Protocol of the Session on September 3, 2009

Das Wahlsystem für Schöffen ist gestaffelt und erfordert eine qualifizierte Mehrheit bei der jeweiligen Abstimmung. Es ist darauf ausgerichtet, dass nur geeignete Bürger an der Rechtsprechung teilnehmen und ungeeignete Personen herausgefiltert werden. Kandidaten mit einem bekannten extremistischen Hintergrund haben nach unseren bisherigen Erfahrungen keine realen Chancen, gewählt zu werden.

Meine Damen und Herren! Kandidaten für das Schöffenamt kommen nur dann auf eine Vorschlagsliste, wenn sie von dem Kommunalparlament auf die Vorschlagsliste zur Schöffenwahl gewählt werden. Dafür ist eine Zweidrittelmehrheit der Anwesenden oder mindestens die Hälfte der gesetzlichen Zahl der Mitglieder des Rates der Kommune erforderlich. So bestimmt es § 36 Abs. 1 des Gerichtsverfassungsgesetzes.

An dieser Stelle ist es die Aufgabe der Kommunalvertretung der Städte und Gemeinden, dafür Sorge zu tragen, dass Extremisten nicht auf die Vorschlagslisten kommen. Dafür ist eine hohe Wachsamkeit von allen Beteiligten vor Ort gefordert. Im Vorfeld der Schöffenwahlen sind alle Beteiligten diesbezüglich sensibilisiert worden.

Aus den so vorgeschlagenen Kandidaten wählt der Schöffenwahlausschuss ebenfalls mit einer Zweidrittelmehrheit schließlich die Schöffen. Auch er wird Sorge dafür tragen, dass keine bekannten Extremisten ins Schöffenamt gewählt werden.

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Dies vorausgeschickt, beantworte ich die Fragen wie folgt.

Zu Frage 1: Der Landesregierung liegen keine entsprechenden Erkenntnisse vor.

Zu Frage 2: Eine Entscheidung der Landesregierung über die Beteiligung an einer geplanten Bundesratsinitiative kann erst im Rahmen des konkreten Gesetzgebungsverfahrens erfolgen. Wir wissen, dass es in verschiedenen Ländern Überlegungen gibt, eine Bundesratsinitiative einzubringen, durch die ausdrücklich geregelt werden soll, dass extremistische Schöffen, die nicht die Gewähr dafür bieten, jederzeit für die freiheitlichdemokratische Grundordnung einzutreten, aus ihrem Amt entlassen werden können. Hierzu sind mehrere Möglichkeiten einer Gesetzesänderung unter den Ländern diskutiert worden. Die konkrete Ausgestaltung einer solchen Bundesratsinitiative ist aber noch offen. Deshalb kann ich mich inhaltlich dazu noch nicht äußern.

Wir halten eine solche Gesetzesänderung nicht unbedingt für zwingend, da bereits nach derzeitiger Rechtslage eine rechtliche Handhabe besteht, um extremistische Schöffen vom Schöffenamt auszuschließen. Nach § 44b Abs. 1 in Verbindung mit § 44a Abs. 1 des Deutschen Richtergesetzes können Schöffen vom Amt abberufen werden, wenn sich herausgestellt, dass sie gegen die Grundsätze der Menschlichkeit oder der Rechtsstaatlichkeit verstoßen haben. Aus Gründen der Klarstel

lung würde ich gleichwohl eine entsprechende Gesetzesänderung unterstützen. - Herzlichen Dank.

(Beifall bei der SPD)

Vielen Dank, Frau Ministerin.

Die Frage 2 zum Thema nicht genutzter Neueinstellungskorridor stellt die Abgeordnete Frau Dr. Paschke von der Fraktion DIE LINKE. Bitte, Sie haben das Wort. Herr Minister Bullerjahn wird die Frage im Anschluss beantworten.

