Protocol of the Session on February 19, 2009

1. Mit welchen negativen Auswirkungen auf die Haushalte der Landkreise, Städte und Gemeinden rechnet die Landesregierung in Sachsen-Anhalt hinsichtlich der Entwicklung des Anteils der Kommunen an der Einkommensteuer bis zum Jahr 2011?

2. Will sich die Landesregierung bei den Verhandlungen mit dem Bund für Ausgleichsmaßnahmen dieser möglichen Steuerausfälle einsetzen und wie will sie mit einer solchen negativen Entwicklung auf der Einnahmenseite der kommunalen Haushalte bei der Novellierung des Finanzausgleichsgesetzes (FAG) umgehen?

Vielen Dank. - Die Antwort wird von Minister Bullerjahn gegeben. Bitte schön.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Frau Tiedge, ich weiß jetzt meine Äußerungen eben nicht mehr gänzlich auswendig. Ich würde jetzt einfach zu Protokoll geben, ich wiederhole sie spontan, wie ich hier stehe, mit zwei Änderungen.

Erstens ist es eine andere Steuerart und zweitens haben wir natürlich eine Veränderung durch die Tarifveränderungen im Gesetzgebungsverfahren. Das heißt: Wir haben ein anderes Aufkommen bei der Einkommensteuer, was trotz gleicher Konjunkturentwicklung bei der Verteilung andere Ergebnisse nach sich ziehen würde.

Und ein Drittes - ich sage es noch einmal -: Bei der Pendlerpauschale - ich will jetzt nicht nur DIE LINKE ansprechen - bin ich wahrscheinlich einer der wenigen Verfechter inklusive derer, die auf der Tribüne sitzen, der es bedauert hat, dass die Pendlerpauschale jetzt so ausgelegt worden ist. Alle anderen haben das wahrscheinlich mit einem lachenden Auge gesehen. Sich aber hinzustellen und zu sagen: Das hat negative Auswirkungen; der Bund, der uns das eingebrockt hat, soll das Geld draufzahlen, das er im Übrigen sowieso schon als Einnahmeverluste verbuchen muss - das wird schwierig.

Es wird, anders als bei der Gewerbesteuer, nicht nur bezogen auf die Konjunkturentwicklung und das Gesetzgebungsverfahren Einnahmeverluste geben. Sie treffen das Land, sie treffen aber auch die Kommunen. Diese Tabelle habe ich Ihnen im Übrigen schon einmal gegeben. Es ist durch den Bund schon ausgerechnet worden, was aufgrund des Gesetzgebungsverfahrens, bezogen auf die Steuerbasis 2008 für die nächsten Jahre fortgerechnet, nicht zur Verfügung stehen wird. Wenn Sie möchten, kann ich Ihnen das gern aktualisiert geben. Ansonsten beantworte ich den Teil 1 wie die letzte Frage.

Vielen Dank, Herr Minister Bullerjahn. Dennoch wären jetzt Zusatzfragen möglich. - Das ist aber nicht der Fall.

Wir kommen zur letzten Frage, der Frage 8. Sie betrifft notleidende Kommunen in Sachsen-Anhalt und wird vom Abgeordneten Guido Henke gestellt.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Am 16. Januar 2009 zitierten die Medien Bundesminister Tiefensee zur möglichen Umsetzung des Konjunkturpaketes II der Bundesregierung. Danach wurde für notleidende Kommunen eine Regelung hinsichtlich der Kofinanzierung der Bundesmittel gefunden. Weiter wurde berichtet, dass die Anteile der notleidenden Kommunen bis auf einen symbolischen Beitrag durch die Länder übernommen werden.

Ich frage die Landesregierung:

1. Wie definiert die Landesregierung den Begriff „notleidende Kommunen“ und welche fallen in SachsenAnhalt gegenwärtig unter diesen Status?

2. Wie hoch wird dieser symbolische Beitrag für notleidende Kommunen ausfallen, wenn sie Mittel aus dem Konjunkturpaket in Anspruch nehmen?

Vielen Dank, Herr Henke. - Für die Landesregierung antwortet der Minister des Innern Herr Hövelmann.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich beantworte die Anfrage des Abgeordneten Henke namens der Landesregierung wie folgt.

