung der Berufsausbildung dieser Jugendlichen gibt es eine Vielzahl von Fördermöglichkeiten sowohl vom Bund als auch vom Land. Mit einer Vielzahl von gezielten Programmen fördert das Land zum Beispiel - - Herr Franke, Sie haben noch mehr aufgezählt, als ich mir aufgeschrieben habe. Ich nenne die Programme kurz, ohne mich wiederholen zu wollen: das Berufsorientierungsprojekt BRAVO, das Landesergänzungsprogramm zum Ausbildungsplatzprogramm Ost, das Präventionsprogramm „Sprint“ zur Senkung der Ausbildungsabbrecherquoten, das Programm zur Förderung der Erstausbildung Alleinerziehender.

Im Übrigen gibt es auch eine Rahmenvereinbarung zwischen dem Kultusministerium und der Regionaldirektion Sachsen-Anhalt-Thüringen der Bundesanstalt für Arbeit aus dem Jahr 2007. Darin sind die Grundsätze der Zusammenarbeit formuliert. Es gibt das Programm der Schulsozialarbeit. Es gibt das Programm „Produktives Lernen“. Es gibt das Projekt der Berufseinstiegsbegleitung. Das ist ein Projekt der Agentur für Arbeit, bei dem 20 Jugendliche pro Betreuer bis zum Einstieg in die Ausbildung begleitet werden. Das ist ein deutschlandweites Projekt, an dem Sachsen-Anhalt mit ca. 50 bis 60 Schulen teilnimmt.

Mit Sicherheit gibt es eine Vielzahl von Programmen, die sich genau um die Personengruppe der benachteiligten und behinderten Jugendlichen kümmern. Diese Vielzahl ist manchmal nicht mehr durchschaubar. Ich glaube, an dieser Stelle ist eine Evaluation notwendig, die darüber Auskunft gibt, ob das, was an Programmen existiert, noch zielführend ist.

Dennoch gibt es einige Probleme, die dafür sorgen, dass das eine oder andere Programm nicht greift. Ich habe auf die Vielzahl der Programme hingewiesen, und dennoch gibt es Jugendliche, denen nicht zielführend geholfen werden konnte oder kann. Diese Probleme sind meistens etwas diffiziler. Ich könnte einige davon aufzählen; zwei möchte ich benennen. Aus meiner Sicht ist es wichtig, dringend über die Bedeutung und Ausrichtung des BVJ nachzudenken; denn zu viele Jugendliche, die das BVJ absolvierten, sind danach noch ausbildungsunwilliger als vorher.

(Zustimmung von Frau Bull, DIE LINKE)

Auch bei diesem Programm bleiben aus meiner Sicht viel zu viele Jungendliche auf der Strecke. Das haben die Akteure vor Ort zum Teil auch erkannt. Mittlerweile gibt es dazu einige Modelle und Aktivitäten, die versuchen, gegen diesen Trend zu steuern, aber das reicht aus meiner Sicht nicht aus.

Ich will auf ein weiteres Beispiel verweisen, an dem deutlich wird, dass das Problem meist im Detail liegt. Die Einrichtung von Kooperationsklassen ist eine tolle Angelegenheit; das läuft sehr gut. Man hört auch nur positive Ergebnisse, dass das in den Schulen gut funktioniert. Aber ein großes Problem dabei ist, dass wir Kooperationsklassen in den Klassenstufen 1 bis 4 in der Grundschule und in den Klassenstufen 7 bis 10 in der Sekundarschule haben.

Was machen wir in der 5. und 6. Klasse? - Da unterbrechen wir das ganze System. Wenn diese Förderung nicht kontinuierlich stattfindet, dann ist aus meiner Sicht

ein Bruch vorhanden. Das kann mehr zum Negativen gereichen, als dass es die positiven Ansätze befördert.

(Zustimmung von Frau Gorr, CDU)

Bei diesen Beispielen möchte ich es belassen. Meine Redezeit ist bereits zu Ende; ich habe sie nicht so extrem überzogen. Zwei Sätze möchte ich noch anführen.

Meine sehr verehrten Kollegen! Der Übergang von der Schule in den Beruf gestaltet sich für Jugendliche mit Benachteiligungen oder mit Behinderungen immer sehr schwer; das ist klar. Es ist die Aufgabe der Schule, diesen Übergang entsprechend vorzubereiten. Wichtig ist dabei auch, dass die bereichsübergreifende Zusammenarbeit im Sinne der einzugliedernden Jugendlichen entsprechend realisiert wird. Hierzu ist konkret zu sagen, dass die Zusammenarbeit des Kultusministeriums mit der Agentur für Arbeit und den Sozialhilfeträgern aus meiner Sicht wesentlich enger und besser ausgerichtet werden muss,

(Zustimmung bei der LINKEN und von Frau Ham- pel, SPD)

sodass nicht jeder seine Programme für sich macht und man letztlich nicht weiß, welche Angebote in diesem Programmwald existieren. - Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU)

Vielen Dank, Frau Feußner. Da das Thema so wichtig ist, habe ich Ihnen ein bisschen mehr Zeit gelassen. - Jetzt hat die Fraktion DIE LINKE das Wort. Herr Mewes, bitte schön.

Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich freue mich zunächst darüber, dass wir das Problem parteiübergreifend erkannt haben. Ich will einige Positionen aus meiner Sicht aufführen.

Ich möchte noch einmal konkret sagen, welche Zielstellung unserem Antrag zugrunde liegt. Die Landesregierung wird aufgefordert, ein Konzept zu erarbeiten, in dem die Instrumente, die beschrieben worden sind, und die Projekte, die es den jungen Menschen ermöglichen, ein selbstbestimmtes Leben zu führen, gebündelt werden.

Ich komme auf die einzelnen Positionen zu sprechen. Ich habe überlegt, ob ich mit den Ausführungen der Damen anfange, aber ich gehe zunächst auf Herrn Franke ein. Herr Franke, ich weiß, dass Sie sich in dieses Thema einlesen mussten. Trotzdem haben Sie das Parlament darüber aufgeklärt, wie kompliziert die Berufsausbildung ist. Sie haben die verschiedenen Projekte benannt. Sie haben den Aufbau und die Struktur der berufsbildenden Schulen genannt. Das war für das Parlament sicherlich eine Lehrstunde. Dafür bin ich Ihnen dankbar. Dennoch geht es mir um den Förderdschungel - das hatten Sie so genannt -, den ich mit einem Konzept durchbrechen will.

(Zustimmung bei der LINKEN)