Laut Aussage des Finanzministeriums wurden im Jahr 2008 über 100 im Haushalt ausfinanzierte und damit mögliche Neueinstellungen von den Ressorts nicht genutzt. Das ist ein Drittel der im Neueinstellungskorridor ausgewiesenen Stellen.

Ich frage die Landesregierung:

1. Wie beurteilt die Landesregierung diesen Fakt angesichts der nachgewiesenen Dringlichkeit von Neueinstellungen im öffentlichen Dienst Sachsen-Anhalt und der Situation junger qualifizierter Leute in unserem Land?

2. Welche Ursachen sieht die Landesregierung für diese Situation und welche Konsequenzen hat sie daraus gezogen bzw. beabsichtigt sie daraus zu ziehen?

Vielen Dank, Frau Dr. Paschke. - Die Antwort wird der Minister der Finanzen Herr Jens Bullerjahn geben. Bitte.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Im Haushaltsjahr 2008 bestand für die Ressorts die Möglichkeit, 318 Neueinstellungen vorzunehmen. Von dem für das Haushaltsjahr 2007 bereitgestellten Korridor wurde ein Übertrag von nicht genutzten Neueinstellungen in Höhe von 83 Neueinstellungen in das Haushaltsjahr 2008 übertragen. Daraus ergab sich im Haushaltsjahr 2008 ein Einstellungskorridor in Höhe von 401 Neueinstellungen. Davon sind bis zum Ablauf des Haushaltsjahres 2008 299 Neueinstellungen erfolgt. Die Nichtauslastung des Korridors im Jahr 2008 beträgt somit 102 Neueinstellungen.

Über die Einstellungskorridore gibt das Personalentwicklungskonzept Auskunft, dessen überarbeitete Fassung Sie morgen erhalten, damit in der Enquetekommission ausgiebig darüber gesprochen werden kann.

Zu den Fragen 1 und 2: Eine durch das MF im Jahr 2009 durchgeführte Abfrage bei den Ressorts hat ergeben, dass für alle Neueinstellungskontingente bis zum Haushaltsjahr 2008 die Stellenbesetzungsverfahren bereits eingeleitet worden sind, die Stellenbesetzungen jedoch erst nach dem 31. Dezember 2008 erfolgten bzw. nach dem Abschluss der Auswahlverfahren erfolgen werden.

Überjährige Besetzungsverfahren können verschiedene Gründe haben. In vielen Fällen wird ein auftretender Personalbedarf unter anderem aufgrund von Personalfluktuationen nicht im Voraus sichtbar.

Herr Minister, wir verstehen Sie nicht.

Noch lauter?

Ein bisschen lauter, bitte.

Ich beginne noch einmal. - Eine durch das MF im Jahr 2009 durchgeführte Abfrage bei den Ressorts hat ergeben,

(Herr Tullner, CDU: Das ist zu laut!)

- sehen Sie! - dass für alle Neueinstellungskontingente bis zum Haushaltsjahr 2008 die Stellenbesetzungsverfahren bereits eingeleitet worden sind, die Stellenbesetzung jedoch erst nach dem 31. Dezember 2008 erfolgte bzw. nach dem Abschluss der Auswahlverfahren erfolgen wird.

Überjährige Besetzungsverfahren können verschiedene Gründe haben. In vielen Fällen wird ein auftretender Personalbedarf unter anderem aufgrund von Personalfluktuationen nicht im Voraus sichtbar. Darüber hinaus sind bis zur Neubesetzung einer Stelle bestimmte Regelungen und Fristen einzuhalten. - Sie merken, dass ich mich ganz schön anstrenge.

Zu nennen sind in diesem Zusammenhang Ausschreibungsfristen, Bewerbungssichtungen, Vorstellungsgespräche und gegebenenfalls die Einleitung eines neuen Verfahrens aufgrund nicht geeigneter Bewerber sowie nicht mehr zur Verfügung stehender ausgewählter Bewerber notwendig. Da dies völlig normal ist, wundert es mich, dass dadurch solche Nachfragen provoziert werden. Es ist keine neue Erfindung.

