Protocol of the Session on June 18, 2009

Namens der Fraktion der FDP beantrage ich die Überweisung des Gesetzentwurfes zur federführenden Beratung in den Ausschuss für Landesentwicklung und Verkehr und zur Mitberatung in die Ausschüsse für Wirtschaft und Arbeit, für Inneres sowie für Bildung, Wissenschaft und Kultur. - Ich danke für die Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der FDP)

Vielen Dank, Herr Dr. Schrader. - Nun spricht für die SPD-Fraktion Herr Felke. Bitte schön.

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Es ist immer gut, sich mit Praktikern zu unterhalten, die sich mit den Ergebnissen unserer Arbeit auseinanderzusetzen haben. Ich habe in den letzten Wochen mehrfach Gespräche mit Architekten, Ingenieuren und Beschäftigten in Bauordnungsämtern geführt.

Als ich sie damit konfrontiert habe, dass wieder eine Novelle der Bauordnung ansteht, war ein deutliches Stöhnen zu hören,

(Zurufe von Herrn Czeke, DIE LINKE, und von Herrn Henke, DIE LINKE)

ein Stöhnen sicherlich auch deshalb, weil wir in der letzten Wahlperiode nach meiner Erinnerung die Landesbauordnung dreimal geändert haben. Ich denke schon, dass gerade in diesem Bereich Kontinuität und Verlässlichkeit auch ein Wert an sich sind.

Sinnvoll wäre es deshalb - das sehe ich als einen Appell an uns -, sich auf die unbedingt notwendigen Änderungen zu beschränken und diese in einer einzigen Novelle je Wahlperiode zu bündeln.

Ein weiterer massiver Kritikpunkt vonseiten der Fachleute, die sich mit dem Baurecht auseinanderzusetzen haben, ist die Zersplitterung in 16 Landesbauordnungen. Wir erleben zum einen, wie in einem zusammenwachsenden Europa Gesetzgebungskompetenz auf die EU verlagert wird. Dem steht eine wenig effiziente Umsetzung von Vorgaben der EU in nationales Recht gegenüber.

(Zuruf von Herrn Tullner, CDU)

Hinzu kommt, dass in den letzten Jahren geradezu ein Überbietungswettbewerb bei Deregulierungen der Bauordnungen eingesetzt hat. Ingenieurbüros, die es sich nicht leisten können, allein in unserem Land tätig zu sein, stehen damit tagtäglich vor neuen Herausforderungen. Es muss die Frage erlaubt sein, ob das nicht ein Investitionshindernis darstellt und ob dies nicht falsch verstandener Wettbewerbsföderalismus ist.

Ich räume ein, hier dazugelernt zu haben. Einen Ausweg daraus kann ich derzeit nur erkennen, wenn es zwischen den Ländern gelingt, sich auf die Musterbauordnung zu verständigen und nur bei ganz wenigen örtlichen Bedingtheiten Abweichungen davon zuzulassen.

Ich komme zu unserer Gesetzesnovelle. Der Änderungsbedarf bezieht sich, wie bereits erwähnt, auf drei Bereiche: auf redaktionelle Änderungen, die weitgehend unstrittig sein dürften, auf die Umsetzung der EU-Dienstleistungsrichtlinie, die bis zum Jahresende zu erfolgen hat, und auf die Verpflichtung zur Installation von Rauchwarnmeldern in Wohnungen.

Die §§ 64 und 65 entsprechen den Formulierungen in der von der Bauministerkonferenz abgestimmten Neufassung der Musterbauordnung zur EU-Dienstleistungsrichtlinie.

Die Ingenieurkammer sieht diese Regelungen nicht im Kontext mit der europarechtlichen Landesgesetzgebung. Sie meint, dass damit Sicherheit und Nachhaltigkeit von Gebäuden gefährdet sein würden. Das kann ich nicht nachvollziehen.

Richtig ist, dass Eintragungen in die Liste der Bauvorlageberechtigten in anderen Ländern nur dann bei uns

gelten dürfen, wenn es dort keine anderen Anforderungen an die Eintragung in die dortigen Listen gibt. Nur wirklich vergleichbare Eintragungen können damit auch bei uns gelten.

