Protocol of the Session on May 7, 2009

Herzlichen Glückwunsch!

(Herr Tullner, CDU: Das liegt an Stendal! - Herr Gallert, DIE LINKE: Diese Politik unterstützen wir!)

Dann habe ich natürlich nachgeschaut, was der Koalitionspartner dazu gesagt hat.

(Herr Tullner, CDU: Vor allem wo! Auch in Sten- dal?)

Das muss man bei dieser Koalition immer noch einmal nachschauen, weil die Einigkeit nicht vorausgesetzt werden kann.

(Zuruf von Herrn Tullner, CDU)

Die Kollegin Mittendorf hat nach der Verabschiedung dieses von mir eben zitierten Papiers erklärt:

„Das Papier enthält eine Reihe von bildungspolitischen Zielsetzungen, die bei der SPD schon seit Jahren auf der Agenda stehen. Dazu zählen insbesondere der bedarfsgerechte Ausbau der Ganztagsschulen, die Erhöhung der Eigenverantwortung der Schulen, der Erhalt der Schulstandorte, die Befreiung von den Schülerbeförderungskosten in der Sekundarstufe II...“

Sie sagt dann:

„In diesen Punkten werden wir sicherlich gemeinsam tragfähige Lösungen im Sinne einer Systemoptimierung finden.“

Wir haben also schon die zweite Partei gefunden, die - natürlich neben meiner Partei - diese Regelung unterstützt. Die Kollegin Budde hat im April in der Zeitung noch einmal erklärt:

„Wir wollen nach wie vor die Kostenfreiheit in Höhe von 100 %.“

Ich will Sie bei der Einbringung dieses Gesetzentwurfs doch noch einmal an die Geschichte des Themas Schülerbeförderung in diesem Landtag erinnern. Wir müssen weit zurückgehen. Der erste Antrag, eine Entlastung bei den Schülerbeförderungskosten zu erreichen, datiert vom 31. August 2005. Dieser Antrag wurde in die Ausschüsse überwiesen. - Es passierte nicht viel.

Daraufhin hat meine Fraktion einen zweiten Antrag gestellt. Das war am 12. Januar 2006. Am 16. Februar 2006 hat der Landtag beschlossen, die Landesregierung

aufzufordern, mit den kommunalen Spitzenverbänden in das Gespräch darüber zu kommen, was man denn tun könne. - Das Ergebnis war nicht wirklich viel.

Am 20. Oktober 2006 hat der Landtag wiederum einen Beschluss gefasst. Darin wurde die Landesregierung beauftragt, in den Ausschüssen über den Stand der Schülerbeförderung und über geplante Aktivitäten zur Verbesserung der Schülerbeförderung zu berichten. Dazu gibt es einen Bericht der Landesregierung mit Datum vom 5. Januar 2007. - Auch hierin wird der geneigte Leser nicht sehr viel in der Sache finden.

Daraufhin hat meine Fraktion bei den Beratungen über den Doppelhaushalt 2008/2009 im Herbst 2007 erneut Anträge zum Thema Schülerbeförderung gestellt, sowohl bezüglich einer Untersetzung im Haushalt als auch bezüglich des Haushaltsbegleitgesetzes.

Die Anträge sind abgelehnt worden. Stattdessen gab es einen Entschließungsantrag, in dem die Landesregierung nun zum dritten Mal vom Landtag aufgefordert wurde, über den derzeitigen Stand der Planungen hinsichtlich der Schülerbeförderung und in diesem Zusammenhang über Fahrtzeiten, Kosten und Aspekte der Verkehrssicherheit und der Organisation des ÖPNV zu berichten.

Meine Fraktion hat, als wir über die zehnte Novelle zum Schulgesetz diskutiert haben, erneut einen Antrag eingebracht, die Kostenfreiheit bei der Schülerbeförderung herzustellen.

Der Antrag ist damals wiederum abgelehnt worden. Stattdessen wurde wieder einmal ein Entschließungsantrag vonseiten der Koalition vorgelegt, in dem von der Landesregierung bis Ende 2008 ein Konzept gefordert wurde. Dieses Konzept lag Ende 2008 nicht vor. Es ist um eine Verlängerung bis Mitte 2009 gebeten worden. Ich kenne es bis heute nicht.