Zu 1: In § 1 Abs. 3 des Zukunftsinvestitionsgesetzes ist von finanzschwachen Kommunen die Rede. In § 1 Abs. 3 des Entwurfs der Verwaltungsvereinbarung zur Durchführung des Zukunftsinvestitionsgesetzes, welche voraussichtlich am 20. Februar 2009 unterzeichnet wird, werden im gleichen Zusammenhang die Begriffe „finanzschwächere“ und „finanzstärkere“ Kommunen verwendet. Insofern stimmt der in der Fragestellung verwendete Begriff der notleidenden Kommunen nicht mit den im Zukunftsinvestitionsgesetz und in der dazu geschlossenen Verwaltungsvereinbarung verwendeten offiziellen Gesetzesbegriffen überein.

Das Zukunftsinvestitionsgesetz und die dazu geschlossene Verwaltungsvereinbarung geben keine offizielle Definition des Begriffs „finanzschwache Kommune“. Derzeit finden noch Abstimmungen zwischen den Ländern und dem BMF unter anderem über die Auslegung des Zukunftsinvestitionsgesetzes und der Verwaltungsvereinbarung statt. Ob es im Verlauf dieser Abstimmungen zu einer Definition des Begriffs der finanzschwachen Kommune kommen wird, bleibt abzuwarten.

Zu 2: In § 1 Abs. 3 des Zukunftsinvestitionsgesetzes heißt es - ich zitiere -:

„Die Länder sind aufgefordert, dafür Sorge zu tragen, dass auch finanzschwache Kommunen den Zugang zu den Finanzhilfen erhalten.“

Es ist den Ländern überlassen, wie sie diese Aufforderung umsetzen. Ausführungen des Bundesministers Tiefensee zur Höhe des Eigenbetrages der Kommunen und die Aussage, dass es sich nur um einen symbolischen Betrag handeln wird, sind der Landesregierung nicht bekannt.

Für das Land Sachsen-Anhalt sieht das Zukunftsinvestitionsgesetz ein Ausgabenvolumen von 356,2 Millionen € an Bundesmitteln und von 118,7 Millionen € Kofinanzie

rung durch das Land und die Kommunen vor. Knapp 76 % der Bundesmittel sollen kommunalbezogen verausgabt werden.

Die Kofinanzierung kommunaler Projekte, insgesamt 83,2 Millionen €, soll zur Hälfte, also mit 41,6 Millionen €, vom Land übernommen werden. Für die Kommunen verbliebe ein hälftiger Kofinanzierungsbetrag von 41,6 Millionen €. Für finanzschwache Kommunen plant das Land zinsgünstige Darlehen durch die IB zur Erbringung des Eigenanteils.

(Zustimmung von Herrn Rothe, SPD)

Vielen Dank, Herr Minister Hövelmann. - Zusatzfragen dazu gibt es nicht. Damit ist die achte Frage beantwortet und die Fragestunde abgeschlossen.

Ich rufe Tagesordnungspunkt 7 auf:

Erste Beratung

Entwurf eines Gesetzes zum Zwölften Rundfunkänderungsstaatsvertrag

Gesetzentwurf der Landesregierung - Drs. 5/1763

Ich bitte nun Herrn Staatsminister Rainer Robra, den Gesetzentwurf einzubringen. Bitte schön.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich freue mich, heute endlich das Ratifikationsgesetz zum Zwölften Rundfunkänderungsstaatsvertrag einbringen zu können. Ich freue mich deshalb, weil mich dieses Gesetz seit der Aufnahme der Verhandlungen mit der Kommission im Jahr 2006 wie kaum ein anderes Gesetz beschäftigt hat. Dieser Staatsvertrag war wie kaum ein anderer Staatsvertrag Gegenstand öffentlicher Diskussionen und auch von Diskussionen hier im Landtag, sodass wir in gewisser Weise mit dem Ratifikationsgesetz den Schlussstrich unter diesen Staatsvertrag ziehen können.

Das Thema wird uns nicht loslassen. Wir werden uns auch weiterhin mit der Entwicklung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks in der Bundesrepublik Deutschland befassen müssen, sodass wir über diese Themen weiterhin im Gespräch bleiben.

