Protocol of the Session on April 8, 2009

Ich glaube, dass dann auch so manche Diskussion abebbt und der Schwerpunkt auf die Umsetzung gelegt wird. Klammer auf - ich habe von vielen Kommunalpolitikern gehört, dass es schon Beschlüsse zur Mittelverwendung und zur Kofinanzierung gibt, weil die Zahlen bekannt sind - Klammer zu. Man hat natürlich bis zuletzt darum gekämpft, dass es für das Dorf, für die Stadt oder für den Landkreis noch mehr Geld gibt. Das ist auch legitim.

Ich habe so viele Diskussionen um Pauschalen und klare Projektlisten geführt, dass wir damit mehrere Konjunkturprogramme ausfüllen können. Aber es wird Zeit, den Deckel bei den 475 Millionen € zu schließen.

Im Leitfaden werden auch alle Regelungen, Richtlinien, Briefe und Verwaltungsvereinbarungen stehen, sodass jeder - auch wenn es insgesamt 180 Seiten sind - auf einen Blick alles sehen kann.

Zum Ausblick auf die kommenden Haushalte. Dieser Nachtragshaushalt ist aus meiner Sicht nur die erste Etappe in einem schwierigen Umfeld. Die Kolleginnen und Kollegen, die in den anderen Ländern eine ähnliche Verantwortung wie ich tragen, stimmen sich immer wieder ab. Wir wissen alle nicht genau, was bei der Steuerschätzung im Mai herauskommen wird.

Die Rahmenbedingungen für den Bund, die Länder und die Gemeinden werden nicht einfacher. Ich habe immer wieder darauf hingewiesen, dass die Steuermindereinnahmen von den Gemeinden jetzt schon mit bedacht werden müssen, und zwar unabhängig davon, wie wir die Rechtlage beim FAG und dem Haushalt hin und her schieben; die Wahrheit kommt irgendwann.

Wir müssen aufpassen, dass Projektionen und strategische Ansätze nicht zu schnell auf wachsende Steuereinnahmen setzen. Ich komme im Zusammenhang mit dem Personalentwicklungskonzept noch einmal auf dieses Thema zu sprechen. Denn ich habe schon den Eindruck, dass einige meinen, dass diese Konjunkturkrise irgendwie relativ schnell vorbeigehe und hinterher alles besser sei. Ich sehe das nicht so.

Ich beteilige mich jetzt nicht an irgendwelchen Unkenrufen, wonach uns das Ende der Welt bevorsteht. Jede

Krise wird einmal zu Ende gehen. Aber jetzige Parameter zeigen auf - Sie sehen das anhand der Auftragseingänge und der Steuereinnahmen, die wir bei uns auch nachvollziehen - und auch die Wirtschafts- und Arbeitsmarktentwicklung sowie die Steuereinnahmen machen deutlich, dass die Delle noch nicht erreicht ist. Aber es nützt auch nichts, jeden Monat eine neue Delle auszurufen.

Ich will dafür werben, dass wir an dieser Stelle sachlich so weit voranschreiten, dass wir das, was wir entscheiden, auch verantworten können.

(Zustimmung von Frau Fischer, SPD)

Im Statement des Landesrechnungshofes gab es den Vorwurf bzw. den Hinweis - so will ich es einmal nennen -, die Landesregierung würde mit diesem Nachtragshaushalt politisch handeln, ja, sie wolle sogar gestalten.

(Frau Dr. Hüskens, FDP: Ach!)

Diese Aussage ist auf jeden Fall richtig. Das ist gewollt. Ich sehe mich und mein Haus in der Pflicht, gestaltende Finanzpolitik zu konzipieren und auch umzusetzen. Dabei ist es ein Anspruch, der eigenen Strategie zu folgen. Die Finanzpolitik der letzten Jahre ist dabei Teil einer nachhaltigen Regierungsstrategie, die insgesamt getragen werden muss. Ich glaube, das ist der Anspruch aller Landesregierungen.

Dies ist aufwendig, streitbefangen und nicht frei von Fehlern, gerade auch im Finanzministerium. Ich lasse mich dabei nicht beirren, noch dazu wo dieser Grundsatz vom Kabinett und von den Regierungsfraktionen grundsätzlich unterstützt wird. Dass es auch schwierige Zeiten gibt und dass auch einmal mehr Druck als woanders entsteht, ist hinzunehmen. Dabei werde ich nicht locker lassen.

