Protocol of the Session on March 20, 2009

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich darf Sie alle herzlich zur 56. Sitzung des Landtages begrüßen. Ich hoffe, Sie sind alle gut drauf, sodass wir den Vormittag gemeinsam zügig gestalten können.

Ich wollte nur kurz daran erinnern, dass Minister Herr Dr. Daehre und Ministerin Frau Dr. Kuppe am heutigen Tag entschuldigt sind.

Ansonsten stelle ich die Beschlussfähigkeit des Hohen Hauses fest.

Wir setzen nunmehr unsere 29. Sitzungsperiode fort mit Tagesordnungspunkt 11:

Aktuelle Debatte

Ausbau der Breitbandversorgung in Sachsen-Anhalt

Antrag der Fraktion der FDP - Drs. 5/1870

Es ist eine Redezeit von zehn Minuten je Fraktion vereinbart worden. Das gilt auch für die Landesregierung.

Ich darf nun für die Antragstellerin, die FDP, Herrn Franke das Wort zur Eröffnung erteilen. Bitte schön, Herr Franke.

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! In der vergangenen Woche fand der seit Langem und groß angekündigte Breitbandgipfel der Landesregierung in der Staatskanzlei statt. Wie wichtig und notwendig das Thema der Breitbandversorgung gerade im ländlichen Raum ist, möchte ich Ihnen, sehr geehrte Damen und Herren hier im Landtag, nicht umfassend erläutern. Das wissen Sie alle. Sie wissen auch, dass SachsenAnhalt das Land mit der am schlechtesten ausgebauten Breitbandinfrastruktur ist.

Interessanter ist aber, dass in den letzten Jahren die Anzahl der Homeofficeplätze enorm an Bedeutung gewonnen hat. Zirka 40 % der Internet-User nutzen heute ihren Home-PC für ihre berufliche Tätigkeit und zur Qualifikation.

Wie wichtig das Thema in Sachsen-Anhalt ist, wurde auch deutlich, wenn man sich am vergangenen Mittwoch im Großen Saal der Staatskanzlei umschaute: Dort sah man unter den über 150 Gästen Bürgermeister aus dem Burgenland, Wirtschaftsförderer aus dem Harz, Mitarbeiter von Verwaltungsgemeinschaften und auch den Landrat aus der westlichen Altmark.

Die Erwartungen waren hoch und es gab auch ein paar Erkenntnisse für die Teilnehmer. Die Landesregierung übernimmt das Ziel der Bundesregierung, bis zum Jahr 2010 alle Breitbandlücken mit einer Bandbreite von ca. 1 Megabit pro Sekunde zu schließen und bis zum Jahr 2014 ca. 75 % der Haushalte mit modernen Hochgeschwindigkeitszugängen, also Übertragungsraten von ca. 50 Megabit pro Sekunde, zu versorgen.

Neu war auch, dass bis zum Jahr 2014 etwa 50 Millionen € Fördermittel zur Verbesserung der Breitbandversorgung zu erwarten sind. 16 Millionen € sind ein Be

standteil des Zukunftsinvestitionsprogramms, wie wir im Zusammenhang mit dem gestern verhandelten Nachtragshaushalt schon gehört haben.

Neu war auch, dass es eine Anhebung der Förderquote auf 90 bzw. 87,5 % geben wird. Angedeutet wurde von Staatsminister Robra, dass für die restlichen 10 bis 12,5 % die Investitionsbank Sachsen-Anhalt Finanzierungen mit Sonderkonditionen bereitstellen wird und dass die Kommunalaufsicht bei der Prüfung der Haushalte der Kommunen nicht so genau hinschauen wird, wenn es um die Investitionen in das Breitbandnetz geht.

Ach so, es lag für jeden Teilnehmer noch ein Fragebogen dabei, worauf er mal wieder - ich weiß nicht, zum wie vielten Male - der Landesregierung seinen Bedarf an Breitbandversorgung für den jeweiligen Bereich mitteilen kann.

Wie gesagt, die Erwartungshaltung war hoch. Doch, sehr geehrte Damen und Herren, nach diesen Ankündigungen mutierte der Breitbandgipfel dann zum Schmalspurhügel.

(Herr Gürth, CDU: Quatsch!)