Hinzu kommen die Regelungen des Runderlasses des Ministeriums der Finanzen zur Haushaltsführung im Jahr 2008, wonach bei einem unabweisbaren vordringlichen Personalbedarf externe Neueinstellungen im Rahmen der von der Landesregierung beschlossenen Neueinstellungskorridore nur dann vorgenommen werden dürfen, wenn nachweislich kein geeigneter Personalbestand in der Titelgruppe 96 - auch das ist bekannt - des betroffenen Einzelplanes zur Verfügung steht. Dazu muss das PSC einen Negativbescheid ausgestellt haben. Das Verfahren, welches dem Runderlass der Staatskanzlei zum PSC zu entnehmen war, ist dabei anzuwenden.

Bei den nicht durch Landesbedienstete besetzbaren Stellen sind häufig Spezialqualifikationen erforderlich, für die auch auf dem Arbeitsmarkt nur bedingt Bewerber zur Verfügung stehen. Es gab sogar Ausschreibungen, auf die sich kaum jemand beworben hat. Dies verzögert die Nachbesetzung der besetzbaren Stellen.

Die Landesregierung geht davon aus, dass jedes Ressort schon aus einem Eigeninteresse heraus bestrebt ist - das haben Sie angesprochen -, diese freien Stellen umgehend zu besetzen, weil man Angst davor hat, dass sie gestrichen werden. Das ist aber weder politisch möglich noch fachlich gewollt.

Es ist jedoch notwendig, vor allem vor dem Hintergrund der hohen Zahl an Überhangpersonal in der Titelgrup

pe 96 der jeweiligen Einzelpläne und der Intention der Landesregierung, in diesem Bereich abzubauen. Zwar soll auf Bedarfskündigungen verzichtet werden, in einem ersten Schritt muss aber stets geschaut werden, ob eigenes Personal zur Verfügung steht. Das dauert teilweise. Erst nach dem Abschluss dieser Verfahren kann die Einwerbung externer Bewerber erfolgen. Das Verfahren wird beibehalten. Es ist auch keine Änderung vorgesehen.

Ich will ausdrücklich hinzufügen, dass das die Intention der Übertragbarkeit war. Das heißt, wir haben für die gesamte Wahlperiode vorgesehen, den Einstellungskorridor über die Jahre hinweg vorzuhalten und es den Ressorts zu ermöglichen, Neueinstellungen über die Jahre zu verschieben, wenn Verfahren nicht abgeschlossen werden können. Ich halte das für vernünftig; denn es würde vielleicht fachlich nicht geeignetes Personal eingestellt, wenn die Angst bestünde, dass das Verfahren am Ende des Jahres ausläuft. Ich glaube, das ist eine kluge Lösung. Das wird im Sinne der Flexibilität auch von allen erwartet und verlangt. Insofern: Keine Angst!

Wir haben uns die Ressorts angeschaut und festgestellt, dass es viele trifft. Ich gehe, wie gesagt, davon aus, dass auch am Ende dieses Jahres alle Kontingente ausgeschöpft, aber nicht alle Verfahren abgeschlossen sein werden. - Ich hoffe, das reicht aus.

(Beifall bei der SPD)

Es gibt eine Nachfrage, Herr Minister. Frau Dr. Paschke hat eine Frage dazu. - Frau Dr. Paschke, bitte schön, stellen Sie Ihre Frage. Der Herr Minister antwortet.

Wenn ich das jetzt akustisch richtig verstanden habe, wollen Sie an dem Verfahren festhalten, so wie es jetzt läuft. Es ist ein Hauptkritikpunkt auch in der Enquetekommission, dass Spezialisten genauso durch das Personalservicecenter laufen. Ich meine, dass man ernsthaft darüber nachdenken müsste, ob man das ändert. Ich frage Sie jetzt, ob es richtig ist, dass Sie definitiv an diesem Verfahren festhalten wollen.