Mit Blick darauf, dass der Ingenieurkammer mit dem Führen der Liste der Bauvorlageberechtigten eine hohe Verantwortung zukommt und zudem verschiedentlich Kritik von einzelnen Verbänden an der verhältnismäßig kurzen Frist der Stellungnahme gegenüber der Landesregierung zu hören war, sollten wir auf keinen Fall auf eine Anhörung verzichten.

Meine Damen und Herren! Regelungen zur Installation von Rauchwarnmeldern gibt es mittlerweile in sieben Bundesländern. Sie sind, wenn man so will, die konsequente Fortschreibung der Landesbauordnungen aus ihrer Geschichte von Gefahrenabwehrordnungen heraus und Schritte hin zu einer bundesweiten Einführung.

Leider, Herr Dr. Schrader, haben die in der Vergangenheit hauptsächlich vom Innenministerium angestoßenen Initiativen zu einer freiwilligen Lösung nicht den gewünschten Erfolg gehabt. Man kann sich darüber bei verschiedenen Feuerwehren informieren. Es gibt wirklich eine ganze Reihe solcher Initiativen, die aber leider nicht dazu führten, dass wir schon in großem Umfang Rauchwarnmelder registrieren können. Insofern erscheint die neue Lösung für ein Mehr an Sicherheit unserer Meinung nach als eine sinnvolle und logische Folge.

Die Nachrüstpflicht in vorhandenen Wohnungen wird auf elf Jahre bis zum 31. Dezember 2020 bemessen. Dieser Zeitraum erscheint uns auch mit Blick auf die jährlich in Sachsen-Anhalt zu verzeichnende Zahl an durch Rauchgas vergiftete Menschen als zu lang. Auch darüber sollten wir im Ausschuss reden. - Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der SPD)

Vielen Dank, Herr Felke. - Nun hören wir für die Fraktion DIE LINKE Herrn Henke. Bitte schön.

Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Die EU-Dienstleistungsrichtlinie wirkt sich auf viele Landesgesetze aus. Es ist die Frage: Warum erarbeiten wir ein Sondergesetz zur Bauordnung ohne die vorherige Überarbeitung evaluiert zu haben? - In der Beratung über den Antrag der Fraktion DIE LINKE in der Drs. 5/2009 unter Tagesordnungspunkt 20 am morgigen Tag wird mein Kollege Herr Dr. Thiel auf die Konsequenzen aus der Umsetzung der EU-Dienstleistungsrichtlinie für die gesamte Landesgesetzgebung hinweisen.

Wenn wir schon über die Bauordnung gesondert beraten, warum nutzen wir dann nicht auch die Gelegenheit, neben der EU-rechtlichen und redaktionellen auch die inhaltliche Überarbeitung vorzunehmen?

Nachfolgend einige Beispiele, die das Kommunalrecht betreffen:

Warum werden in § 84 zur Stärkung der kommunalen Selbstverwaltung nicht die Stadt- und Gemeinderäte anstelle der obersten Bauaufsichtsbehörde im Landesverwaltungsamt ermächtigt, in ihren Satzungen die Verwendung nachhaltiger zukunftsfähiger Energie- und Heizungsarten für ihr Territorium und damit für bestehende

Gebäude festzusetzen? Gleiches gilt für die Grauwasserwiederaufbereitung im Bestand.

Das IWH verkündete vor zwei Wochen in Halle unter Bezug auf eine gemeinsam mit dem Dresdener IÖR erstellte Studie, dass eine neue Attraktivität von dezentralen Wasser- und Abwasseranlagen als Konsequenz aus der demografischen Entwicklung zu erwarten ist. Welche Ebene soll künftig über Ausnahmen entscheiden dürfen?

Zu Defiziten hinsichtlich der Abstimmung der Bauordnung mit dem Kommunalabgabenrecht spricht morgen unter Tagesordnungspunkt 18 mein Kollege Gerald Grünert.