Damit sind wir wieder beim Nachtragshaushalt. Dieser soll tatsächlich die Entwicklung des Landes durch Investitionen vorantreiben. Er soll einen Beitrag zur Verbesserung der Konjunkturentwicklung leisten und gleichzeitig nachhaltig die öffentliche Infrastruktur verbessern; er soll nicht nur Geld verwalten. Das ist auch zukunftsgerecht. In diesem Sinne werde ich dem Kabinett im Sommer den Entwurf des Doppelhauhalts 2010/2011 vorlegen. Natürlich werden dem viele Gespräche vorausgehen.

Die einen feiern im April Ostern und die anderen warten auf die Steuerschätzung im Mai. Das ist ähnlich überraschend. Die größten Ostereier wird es wahrscheinlich im Mai geben, jedenfalls für die Finanzpolitik. Sie haben Ihre Hasen bereits. Ich bekomme meine Steuermindereinnahmen erst im Mai.

(Zuruf von Herrn Wolpert, FDP)

- Ja, ja. - Wir müssen das Haushaltsdefizit begrenzen. Wir müssen langfristig Schulden tilgen. Ich glaube, darin sind wir uns trotz der Konjunkturkrise einig. In der jetzigen konjunkturellen Phase die Konjunktur nicht zu stärken, wäre, so glaube ich, der falsche Weg. Das habe ich in der Sitzung des Finanzausschusses auch von allen vier Fraktionen gehört.

Um beides gleichzeitig zu machen, also zusätzliche Investitionen zu tätigen und Schulden abzubauen, fehlt uns der finanzielle Spielraum. Das sollten wir auch ehrlich zugeben. Wir sind nicht Sachsen, wir sind nicht Baden-Württemberg und wir sind nicht Bayern. Wir alle haben daran gearbeitet, dass es so geworden ist. Ich sage

aber auch: Ich spüre bei allen die Verantwortung dafür, dass es vielleicht einmal so wird wie in Bayern und in Baden-Württemberg.

Wir wollen mit den zusätzlichen Investitionen nicht unnütze Projekte vorantreiben. Wir wollen in Bildung und in Familien investieren und die Wirtschaft voranbringen. Das ist das, was wir jetzt machen müssen. Wenn dies vorübergehend nur durch eine Verschiebung der Schuldentilgung möglich ist, dann - so sage ich ausdrücklich - will ich diesen Weg gehen.

Entscheidend ist die langfristige Tragfähigkeit des Haushalts. Ob dies für den Doppelhaushalt 2010/1011 bedeutet, dass neue Schulden aufgenommen werden müssen, kann heute niemand vorhersehen. Klar ist: Brechen die Steuereinnahmen weiterhin stark oder über das Maß, das wir vorhergesehen haben, hinaus weg, macht es keinen Sinn, mit der Brechstange hinterherzusparen.

Im Übrigen funktioniert das auch gar nicht. Denn es würde zuallererst die Bereiche treffen, in denen Mittel in Größenordnungen kurzfristig zur Verfügung stehen; und das wären die Investitionen. Das bitte ich in allen Fraktionen in den nächsten Wochen und Monaten ganzheitlich zu diskutieren, weil es keinen Sinn macht, dass die einen hier auftreten und sagen, er müsse endlich einmal hart rangehen, und andere bei öffentlichen Veranstaltungen auftreten und sagen, die Investitionstätigkeit müsse gestärkt werden. Am Ende passt das nicht zusammen. Wir müssen aber in der Öffentlichkeit gemeinsame Beschlüsse zuwege bringen. Angesichts der 15stündigen Ausschusssitzung, die von einer hohen Sachlichkeit geprägt war, ist mir aber auch nicht bange vor einer Diskussion über den Doppelhaushalt.

Trotzdem bleibt es bei der strukturellen Konsolidierung. Die FDP und auch Teile der CDU haben immer wieder darauf hingewiesen, dass Strukturanpassungen erforderlich sind. An diesen kommen wir nicht vorbei. Das ist völlig klar; denn sonst wird es keinen ausgeglichenen Haushalt in der Zukunft geben. Auch das wird in der Projektion immer wieder aufgezeigt. Das jetzt anzudiskutieren, wäre aber der falsche Zeitpunkt.

Es bleibt also bei den Koordinaten konsolidieren, investieren, vorsorgen. Wenn die mittlere Koordinate des Dreiklanges, das Investieren, in diesen Jahren Vorrang erhält, ist das ein Zugeständnis an die wirtschaftliche Situation.

