Wenn wir an dieser Stelle fortfahren mit unseren Möglichkeiten und Projekten der Modernisierung des Bibliothekswesens, dann können wir, so glaube ich, diesen Erfolg auch konsolidieren. Denn erstaunlich ist das schon, wenn man sich demografische Daten daneben legt.
Diese Anmerkungen zum Gesetzentwurf sprechen nun keineswegs grundsätzlich gegen eine solche Initiative. Nicht ohne Grund beschäftigen sich gerade die Regierungsfraktionen mit einem solchen Projekt, dem DIE LINKE mit ihrem Antrag vorzugreifen versucht. Das ändert nichts daran, dass der Gegenstand es wert ist, auch gesetzlich gefasst zu werden, und sei es, um die Bedeutung der öffentlichen Bibliotheken zu unterstreichen und
ihnen mehr Handlungs- und Planungssicherheit zu geben. Deshalb sollten wir in den zuständigen Ausschüssen über den Antrag und über den Entwurf der Koalitionsfraktionen beraten. - Vielen Dank.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Über die besondere Bedeutung von Bibliotheken für die Leseförderung, für die allgemeine schulische und kulturelle Bildung sowie für die Vermittlung von Informations- und Medienkompetenz ist von beiden Vorrednern bereits einiges gesagt worden. Ich kann dies an dieser Stelle ausdrücklich bekräftigen. In diesem Punkt herrscht in diesem Raum sicherlich parteiübergreifend Einigkeit.
Die Frage ist, wie jene Rahmenbedingungen geschaffen werden können, die es den Bibliotheken ermöglichen, dem beschriebenen Bildungsauftrag auch künftig in hoher Qualität nachzukommen. Betrachtet man die Entwicklung der öffentlichen Bibliotheken in den letzten Jahren, dann fallen insbesondere drei Dinge auf.
Erstens. Die Zahl der öffentlichen Bibliotheken sinkt beständig. Außenstellen werden geschlossen, Fahrbibliotheken eingestellt. Im Jahr 1996 verfügte Sachsen-Anhalt über 138 hauptamtliche Bibliotheken; im vergangenen Jahr waren es lediglich noch 90.
Zweitens. Die Gesamtausgaben je Einwohner für öffentliche Bibliotheken sind insgesamt deutlich gesunken. Die Kommunen als Träger sehen sich vielerorts aufgrund der Haushaltskonsolidierung in einem Dilemma. Konsolidierungspläne setzen zuerst bei den freiwilligen Aufgaben an. Ich denke, auch das ist bekannt.
Aber auch die Fördermittel des Landes sanken insbesondere in den Jahren zwischen 2002 und 2006 beträchtlich. Im letzten Doppelhaushalt 2008/2009 ist es erfreulicherweise gelungen, die Zuweisungen an die Kommunen für diesen Bereich wieder zu erhöhen.
Drittens. Der Ankaufsetat für Bücher und Medien sinkt beständig. Im Jahr 2008 verfügten fast 20 % der Bibliotheken über einen Ankaufsetat zwischen 0 € und 1 000 €. So laufen Bibliotheken in der Tat Gefahr, Antiquariate zu werden. Im Kontrast dazu gehören Bibliotheken zu den am meisten besuchten Kultureinrichtungen. Im Jahr 2008 verzeichneten die Bibliotheken mehr als 2,4 Millionen Besucher.
Es stellt sich also die Frage: Was kann man tun bzw. was muss man tun? - Dazu gibt es mittlerweile eine Reihe von Empfehlungen im Land, aber auch im Bund. Es wurde bereits auf die Bibliothekskonferenz hingewiesen, die für die weitere Entwicklung öffentlicher Bibliotheken in Sachsen-Anhalt eine Empfehlung abgegeben hat, sowie auf die Empfehlungen der Enquetekommission „Kultur in Deutschland“ im Deutschen Bundestag.
Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die SPD hat gemeinsam mit dem Koalitionspartner explizit einen Passus zu Bibliotheken in den Koalitionsvertrag aufgenommen. Herr Professor Olbertz hat diesen Passus be
reits zitiert; ich möchte es nicht wiederholen. Es ging um den Prüfauftrag bezüglich eines Bibliotheksgesetzes. Genau das haben wir in den vergangenen Monaten getan.
Vieles spricht also für die Notwendigkeit eines modernen und gesicherten Bibliothekswesens. Ich kann Ihnen heute sagen, dass die SPD-Fraktion ein Bibliotheksgesetz für das Land Sachsen-Anhalt befürwortet und dass wir gemeinsam mit dem Koalitionspartner an einem solchen Gesetz arbeiten. Es steht kurz vor der Fertigstellung.
Ich bin daher der Hoffnung, dass wir es in einer der nächsten Landtagsitzungen einbringen werden. Dann können wir über beide Gesetze zusammen beraten. Wir sollten dann die bestmöglichen Lösungen für unsere Bibliotheken anstreben.
Meine sehr geehrten Damen und Herren! Noch einige Worte zu dem vorliegenden Gesetzentwurf. Augenscheinlich hat sich die Fraktion DIE LINKE am Mustergesetzentwurf des Bibliotheksverbandes orientiert. Er wurde unter anderem auf dem parlamentarischen Abend des Bibliotheksverbandes im Oktober 2008 vorgestellt. Auch wir haben uns an diesem Entwurf orientiert.
Das Manko dieses Gesetzentwurfes besteht allerdings darin, dass den Kommunen zwar die Unterhaltung öffentlicher Bibliotheken als Pflichtaufgabe zugewiesen wird, dass jedoch nur unzulänglich darauf eingegangen wird, wie diese Pflichtaufgabe finanziell untersetzt werden soll. Mit der Zuweisung einer neuen Aufgabe an die Kommunen wird das Konnexitätsprinzip berührt. Das heißt, einer neuen Aufgabe müssen zwangsläufig auch die entsprechenden finanziellen Mittel folgen. Darüber steht nichts bzw. wenig in dem Gesetzentwurf.
Die Formulierung „die Träger der Bibliotheken sind für die Finanzierung zuständig“, sorgt eingedenk der Zuweisung einer neuen Pflichtaufgabe sicherlich für sehr viel Freude bei den Kommunen. Ich bin deshalb schon heute gespannt auf die Stellungnahme der kommunalen Spitzenverbände in der Anhörung.
Vor dem Hintergrund der großen Bedeutung von Bibliotheken habe ich durchaus Sympathie für eine solche Aufgabenzuweisung. Aber dann muss man auch ehrlich sagen bzw. bestimmen, was das kosten soll und woher das Geld kommt. Das hat DIE LINKE nicht getan.
Eines möchte ich aber auf keinen Fall tun, nämlich den Wert eines Bibliotheksgesetzes für unser Land daran zu bemessen, dass damit eine Pflichtaufgabe übertragen wird.
Ich bin der festen Überzeugung, dass durch die Beschreibung der verschiedenen Bibliothekstypen, der Aufgaben von Bibliotheken, der Kooperations- und Vernetzungsstrukturen, der gesetzlichen Verankerung der Landesfachstelle und der Fördermöglichkeiten jene rechtliche und strukturelle Präzisierung erfolgen kann, die unsere Bibliotheken dringend benötigen und die auch in den Empfehlungen der Enquetekommission „Kultur in Deutschland“ angemahnt wurde.
Unsere Fraktion wird daher einer Überweisung an die Ausschüsse für Bildung, Wissenschaft und Kultur, für Finanzen und für Inneres zustimmen. - Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.