Wir hatten beim Abschluss dieses Staatsvertrages drei Kraftfelder zu berücksichtigen, die aus der Sicht der Landesregierung mit gleicher Intensität am Thema hingen und ihre jeweiligen Belange in diesen Meinungsbildungsprozess eingebracht haben.

Die eine Ebene war der Beihilfekompromiss mit der Europäischen Kommission zum Funktionsauftrag des öffentlich-rechtlichen Rundfunks, den wir gestaltend vollziehen mussten. Das zweite Kraftfeld ist die Rundfunkfreiheit nach dem Grundgesetz, so wie sie vom Bundesverfassungsgericht ausgestaltet worden ist. Das dritte Kraftfeld, meine Damen und Herren, waren die Erwartungen der Landesparlamente, wie sie in Sachsen-Anhalt insbesondere in der Präambel zum Ratifikationsgesetz zum Elften Rundfunkänderungsstaatsvertrag zum Ausdruck gekommen sind.

Ich glaube - ich bin persönlich davon überzeugt -, dass es uns gelungen ist, diesen drei Feldern, soweit das irgend möglich ist, wenn man widerstreitende Interessen auf einen Nenner bringen muss, gerecht zu werden.

Der Landtag hat die Verhandlungen zum Staatsvertrag intensiv begleitet. Insbesondere der Landtagsausschuss für Bundes- und Europaangelegenheiten sowie Medien hat sich kontinuierlich über die Inhalte unterrichten lassen und schon sehr früh - im August letzten Jahres - eine Anhörung durchgeführt, in der die Staatskanzlei Bericht erstattet hat und bei der wir alle miterleben konnten, wie umstritten einzelne Punkte gewesen sind, wie widerstreitend auch auf dieser Ebene die Interessen zwischen den öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten, den privaten Rundfunkveranstaltern und den Verlegern der Tageszeitungen gewesen sind.

Ich glaube, dass wir im Ergebnis auch diese Interessen, so gut es eben ging, auf einen tragfähigen Nenner gebracht haben; jedenfalls habe ich mit einer gewissen Befriedigung zur Kenntnis genommen, dass nach der Unterzeichnung des Staatsvertrages durch die Ministerpräsidenten am 18. Dezember 2008 die Diskussion deutlich abgeebbt ist und sich nunmehr die wirtschaftlich am Vertrag Interessierten tatsächlich seiner konkreten Umsetzung zuwenden und wiederum in bilaterale Gespräche eingetreten sind: die Verleger mit den Intendanten, die Intendanten mit den Vertretern der privaten Rundfunkveranstalter. Ich persönlich habe den Eindruck, dass vieles von dem, was in der damaligen Diskussionsphase sehr heiß gekocht worden ist, heute nicht mehr so heiß gegessen wird.

Heute möchte ich mich darauf beschränken, aus Anlass der Einbringung des Ratifikationsgesetzes noch einmal die wesentlichen Eckpfeiler des zwölften Rundfunkänderungsstaatsvertrages in Erinnerung zu rufen. Zunächst wird der öffentlich-rechtliche Rundfunkauftrag für das digitale Zeitalter angepasst. ARD, ZDF und Deutschlandradio bleiben auf der neuen staatsvertraglichen Grundlage konkurrenzfähig.

Die für die Programmkontrolle zuständigen pluralen Rundfunkgremien, die sich aus den gesellschaftlich relevanten Gruppen und Organisationen zusammensetzen, werden gestärkt und nehmen diese Stärkung sehr bewusst an, wie wir sowohl bei den Gremien des Mitteldeutschen Rundfunks als auch bei den anderen Rundfunkanstalten der ARD, bei ZDF und Deutschlandradio feststellen können.

Besonders bei der Konzeption neuer Telemedienangebote für das Internet erhalten die Gremien mit dem Dreistufentest ein Prüfinstrument, das sie unabhängig von den jeweiligen Intendanten anzuwenden haben und inzwischen auch praktizieren. Es zeigt sich, dass trotz der einen oder anderen Ecke, an der der Dreistufentest vielleicht noch hakt, das System als solches funktionsfähig ist und eine Grundlage für die Sicherstellung der Angebotsqualität der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten darstellt. Es wahrt aber auch die Belange der Rundfunkveranstalter, die sich im Wettbewerb ohne Gebühren finanzieren müssen.