Hehre Ziele zu postulieren und Geld zur Verfügung zu stellen reicht bei diesem komplexen Thema eben nicht aus. Es reicht auch nicht zu sagen, dass ein schneller Breitbandanschluss zur gesellschaftlichen Teilhabe notwendig ist und damit zur Daseinsvorsorge wie Wasser und Strom gehört.

Es reicht auch nicht aus, Fachleute den Laien im Auditorium technische Vorträge zu den verschiedenen Technologien halten zu lassen. Denn die Hoffnung, auf die vielen noch offenen Fragen zur Realisierung der Breitbandversorgung im ländlichen Raum konkrete Antworten zu bekommen, wurde mehr als enttäuscht. Nur eines hat der Tag in der Staatskanzlei deutlich gezeigt: Die Landesregierung hat bis heute kein Konzept.

(Beifall bei der FDP)

Sie haben kein Konzept, wie Sie schnell und unkompliziert die Mittel aus dem Konjunkturpaket II einsetzen wollen, um den ländlichen Raum mit Breitbandanschlüssen zu versorgen. Sie krempeln nicht die Ärmel hoch und sagen: Jetzt packen wir es an! - Nein, Sie schieben den Schwarzen Peter den Bürgermeistern zu und lassen die Kommunen mit den Problemen im Regen stehen.

(Beifall bei der FDP)

Sie schüren mit solchen Veranstaltungen große Erwartungen bei der Bevölkerung und wissen genau, dass der Druck nicht bei Ihnen ankommt. Der Frust der betroffenen Bürger entlädt sich in den Gemeinden bei den kommunalen Vertretern. Die Bürgermeister werden gefragt, warum der schnelle Datenanschluss nicht komme. Er brauche doch nur die Millionen zu beantragen und schon kämen die Grabenbagger.

Sie, Herr Ministerpräsident, sagten in Ihrer Presseerklärung vom 21. Januar 2009 - ich zitiere -:

„Das Konjunkturpaket macht nur Sinn, wenn wir es schnell umsetzen. Es darf keine bürokratischen Flaschenhälse geben!“

Damit haben Sie Recht. Nur spürt man im Moment nicht, wie die Landesregierung nach diesen Erkenntnissen handelt.

Sehr geehrte Damen und Herren! Seit August 2008 hat die Landesregierung Erfahrungen mit den Problemen bei der Breitbandversorgung im ländlichen Raum sammeln können. Großspurig stellte damals das Ministerium für Landwirtschaft und Umwelt 3 Millionen € für die Breitbandversorgung im ländlichen Raum bereit. Etwa 60 Gemeinden haben sich daraufhin um die Mittel beworben. Nur sechs - ich wiederhole: nur sechs - Gemeinden allerdings konnten die Anträge so vollständig einreichen, dass sie in den Genuss der Fördermittel gekommen sind und ihre Projekte verwirklichen konnten - von 60 Gemeinden ganze sechs!

Bisher dürfte allerdings nur ca. ein Viertel der 3 Millionen € bewilligt worden sein. Alles andere hängt, weil meist die Anbieter, also die Kommunikationsfirmen, gar kein Interesse daran haben, sich mit Angeboten an den kleinteiligen Ausschreibungen zu beteiligen.

Die Fördersumme, die das Land zur Verfügung stellt, soll die Lücke zwischen den hohen Investitionskosten und der Wirtschaftlichkeitsschwelle bei den Betreibern schließen. Das macht auch Sinn. Das Problem ist allerdings, dass nun jede kleine Kommune versucht, die Riesen der Telekommunikationsbranche zur Angebotsabgabe zu bewegen. Doch die denken gar nicht daran. Sie denken gar nicht daran, die vorgelagerten Aufwände zu betreiben, die nachher bei der Angebotsabgabe betriebswirtschaftlich keinen Sinn machen.

Deshalb stochern die Bürgermeister im Nebel. Eine Bedarfsermittlung mit statistischer und geografischer Auswertung ist durch sie nicht zu leisten. Bei der Erarbeitung der Ausschreibungsunterlagen fehlt ihnen zum Teil die kompetente Beratung zu den fachlich-technischen Fragen.