Frau Reinecke, Sie haben netterweise selbst darauf hingewiesen, dass es im Endeffekt an den Finanzen liegt. Sie haben auch gesagt, dass die SPD-Fraktion dabei ist, einen eigenen Gesetzentwurf zu machen. Wenn ich jetzt hinzunehme, dass Sie auch an einem neuen Finanzausgleichsgesetz arbeiten, nach dem dann überwiegend aufgabenbezogen vorgegangen werden soll, dann muss ich fragen: Was will denn die SPD-Fraktion den Kommunen an Finanzen mitgeben, damit wir zukünftig Bibliotheken in einer Menge und in einer Qualität im Land haben, wie Sie es sich offensichtlich vorstellen?
Ich möchte einfach daran erinnern, dass wir in den Haushalt für den Bereich der Bibliotheken bereits Mittel eingestellt haben, deren Umfang auch erhöht werden konnte. Ich denke, es ist wichtig, dass man diese Haushaltsstelle auch dafür heranzieht und dass man im Gesetz beispielsweise auch auf die Erarbeitung einer Förderrichtlinie hinarbeitet, um die Mittel für die Bibliotheken bereitzustellen, die nicht als Pflichtaufgabe deklariert sind.
Ich fürchte, das wird nicht reichen. Wenn Sie zukünftig die Kommunen aufgabenbezogen finanzieren müssen und gleichzeitig in irgendeiner Form diese Aufgabe in einem Gesetz verankern, dann geraten Sie definitiv, wenn auch nicht so weit wie durch den Gesetzentwurf der LINKEN, in die Situation, nicht durch Fördermittel finanzieren zu können, sondern die Finanzierung im FAG verankern zu müssen. Das heißt, Sie müssten eine Vorstellung davon haben, was die Kommunen in diesem Bereich zukünftig an Finanzmitteln aufzubringen haben.
Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Erhebt man die heutige Debatte zu einer Debatte über die Bibliotheken, so war das, was bisher als Begründung zu dem Gesetzentwurf zu hören war, ein wenig ärmlich. Es geht hier im Wesentlichen darum, dass der Wunsch besteht, ein Gesetz zu erlassen, und dass zwei Fraktionen betont haben, dass sie gern dazu bereit wären.
Aber über den Zweck des Gesetzes, der eigentlich an erster Stelle stehen sollte, wurde hier gar nicht diskutiert. Das heißt, die Fragen, wie ich die Lesefreudigkeit am besten erhalten und steigern kann, wie ich den Bildungsauftrag der Bibliotheken am besten verwirklichen kann und vor allem, meine sehr geehrten Damen und Herren, wie ich die Kommunen bei dieser Aufgabe, die - ich glaube, das habe ich herausgehört - auch weiterhin eine kommunale bleiben soll, unterstützen kann, wurden gar nicht erörtert.
Wir alle haben noch die Worte des Finanzministers im Ohr, der eindeutig darauf hingewiesen hat, dass die kommunale Verbundquote in den nächsten Jahren abgesenkt werden wird. Wir sehen hier einen ganz großen Widerspruch zwischen den Worten des Finanzministers, der die kommunale Finanzierung kürzt, und den schönen Sonntagsreden, die hier gehalten werden, dass Bibliotheken wichtig sind.
Meine sehr geehrten Damen und Herren! Diese Lücke gilt es zu schließen. Dabei erwarten wir auch deutlich mehr Ehrlichkeit als nur einen Gesetzentwurf, der sagt, es muss Bibliotheken geben.
Auf der anderen Seite, meine sehr geehrten Damen und Herren, muss man in die Details dieses und sicherlich auch zukünftiger Gesetzentwürfe hineinschauen. Es geht um die Fragen, was hier definiert wird, wie eine Bibliothek aussieht und welche Folgen diese Definition hat.
Wenn Sie, meine sehr geehrten Damen und Herren der LINKEN, jegliche Mediensammlung als Bibliothek definieren und daraus dann auch bestimmte Rechte ableiten, zum Beispiel die kostenfreie Benutzung durch Kinder und Jugendliche, dann könnte das auch zur Folge haben, dass die Musiksammlung des MDR nach Ihrer Definition eine Bibliothek ist und damit auch für Kinder und Jugendliche kostenfrei nutzbar wäre.
