Ich will aber klar sagen: Ich bin nur mittelbar beteiligt, will mich jetzt aber nicht wegducken. Wenn es aber in bestimmten Feldern Nachfragen gibt und wenn es Dinge gibt, die zu klären sind, dann bin ich zuerst dabei, dass ich meinen Ressortkollegen zur Seite stehe und sage: Lasst uns darüber noch einmal reden.
Ich habe aber etwas dagegen, dass permanent die Unterstellung im Raum steht, dass das, was Kommunen machen, alles richtig und vernünftig sei, überhaupt keine Fehler haben könne und noch nicht einmal nachfragenswert sei und dieses böse Landesverwaltungsamt, das Innenministerium oder das federführende Ressort wie beispielsweise das Kultusministerium müssten endlich umsetzen, was andere erwarten.
Sie haben natürlich Recht, wenn es einen Zeitraum in Anspruch nehmen würde, der vielleicht dazu führt, dass andere in ihrer Existenz bedroht sind - das sehe ich aber in diesem Fall nicht -, dann wäre es zu hinterfragen. Ich habe überhaupt keinen Zweifel, dass Kollege Hövelmann das mit dem Landesverwaltungsamt klarstellt bzw. das Landesverwaltungsamt eigenes Interesse hat, dass diese Mittel, letztlich aber auch die Verwaltungsvorschriften so zur Verfügung stehen, dass unabhängig von anderen Konsolidierungsmaßnahmen die Mittel aus dem Konjunkturpaket fließen können. Ansonsten würden sie ihren Sinn verlieren. Ich sehe die Skepsis in Ihrer Frage, aber ich habe ein Interesse, dass wir diese Skepsis nicht rechtfertigen werden.
Vielen Dank, Herr Minister. - Weitere Nachfragen sehe ich nicht. Wir setzen die Debatte fort. Ich erteile für die Partei DIE LINKE dem Abgeordneten Herrn Gallert das Wort. Bitte schön, Herr Gallert.
Werte Kolleginnen und Kollegen Abgeordnete! Werter Herr Präsident! Ich habe mit Spannung die Rede des Finanzministers verfolgt. Das, was mich am meisten beeindruckt und erfreut hat, war die Länge der Rede. Sie war dreimal so lang wie die vorgesehene Redezeit. Das hat mich deshalb erfreut, weil mir das die Gelegenheit gibt, die Rede zu halten, die ich eigentlich halten will. Zehn Minuten Redezeit hätten nämlich auch für meine Rede nicht ausgereicht.
(Herr Gürth, CDU: Fangen Sie doch nicht gleich mit einer Drohung an! Das lernt man doch in je- dem Rhetorikkurs: Fange keine Rede mit einer Drohung an!)
- Das hängt vom Publikum ab. Bei diesem Publikum ist es vielleicht gar nicht so schlecht, wenn man mit einer Drohung anfängt.
Bei uns ist in den letzten zehn Tagen darüber diskutiert worden, ob wir zur Umsetzung des Konjunkturprogramms II und des kommunalen Investitionsprogramms eine Aktuelle Debatte beantragen werden. Es gibt eine Menge guter Gründe, dass wir das hätten tun sollen. Wir haben uns dann letztlich anders entschieden, weil die Diskussion um die Schuldenbremse mindestens genauso wichtig ist.
Erstaunlicherweise hat uns die Koalition die Arbeit abgenommen und beantragt, sozusagen zur herausragenden Stunde in diesem Landtag über diese Dinge zu diskutieren. Das freut uns natürlich, aber es verwundert uns zutiefst. Es verwundert uns deshalb zutiefst, weil es eigentlich im Interesse der Koalition gewesen wäre, wenn man bei dieser Landtagssitzung über dieses Thema überhaupt nicht gesprochen,
Wir nehmen solche Geschenke gern an, und deswegen werden wir uns mit diesen Dingen auseinandersetzen, und zwar so, wie es den Dingen gerecht wird.
Dabei müssen wir uns schon überlegen, in welcher Zeit wir uns befinden. Ich möchte zwei Zahlen nennen, die ein wenig die Dimension dessen sprengen, worüber wir in der letzten Dreiviertelstunde etwas gehört haben. Es geht um die beiden Zahlen, die mit der Hypo Real Estate und der Commerzbank im Zusammenhang stehen. Ich will versuchen, das plastisch darzustellen.