Das Zweite ist: Sie haben zumindest in dem Entwurf des Personalentwicklungskonzeptes vom 16. Juni formuliert, dass diese nicht genutzten Neueinstellungen ein Grund dafür sind, dass man diesen Korridor auf keinen Fall in irgendeiner Weise aufstocken wird. Bleibt die Landesregierung bei dieser Festlegung?

Die Frage der Neueinstellungen - das steht in allen Texten - ist im Zusammenhang mit den Überhängen für die einzelnen Bereiche zu sehen. Die sind doch, denke ich, sehr konkret fixiert. Sie müssen ja die Auffassung nicht teilen, dass das Überhänge sind. Ich lese ja, dass Sie überall fordern, auch Personalaufwuchs vorzunehmen, obwohl die Frage nach der Finanzierbarkeit dann nicht durch Sie beantwortet wird.

Ich glaube, gerade das neue PEK wird durch intensive Ländervergleiche aufzeigen, dass wir das in den meisten Bereichen der Überhänge in den nächsten Jahren auch so fortführen müssen. Eine der wesentlichen Stellschrauben, das hinzubekommen, ist ein geregelter Neueinstellungskorridor. Anders geht es nicht, wenn wir uns

alle einig sind, dass wir keine Kündigungen vornehmen wollen.

Zu sagen, das mit dem Überhang ist eure Sache, mit der Finanzierung auch, wir wissen das zwar alles, sagen auch nicht, woher das Geld kommen soll, und werden das beklagen, das geht nicht auf. Jedenfalls ist das nicht meine Haltung und auch nicht die der Landesregierung. Deswegen haben wir ja auch für die Wahlperiode insgesamt den Korridor, den wir für die Jahre aufgesplittet haben.

Wer ein Spezi ist oder nicht - ich weiß nicht, wo Sie mich jetzt ansiedeln würden -, diese Unterscheidung gibt es jetzt im Einzelnen nicht so sehr. Bei der Kampfmittelbeseitigung ist das Spezialistenwesen sehr klar. Ob das hinüber reicht bis hin zum Bereich der Bildung, der Lehrerinnen und Lehrer, wo es auch schon in manchen Bereichen Probleme gibt, oder zum Kollegen Daehre, im Landesbaubetrieb ingenieurtechnisches Personal zu bekommen, das entzieht sich der Kenntnis des MF. Insofern werden wir diese Unterscheidung, wer ist ein Spezi und wer ist keiner, nicht so fortführen. Vielmehr gibt es die Kontingente, und die Ressorts setzen das in ihrer eigenen Verantwortung um.

Die Ressorts - das können Sie mir abnehmen - haben ein großes Interesse daran, diese Korridore relativ schnell zu besetzen, aber sie finden eben manchmal nicht so einfach die richtigen Spezis. Insofern ist es okay, dass sie das nicht einfach hektisch Jahr für Jahr abarbeiten, sondern sich genug Zeit nehmen, bis sie die entsprechenden Personalbesetzungen machen können.

Also, ich sage eindeutig: Ja, wir bleiben dabei und haben aus unserer Sicht gute Gründe dafür.

(Beifall bei der SPD)

Weitere Nachfragen sehe ich nicht.

Wir kommen zur Frage 3. Der Abgeordnete Guido Kosmehl, FDP, fragt nach dem Gesetzentwurf Maßregelvollzug - LIV. Entsprechend unserer Geschäftsordnung wird bei Nichtanwesenheit die Antwort zu Protokoll genommen.∗

Ich rufe die Frage 4 auf. Die Abgeordnete Frau Penndorf, DIE LINKE, fragt zum Thema Krankenhausinvestitionen. Die Antwort wird Frau Ministerin Dr. Kuppe geben. Sie haben das Wort.