Ebenso wenig geht der Gesetzentwurf auf Regelungserfordernisse aufgrund des demografischen Wandels ein. Ich meine eine stringentere Prüfpflicht zur Barrierefreiheit, die sich bei einer älter werdenden Bevölkerung zwangsläufig ergibt. Derlei zeitgemäße Überlegungen sind in dem Entwurf nicht enthalten.

Noch ein letztes Beispiel mit Bezug auf das Kommunalrecht, über das noch diskutiert werden müsste. Der Landkreistag verwies in der Enquetekommission auf die Probleme seit der Einführung des § 59 der geltenden Bauordnung. Danach prüfen die Bauordnungsämter die Bauvorlagen für das Landesverwaltungsamt. Dort erfolgt dann die Einarbeitung immissionsschutzrechtlicher oder wasserrechtlicher Genehmigungen. Die Landkreise erhalten lediglich einen Erstattungsbeitrag nach Zeitaufwand, nicht jedoch eine angemessene Beteiligung an der Baugebühr. Nach Berechnungen des Verbandes sind den Landkreisen in den vergangenen Jahren rund 3 Millionen € Baugebühren entgangen - ein trauriges Beispiel für den aktuellen Umgang des Landes mit den kommunalen Finanzen und einer aufgabengerechten Personalausstattung.

Die Chance zur Angleichung der Bauordnung an die entsprechenden Regelungen der Nachbarländer wurde erneut vertan. Der Minister wies zwar auf Abstimmungen zur Musterbauordnung hin, in der Begründung zu dem Gesetzentwurf fehlt jedoch ein Hinweis auf die Abstimmung mit den Nachbarländern.

Nach dem Inkrafttreten der geltenden Fassung am 15. März 2006 gab es in den öffentlichen Bauverwaltungen wie unter Ingenieuren und Baubetrieben Kritik am kurzfristigen Inkrafttreten der letzten Novelle. Die Praxispartner konnten damals Neuregelungen für die Standsicherheit, insbesondere für die Zulassungsverfahren in der Umstellungsphase kaum bewältigen. Es gab Ärger mit allen Baubeteiligten.

Schon damals übernahm der Vorlageberechtigte erweiterte Prüf- und Kontrollpflichten. Zwar brachte die Novelle aus dem Jahr 2005 Erleichterungen für die Bauherren, sie übertrug aber den Planern und Ingenieuren eine größeres Berufsrisiko. Die Anwender hatten auf langlebige Regelungen gehofft, mit denen sie nach den schwierigen Einarbeitungsprozessen im Jahr 2006 ohne lästige Auslegungsdebatten arbeiten können.

Nun drohen neue Probleme. Wieder soll es eine Neuregelung zu der Erstellung der Standsicherheits- und Brandschutznachweise geben. Um es besonders praxisfeindlich zu machen, wird das auch noch an die Bauvorlageberechtigung gekoppelt.

Schwerpunkt der Novelle sind Änderungen zur Bauvorlageberechtigung. Das heißt, die ungehinderte private Erbringung von Dienstleistungen steht im Mittelpunkt,

nicht die Sicherung von Qualitäts- und Kontrollpflichten im öffentlichen Interesse; diese werden erst nachrangig ausgestaltet.

Die Ingenieurkammer hat mit ungewohnt scharfen Worten den Anhörungsentwurf vom April 2009 abgelehnt. In der nunmehr geänderten Fassung wird nicht wirklich etwas geändert. Die Konsequenzen betreffen nicht nur standesrechtliche Fragen. Es geht um Qualitätssicherung, Haftungsfragen und Wettbewerbschancen für die Kammer wie auch für ihre Mitglieder.

Die Vorteile des Einbaus von Rauchmeldern sind offenkundig. Im Interesse des Verbraucher- und hier also auch des Mieterschutzes bedarf es einer rechtlichen Rahmensetzung, um geeignete Technik zu fairen Preisen und mit sicherer Funktion zu gewährleisten.