Die Frage der Zugänglichkeit ist noch zu klären. Um diese Frage haben Sie sich leider herumgedrückt. Der Thüringer Entwurf hingegen hat bezüglich der einzelnen Fachbereichsbibliotheken der Universitäten, Hochschulen und Sammlungen eine Öffnung gebracht, also auch eine breitere Nutzbarkeit. Man muss darüber diskutieren, ob man auch in Sachsen-Anhalt eine neue Qualität eröffnet oder ob man einfach nur versucht, das, was vorhanden ist, in Worte zu fassen.
Thüringen, meine sehr geehrten Damen und Herren, hat auch im Landesentwicklungsplan – dorthin gehört eine flächendeckende Versorgung - definiert, dass jedes Grundzentrum eine Bibliothek hat. Sachsen-Anhalt hat gesagt: Jedes Grundzentrum hat ein Einkaufszentrum. - So weit zum Thema der Verankerung von Kultur und Bildung in Plänen, in die sie eigentlich gehören.
Meine sehr geehrten Damen und Herren! Auf der anderen Stelle besteht durch die Bezugnahme auf den Landesentwicklungsplan, der als einziger die Frage der Erreichbarkeit definiert, auch die Gefahr des Zurückfallens hinter das, was wir gegenwärtig haben; denn wenn im Gesetzentwurf steht, dass die Bibliotheken günstig erreichbar sein sollen, und wir im Landesentwicklungsplan lesen, dass Mittelzentren - das ist der einzige Punkt, der von Erreichbarkeit spricht - binnen 60 Minuten zu erreichen sind, dann glaube ich, dass das hinter den Status quo zurückfällt. Das wirft uns weit hinter das zurück, was wir wollen.
Das zeigt auch, wie viel Rechtssicherheit durch einen derartigen Gesetzentwurf am Ende wirklich besteht. Das ist weiße Salbe, meine sehr geehrten Damen und Herren. Damit helfen wir keiner Bibliothek und keiner Kommune.
Interessanter wäre die Frage, wie wir mit der Sonntagsöffnung umgehen. Das ist ein Thema, das die Bibliotheken berührt, weil es eine Möglichkeit geben müsste, dauerhaft sonntags zu öffnen.
Das ist keine Frage des Ladenöffnungszeitengesetzes. Das ist eine Frage des Arbeitszeitgesetzes. Ich sage das nur am Rande für die Kolleginnen und Kollegen. Hier ist Klärungsbedarf vonnöten.
Hier ist auch die Nutzung am ehesten möglich; denn natürlich ist es am Wochenende viel eher als in der Woche möglich, einmal in eine Bibliothek zu fahren. Dass am Wochenende aufgrund des eingeschränkten ÖPNV, der sich nur auf die Schulen bezieht, niemand bis in die zentralen Orte kommt, ist eine andere Frage, über die es zu diskutieren gilt und die hier doch, glaube ich, zu mehr Ehrlichkeit veranlassen sollte.
Über die Kosten der Digitalisierung, die Sie fordern - Sie fordern, dass die Bestände digitalisiert werden sollen -, ist kein Wort gefallen, obwohl wir im Landtag immer noch auf das Digitalisierungskonzept der Landesregierung warten, das bisher nur ansatzweise einige Landessammlungen umfasst, aber noch nicht alle Bibliotheken. Hier entstehen Kosten für den einzelnen Träger, die weder beziffert worden sind, noch kann deren Finanzierung dargestellt werden.
Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wir verschließen uns nicht einer Diskussion über die Situation der Bibliotheken und über die Notwendigkeit, die Finanzierung dauerhaft abzusichern. Wir sind der Meinung, dass dies eine kommunale Aufgabe ist, die vor Ort sehr gut gelöst wird. Die kann aber nur gelöst werden, wenn ich die Kommunalfinanzen ehrlich gestalte. Das ist unsere Aufgabe. Dazu sind wir auch aufgerufen. - Ich danke Ihnen.