Aber diese Probleme sind hinlänglich bekannt. Diese Erfahrung konnte die Landesregierung im vergangenen Jahr sammeln. Trotzdem reagiert die Landesregierung nicht darauf. Sie fährt ihren Stiefel weiter wie bisher, ohne nach rechts und links zu schauen. Vier Ressorts beschäftigen sich in Sachsen-Anhalt mit dem Thema Breitband, nämlich das Ministerium für Landwirtschaft und Umwelt, das Ministerium für Wirtschaft und Arbeit, das Innenministerium und die Staatskanzlei. Da ist das Chaos schon vorprogrammiert.

(Beifall bei der FDP - Frau Dr. Hüskens, FDP: Kabelsalat!)

Noch nicht einmal die auf dem Breitbandgipfel groß angekündigte Informationsseite der Landesregierung - www.breitband-sachsen-anhalt.de - ist online. Sie wird in der nächsten Woche im Kabinett beraten.

(Oh! bei der FDP)

Ein Blick nach Niedersachsen würde reichen, um zu sehen, wie man es anders machen kann. Schon im Juni 2008 eröffnete man dort ein Breitbandkompetenzzentrum. Erst danach wurden die Förderrichtlinien verabschiedet.

Teile der Fachhochschule Harz würden sich aufgrund der schon im Harz gesammelten Erfahrungen als Breitbandkompetenzzentrum in Sachsen-Anhalt anbieten. Eine Finanzierung aus EU- und Landesmitteln sollte auch in Sachsen-Anhalt möglich sein.

Durch ein solches Kompetenzzentrum könnte erstens die Beratung in den Kommunen stattfinden. Zweitens könnte die Breitbanderhebung erfolgen, die zu einem

Breitbandkataster des Landes Sachsen-Anhalt führen kann. Drittens könnte dort die Ausschreibungs- und Fördermittelberatung ablaufen, die bis zur Finanzierungsabwicklung mit der Investitionsbank weitergeführt werden könnte.

Das ist nur eine Möglichkeit, aber das ist nicht die schnelle Lösung, die wir in der heutigen Zeit so dringend brauchten, um die Konjunktur zu beleben. Aber auch für die schnelle Lösung lohnt sich ein Blick nach Niedersachsen. 30 Millionen € aus dem Konjunkturpaket II setzt Niedersachsen zur Förderung von so genannten Clusterprojekten ein. Drei mit Breitband unterversorgte Regionen wurden definiert.

Allein das Cluster Nordwestniedersachsen und Küste besteht aus neun Landkreisen und wird mit einem Festzuschuss für Investitionen in den Breitbandtechnologieausbau in Höhe von 12 Millionen € gefördert. Das Land Niedersachsen schreibt in Zusammenarbeit mit den betroffenen Landkreisen die komplette Region europaweit aus. Der Anbieter, der die meisten Breitbandanschlüsse für den Festbetrag von 12 Millionen € bietet, bekommt den Zuschlag. - Schnell, unkompliziert und ohne bürokratische Flaschenhälse, Herr Ministerpräsident.

(Beifall bei der FDP)

Fassen Sie die Altmark, Teile der Börde und das Jerichower Land zu einem Cluster zusammen - meinetwegen auch den Harz und Teile des Mansfelder Landes -, schreiben Sie als Landesregierung diese Cluster europaweit aus. So schnell und unkompliziert können viele Versorgungslücken geschlossen werden. Damit könnte allen das Kleinklein, das wir derzeit haben, erspart werden. „Nicht kleckern, sondern klotzen!“,

(Beifall bei der FDP)

sollte die Devise der Landesregierung in der gegenwärtigen schwierigen Situation sein. Haben Sie Mut, neue Wege zu gehen. Wagen Sie neue Wege, um die Wirtschaft in Sachsen-Anhalt wieder anzukurbeln.

Eines kann ich Ihnen versichern: Eine Schaufel zum Schachten von Kabelgräben in der Altmark habe auch ich. Ich würde auch selber buddeln, um mein Dorf an eine schnelle Datenautobahn anzubinden.

(Beifall bei der FDP)

Statt überall im Lande zu verkünden, wie viele Millionen vorhanden sind, um die Konjunktur wieder anzukurbeln, sollten wir endlich die Ärmel hochkrempeln, in die Hände spucken und etwas tun. - Danke.

(Beifall bei der FDP)

Herzlichen Dank für die Einführung, Herr Franke. - Ich erteile jetzt der Landesregierung das Wort. Herr Staatsminister Robra wird das nutzen.