Neben dem verbesserten Schutz des Lebens, der Gesundheit und von Sachwerten sind auch Versicherungsgesellschaften, Gerätehersteller und Händler, Zertifizierungsvereine sowie Installations- und Wartungsfirmen Nutznießer dieser gesetzgeberisch verordneten Nachfrage. Aus der Sicht unserer Fraktion ist das Land daher in der Pflicht, stärker dem Verbraucherschutz nachzukommen, auch wenn das der Minister auf meine schriftliche Anfrage im letzten Jahr hin verneint hat.

Fazit: Es besteht ein formaler Änderungsbedarf. Der Entwurf selbst ist überarbeitungsbedürftig. Nach Auffassung der Fraktion DIE LINKE ist er federführend im Ausschuss für Landesentwicklung und Verkehr sowie im Ausschuss für Inneres und im Ausschuss für Wirtschaft und Arbeit zu überarbeiten. - Danke für Ihre Aufmerksamkeit.

(Zustimmung bei der LINKEN)

Vielen Dank, Herr Henke. - Nun spricht für die CDUFraktion Herr Lienau. Bitte.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Henke, ob da noch so viel Veränderungspotenzial drin ist, das weiß ich nicht. Ich glaube nicht. Mit Sicherheit wird man über die eine oder andere Sache noch diskutieren müssen. Ich halte es aber für richtig, dass diese Punkte separat herausgezogen werden und die EU-Dienstleistungsrichtlinie separat behandelt wird. Ich glaube, dass das sehr speziell ist und dass man das schon so machen kann. So stark muss man das nicht kritisieren.

Die Umsetzung der EU-Dienstleistungsrichtlinie in der Landesgesetzgebung wirft, wie Sie es auch schon gesagt haben, ihre Schatten voraus. Sie mündet heute in den vorliegenden Gesetzentwurf zur Novellierung der Bauordnung unseres Landes. Das große Paket zur Umsetzung der EU-Dienstleistungsrichtlinie erreicht unseren Landtag noch in diesem Jahr. Ich beziehe mich dabei auf die entsprechenden Ausschussberichte des Wirtschaftsministeriums, welches bei der Erarbeitung die Federführung innehat. Unter Tagesordnungspunkt 20 wird morgen mit Sicherheit noch darüber diskutiert werden.

Fest steht bereits jetzt, dass erhebliche Veränderungen in Richtung Modernisierung und Verwaltungsdienstleistungen sowie Zugriff durch die Wirtschaft und die Bürger zu erwarten sind. In diesem Zusammenhang ist auch das Gesetz zur Geodateninfrastruktur zu sehen. Es soll

dafür Sorge tragen, dass ein offener Dienstleistungsmarkt mit einheitlichen digitalen Daten- und Informationspools arbeiten kann.

Die Gesamtheit dieser Veränderungen stellt aus meiner Sicht eine Mammutaufgabe dar, die nach meiner Ansicht in den nächsten Jahren erhebliche Veränderungen in diesem Land nach sich ziehen wird.

Meine Damen und Herren! Der vorliegende Gesetzentwurf setzt die EU-Dienstleistungsrichtlinie im Wesentlichen für die Bauvorlageberechtigung und die Nachweisberechtigung für Standsicherheit und Brandschutz unter dem Abschnitt der Genehmigungsverfahren in der Bauordnung um.

Ziel der Novellierung der Landesbauordnung ist es, die hohen Sicherheitsstandards für den Bauherrn mit dem freien europäischen Dienstleistungsmarkt in Einklang zu bringen, ohne bürokratische Hemmnisse und möglichst ohne Mehrfachprüfung. Hierbei ist festzustellen, dass die Qualität der Bauvorlage durch die Vorgaben für die Berufsqualifikation und die Berufspraxis der Dienstleister verantwortungsvoll nachgewiesen werden muss. Ich meine, dass das in dem Entwurf auch berücksichtigt worden ist. Die Eintragung in die Liste der Bauvorlageberechtigten oder die Anzeige bei der zuständigen Kammer dient insoweit weiterhin der Kontrolle und dem Nachweis. Ich denke, auch das ist im Entwurf erfüllt worden.