Die Vorsorgeelemente haben wir nicht außer Kraft gesetzt, sondern wir haben sie zum Teil nicht bedienen können. Trotzdem wird am Ende des Jahres die Steuerschwankungsreserve - - Diese Zuführung ist enthalten geblieben. Mit der Steuerschwankungsreserve stehen uns rund 100 Millionen € zur Verfügung, die wir bei Bedarf für den Doppelhaushalt 2010/2011 heranziehen können.

Wir werden den Doppelhaushalt als Gestaltungshaushalt vorbereiten und diskutieren bzw. diskutieren müssen. Zu den wichtigen Weichenstellungen gehört auch die Ansatzerhöhung bei der Schülerbeförderung.

(Beifall bei der SPD)

Dies ist aus meiner Sicht ein Signal, dass wir Investitionen für Jugendliche nicht nur in der Diskussion über Beton gegen Köpfe ausspielen wollen. Vielmehr geht es um die Teilhabe aller Begabten. Auch die Kabinettskollegen von der CDU habe ich entgegen allen Legenden an dieser Stelle sehr offensiv erlebt. Gestern haben wir

uns im Kabinett darüber unterhalten, dass es einen Entwurf der Landesregierung zur Untersetzung dieser 4 Millionen € für 2009 geben wird. Letztlich geht es um einen avisierten Betrag von etwa 10 Millionen € für 2010 und folgende, der aber gewissen politischen Grundprämissen folgen muss. Die Eckwerte sind aufgrund dieses Vorschlags der Landesregierung zu diskutieren.

Im Zusammenhang mit der vergangenen mittelfristigen Finanzplanung haben wir über das Thema Bildung und über die Stellung der Bildung in einem Landeshaushalt diskutiert. Es findet sich kaum noch ein Parteiprogramm und kaum noch eine Koalitionsvereinbarung, die diesem Thema nicht Rechnung trägt, auch wenn das manchmal in der öffentlichen Wahrnehmung etwas kaschiert wird.

Mir ist bewusst, dass die Bezuschussung des Schülerverkehrs nur ein Element ist. Außerdem ist das SchülerBafög erhöht worden. Was aber nicht geht - das sage ich ganz klar, und die Vorsitzende hatte dies vorhin sehr offen angesprochen -, ist, so einfach mir nichts dir nichts einen Antrag auf den Tisch zu legen, mit dem gefordert wird, das Schüleressen kostenfrei zu stellen. Dazu reicht die finanzpolitische Kraft des Landes Sachsen-Anhalt nicht aus. Das sollten wir den Menschen auch sagen.

Ich werbe um Zustimmung für diesen Nachtragshaushalt, der meines Erachtens ein vernünftiges Ergebnis darstellt. Er ist auch eine gute Vorbereitung für die Aufstellung des nächsten Doppelhaushaltes. Er hat seine Ecken und Kanten. Manches war in der Aufstellung, was bei näherer Betrachtung nicht standgehalten hat. Auch das habe ich bei der Einbringung dargestellt.

Ich bedanke mich nochmals bei allen Fraktionen für die Vorbereitung und für die Zusammenarbeit während der 15-stündigen Sitzung. Ich glaube, dass diese Ausschusssitzung als längste Ausschusssitzung in die Geschichte eingehen wird. Allen, die das ausgehalten haben, sage ich herzlichen Dank. Dies diente einem guten Zweck. - Schönen Dank.

(Beifall bei der SPD und bei der CDU)

Vielen Dank, Herr Minister. Herr Minister, die Abgeordnete Frau Knöfler möchte eine Nachfrage stellen.

Vielen Dank, Herr Präsident. - Ich habe eine Frage in Verbindung mit einer Kurzintervention. Fest steht, wenige Menschen haben eine weltweite Finanzkrise ausgelöst, die den Kapitalismus ins Wanken bringt. Es stellt sich die Frage, wie gegengesteuert werden kann. Derzeit einzige Mittel scheinen Konjunkturpakete, Rettungsschirme und - nicht zu vergessen - die Abwrackprämie zu sein.

Sehr geehrter Herr Minister, doch viele Bürgerinnen und Bürger in Ihrem Land haben Angst, Existenzangst. Ich frage Sie, welche Vorbereitungen seitens der Landesregierung getroffen worden sind, um bei einer Rezession, wirtschaftlichen Depression oder einer Inflation Sofortmaßnahmen zu ergreifen, damit es Bürgerinnen und Bürgern des Landes Sachsen-Anhalt nicht noch schlechter geht. - Danke.

Bei dem, was Sie jetzt angesprochen haben, müsste ich jetzt mindestens eine halbe Stunde reden, damit ich dem

Anspruch einer angemessenen Antwort gerecht werde. Ich versuche, es relativ kurz zu machen.