Mit den Vorgaben für die inhaltliche Differenzierung des Telemedienangebots nach sendungsbezogenen und nicht sendungsbezogenen Angeboten sowie Archiven mit zeit- und kulturgeschichtlichen Inhalten wird der öffentlich-rechtliche Auftrag sachgerecht konkretisiert. Die Rundfunkanstalten sind dabei, ihr umfangreiches Tele

medienangebot nach diesen Kriterien nutzerfreundlich neu zu strukturieren.

Die Wettbewerbsposition privater Medienanbieter, insbesondere der Verlage, wird unter anderem auch durch das Verbot nicht sendungsbezogener presseähnlicher Telemedien und die 17 Punkte umfassende Negativliste unzulässiger Telemedien geschützt. Auch an dieser Stelle sind die Verleger mit den Intendanten bereits in konstruktive Gespräche eingetreten. Ich würde mich freuen, wenn diese Gespräche auch zu gemeinsamen Ergebnissen führen können.

Das bisherige Fernsehprogrammangebot bleibt quantitativ unverändert. Die je drei digitalen Fernsehprogramme der ARD und des ZDF erhalten - auf ausdrücklichen Wunsch auch der Rundfunkanstalten - jeweils einen spezifizierten staatsvertraglichen Auftrag.

Die Beauftragung beruht auf den Konzepten der Gremien der Rundfunkanstalten, wonach diese Fernsehprogramme ihre Schwerpunkte in den Bereichen Information, Bildung und Kultur haben sollen - also öffentlichrechtlicher Rundfunk, wie man ihn sich eigentlich wünscht. Es bleibt in der Hand der Länder, zu gegebener Zeit eine andere staatsvertragliche Beauftragung für diese Programme vorzunehmen.

Staatsvertraglich geklärt ist auch, dass kommerzielle Tätigkeiten von Tochtergesellschaften der Rundfunkanstalten zum Schutz privater Wettbewerber nur zu Marktbedingungen erbracht werden dürfen. Die finanzielle Transparenz bei diesen kommerziellen Betätigungen wird erheblich verbessert, insbesondere durch eine Stärkung der Prüfungskompetenz der Landesrechnungshöfe, was schon seit langem ein Anliegen auch der Rechnungshöfe - nicht nur der Europäischen Kommission - gewesen ist. Unter Beachtung dieser Bedingungen erhalten die Rundfunkanstalten in Zukunft durchaus auch erhebliche kommerzielle Spielräume.

Der konkretisierte staatsvertragliche Auftrag des öffentlich-rechtlichen Rundfunks beruht auf einer langfristigen Strategie von ARD, ZDF und Deutschlandradio, in der digitalen Welt mit einem abgestimmten Bukett von Radio- und Fernsehprogrammen sowie Internetangeboten zu agieren. Dadurch wollen die Rundfunkanstalten möglichst viele gesellschaftliche Gruppen erreichen.

Dieses qualitativ anspruchsvolle Medienangebot ist so zu gestalten, dass auch die finanzielle Leistungsfähigkeit der Rundfunkgebührenzahler nicht überfordert wird. Das ist eine Herausforderung, der sich die Rundfunkanstalten zu stellen haben. Sachsen-Anhalt hat diesen Zusammenhang unmissverständlich in der Protokollerklärung zum Ausdruck gebracht, der, wie Sie wissen, im Ergebnis alle Länder beigetreten sind.

Zu den Einzelheiten des Staatsvertrages gebe ich gern, wenn es gewünscht wird, im Ausschuss nähere Erläuterungen. Heute bitte ich um die Überweisung des von der Landesregierung vorgelegten Gesetzentwurfs an den zuständigen Ausschuss. - Danke schön.

(Zustimmung bei der SPD und bei der CDU)

Vielen Dank, Herr Minister Robra. - Es ist vereinbart worden, eine Debatte mit einer Redezeit von fünf Minuten je Fraktion zu führen. Wir beginnen mit der FDPFraktion. Es spricht Herr Kosmehl.