Das vorerst letzte Kapitel dieser langen Geschichte ist der Nachtragshaushalt 2009, über den wir vor wenigen Wochen beraten haben. In diesem Rahmen ist durch unsere Fraktion wiederum die Kostenfreiheit gefordert worden. Die Landesregierung hat bei diesem Nachtragshaushalt einen Schritt nach vorn gemacht und die Mittel dafür eingestellt. Dann hatten wir bei den Beratungen über den Nachtragshaushalt die sonderbare Situation, dass sich die Koalitionsfraktionen, zumindest ein Teil der Koalitionsfraktionen, darüber beklagt haben, dass die Mittel ohne Konzept eingestellt worden seien.

So weit zur Genesis bei dem Thema Schülerbeförderung. Ich möchte ganz deutlich sagen, dass das kein Ruhmesblatt für diesen Landtag ist.

(Beifall bei der LINKEN)

Nun haben wir die Koalition im Hinblick auf die Einstellung der Mittel in den Nachtragshaushalt beim Wort genommen und einen Gesetzentwurf zur Änderung des Schulgesetzes eingebracht. Er liegt Ihnen heute zur ersten Lesung vor.

Nach wie vor geht es uns darum, dass alle Schülerinnen und Schüler, solange sie den Schülerstatus haben, von den Kosten der Schülerbeförderung vollständig befreit werden. Wir reden in der Bildungspolitik allerorten und in allen Parteien von Chancengleichheit. Wenn Sie sich das von mir zitierte CDU-Bildungspapier ansehen, dann werden Sie dieses Thema auch sehr oft finden. Chan

cengleichheit entscheidet sich nicht nur bei der Frage des Geldes, aber eben auch bei der Frage des Geldes.

(Beifall bei der LINKEN - Herr Tullner, CDU: Und was heißt das?)

Wenn Sie sich die Einkommenssituation in unserem Bundesland anschauen - wir hatten in diesem Landtag schon mehrfach die Gelegenheit, über solche Themen wie den Niedriglohnsektor etc. zu reden -, dann wissen Sie, dass für sehr viele Familien in diesem Land die Frage der Kosten der Schülerbeförderung in der Sekundarstufe II eine sehr entscheidende Frage ist. Es ist aus unserer Sicht dringend notwendig, dass der Zugang zur Sekundarstufe II nicht vom Geldbeutel der Eltern abhängig gemacht wird.

(Beifall bei der LINKEN)

Nun wird immer wieder die Finanzierbarkeit solcher Forderungen thematisiert. Auch dazu möchte ich Ihnen ein Zitat bringen, und zwar hat der Herr Finanzminister am 21. Januar 2009 unter den Vorzeichen der Krise und eines drohenden Nachtragshaushaltes ein Interview in der „Volksstimme“ gegeben. Dabei ist er gefragt worden - ich zitiere -:

„Sind, wie von Ihnen in Aussicht gestellt, kostenlose Bücher, Mittagessen und Schulbusse für alle Schüler noch möglich? - Bullerjahn: Die Ziele sind realistisch.“

Er hat Recht. Der Landtag muss nur endlich den Willen aufbringen, das auch zu beschließen.

(Beifall bei der LINKEN - Herr Tullner, CDU: Alle drei kostenlos?)

- Das müssen Sie ihn fragen und nicht mich.

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Wir haben in diesem Landtag in den letzten Jahren sehr ausführlich über dieses Thema geredet. Ich konstatiere zumindest eine Bewegung in den Koalitionsfraktionen und in den sie tragenden Parteien bei dem Thema Schülerbeförderung und mittlerweile auch eine öffentliche Positionierung aller drei großen Volksparteien zur Kostenfreiheit der Schülerbeförderung.

Nun wird der Minister gleich einen Gesetzentwurf einbringen. Zu dem will ich mich nachher äußern, aber eines will ich schon jetzt sagen: Wir haben zwei Parteien in dieser Koalition, die erklärt haben: Wir wollen die Kostenfreiheit. Wir wollen die Null bei den Kosten der Schülerbeförderung. In harten Verhandlungen sind 100 € herausgekommen. Das erinnert mich ein wenig an die Mehrwertsteuer, liebe Kolleginnen und Kollegen.