Zunächst einmal - das sage ich ganz ohne Hintergedanken - ist das ein Nachtragshaushalt für das Land Sachsen-Anhalt, der nicht den Anspruch erhebt, eine Weltwirtschaftskrise auszuhebeln.

(Beifall bei der SPD und bei der CDU)

Dies ist unser Beitrag, um auf veränderte Bedingungen zu reagieren, also auf ein bundesweit gewolltes Konjunkturprogramm, auf veränderte Ansätze bei Steuereinnahmen und Ausgabestrukturen, auf die Kofinanzierung aller Angebote usw. Das ist ein bunter Strauß von Themen. Dies ist aufgegriffen worden, um mit unseren Möglichkeiten im Land Sachsen-Anhalt durch den Haushalt etwas auf die Beine zu stellen. Ich denke, dem sind wir insgesamt gerecht geworden.

Darüber hinaus muss es viele andere Dinge geben. Deshalb hat gestern das Gespräch stattgefunden. Ein erstes Gespräch hat bereits vor Wochen beim Wirtschaftsminister stattgefunden mit allen Vertretern öffentlicher, privater und genossenschaftlicher Banken, damit wir sehr nahe an dem sind, was eigentlich passiert. Es gibt viele Gesprächsrunden. Ich weiß von vielen Unternehmensgesprächen des Wirtschaftsministers. Wir haben einen wirtschaftlichen Dialog mit den Kammern, mit der IHK, mit dem Arbeitgeberverband usw. geführt, sodass wir einen Überblick darüber gewinnen können, was in diesem Land läuft und wie wir darauf reagieren müssen.

Es ist Ihnen sicher nicht entgangen, dass die Regierungschefs - in diesem Fall die Kanzlerin für Deutschland - auf Konferenzen mehrere Diskussionen darüber geführt haben, wie weltweit abgestimmte Pakete dazu genutzt werden können, um durch Verabredungen und gemeinsames Handeln dem etwas entgegenzusetzen. Dabei ist auch klar, dass überlegt wird, wie wir es schaffen können trotz einer Marktwirtschaft, die auch blieben wird - - Da wankt nichts. Da bin ich mir ziemlich sicher. Es gibt aber Auswüchse.

(Beifall bei der CDU)

Wer den Kapitalismus wanken sieht, den bitte ich, dem ein anderes funktionsfähiges Modell entgegenzustellen, bei dem ein Menschenbild geformt wird, das der Realität entspricht, und bei dem Marktmechanismen nicht völlig außer Kraft gesetzt werden. Dann wird die Wahrheit sehr konkret. Wenn man das hat, können wir gern darüber diskutieren. Ich sehe das im Moment aber nicht. Deshalb muss versucht werden, diese Auswüchse und diese Verkehrungen ins Gegenteil auszumerzen.

Hierzu gibt es Verabredungen. Das beginnt mit den Steueroasen. Kein Mensch hätte sich vor einem halben Jahr vorstellen können, dass die Schweiz oder andere Länder Angst davor haben, auf einer schwarzen Liste der OECD zu stehen. Auf einmal gibt es Möglichkeiten, das Bankgeheimnis auszuhebeln, obwohl Juristen das vor Jahren noch für unmöglich gehalten haben.

Auf einmal wird die Frage diskutiert, inwieweit durch Abstimmungen zwischen den Kontinenten ein Subventionswettbewerb ausgehebelt werden kann. Es war doch bekannt, dass mit öffentlichen Mitteln ein Investitionshopping betrieben worden ist. Ständig zog die Karawane weiter mit dem Hinweis auf geringere Arbeitskosten in einem anderen Land. Zuerst war dies Ostdeutschland, dann war es Osteuropa, dann waren es die Chinesen.

Dort steigen die Löhne nun auch langsam. Irgendwann kommen wir an den großen Teich, und dann haben wir wieder Amerika vor uns.

Dafür muss es verbindliche Regelungen und einen gemeinsamen politischen Ansatz der Länder geben, womit der Marktwirtschaft Grenzen gesetzt werden, aber ohne das Fundament der Marktwirtschaft auszuhebeln. Vielmehr müssen die Marktmechanismen in vernünftige Bahnen gelenkt werden, die im Interesse der Bürgerinnen und Bürger liegen, die mit ihrem Job das Entwickeln der Marktwirtschaft garantieren. Außerdem müssen diejenigen zur Verantwortung gezogen werden, die durch ihr falsches Handeln diese Krise hervorgerufen haben.