Wir sprechen bei der Hypo Real Estate inzwischen darüber, dass im Interesse einer konjunkturellen Erholung, im Interesse der Stabilisierung von Finanz- und Wirtschaftsmärkten der Steuerzahler sage und schreibe 120 Milliarden € allein für die Rettung dieser einen Bank bereitstellt. Nun ist es ohnehin so, dass das Vorstellungsvermögen bei einer Zahl mit so vielen Nullen aufhört. Deswegen möchte ich das einmal herunterrechnen.
120 Milliarden € bedeuten, dass der Steuerzahler von Sachsen-Anhalt ca. 3 Milliarden € dafür bereitstellt, diese Bank zu retten. 3 Milliarden € bedeuten, dass jeder Einwohner von Sachsen-Anhalt durch diese Rettungs
aktion mit ca. 1 300 € belastet wird - 1 300 € für eine Bank, deren Namen wir in Sachsen-Anhalt noch nie gehört haben, zumindest nicht dann, wenn es um aktive Wirtschaftspolitik ging, rund 1 300 € pro Kopf der Bevölkerung für eine Bank, die inzwischen nur noch einen Buchwert von 240 Millionen € hat. Das sind die Dimensionen, über die zurzeit im Zusammenhang mit öffentlichen Steuergeldern diskutiert wird. Das müssen wir uns einmal vor Augen halten, wenn wir hier über 474 Millionen € sprechen.
Nun kann man sagen: Gut, das sind in erster Linie Bürgschaften. Aber ich möchte ein zweites Beispiel nennen: die Commerzbank. Da war es so, dass der Steuerzahler für ein Viertel des Buchwertes dieser Bank, ein Aktienpaket, das zurzeit noch 1 Milliarde € kosten würde, sage und schreibe 18 Milliarden € bereitgestellt hat. Für den Steuerzahler in Sachsen-Anhalt ist das über eine halbe Milliarde Euro, die er da reinsteckt. Das sind pro Einwohner ca. 250 €, die der Steuerzahler für die Rettung dieser Bank bereitgestellt hat - beschlossen durch die Bundesregierung.
Dann reden wir hier über Schuldenbremse, dann reden wir hier über Haushaltskonsolidierung und dann reden wir darüber, dass wir unser Geld zusammenhalten müssen. Das kann doch nicht Ihr Ernst sein! Sie können dem doch morgen im Bundesrat nicht zustimmen, Herr Bullerjahn!
Wir haben im Land natürlich andere Dimensionen. Wir haben vor vier Wochen in der Landtagssitzung Vorschläge gemacht und einen Elfpunkteplan für Sachsen-Anhalt aufgestellt, um die konjunkturellen Einbrüche zumindest abzumildern. Wir haben zum Beispiel den Vorschlag unterbreitet, die Mittagessenversorgung im Kindertagesstätten- und Grundschulbereich öffentlich zu finanzieren. Es ging um 66 Millionen €.
Das ist keine kleine Summe für den Landeshaushalt. Aber berechnet auf die Bevölkerung sind das 25 € pro Kopf. Das ist ein Zehntel dessen, was hier für die Commerzbank bereitgestellt wird. Das ist minimal und nicht einmal 2 % dessen, was Sachsen-Anhalt für die Rettung der Hypo Real Estate bereitgestellt hat.
Aber an der Stelle des kostenlosen Mittagsessens geht gar nichts. An der Stelle ist Haushaltskonsolidierung angesagt.
Das ist das Problem, das Sie niemandem mehr in diesem Land rüberbringen können. Das ist das, was die Menschen einfach nicht mehr akzeptieren können. Deshalb werden wir es hier auch noch einmal benennen und bei unserem Vorschlag bleiben.