(Beifall bei der LINKEN und bei der FDP - Herr Miesterfeldt, SPD: Dabei kamen nur 19 % her- aus! - Herr Tullner, CDU: Kein Kommentar! - Hei- terkeit bei der FDP)

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Der Minister hat nach mir die Freude, den Gesetzentwurf der Landesregierung einzubringen. Es ist leider kein Entwurf, der sich auf die Beschlusslage der die Koalition tragenden Parteien stützt. Ich wünsche Ihnen trotzdem viel Glück und beantrage für meine Fraktion die Überweisung unseres Gesetzentwurfes an die Ausschüsse für Bildung und für Finanzen. - Herzlichen Dank.

(Beifall bei der LINKEN)

Danke sehr für die Einbringung, Herr Höhn. - Der Entwurf eines Zwölften Gesetzes zur Änderung des Schulgesetzes in Drs. 5/1938, den die Landesregierung vorgelegt hat, wird von Kultusminister Professor Dr. Olbertz eingebracht. Herr Minister, Sie haben das Wort.

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Uns liegen zwei Gesetzentwürfe vor, die bei allen Unterschieden für eine beträchtliche Zahl von Schülerinnen und Schülern eine deutliche Senkung der Kosten für ihre bisherige Beförderung zur Schule und von der Schule vorsehen.

Das bedeutet, dass beide Entwürfe an Kontur gewinnen, wenn man sie für sich nimmt, aber auch wenn man sie einmal vergleicht und die Unterschiede zwischen ihnen herausarbeitet.

Gestatten Sie mir aber noch eine weitere Vorbemerkung. Es liegt Ihnen zum ersten Mal nach mehr als anderthalb Jahrzehnten - so lange dauert die Diskussion bereits - ein Entwurf der Regierungsseite vor, der eine solche Entlastung, und zwar in einem erheblichen Umfang vorsieht. Bemerkenswert ist dies vor allem deswegen, weil auch diejenigen, die heute eine völlige Kostenbefreiung fordern, über Jahre hinweg die Gelegenheit hatten, entsprechende parlamentarische Initiativen zu ergreifen.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Unter diesem Gesichtspunkt könnte man den Entwurf der Fraktion DIE LINKE in manchen Punkten durchaus ein wenig relativieren, nämlich in den Punkten, in denen er weiter geht als der Entwurf der Regierung.

(Zuruf von Frau Dr. Klein, DIE LINKE)

Worin geht er weiter? - Bisher umfasst die Beförderungspflicht der Kreise und kreisfreien Städte, nämlich in Verbindung mit der Schulpflicht, die Schülerinnen und Schüler der Jahrgänge 1 bis 10 der allgemeinbildenden Schulen und in einigen vollzeitschulischen Bildungsgängen der berufsbildenden Schulen.

Der Entwurf der Fraktion DIE LINKE umfasst erstens alle Schülerinnen und Schüler und sieht auch für alle neu hinzukommenden Schüler eine Beförderungspflicht bzw. eine entsprechende Kostenerstattung vor. Die Entlastung, von der der Entwurf spricht, ist eigentlich eine vollständige Befreiung von den Kosten. Eingeschlossen wären dann also auch die Schülerinnen und Schüler der Teilzeitbildungsgänge an berufsbildenden Schulen, die eine Ausbildungsvergütung erhalten. Eine Kostenschätzung und auch eine nachvollziehbare Regelung, wer diese Kosten übernimmt, enthält der Entwurf nicht.

Zwingend ist diese Konsequenz nicht. Wer die bisherigen Kosten für eine bestimmte Gruppe als zu hoch erachtet, muss nicht deren komplette Aufhebung, sondern kann auch nur eine deutliche Senkung fordern. Ganz in diesem Sinne beschränkte sich die Fraktion DIE LINKE noch in der letzten Wahlperiode als Linkspartei.PDS im Wesentlichen darauf, zunächst für Kinder von Hartz-IVEmpfängern und dann später beim zweiten Mal für Kinder von Eltern mit niedrigem Einkommen eine angemessene Entlastung zu fordern.

Genau diese angemessene und bei den hohen derzeitigen Kosten übrigens sehr deutliche Entlastung strebt der

Gesetzentwurf der Landesregierung an, den Herr Dr. Daehre und ich in wie immer sprichwörtlichem Einvernehmen vorbereitet haben, und zwar in Verbindung mit einer deutlichen Ausweitung des Kreises der Anspruchsberechtigten und damit der Zahl von Schülerinnen und Schülern, die anspruchberechtigt sind.