Nun ist es so, dass wir für solche Vorschläge zur Konjunkturflautenbekämpfung in diesem Haus offensichtlich nicht allzu viele Freunde haben. Ich muss aber auch sagen, dass sich zumindest der Deutsche Gewerkschaftsbund mit seinen Vorschlägen zur Situation in SachsenAnhalt vorgestern unseren Vorschlägen an dieser Stelle angeschlossen hat. Ich sage ausdrücklich: Es wird unsere Aufgabe sein, diese Vorstellungen in diesem Haus
weiter zu vertreten. Schaut man sich diese Dinge an, stellt man fest, dass aufseiten der Landesregierung und der Koalition bei solchen wichtigen Fragen nichts passiert.
Ich will einen zweiten Punkt benennen, zu dem wir überhaupt noch nichts gehört haben. Ich habe hier vor vier Wochen dargelegt, dass Sachsen-Anhalt durch dieses Konjunkturprogramm II 42 Milliarden €, nein, 42 Millionen €
- da kann man schon einmal durcheinander kommen - für eine aktive Arbeitsmarktpolitik im Bereich des SGB II zur Verfügung gestellt bekommt. Unser Vorschlag war - nennen Sie es Bürgerarbeit, nennen Sie es KommunalKombi, das ist uns egal -, daraus 2 500 Arbeitsplätze über drei Jahre zu Mindestlohnbedingungen zu realisieren.
Bisher haben wir nichts, aber auch gar nichts vom Wirtschaftsminister zu solchen Überlegungen gehört. Da ist absolute Funkstille. Bisher sind vier Wochen vergangen und es gibt nicht eine einzige Wortmeldung der Landesregierung, wie man das realisieren will. Dazu sage ich: Diesbezüglich hat die Landesregierung die Zeit verschlafen. Da sind die Hände in den Hosentaschen geblieben, und das werden wir auch so benennen.
Ich sage aber auch: Die Hände sind nicht nur in den Hosentaschen geblieben, sondern sie sind in den letzten zwei Wochen auch herausgenommen worden; allerdings nur zum Fingerhakeln. Das haben wir in den Medien ausreichend vorgeführt bekommen.
Ich sage ausdrücklich: Wenn die Koalition versucht hat, etwas zu realisieren, dann war es auch noch das Falsche. Das werde ich jetzt im Einzelnen noch einmal darlegen. Es geht um dieses kommunale Investitionsprogramm. - Ich werde nicht ganz an die halbe Stunde des Finanzministers herankommen, Herr Tullner, aber Sie können nachher gern noch eine Frage stellen.
Wir haben ein Zukunftsinvestitionsprogramm, das in der Bund-Länder-Vereinbarung immer noch „kommunales“ Investitionsprogramm heißt. Dieses kommunale Investitionsprogramm soll 474 Millionen € für das Land Sachsen-Anhalt für die beiden Haushaltsjahre 2009 und 2010 erbringen. Die beiden Rahmenbedingungen hat Frau Fischer noch einmal genannt: 70 % für die Kommunen direkt, 30 % kann sich das Land - sozusagen auf dem Weg - dabei einstecken. 65 % sind für die Bildungsinfrastruktur, 35 % für den Rest der Infrastruktur mit den Einschränkungen, die schon dargelegt worden sind, vorgesehen.
Nun hören wir doch tatsächlich nach dem Dienstag als erste große Erfolgsmeldung: Wie kommunalfreundlich ist dieses Land! Es hat ja nicht nur 70 % für die Kommunen bereitgestellt, sondern sage und schreibe 76 %, und daran könne man doch den guten Willen sehen.
Na ja. Schauen Sie sich einmal ein bisschen um; schauen Sie sich in Ihrem Nachbarland Brandenburg und auch in Sachsen um. Diese Länder haben sofort beschlossen, mindestens 80 % an die Kommunen weiterzureichen.
Nordrhein-Westfalen wird 84 % weiterreichen. An dieser Stelle sehen wir, dass die 76 %, die das Land SachsenAnhalt für kommunale Investitionen einplant, schon das Ende der Fahnenstange sind. Das heißt, wir liegen hierbei nicht im Mittelfeld, sondern eher darunter.
- Ja, das ist ein Qualitätsmerkmal; darauf werde ich noch zu sprechen kommen. Das ist nämlich die Frage, wie stellt sich das Land zu seinen Kommunen, Herr Scharf.